Seite 1 von 2

sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 8. Nov 2010, 14:26
von himmelskörper
Hallo an alle,


Menschen mit Depressionen, haben sehr oft eine hohe Verletzlichkeit, da schließe ich mich selbst auch mit ein.

Sehr schnell beziehen wir Situationen, Worte, Streit, geschriebenes auf uns selbst.
Wir fragen uns was habe ich falsch gemacht, warum und weshalb reagiert er/sie so.

Wir fangen an alles zu Hinder gründen und suchen in den kleinsten Schubladen nach unserer Mitschuld, unser Fehlverhalten, wir suchen unsere Schuld.

Wir sind verärgert weil wir sie nicht erkennen können, wir denken uns das der andere uns böses will, können all dies nicht verstehen, weil wir uns keiner Schuld bewusst sind.

Warum finden wir keine Schuld, kein Fehlverhalten oder ähnliches, ganz einfach weil es keine gibt.
Bestimmte Situationen, Worte, Entscheidungen haben mit uns persönlich gar nichts zu tun.
Nur wir selbst beziehen dies auf uns, aber warum? Warum tun wir das?


Ist es ein eingefahrenes Muster unserer Kindheit?

Sind wir so erzogen worden?

Haben wir es gelernt, dass es uns besser geht, wenn wir die Schuld auf uns nehmen?

Haben uns unsere Eltern immer die Schuld gegeben, wenn irgendetwas schief lief, wenn es Streit unter Geschwister gab?

Haben wir uns als Kind schuldig gefühlt, weil sich die Eltern immer gestritten haben?

Habe ich die Erkrankung meiner Mutter/Vater auf mich bezogen, wenn ich besser wäre, würde es ihr gut gehen?

Habe ich mir die Schuld gegeben, dass mein Vater/Mutter zu viel getrunken hat, wäre ich artiger müsste er sich nicht so ärgern?



Diese hohe Verletzlichkeit, dieses über sensible, diese Dünn-Häutigkeit kann in der Kindheit entstanden sein, vielleicht liegt es auch in der Familie.

Natürlich können auch, belastende Ereignisse wie beruflichem Stress, körperliche Erkrankungen, seelischen Enttäuschungen auch zu einer akuten Überforderung der nervlichen Belastbarkeit führen. Unsere Verletzbarkeit kann dadurch auch verstärkt werden.


Kann es sein das wir durch die vielen Verletzungen die wir in der Kindheit erlitten haben, in denen wir schutzlos waren, uns ausgeliefert vor kamen, wir uns nicht wehren konnten, das dies Spuren in uns hinterlassen hat?

Kommen dann ähnliche Situationen auf uns zu, geraten wir in Panik, wir fühlen uns plötzlich wieder Schutzlos ausgeliefert.

Erinnerungen an unsere Kindheit?


Aber nicht jede ähnliche neu erlebte Situation bezieht sich jetzt weiterhin nur auf mich. Wir müssen lernen zu unterscheiden, betrifft die Verletzung meine Person oder bezieht sie sich auf eine allgemeine Situation.

Wir als jetzt Erwachsene können lernen, dies zu unterscheiden. Wir können lernen nicht alles auf uns zu beziehen, was im Leben schiefläuft.
Wir haben jetzt die Fähigkeit uns damit auseinander zu setzen und die Hintergründe zu erfragen.

Warum bin ich so Verletzlich?

Warum fühle ich mich gleich in meiner Person angegriffen?

Die Verletzung zu unterscheiden, ist meine Person wirklich verletzt worden oder habe ich es nur wieder auf mich bezogen, ist ein großer Schritt unserer Depression entgegen zu wirken.


Wie ist es bei euch, seit ihr auch sehr Verletzlich?

Habt ihr auch öfters Schwierigkeiten nicht alles auf euch zu beziehen?

Wie habt ihr gelernt, besser Abstand zu nehmen?

Wie geht ihr vor um zu unterscheiden?

Was seht ihr selbst bei euch als Grund ,für die extreme Verletzlichkeit?

Kindheit?

Schlechte Erfahrungen?

Wie schaffe ich es eine Sicherheit zu erlangen, und damit umzugehen?




Liebe grüße sedna

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 8. Nov 2010, 19:51
von chrilinsi
Hallo,
ich bin auch schnell verletzlich, beziehe alles schlechte auf mich und suche immer die Schuld bei mir, auch wenn gar keine Schuldfrage gestellt wurde. Sicher liegt sehr viel in meiner Kindheit, bin aber trotzdem immer wieder sehr erschreckt, wenn ich feststelle, das ich mich dagegen nicht mehr wehren kann. zur Zeit ist das mal wieder so bei mir, ich bin überzeugt, daß ich ein schlechter Mensch bin und zu nichts nütze, zui nicht fähig, habe noch keinen Weg gefunden da raus zu kommen. Mein Therapeut gibt mir zwar immer gut Tipps, aber mit der Umsetzung hapert es dann bei mir. Vielleicht sind hier ja andere, die einige Tipps auf Lager haben, da hoffe ich mal drauf, gut, daß Du dieses Thema angesprochen hast, da hätte ich mich nämlich nicht getraut
lg
lilapause

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 8. Nov 2010, 20:25
von himmelskörper
Hallo lilapause,

also dein Name finde ich super.

Ja das mit der Umsetzung ist nicht immer so einfach, oft wissen wir theoretisch so viel.
Aber das ganze zu tun, ist ne andere Sache, geht mir auch so.

Bei mir hat es Zeiten gegeben, seit na ja zwei Jahren ist es nicht mehr so schlimm, da konnte mich eine Arbeitskollegin nur etwas anderst anschauen wie sonst. dann habe ich Stundenlang gegrübelt was ich den schon wieder falsch gemacht habe.
Habe ich vielleicht nicht richtig gegrüßt, habe ich beim letzten Gespräch was falsches gesagt, bin dann in Gedanken die letzten Gespräche nochmal durchgegangen.
Hab mich dann bemüht den Kontakt zu reduzieren soweit wie möglich, weil ich ja immer noch nicht wusste, wofür ich mich entschuldigen muss.

Das war echt schlimm, heute mache ich mir bewusst, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, als mich.
Es kann ja sein, dass sie schlecht geschlafen hat, oder sie hat sich über ihren Mann geärgert oder sie hat Kopfschmerzen.

Ja, zu diesen Gedanken bin ich in der Zwischenzeit fähig. Bei so Alltagsgeschichten.

Aber andere Dinge, die vorallem mit meiner Familie also Mutter oder Schwestern zusammen hängt, das passiert mir das noch sehr oft.

Das schaffe ich noch nicht, das kann Tage dauern, bis ich mir bewusst machen kann, ich bin nicht der schuldige und selbst dann, grübel ich immer noch nach.

Aber ich gebe nicht auf.


alles liebe sedna

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 8. Nov 2010, 23:04
von Dendrit
Hallo Sedna,

ich war schon überrascht, dass ich doch mehr als 2 Pkt. zustimmen konnte.

Wie ist es bei euch, seit ihr auch sehr Verletzlich?

Ja furchtbar. Aber eigentlich hauptsächlich, wenn es um Gerechtigkeit bzw. Unterstellungen geht. Das "ging" lange Zeit "gut" - es gab mal einen "Knatsch" und das wars. Erst als ich und andere in einer Psychiatrie derart heftig behandelt wurden, brach das irgendwie völlig auf. Also mit Schmerzen und zurückziehen, nicht auffallen und so.

Mir gehts meist so - oder mir fällt es jetzt erst auf - dass es mir (scheinbar) gut geht. Aber eine Äußerung - egal von wem - wo ich mich wirklich ungerechtfertigt behandelt werde, dass dann die Schotten dicht machen. Wenn auf eine kurze Richtigstellung nicht eingegangen wird, dass es also ein Fehler von jemanden anderen sein könnte, und der-/diejenige unterstreicht es mit herabfälligen Worten oder Ton, dass ich innerlich austick. Unwahrscheinliche Selbstbeherrschung hab ich dann doch. Da hab ich doch glatt ein paar Mal mit meinem Mann gestritten. Aber sofort taucht auf: hoffentlich hören es die Nachbarn nicht, hoffentlich kommt niemand - ich halte meinen Mund, wenn möglich verschwinde ich. Mich zieht das in die Suizidgedanken und alles geht irgendwie rasend schnell, was ich aber nicht weiter ausführen will.

Und da kommt das auch von daheim: war es ungerechtfertigt und eine Richtigstellung wird nicht angenommen, hielt ich meinen Mund (jetzt fang ich mit meinem Mann 's streiten an, bin ja jetzt Erwachsen, glaub ich zumindest ).

Was seht ihr selbst bei euch als Grund ,für die extreme Verletzlichkeit?

Kindheit?

Ja.

Schlechte Erfahrungen?

Das auch - oder infolgedessen.

LG, Manuela

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 13:01
von Hoffnung2010
„Menschen mit Depressionen, haben sehr oft eine hohe Verletzlichkeit, da schließe ich mich selbst auch mit ein.“

Aus jahrzehntelanger Erfahrung kann ich nur sagen, in Phasen der akuten Depression besteht eine extreme Verletzlichkeit und man bezieht alles auf sich und zwar immer im negativen Sinn. Es ist dann alles katastrophal, keiner mag einen, jeder findet einen blöd. Man mag sich noch weniger als sonst und alles führt in dieser Phase dazu, das noch zu bestätigen. In gesunden Phasen bleibt auch eine Verletzlichkeit, doch findet hier noch eine gewisse Differenzierung statt.

"Erinnerungen an unsere Kindheit?"

Ja, es kommt aus der Kindheit. Es geht eigentlich immer um Schuld, um nicht geliebt werden, um Anerkennung, die man nicht bekommen hat und weiterhin nicht bekommt. Irgendwie bleibt man immer Kind, da wir nicht mit Liebe aufgefüllt wurden, um groß und stark zu werden. Die Seele bleibt klein, zerbrechlich und verletzlich – ein Leben lang. Man wurde geprägt/programmiert und es geht nie wieder weg. Die Prägung erfolgt in der ersten 3 Lebensjahren. Danach ist alles zu spät, heißt es. Man ist entweder Untersicher/Übersicher oder Realist (War übrigens eine sehr ermutigende Mitteilung während einer Therapiestunde).
Es soll Verhaltensmechanismen geben – lt. Therapeuten - die es ermöglichen, die Minderwertigkeitskomplexe - die wie durch Knopfdruck in bestimmten Situationen ausbrechen - zu überspringen. Bei mir funktioniert es während einer Depression überhaupt nicht.

"Wie geht ihr vor um zu unterscheiden?"

Das habe ich leidvoll in den ganzen Jahren gelernt. Schlechte Phasen, kann ich mittlerweile sehr schnell entlarven. Während einer Depression nehme ich alles persönlich, zu persönlich, zerstörerisch persönlich. Aber heute weiß ich, es ist nicht reell und entspricht nicht der Wirklichkeit – Chemie im Kopf stimmt mal wieder nicht.
Bei einer akuten Depression helfen bei mir Medikamente und Oh Gott, was bin ich froh, dass es diese gibt. Nie wieder, nie wieder möchte ich akute Depressionsschübe ohne Medikamente durchstehen. Ich habe für mich akzeptiert, einen Schwachpunkt zu haben. Formuliere es bewusst abgeschwächt. Andere haben einen „kranken Rücken“, ein schwaches Immunsystem oder Allergien. Ich habe einen instabilen Chemiehaushalt im Gehirn. Wenn die Chemie im Kopf wieder durcheinander kommt, nehme ich Medikamente. Ich habe es einfach akzeptiert und kann damit leben bzw. sehr gut ÜBERLEBEN und bin sehr sehr dankbar, dass es diese Möglichkeiten gibt.

Heute, mit 43 Jahren habe ich erkannt, dass Depressionen bei mir nicht für immer verschwinden. Sie könnten über Jahre abtauchen, kommen aber immer wieder, egal aus welchen Gründen auch immer.

Dank der Pharmazie, kann ich mir helfen. Manche werden sagen, aber es gibt doch Therapien. Ja klar gibt es das, doch es gibt Probleme oder Lebensumstände, die auch eine Therapie oder die Sicht auf die Dinge nicht verändern kann. Da nützt mir das ganze Gerede nichts oder das erneute Durchleben von schlimmen Situationen. Manche Lebensumstände - die von anderen bestimmt werden und die ich nicht beeinflussen kann - lassen sich einfach nicht ändern, sondern man muss damit klar kommen.
Es werden immer wieder „Knöpfe“ auf meiner Seele gedrückt, die zu tiefsten Depressionen führen – wie programmiert (Umprogrammierung oder rebooten leider unmöglich).

Ich kann dem nicht aus dem Weg gehen, denn ich kann der Menschheit nicht aus dem Weg gehen. Außer ich verabschiede mich von dieser Welt und das will ich nicht. Mir bleiben – Gott sei Dank – die Medikamente. Das habe ich mittlerweile akzeptiert, dass ich bzw. mein Körper so funktioniert. Letztendlich habe ich auch gar keine andere Wahl, wenn ich die Phasen – wo ich nicht „Herr bzw. Frau meiner Sinne bin - überleben will.

Alles wird gut! Wird es tatsächlich immer wieder!!

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 16:20
von himmelskörper
Hallo Manuela,

wieso warst du überrascht?

Hast du gehofft nicht verletzlich zu sein?

Also ich möchte wirklich niemanden unterstellen, der Depri hat, dass er auch verletzlich ist.

Ich freue mich , das du dir Gedanken gemacht hast und uns mitteilst.

Ich merke halt wenn ich mit Personen zusammen bin oder auch hier im Forum, das so viele, jedes Wort, jeden Satz gleich auf sich beziehen.
Sie fühlen sich in ihre Ehre verletzt, angegriffen in ihrer Person, fühlen sich plötzlich Schutzlos und noch mehr.
Obwohl sie gar nicht persönlich angesprochen wurden, sondern die Allgemeinheit. Oder es war nur ein Beispiel, ein Vorschlag u.v.m.

Das hat mich dazu veranlasst mal einen Thread aufzumachen, damit vielleicht jeder bei sich schauen kann, gehör ich vielleicht auch dazu?

Ich glaube man merkt das oft garnicht und ist dann total empört, wenn jemand einen darauf anspricht.

Gleich wieder Unterstellungen und und und.

Auch ich sehe wie du, dass meine Verletzlichkeit in der Kindheit entstanden ist. Das ist ja eigentlich das Problem, man hat es schon x-Jahre und jetzt soll es plötzlich ohne gehen oder man soll daran arbeiten.
Etwas das so festgefahren ist, das ist echt Schwerstarbeit.

Hallo Hoffnung,

ich kann mich deinem Beitrag anschließen, sehr viele Ähnlichkeiten.
Auch ich bin unendlich Dankbar das es AD`s gibt, ich möchte mir einen Depressionsschub auch nicht mehr ohne AD vorstellen.
Ich gehöre auch zu denen die ihr Leben lang AD`s nehmen müssen, auch ich hab mich damit abgefunden, ich möchte ein soweit ausgeglichenes Leben führen und das geht nur mit.
Andere nehmen das Leben lang Medikament wegen einer Zuckererkrankung und ich nehme halt meine AD`s.
Ich finde auch toll, wie du selbst dazu stehst hier, dass du verletzlich bist, ich finde sogar wenn das andere wissen, dann kann der andere sich vielleicht darauf einstellen und seine Wortwahl anderst wählen.

Danke für euere Beiträge

alles liebe sedna

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 16:42
von remi
hallo, liebe sedna,

damit hast du den nagel auf den kopf getroffen bei mir.
meine sensibilität im umgang mit anderen tut manchmal richtig weh....
wie oft habe ich schon gefragt, wie bekomme ich nur ein dickes fell ?

auch denke ich, dass dieses verletzlichkeit aus meiner kindheit herrührt. stets fühlte ich mich ungeliebt, nur geduldet.....
da habe ich gelernt, alle sinne enorm anzuspannen und herauszufinden, wer was will und was ich tun sollte, um zu gefallen oder um mal ein löbchen zu erhaschen....
wie anstrengend....

allerdings das mit den schuldgefühlen kann ich bei mir mit sicherheit auf ein erlebnis als erwachsene frau zurückführen, als nicht nur das kindheitstrauma allein, sondern verschlimmernd noch ein lebenstrauma :
der tod meines verlobten, als ich 25 jahre alt war.
ich habe die ganzen jahre mir selber die schuld an seinem tod gegeben.
aber diese schuld- und schamgefühle waren mir nie bewußt. erst in meiner jetzigen therapie stellte dies sich heraus.

daher bin ich eigentlich froh, so intensive therapeuteische und ärztliche behandlung mitzumachen.
natürlich, die medikamente helfen mir enorm und auch ich bin froh, damit mein leben besser ertragen zu können......
allerdings finde ich es auch wichtig, die ursachen zu erkennen und zu verarbeiten.

ich dachte auch immer, nur weil ich als kind nicht so geliebt wurde, weil mein elternhaus so zerrüttet war, weil ich ein krankes und häßliches kind war und somit kein recht auf liebe hatte.......
daher bin ich sensibel, dünnhäutig, verletzlich.
und somit habe ich aber auch die ganze schuld MEINES miserablen lebens nur auf MICH zu nehmen..... wie fatal !

doch, sedna und all die anderen,
---wir arbeiten daran---
lg, kreati

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 17:02
von Dendrit
Hallo sedna,

wieso warst du überrascht?

Du bist bei mir schon in der Kategorie "langjährige Erfahrene", heißt, dass bei solchen oft Fragen gestellt werden, wo ich mir denk, fragt da jetzt ein Betroffener oder ein Psychiater ( ), ist das ein Austausch oder sowas wie Gruppentherapie oder so gut wie nichts zutrifft. Weiß nicht warum - entweder denk/empfind ich da anders. Und so lass ich dann einen Thread gleich stehen und verfolg den nicht weiter.

Aber Du hast jetzt was geschrieben, womit ich was anfangen kann, sogar Gemeinsamkeiten zum Text da sind und bisschen mehr aus mir "plaudere" ohne das Gefühl zu haben, dass ich sicherlich zuviel geschrieben hab - sei es an Textlänge oder über mich (und wieder die nächsten Stunden überleg, was ich kürzen könnt), mich nicht kompliziert ausdrücken muss, sondern eher wie in einer Unterhaltung. Kannst Du damit was anfangen?

LG, Manuela

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 20:00
von himmelskörper
Hallo remi,

schön auch von dir zu lesen,

das du deine Schuldgefühle verstärkt hast durch den Tod deines Verlobten, dass glaube ich sofort.
Und es zeigt doch wieder wie gut und wichtig Therapien sind.

Wie dankbar ich über die AD`s bin, und froh bin das ich meine gefunden habe und ich sie akzeptiere auf Dauer.
Aber ich bin da ganz deiner Meinung, auch ich muss wissen wo die Ursache meiner Erkrankung ist. Auch wenn ich nichts mehr daran ändern kann, aber allein das Wissen, ach darum bist du da reingerutscht, ist wichtig.
Denn wenn ich an mir arbeite und bestimmte Punkte verarbeite, dann kann ich doch erreichen, dass ich meine AD`s womöglich reduzieren kann.


Hallo Manuela,

ja ich kann was damit anfangen und ich freue mich, das du dich wirklich angesprochen gefühlt hast durch die Art und Weise wie ich geschrieben hab.

Nein, überrascht war ich jetzt nicht so direkt. Es war mehr so,.............na wie soll ichs ausdrücken. Es klang so als ob du selbst über dich überrascht warst, das du verletzlich bist. Das du eigentlich anderst über dich gedacht hast. Weil du geschrieben hast, du warst überrascht mehr als zwei gefunden zu haben.
Ähhhh..... hab ich mich so einigermaßen verständlich ausgedrückt?


Wenn ich so über mich nachdenke an Früher, na eher an vor zwei Jahren noch?

Wenn ich da außer Haus gegangen bin und der Nachbar war nach meiner Meinung irgendwie anderst wie sonst. Da habe ich mir oft Tagelang, wirklich Tagelang verrückt gemacht und ständig überlegt, was ich dem Kerl angetan habe.
Ob ich nicht gegrüßt habe, hat er was schlechtes über mich erfahren, hab ich was falsches gesagt, ich hab mir regelrecht etwas eingeredet.
Zum Schluss hab ich mir selbst ne Lösung zugeschneidert, warum er so komisch geguckt hat.

Meist bin ich zu der Lösung gekommen, dass er von anderen etwas über meine Vergangenheit mitbekommen hat und er/sie deshalb nicht mehr mit mir reden wollten. Ich hab mich da so reingesteigert, das ich richtig abgestürzt bin.

Jetzt ist es Gott sei Dank nicht mehr so extrem, dank meiner letzten Therapie.

Seit ich mich selbst mag und leiden kann, da denke ich nicht mehr dauernd so schlecht über mich selbst.


alles liebe sedna

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 20:24
von Dendrit
Hallo Sedna,

ja, ich kann damit auch was anfangen.

Vllt. ein Tipp, wenn es sich um eine "SIE" geht, die komisch dreinschaut, Tonlage verändert etc. - worauf meine Bekannten kamen: "Sie hat bestimmt nur ihre Tage ..." Ist es ein ER: "Seine Frau hat sicher ihre Tage ..."

LG, Manuela

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 23:37
von Guinevere
Von mir auch fettes Danke an Sedna für den Thread! Tapp nur gerade anderswo noch immer leicht im Dunkeln rum (es aber schon besser wird) .

Gute Nacht und lieben Gruß allen!
manu

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 9. Nov 2010, 23:47
von Babi
Hallo sedna
War lange nicht mehr hier, weil hab Zeit für mich gebraucht.
Finde diesen Thread auch sehr schön.

Lieber gruß Babi

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 10. Nov 2010, 09:57
von remi
****fragt da ein betroffener oder psychoater,
ist es hier austausch oder theapie***???

genau, liebe manu,
diese frage stelle ich mir häufig bei einigen threads.
dabei empfinde ich mich selber oft als ungebildet, dumm, naiv
(jaja, schon wieder diese dünnhäutigkeit)

ich mag es einfacher, aus dem bauch heraus,
ohne viel fachliches wissen...

eigentlich alles nur in "ICH FORM"

lg, kreati

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 10. Nov 2010, 10:57
von Kampfgemuese
Hallo ihr Lieben,

dieses Thema finde ich super und möchte mich auch dazu äußern.

Auch ich bin sehr verletzlich und ja, ich glaube, das kommt aus der Kindheit. Als Ergebnis der Erziehung, die ich „genossen“ (haha..) habe.
Die Schwierigkeit liegt meiner Meinung nach darin, dass ich mich als Kind nie wehren durfte, auch wenn ich verletzt war. Heute weiß ich, dass ich mich wehren kann. Darf. Muss!
Und das führt manchmal dazu, dass ich über das Ziel hinaus schieße und Dinge in einem sehr harten Ton sage. (Allerdings hab ich auch kein Problem damit, mich danach für den Ton – nicht für den Inhalt – zu entschuldigen). Ich glaube, das kommt daher, dass ich es vorher nie gelernt habe, mich zu wehren. Ich muss es noch üben, das richtige Maß zu finden.

Ein für mich sehr wichtiger Ansatz meines Therapeuten war: „Wenn Sie merken, dass Sie schlecht/ungerecht behandelt werden, geben Sie es zurück!“ Denn es ist doch wirklich so, dass man diesen Zorn sonst ewig mit sich rumschleppt. Meine Devise: das Gegenüber gleich drauf ansprechen! Bei einem Blick, der mir mehr sagt als er womöglich bedeutet: „Bist Du sauer auf mich?“. Bei einem Verhalten, dass mir weh tut „Du scheinst mir heute echt schräg drauf zu sein, ist irgendwas passiert?“. Das hat den schönen Nebeneffekt, dass ich in 99% der Fälle eine positive Rückmeldung bekomme. Dass ich bestätigt bekomme, dass die Dinge nicht so sind, wie sie mir manchmal erscheinen. Und dass die anderen merken, dass sie mit mir nicht alles machen können.

Das alles funktioniert wunderbar im Berufsleben und unter Freunden. In der Familie wird es da schon schwieriger.
Kennt ihr das auch, dass ihr Euch eurer „zugewiesenen Rolle“ in Eurer Familie nur allzu bewusst seid und gerne ausbrechen möchtet, aber nicht wisst, wie?
Ich würde in meiner Familie so gerne anders agieren als „das jüngste Kind“, möchte nicht mehr so behandelt werden, aber es funktioniert nicht. *seufz*

Nachdenkliche Grüße
Kampfgemuese

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 10. Nov 2010, 12:51
von Dendrit
@ kreati:

dabei empfinde ich mich selber oft als ungebildet, dumm, naiv

Genau so gehts mir auch - könnten meine Worte sein.


@ Kampfgemüse:

Kennt ihr das auch, dass ihr Euch eurer „zugewiesenen Rolle“ in Eurer Familie nur allzu bewusst seid und gerne ausbrechen möchtet, aber nicht wisst, wie?

Ja, bin aber das Älteste Kind. Irgendwann wurde ich die "böse Tochter" - die so gut wie an allem Schuld war, auch für Sachen, die meine Sr. (und Nesthäkchen) machte. (Jetzt verstehen wir uns prächtig.) Allerdings nahm ich auch einiges auf mich, nur damit niemand über die Strenge bestraft würde. (Das musste ich einmal als 5jährige erleben und wollte das nie wieder.) Vllt. hat gerade das das Bild verzerrt und hat mich erst in diese Rolle gebracht.

Jetzt hab ich zu meiner Familie auch wieder eine Rolle, die ich noch nicht mal richtig definieren kann. Zu meinem Mann natürlich auch eine, ja - und manchmal möchte ich diese Rolle nicht mehr sein, weiß aber auch nicht, wie ich das ändern könnte.

LG, Manuela

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 10. Nov 2010, 15:59
von himmelskörper
Hallo Babi,

schön dich wieder hier mal zu lesen. Ich hoffe du hast für dich viel rausholen können in der Zeit, wo es etwas still um dich war. Manchmal ist es einfach gut, sich etwas zurück zuziehen. Ich habe auch Phasen da schreibe ich nur hie und da was. Das ich jetzt wieder einen Thread aufmache, bedeutet eigentlich, dass es mir wieder besser geht.

Hallo manu,

ich hoffe das du so langsam dann aus der Dunkelheit heraus findest.
Mir geht es aber auch so, wenn ich zu sehr mit etwas beschäftigt bin, wenn ich am Lösungen suchen bin, dann hab ich auch keine Kraft mich hier einzubringen.
Die Kraft brauche ich dann für mich. Obwohl ein Austausch dennoch wichtig wäre, aber es geht halt nicht.

Hallo remi,

stimmt schon manche Threads sind sehr anstrengend zu lesen, Fremdwörter, Fachbegriffe usw. ich tue mich da auch sehr schwer. Ich habe erst vor zwei Tagen eins gelesen, das muss ich erst googeln was das bedeutet. ich sag jetzt nicht welches.
Ich -Form finde ich auch wichtig, aber ich gebe zu ich rutsche auch schnell ins wir rein, weil wir halt hier alle betroffen sind, deswegen.

Hallo Kampfgemüse,

du hast aber echt schon tolle Erfolge, das getraue ich mich jetzt noch nicht. Ich sage mir zwar, es liegt nicht an mir, es könnte auch dies oder das sein. Aber das direkte Ansprechen, alle Achtung, finde ich echt klasse.
Klar wenn ich zu HAuse bin, dann geht mir doch manchmal die bestimmte Situation nochmal durch den Kopf, weil ich es ja nur für mich dachte.
Aber du hast es schon auf der Arbeit o.ä. abgeschlossen und bekommst gleich ne positive Rückmeldung. Super.

Das was du mit deiner Familie beschreibst, ja das kenn ich. Die Rolle als Tochter/Sohn spielt man ja schon als Säugling, diese Rolle zu ändern ist extrem schwierig, weil sich ja die anderen nicht ändern.
Bei fremden Personen, ist das leichter, weil die ja nicht mit den schlechten Erfahrungen in der Kindheit mitverwickelt sind.
Deshald glaub ich geht es da leichter, sich anderst zu verhalten.

Bei meiner Mutter ist das auch so, ich nehme mir ständig vor, mich mehr selbstbewusster zu geben, mehr konsequenter, mehr klar Text rede. Aber ich falle so schnell wieder in diese blöde Rolle rein.
Mach mir dann Vorwürfe, das es ihr wegen mir schlecht geht und und und,............

Die einzige Rolle mit der ich zufrieden bin, in der ich mich durchsetzen kann, mich aufrecht hinstellen und meine Meinung vertreten, ist die Rolle als Mutter.

Für meine Kinder kämpfe ich, setze mich durch, und versuche ihnen beizustehen und stark für sie zu sein.

Das gleiche müsste ich bei mir auch mal, aber es wird, es wird solangsam besser.

Hallo manuela

warum sollen wir ungebildet sein, wenn die andern zu fachlich schreiben?

Vielleicht haben sie ja mehr Bücher gelesen.
Es gibt garntiert viele Bereiche wo wir was schreiben, von dem die weniger Ahnung haben.

Jeder ist auf einem anderen Gebiet, gewandter, besser, fiter oder einfach .....mir fällt grad nicht mehr ein .



Ganz liebe grüße sedna

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 11. Apr 2011, 00:27
von bahari
Hallo alle zusammen,

ich bin noch recht neu hier, lese aber schon eine Weile quer durch viele Beiträge. Oben steht, man solle erst mal die Suchfunktion für bestimmte Themen nutzen, bevor man selbst evtl. Fragen stellt, die längst beantwortet wurden.

So bin ich auf das hier beschriebene Thema gestoßen. Fast alles, was oben steht, könnte ich so unterschreiben. Vielen Dank an die "Vorredner bzw. Vorschreiber". Ich hoffe, es ist O.K., wenn ich dieses Thema noch einmal "benutze"?

Über mich gibt es nicht viel zu sagen. Ich leide schon sehr lange unter Depressionen, habe mir dies aber nie zugestanden. Die Beschreibungen in vielen Beiträgen hier im Forum beschreiben mich exakt: extrem verletzlich, schuldbewusst, für alles verantwortlich, pflichtbewusst, sich immer um andere kümmern, für alle da sein, schwach, angepasst, sensibel, perfektionistisch,....nach außen stark, stressresistent, belastbar, ordentlich, sorgfältig, gewissenhaft....

Auch bei mir wurde der Grundstein für das alles hier in der Kindheit gelegt und ich habe als Erwachsene durch meine kindlichen Verhaltensmuster allen Menschen in meinem Leben erlaubt mich zu benutzen, zu verletzen,..............Hilfe musste ich mir suchen, weil ich an einem Punkt war, den ich alleine nicht mehr bewältigen konnte. Nach außen steht aber nach wie vor die Fassade.

Bei anderen kann ich unglaublich gut feinste Stimmungen wahrnehmen und in der Regel auch gut da sein, auffangen, trösten, aufrichten, verstehen, klar analysieren...... Nur bei mir gelingt es nicht.

Mit Mühe habe ich mir also inzwischen erarbeitet, dass ich meine Gefühle (die ich bis vor kurzer Zeit unterdrückt bzw. total ignoriert habe) zulassen, (evtl. kontrolliert) geschehen lassen, loslassen und dann auch gehen lassen muss, um am Ende ge(hen)lassen zu sein.

ABER: genau hier stoße ich auf eine Grenze: meine Verletzlichkeit steht mir Weg. Es tut so weh, dass ich es kaum aushalte. Warum tut es so weh? Warum bin ich so verletzlich und was verletzt mich?

So bin ich auf die schönen Worte Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gestoßen. Was ist das und wie fühlt es sich an? Ich bin mir "meiner nicht bewusst" und ich bin mir "selbst nichts wert". Deshalb können mich andere so leicht verletzen. Jeder "Angriff" ( Blick, Worte, Gesten, Taten - gewollt oder nicht gewollt - s.o.) trifft mich in meinem Selbstwertgefühl (bzw. das, was davon noch übrig ist).

Bei jedem Problem, jeder Verhaltensweise und dem Versuch der Analyse und /oder Lösungsfindung komme ich am Ende zum gleichen Ergebnis: Es liegt am mangelnden Selbstwertgefühl. Wenn ich es hätte, könnte ich NEIN sagen, Konflikte aushalten, mich wehren, könnten mich Angriffe nicht "entwerten", denn dann wüsste ich ja, dass ich trotzdem was wert bin.

Stimmt das so oder habe ich mich da in meinem Gedankenkarussell verrannt?
Wenn es stimmt, wie komme ich zu mehr Selbstwertgefühl? Ich weiß inzwischen, warum ich es nicht habe, aber wie kann ich es ändern? Das alles im Kopf zu haben hilft leider auf Gefühlsebene nicht weiter. Könnt Ihr mir einen Rat geben?

Ganz liebe Grüße

likolo

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 11. Apr 2011, 09:34
von chrigu
Hi likolo,

willkommen im Forum!

Ich habe Sednas Thema (natürlich darfst Du hier schreiben! ) auch gleich mit Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl assoziiert.

Ist das Selbstwertgefühl am Boden, dann braucht man Bestätigung von außen, denn von innen kommt keine. Um diese Bestätigung von außen zu bekommen, muss man sich ja an bestimmte "Regeln" (so verquer diese Mechanismen auch sind) halten, sollte zum Beispiel eher vermeiden, was Kritik hervorrufen könnte. Wenn ich aber Kritik vermeiden will, dann muss ich mich wiederum so verhalten, wie ich meine, dass es sich andere wünschen. Da kommt dann die "Durchlässigkeit" ins Spiel: Ich werde plötzlich hochsensibel für andere, bin ständig damit beschäftigt, sie zu lesen und zu interpretieren, damit ich eben nicht in ein vermeintliches Fettnäpfchen trete, etwas tue, was Kritik und somit Ablehnung hervorrufen könnte. Der Effekt sind diese wahnsinnig feinen Antennen, die ja eigentlich nur helfen sollen, den anderen einschätzen zu können, damit man sich bloß nicht "falsch" verhält (also so, dass man eben keine Bestätigung bekommt).

Das ist jetzt nur ganz schemenhaft dargestellt, aber ich glaube, dass der Mechanismus im großen und ganzen ungefähr so funktioniert. Das läuft natürlich unbewusst ab und ist ein Schutzmechanismus, der sich irgendwann mal entwickelt hat, um Überleben zu garantieren! Vermutlich ist er deshalb auch so fest verankert und so schwer abzulegen. Die Crux daran ist der Teufelskreis, in den ich mich dadurch begebe: Ich fokussiere ständig auf andere, verliere dadurch immer mehr den Bezug zu mir, meinen Bedürfnissen und Emotionen und somit natürlich auch immer mehr an Selbst-bewusstsein im wahrsten Sinne des Wortes.

Die gute Nachricht ist aber, dass es einen Ausstieg gibt. Für mich ist das Abgrenzung das Zauberwort, das war für mich der Einstieg in die Loslösung der Abhängigkeit von anderen und deren vermeintlichen Urteilen und Bewertungen meiner selbst. Die Angst vor eventueller Ablehnung muss man natürlich erstmal aushalten lernen, aber das fällt immer leichter, weil man merkt, dass die Ablehnung gar nicht eintritt, im Gegenteil.

Das liest sich vielleicht locker-flockig-leicht, aber das ist es sicherlich nicht. Wie gesagt, diese feinen Antennen, die musste man vielleicht mal entwickeln, um zu überleben; etwa, weil die Eltern einen sonst nicht versorgt hätten, weil das eigene Leben sonst in Gefahr gewesen wäre. Und es braucht Zeit, bis man an den Punkt kommt, diesen Mechanismus ablegen zu können.

Viele Grüße!
Chrigu

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 11. Apr 2011, 10:59
von ghm
Hallo likolo,

für mich ist das eine ganz entscheidende Baustelle um mich "Freizuschwimmen".

Ich habe leider auch noch keinen "Bauplan", wie ich meinen Selbstwert aufbaue.

Meinen Selbst- Wert erstmal vor mir selbst rechtfertige.

Irgendwie ist es "irre", alle anderen Menschen haben einen Wert, ich kann ihnen "Fehler" vergeben, aber bei mir reicht es kaum dazu mir mal etwas "teureres" zum Essen zu kaufen.

Da schlagen gleich alle "alten" Automaten Alarm, ich könnte zu viel Geld ausgeben und Probleme bekommen.

Ich glaube, dass Übernahme des Selbstwertes irgendwie zusammenhängt mit Übernahme von Selbstverantwortung.

Dann gibt es halt kein "ist halt passiert" oder "dumm gelaufen" mehr, dann muss ich vor mir Selbst Rede und Antwort stehen.

Das macht mir aber auch Angst, da es sich ähnlich anfühlt, wie als Kind vor den Eltern zu stehen und ihren Strafen ausgeliefert zu sein.

Ich muss wohl auch noch lernen, dass ich mich nicht strafen werde, wie es meine Eltern einst taten.

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 11. Apr 2011, 21:48
von Kodiak

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 11. Apr 2011, 23:40
von jonesy
Hallo Likolo,
sei herzlich willkommen hier.
Ich kann in anderen Menschen auch lesen wie in einem Buch, manchmal sogar, ohne das sie überhaupt etwas sagen. Mir fällt auch immer etwas ein was hilft, nur bei mir selbst wird es schwieriger.
Das mit dem Abgrenzen finde ich auch einen wichtigen Einwurf. Ich versuche das immer, kann aber die Ablehnung nur sehr schwer aushalten, ich über noch.
Woher bekommt man Selbstwert? Gute Frage.
Bei mir viel durch das, was ich leiste. Nur ist es in einer Depression schwer, überhaupt irgend etwas zu leisten und so mit auch schwer, sich selbst nicht nieder zu machen.
Ich denk mal, das würde vielleicht schon reichen. Sich selbst nicht permanent zu kritisieren oder ab zu werten. Bei jedem Gedanken, der in diese Richtung zielt, innerlich " Stopp" zu rufen. Aber es ist schwierig, ich probiere es nämlich gerade und es klappt nicht immer, aber immer öfter.
Aber es ist so schwer, wenn man sich wie eine Karre Mist fühlt, zu seinem Spiegel zu sagen: Du bist schön, du kannst was, du bist wer.
Das ist eine solch behämmerte Übung.
Ich bin immer versucht, mir die Zunge raus zu strecken, aber vielleicht hilft es ja bei dir.
LG v. Pauline

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 12. Apr 2011, 01:48
von bahari
Guten Abend Ihr Lieben,

vielen, vielen Dank für die tollen Antworten. Manches muss ich noch ein wenig verdauen. Manche guten Gedanken kommen und wenn ich sie "greifen" will, verschwinden sie wieder. Es dauert bei mir eine Weile, bis sie endgültig angekommen und verankert sind. Aber ich habe jetzt schon eine Richtung, in die es gehen könnte. Und es tut gut, nicht allein zu sein. Danke

Chrigu hat es perfekt beschrieben. Ich vermeide Situationen, die die Gefahr der Ablehnung bergen. Von Kindesbeinen an bin ich quasi auf "vorauseilenden Gehorsam" konditioniert. Da ich nie gut genug war (nicht als Kind, nicht als Schülerin, nicht als Mensch, nicht als Ehefrau, nicht als Schwiegertochter, nicht als Mutter.......) wurde für mich Perfektionismus die oberste Maxime. Dies gilt aber wie bei Gregor nur für mich, bei allen anderen bin ich immer verständnisvoll und nachsichtig. Die Angst vor Bestrafung (früher) und Ablehnung (heute) lähmt mich. Ich bin gefangen in einem Konstrukt aus Angst, Schuldgefühlen, Selbstverachtung,Selbstvorwürfen..., der mich völlig handlungsunfähig macht.

"Sich freischwimmen" ist genau der Punkt, den ich mir wünsche. Vielen Dank für diese bildhafte Formulierung

Dietmar meinte, manche der erwähnten Eigenschaften sind auch gut, bzw. man kann sie auch positiv nützen. Das stimmt. Die große Sensibilität, " in anderen wie in einem Buch lesen" (danke Pauline) finde ich eigentlich auch positiv. Mir ist hier im Forum ohnehin schon lange aufgefallen, dass Viele hier Eigenschaften besitzen, die ich an Menschen mag. Ich mag z.B. KEINE selbstsüchtigen, oberflächlichen, unsensiblen......Menschen. Dafür sind hier Viele so stark, mutig, sensibel, geistreich,.....,stellen sich täglich ihren Ängsten, arbeiten, erledigen ihre Aufgaben...... und geben nicht auf - das ist toll und macht Mut.

(ein Vergleich: für einen Marathonläufer ist es sicher nicht schwer eine Einkaufstasche in den zweiten Stock zu tragen, aber wenn ein schwer gehbehinderter Mensch sagt, ich versuche es wenigstens, dann ist dieser sicher sehr viel mutiger und stärker als der Marathonläufer).

Mein Fazit also: ich versuche mich meiner Angst zu stellen, sie zu zulassen, dann aber auch wieder gehen zulassen, indem ich mir vor Augen halte, was "the worst case" wäre, was mir wohl schlimmsten Falls passieren könnte. Dann bin ich auf eine evtl. Ablehnung vorbereitet. Jetzt kann ich mein Handeln abwägen und frei entscheiden, z.B. sage ich NEIN, stelle ich eine Frage, fordere ich etwas ein, wehre ich mich.......und stehe dann zu meiner Entscheidung, übernehme die Verantwortung dafür. So grenze ich mich nach innen ab, eine evtl. Ablehnung kann mich dann (hoffentlich) nicht mehr verletzen, denn ich bin ja vorbereitet und stehe dazu. Und ich grenze mich nach außen ab, indem ich Dinge anspreche, mich öffne und Grenzen klar formuliere.

Ersteres werde ich im Kleinen erst einmal üben, z.B. ich bügle morgen /heute nach der Arbeit nicht gleich die Wäsche, sondern trinke erst eine Tasse Kaffee auf der Terrasse. Ich bin dann keine gute Hausfrau, nicht perfekt aber egal, ich übernehme die Verantwortung für diese Entscheidung. Meinen Schuldgefühlen zeige ich ein Stopp-Schild und vielleicht muss ich ja grinsen, wenn ich meinen Selbstvorwürfen die Zunge rausstrecke. Bitte nicht lachen, auch wenn dieses Beispiel vielleicht eher lächerlich ist !? Für die "großen" und schwierigen Fälle (Ehe, Outen, Beruf, sich wehren...) fühle ich mich (noch) nicht mutig und stark genug. Aber ich nehme mir Eure Beiträge zu Herzen und arbeite daran.

Jetzt ist der Text sehr lang geworden, tut mir leid. Es ist auch ein schwieriges Thema für mich. Aber wenn ich jetzt aus dieser lähmenden Starre herauskomme, dann habt Ihr mir wirklich sehr geholfen. DANKE!!!
Eines fällt mir gerade noch ein: wie das "Bügelbeispiel" so ist auch das Schreiben hier - vielleicht ein winziger Schritt für Euch - aber ein kleiner Marathonlauf für mich. Denn auch davor hatte ich Angst( meine Fragen könnten vielleicht zu lächerlich und was ich zu sagen habe, nicht hilfreich für Euch sein). Ich habe mich getraut, eingeplant ignoriert oder verspottet zu werden und am Ende große Hilfe erfahren. DANKE!!!

Ich wünsche Euch die Fähigkeit, Eure wunderbaren Eigenschaften selbst wahrnehmen zu können - denn Euer Selbst ist unglaublich viel wert

Ganz liebe Grüße

likolo

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 12. Apr 2011, 18:00
von Kodiak

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 27. Apr 2011, 06:19
von kiwilana
Liebe Likolo,

da ich zurzeit etwas sortierter bin, möchte ich nun endlich auch näher auf dich eingehen - hier wo du von dir schreibst - anstatt nur in meinem thread, in dem du mir schon so viel gegeben hast - danke zunächst einmal: ich habe auch schonmal einen älteren thread neu genutzt, um etwas von mir selbst anzusprechen (da ich ja auch die regeln brav befolgen wollte;). doch ich hatte den eindruck, dass - aus welchem grund auch immer - diese "wiederbelebung" nicht so ganz gelingen wollte und der erhoffte austausch schnell erlosch.

wenn du auch dieses gefühl haben solltest: wir dürfen auch neue threads aufmachen DU darfst auch deinen ganz eigenen thread haben, wenn du dies möchtest. was dabei auch schön ist: man sieht, wer ihn eröffnet hat und findet dich und worum es dir geht gleich im eingangs-posting. oh gott, ich rede schon wieder so lang, aber du hast sicher verständnis dafür, da du das ja auch kennst (hoffe ich;). aber nun zu deinem thema:

ich sehe es ganz genau so: der selbstwert ist der schlüssel. und deine gedanken dazu kann ich absolut nachvollziehen. sich seiner selbst erstmal wieder bewusster zu werden, scheint für mich dabei der erste schritt zu sein. ich habe nach außen hin früher auch funktioniert, war fleißig, pflichtbewusst, extrem perfektionistisch, etc. bis es nicht mehr ging. erst dann (in der klinik) erfuhr ich, dass ich depression habe, erkannte die psychischen ursachen, wurde mir meiner situation und der zusammenhänge bewusster.

heute ist mir klar, dass der hohe anspruch an mich selbst, so unglaublich viel zu leisten und/oder auch mich anzupassen, vor allem einen grund hatte (und noch hat): meinen geringen selbstwert. eine erste möglichkeit, zu versuchen, sich selbst wieder (oder erstmals im leben) wirklich näher zu kommen - und sich dadurch dem gesunden und angstfreien selbst bewusster zu werden (welches verdeckt ist von all den ängsten, z.b. denen des inneren kindes), ist für mich: immer wieder zu gucken und sich selbst zu fragen:

WILL ICH dieses oder jenes WIRKLICH??

und

WAS will ICH WIRKLICH??

denke ich evtl. nur, dieses oder jenes tun bzw. wollen zu MÜSSEN? weil es z.b. von mir erwartet wird oder einfach schon immer so war - oder ich angst davor hätte, welche konsequenzen dies hat, wenn ich es nicht tue bzw. "nein" sage... ein paar beispiele: will ich gerade wirklich putzen? will ich gerade wirklich fernsehen? will ich gerade wirklich ans telefon gehen? bei der beantwortung gilt es jedoch etwas zu beachten: es geht NiCHT darum, was unsere ängste oder unser antrieb wollen. sobald eine antwort eine angst-antwort wäre, gilt sie nicht es geht darum, unserem gesunden und angstfreien selbst näher zu kommen, indem wir herausfinden:

* was würde ich jetzt tun wollen, wenn ich mich dazu in der lage fühlen würde?

* was würde ich tun wollen, wenn ich gesund wäre?

die umsetzung ist dann nochmal eine ganz andere sache. sie geht wohl nur schritt für schritt, fängt zunächst mit kleinen erkenntnissen und erfolgen an - und kann sich dadurch immer weiter zu einem bewussteren selbst entwickeln, für dessen echte werte und bedürfnisse wir versuchen können, uns mehr und mehr einzusetzen: nämlich für uns selbst. und genau das führt dann zu einer stärkung des selbstwertes. schritt für schritt

was parallel auch helfen kann, ist die sogenannten 5 grundbedürfnisse des menschen aus der glücksforschung zu beachten und zu befriedigen und täglich: sich selbst etwas gutes zu tun (selbstwert-bedürfnis) * angenehme soziale kontakte zu haben (bindungs-und-liebes-bedürfnis) * etwas zu tun, dass einem das gefühl gibt, etwas gut zu können (kompetenz-bedürfnis) * etwas ganz frei und selbstbestimmt zu tun (selbstbestimmungs-bedürfnis) * und etwas zu tun, dass spaß macht, das man genießen kann (spass-und-genuss-bedürfnis) * menschen, die dies täglich tun, sind nachgewiesen glücklicher und gesunder.

ich hoffe, etwas davon hilft dir ein wenig. ganz liebe grüße & umarmung!! kiwi

Re: sensibel, dünnhäutig, VERLETZLICHKEIT

Verfasst: 27. Apr 2011, 07:25
von otterchen
Liebe Likolo,

Du schreibst
Dann bin ich auf eine evtl. Ablehnung vorbereitet.

Das scheint, Du ERWARTEST sie geradezu. Kann das sein? Ablehnung lauert überall?
Das ist... hm... hier muss ein Beispiel her.
*überleg*

Als meine Freundin gerade frisch von ihrem Ehemann verlassen worden war, sah sie, wenn wir z.B. in der Fußgängerzone in einem Café saßen, nur "entfremdete" Pärchen und Männer, die anderen Frauen hinterhersahen.

Könnte man das als "selektive Wahrnehmung" bezeichnen?

Vielleicht gelingt es Dir ja, an folgenden Punkt zu kommen:
Du findest heraus, was wichtig ist in Deinem Leben, und Ablehnung wird Dir so egal, dass Du sie gar nicht mehr im Fokus hast, sondern dass Du sie bei dem belässt, der sie ausstrahlt.
Und dass Du vielleicht sogar nicht nur das WAS entwickelst (was Du gerade willst), sondern auch das WIE (andere Menschen dafür einzunehmen).

-------------------------------------
Ich bin dann keine gute Hausfrau, nicht perfekt aber egal, ich übernehme die Verantwortung für diese Entscheidung.

Was bist Du denn statt dessen?

Eine entspannte Frau, die ihr Leben genießt und die schönen Momente zu schätzen weiß!

Änderung des Blickwinkels