Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

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jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Ist es überhaupt möglich, die individuelle Belastbarkeitsgrenzen zu finden und sie ein zu halten? Und wenn man es schaffen würde, wäre man dann (endlich) gesund?

Viele schreiben hier ja, dass sie über ihre Grenzen gegangen sind und daher depressiv geworden sind.
Gelegentlich liest man dann auch positive Berichte von Menschen, die es geschafft haben nun ihre Grenzen ein zu halten und stabil sind.

Mein Problem ist, ich finde meine Grenzen nicht. Sicherlich ist es so, dass ich immer wieder in meinem Leben über meine Grenzen gegangen bin - zumindest erscheint es so.
Lange Zeit ging es in der Therapie/Behandlung auch drum, dass ich meine Grenzen einhalten solle. Auch in der Klinik war das immer ein großes Thema...Selbstfürsorge.
Zugegebener maßen fällt es mir schwer, nett mit mir selber um zu gehen. Aber das kann doch nicht alles sein? Sozusagen, wenn ich das schaffen würde, ginge es mir besser?
Ok, besser vielleicht schon, aber gesund wäre ich dann noch lange nicht.

Ich habe auch versucht, meine Belastungen herunter zu fahren. Aber wirklich geholfen hat es auch nicht. Depressiv wurde ich trotzdem.
Meine Belastbarkeit schwankt einfach sehr stark. Mal bin ich von ein und der selben Sache unterfordert mal überfordert.
Da stellt sich doch die Frage, bin ich depressiv, weil ich überfordert bin, oder bin ich überfordert, weil ich depressiv bin?

Mittlerweile habe ich etliche Klinikaufenthalte hinter mir, eine berufliche Reha, eine Umschulung (Vollzeit, betrieblich), danach Teilzeitarbeit und nun arbeite ich 30 h/Woche in einem Integrationsbetrieb, in dem zwar auf die Erkrankung Rücksicht genommen wird (schließlich müssen die ja Schwerbehinderte einstellen), wo ich aber ja auch eine gewisse Leistung bringen muss, schließlich verdiene ich ja auch normal.

Trotz allem weiß ich immer noch nicht, wo sozusagen die Belastung liegt, bei der ich gesund bleibe.

Daher denke ich dass das nicht möglich ist. Zumindest bei mir nicht. Wie ist das bei anderen hier?

Ich habe mich lange sehr unzulänglich gefühlt, weil es mir nicht gelang "das richtige Maß" zu finden. Das wurde mir halt lange in der Behandlung als absolut notwendig suggeriert und ich habe mich irgendwann so gefühlt, als hätte ich das Klassenziel verfehlt... 6 setzten...
Derzeit befinde ich mich in dem Prozess zu akzeptieren, dass es das richtige Maß für mich nicht gibt. Und dazu zu stehen.
Meine Psychiaterin sieht das mittlerweile zum Glück auch so. Wir sind uns einig, dass es wohl wenig bringt, die Belastung immer weiter runter zu fahren, wenn ich dann trotzdem immer wieder depressiv werde. Da kann ich genausogut auch mehr machen. Natürlich nicht zu viel.
Das Problem ist wohl eher, dass ich mir innerlich zu viel Druck mache und große Versagensängste habe.

Was tatsächlich funktioniert ist, dass ich mir sage, ist ja wurscht, krank werde ich so oder so, dass ich mich dadurch weniger überlastet fühle.
Wobei dann in depressiver Stimmung doch wieder so eine pauschale Überforderung auftaucht. Aber die Überforderung scheint wohl doch ein Symptom der Depression zu sein und nicht ihr Auslöser.

Was mich etwas tröstet ist, dass meine Ärztin mein, ich müsse wohl damit leben, dass so Phasen kommen (was nicht heiße, dass es nicht besser werden könne) aber dass sich das eben auch zum Teil meines Einflusses entziehe und ich mich dann wenigstens nicht fertig machen müsse, dass ich nicht genug getan hätte, es zu verhindern.

Das tut sooo gut, weil mir bisher echt eher eingeredet wurde, ich müsse nur gut genug auf mich achten, dann würde ich auch weniger depressiv werden.
Andererseits heißt das wohl auch, dass die Depression bei mir wohl nicht unbedingt heilbar ist
Ich weiß, dass solche Aussagen hier nicht gerne gesehen werden, von wegen es gibt auch unheilbare Depressionen, aber es ist nunmal so.
Ich bin dem ausgeliefert - so wie andere eine Grippe bekommen, selbst wenn sie alles tun um ihr Immunsystem auf Trab zu halten.



Wie seht ihr das mit der Belastbarkeit?
Wer hat seine Grenzen wirklich gefunden und kann sie einhalten? Und hilft das wirklich?
Wem geht es so wie mir?

LG, jolanda


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ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von ben1 »

Hallo Jolanda

ich hab 2 Gedanken zu Deiner Frage der Belastbarkeitsgrenze

a) Du bist ein Mensch wie ich auch und Menschen sind nicht immer gleich. Das bedeutet ganz konkret - es gibt nicht "die" Grenze der Belastbarkeit, sondern es gibt so was wie "Tagesform", die mal so, mal so ist. Daher gibts Tage, da kann man Bäume ausreissen und Tage, da läufts weniger gut. Das scheint mir menschlich und das soll/will/muss beachtet werden und ist ein erster Schritt zur Versöhnung mit sich selbst.

b) Der eigene Anspruch an das, was ich leisten muss, ist ebenso ambivalent. Ich bin ein großer Fan der Arbeit mit dem inneren Team (siehe z.B. Schulz von Thun oder Voice Dialogue). Wenn Du Deine Belastung herunterfährst (ein guter Gedanke) hast Du häufig gleichzeitig große Probleme mit dem inneren Antreiber, der große Probleme damit hat, weniger zu leisten - ja, der die Gesamtpersönlichkeit in Gefahr sieht (siehe z.B. http://www.zeitzuleben.de/artikel/perso ... ialog.html). Nur weniger Arbeiten löst das Problem nicht - man muss sich selbst auch die Erlaubnis geben, das wirklich durchzuziehen.

Um das richtige Maß zu finden ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, sich erst mal klar zu machen, wie viel/wenig Leistung für mich selbst akzeptabel ist. Vielleicht kann die Arbeit mit dem inneren Team da ein wichtiger Anstoß sein.

Ben
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von wennfrid »

Hi Jolanda
Die Belastungsgrenzen sind bei mir Tages-abhängig. Eine genaue Anleitung gibt es für mich nicht. Ich habe Tage voller Energie, dann kommt genau das Gegenteil. Für mich ist wichtig, mich so anzunehmen, wie ich bin. Bei meinen Tief's mache ich nur das notwendigste und ich tröste mich, daß dieser Zustand wieder vorbeigeht. Ich kann nicht sagen, wie lange mein Tief dauert, aber ich weiß, es geht vorbei. Vermutlich sind Nervenverknüpfungen im Gehirn die Auslöser.
Damit ich mit diesen depressiven Phasen zurecht komme, ist Eigenliebe, "nein sagen" und Akzeptanz meiner Persönlichkeit wichtig.
Scbhöner, besinnlicher 1. Advent.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von mbm22 »

Liebe Jolanda!

Die eigene Belastbarkeit ist ein wichtiges Thema in der Depressionstherapie.

Auch ich habe in meiner Therapie den Einsatz von Wochenplänen und Tagesplänen kennengelernt, um einen achtsam(er)en Umgang mit mir zu pflegen.

Ich arbeite nicht grundsätzlich mit diesen Plänen, erstelle mir aber hin und wieder schon mal einen Wochenplan, um mir meine Belastung schwarz auf weiß vor Augen zu führen. Ansonsten neige ich nämlich dazu, meine Belastung herunter zu spielen.

Ob es jedoch feste Belastbarkeitsgrenzen gibt, wage ich stark zu bezweifeln. Wie auch Ben schon in seinem Posting schrieb, gibt es wohl bei fast jedem Menschen die unterschiedliche Tagesform. Aber auch im Laufe eines Jahres ist bei mir die Belastbarkeit verschieden. Im Spätherbst und Winter verspüre ich deutlich weniger Kraft, Motivation und Antrieb. Manchmal ist dann jeder Tag eine Quälerei, obwohl sich an meiner Belastung garnichts geändert hat. Doch meine Belastbarkeit ist dann einfach eine andere. Damit es mir besser geht, müsste ich also meine Belastung in dieser Zeit reduzieren, was ja leider nicht immer möglich ist. Außerdem meldet sich dann sofort der eigene Kritiker, der moniert, dass ich mich so hängen lasse, mich nicht zusammenreiße und gegen meine Lethargie kämpfe. Sich zu erlauben, dann einfach weniger zu tun, empfinde ich als sehr schwer. Davon abgesehen, würde bei mir auch das zum Leben nötige Geld fehlen.

Zum anderen arbeite ich gerade an den Säulen meines niedrigen Selbstwertes. Die Arbeit ist bei mir eine der wenigen, noch vorhandenen Säulen, die extrem wichtig ist, um mein Selbstwertgebäude aufrecht zu halten. Wenn ich hier weiter abbaue, macht sich die Angst breit, jeden Halt zu verlieren und noch depressiver zu werden.

Es ist irgendwie ein Teufelskreis.
Man weiß, was einem gut tun würde, doch automatisch gerät etwas anderes damit ins Wanken.

Für mich muss erst einmal die Arbeit am Selbstwert im Vordergrund stehen. Wenn es mir dort gelingen könnte, stabiler zu werden, könnte ich vielleicht auch die aktuellen Grenzen meiner Belastbarkeit besser erkennen und für deren Einhaltung sorgen.

Herzliche Grüße

lernfee
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von mbm22 »

Lieber Fridolin!

Es war für mich sehr schön, Deinen Beitrag zu lesen. Auch wenn ich davon noch ganz, ganz weit entfernt bin, ist es tröstlich zu sehen, dass es Menschen gibt, die es schon gelernt haben, in den Momenten eines solchen Tiefs, besser mit sich umzugehen.

Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit, "nein" sagen können, sich selbst freundlicher zu begegnen, wären für mich auch wunderbare Ziele. Ich empfinde sie für mich noch in kaum erreichbarer Ferne, aber ich kann sie wenigsten sehen.
Vielleicht ist das ein erster Schritt.

Noch eine Frage an Dich, wenn Du erlaubst:
Wer hat Dich bei Deiner Arbeit an diesen Zielen unterstützt? Wer oder was war in dieser Zeit hilfreich für Dich?

Herzliche Grüße

lernfee
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von wennfrid »

Hi Lernfee
Ich versuche mal, die wichtigsten Schritte, aufzuzeigen. Die Basis war ein 2-maliger Aufenthalt in der psychsomatischen Klinik in Bad Grönenbach. (2001 und 2005)Hier lernte ich viel über den Menschen und eine gesunde Lebensstruktur. Vor allem praktizierten die Therapeuten die gleichen Einstellungen, die sie der therapeutischen Gemeinschaft beibringen wollten. Kein Wasser predigen und selber Wein saufen, dies hat mich sehr beindruckt. Neben Gruppen- und Einzeltherapie, Maltherapie, emotionale Kompetenz, spirituelle Therapie, dynamische Therapie, fanden viel Selbsthilfegruppen statt. Hier setzte ich mich mit "CODA" auseinander. (ähnlich Co-Abhängigkeit der AA) Liebevoller und konsequenter Umgang mit dem Anderen war in diesem geschützten Rahmen leicht. Wieder Zuhause, in der gewohnten Umgebung stellten sich sehr schnell Zweifel und Rückschläge ein. Ich wollte aber nicht aufgeben, besorgte mir Bücher über Co-Abhängigkeit, Depressionen und Ängste überwinden, wie bekomme ich mehr Selbstvertrauen. Meine Auf und ab's habe ich immer noch, durch meine "Werkzeuge" kann ich dagegen wirken und sie überwinden. Seit 2005 sammle ich Sprüche und Weisheiten von deren Sinn ich überzeugt bin. Sie geben mir Halt und Orientierung in unserer Leistungsgesellschaft. Seit 6 Jahren bin ich in einer liebevollen Selbsthilfegruppe. Durch das Vertrauen in unserer Gruppe kann ein jeder allgemeine oder persönliche Dinge, ansprechen. Eigenliebe, "nein" sagen habe ich Grönenbach gelernt, aber zu Hause angewandt. Am Anfang noch mit zittrigen Knieen, heute gelingt es mir mit einem ruhigen, liebevollen, aber konsequenten Ton, nein zu sagen. Außerdem habe ich seit Jahren wieder ein starke Bindung zu meiner höheren Macht.
Zum Schluß eine Weisheit: "Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten."
Viel Kraft und Energie

Fridolin
ghana
Beiträge: 686
Registriert: 6. Feb 2006, 20:22

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von ghana »

Liebe jolanda,

dein Beitrag, deine Zweifel und Fragen sprechen mir aus der Seele.

Ich weiß auch nicht, wo meine Grenzen sind. Gelegentlich spüre ich, dass ich mich mit einem Verhalten / mit Gedanken selbst stresse, aber das kommt nicht sooo häufig vor und v. a. sehe ich keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen diesem selbstgemachten Stress und dem Auftreten meiner depressiven Episoden.

Ich habe keine Ahnung, ob ich viel öfter meine Belastungsgrenze überschreite, als mir das bewusst ist. Aber MERKT man das Grenzüberschreiten denn nicht? Ich meine, ich kann doch nicht fröhlich vor mich hin unbewusst Grenzen überschreiten und mich damit gut und ungestresst fühlen bis plötzlich die Depression sagt: "Ätsch, du hast es mal wieder nicht gemerkt, aber das war zu viel und deshalb komme ICH jetzt wieder!." ?!

In meinen depressiven Phasen bin ich von Dingen überfordert, die ich normalerweise problemlos erledige. Deshalb stellt sich auch mir die Frage: "... bin ich depressiv, weil ich überfordert bin, oder bin ich überfordert, weil ich depressiv bin?"
V. a. in meiner letzten Episode hatte ich das Gefühl, dass das letzteres der Fall ist.

Aber wie kann Vorsorge aussehen, wenn außerhalb der depressiven Episoden vom Betroffenen keine Überlastung wahrgenommen wird (und vielleicht ja auch wirklich keine übermäßige da ist?)?

Und dass es mir außerhalb der Depression gut geht, ist ja nicht nur mein Empfinden. Zwei Verhaltenstherapeuten haben mich - unabhängig voneinander - nach 15 bzw. 10 Therapiestunden "entlassen", da sie der Meinung waren, es bestünde bei mir kein Therapiebedarf mehr ...

LG, ghana
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
TimTiny
Beiträge: 15
Registriert: 19. Nov 2010, 21:09

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von TimTiny »

Ist die Belastbarkeitsgrenze denn eine - bildlich gesprochen - feste Linie, oder ändert die sich nicht im Kontext. Zum Beispiel die Jahreszeit und so weiter.
Kodiak
Beiträge: 428
Registriert: 3. Okt 2010, 16:55

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von Kodiak »

Hallo jolanda, hallo Forianer,

meine Belastbarkeitsgrenze zu finden, war ein langer Prozess. Ich bin mir auch nicht sicher, ob dieser abgeschlossen ist, es dabei nur diese eine Grenze gibt, oder ob es nicht viele Bereiche gibt, die unterschiedliche Belastbarkeitsgrenzen haben.
Trennen würde ich zum Beispiel Familie und Beruf. Ich habe in diesem viel abgegeben, was mich ganz klar belastet hat.
Möglich wurde mir das durch eine stationäre Psychotherapie und den in dieser gewonnenen Erkenntnisse und Lösunsansätze. Mir wurde bewußt, dass ich nur noch funktioniert habe. Eigene Bedürfnisse habe ich nicht mehr gekannt. Was hatte ich davon? Die schweren depressiven Episoden hätten schon Warnung genug sein können. Die legten sich auf die Dysthymie und zogen mich in einen so dunklen Bereich, den ich nur durch Medikamente und die Therapie ertragen konnte.
Es gab keine das Selbstwertgegühl wirklich bestärkende Anerkennung. Weder von Aussen noch von mir selbst. Kein Hochgefühl, wenn eine besondere Leistung erbracht wurde. Mein Ego wollte noch mehr. Es gab keine Grenze. Insofern kam der nächste Warnschuss in Form eines Herzinfarktes gerade recht. Der Preis ist natürlich hoch. Denn selbst den Infarkt wollte ich nicht wahrhaben und habe weitergemacht, bis zum Zusammenbruch. Die darauffolgende Zwangspause konnte ich durch Willen nicht verhindern. Es musste sich etwas ändern.

Die Akzeptanz seitens der Leitung war zum größten Teil gegeben, um Aufgaben abzugeben und ich arbeite jetzt in einem Modus, der mich nicht überfordert. Mein Selbstwertgefühl ist davon nicht tangiert. Das ist durch andere Sachen belastet genug.
Ich kann, glaube ich, gut damit umgehen, nicht mehr soviel geben zu müssen, wie früher. Vielleicht bin ich ja unter dem möglichen Level, aber besser so, als darüber.

Im privaten Bereich war es in letzter Zeit so, dass ich manchmal dachte, so kann es nicht sein. Warum brauche ich für die einfachsten Dinge so unendlich viel Zeit, wenn sie mir überhaupt gelingen? Ich versuche, mir nichts daraus zu machen. Ich bin krank und muss das akzeptieren. Mit Verzweiflung wird das nicht besser. Dann geht nichts mehr. Also mache ich das, was ich gerade kann, versuche, das Wichtigste zuerst zu machen und nehme mich dann wieder raus, wenn ich spüre, dass ich Ruhe brauche.
Das schlechte Gewissen muss sich hinten anstellen. Ich erlaube mir das. Das ist egoistisch, ja.

Liebe Grüße

Dietmar
maribo
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Registriert: 10. Nov 2010, 00:24

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von maribo »

Liebe jolanda,

ich glaube, es ist schon so, wie es Dietmar in seinem Beitrag beschreibt.
Die Akzeptanz der Krankheit ist der erste Schritt auf dem Weg zum Erfolg.
Die Belastungsgrenze zu kennen ist wichtig.
Aber noch viel wichtiger, meine ich, ist sie auch einzuhalten.
Was hilft uns das Kennen unserer Grenzen, wenn wir sie nicht beachten.
Für mich ist das jedenfalls immer wieder das Problem.
Gerade gestern habe ich es zum wiederholten Male gespürt.
Ich habe meiner Tochter beim Dekorieren des Bistros in ihrem Gästehaus geholfen und dabei meine Kräfte völlig überschätzt.
Das wichtige: >>"Nein"<<
kam mir nicht über die Lippen und am Abend war ich dann völlig erschöpft.
So war das Erlebnis: Zusammensein mit Tochter, Schwiegersohn und vor allem Enkelkind etwas überschattet.

Hätte ich mehr auf mich geachtet, auf die Signale meines Körpers gehört, so wäre der Tag bei mir in -nur- positiver Erinnerung.
Du siehst, auch ich bin noch nicht am Ziel, obwohl ich den Weg dorthin kenne.

Aber gut ist, wenn man immer wieder daraus lernt, mit sich sorgsam umzugehen.

Lieber Dietmar,
schön, dass du dieses Gespür entwickelt hast, zu merken, wenn es an der Zeit ist, für eine Weile auszusetzen.
Und; ich fand das auch mal egoistisch, aber warum eigentlich?????
Es zeigt doch, wie verantwortungsvoll du mit dir umgehst.
>>Wäre ich doch auch bald dazu in der Lage...<<
Liebe Grüße __ maribo
______________________________
*ICH MUSS NICHT - ABER - ICH KANN*
jolanda
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Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Klar sollte man seine Grenzen einhalten - nur dazu muss man sie kennen.
Und das tue ich nicht und ich schaffe das auch nicht. Es ist so, als wären diese Grenzen wie eine FataMorgana, sobald ich glaube, ich hätte sie erfasst - schwupps sind sie wieder weg.
Da ist eine ganz hohe Fluktuation.
Akzeptanz ist gut, ja. Aber dann muss ich wohl akzeptieren, dass es die richtige Belastung bei mir nicht gibt. Dann schwanke ich eben weiter zwischen unter und überforderung.
Was am ehesten hilft ist, immer bei 80% dessen zu bleiben, was ich in dem Moment für möglich halte.
Und nicht das zu leisten versuchen, was ICH meine Leisten zu müssen, sondern nur das, was wirklich erforderlich ist.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
lowrider60sec

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von lowrider60sec »

@Fridolin

>>"Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten.">>

Ist eine DER Erkenntnisse die auch bei mir letzendlich den Schalter umgelegt haben.

Auch will ich mich deinen Worten bezüglich der Belastbarkeitsgrenzen anschliessen (erspart mir das Schreiben )

Du scheinst auf dem rechten Weg - auch wenn er nicht jeden Tag angenehm ist - so kommt man doch weiter .

LG
lowrider
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von mbm22 »

Lieber Fridolin,

herzlich Dank für Deine ausführliche Antwort auf meine Frage.

Ich sehe, Du hast auch einige Zeit gebraucht, um diese Schritte zu gehen. Man kann eben nichts über's Knie brechen, sondern sollte versuchen, gelassener zu sein. Doch das fällt mir oft schwer.

Zu sehen, dass es gut wäre, etwas zu ändern, es dann aber doch nicht so auf die Reihe zu kriegen, wie man es sich wünscht. So macht sich dann schnell eine Unzufriedenheit in mir breit, die sich meist gegen mich richtet.

Deine Sprüchesammlung hier im Forum lese ich auch gern. Für mich habe ich auch so eine kleine Sammlung, die ich sehr schätze.
Einige besonders Schöne, hängen über meinem Bett, damit sie auch in meinem Kopf, in meinen Gedanken bleiben.

Liebe Grüße

lernfee
Geranie
Beiträge: 52
Registriert: 16. Sep 2009, 13:39

Re: Belastbarkeitsgrenzen - kann man die finden?

Beitrag von Geranie »

hallo zusammen,

ich glaube, dass die Belastbarkeitsgrenzen sich auch immer mal verändern, abhängig von der jeweiligen Lebensphase bis hin zur jeweiligen Stimmung an einem Tag. Ich versuche dann auch auf körperliche Signale zu achten, wie Herzklopfen, Anspannung, innere Unruhe etc. Und dann diesen Mut aufzuspringen, nein oder stop zu sagen...

Aber ich glaube auch, dass das ein längerer Lernprozess ist, bis man sich besser kennt und die ersten Anzeichen früh wahrnimmt.

Für mich stellt sich auch die Frage, was so meine absoluten Grenzen sind, die ich auch bei sehr guter Verfassung und Stimmung nicht überschreiten sollte. Da bin ich mir bisher auch noch nicht so ganz sicher und bin dann immer unsicher mit irgendwelchen Zukunftsplanungen...

Viele Grüsse
die Geranie
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