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Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 22. Aug 2010, 17:12
von Mausi66
hallo,

kennt ihr das auch?

Die Schwägerin meiner Schwiegermutter hatte schon mehr als Depressionen und hat ihr Leben selbst beendet. Seit dem heisst es nur, sie war in einer Verrücktenanstalt - zeigt also Unverständnis für die Krankheit.

leider versteh ich mich sowieso nicht allzugut mit meiner Schw.mutter, die absolut nicht verstehen kann, wenn ein anderer Mensch (sprich ich) auch mal krank werden kann und man sich am besten noch entschuldigen soll, dass man seit Februar krank ist.(Diagnose noch etwas unklar)

Nun hat sich ihr Standpunkt über Depressionen so bei mir festgesetzt, dass ich mit anderen nicht gut über das Thema sprechen kann.

selbst in Gefahrensituationen trau ich mich nicht mit meiner Familie zu sprechen, denn ich weiß, wie meine Schwiegermutter reagieren wird. (Zur Erklärung - meine Schw.mutter wohnt bei uns im Haus)Dabei wäre es manchmal sinnvoll, wenn ich ein paar Tage hier wegkomme.

Leider zeigte mein Arzt am Aufnahmetag auch ein gewisses Maß an Unverständnis in Bezug auf meine Depressionen, sodass ich mich nicht traue, ihm zu sagen, wenns mir wieder schlecht geht.

Wie geh ich im Fall, wenn eine solche Gefahrensituation besteht, damit um, dass ich die Scheu verliere, mich jemanden anzuvertrauen, sodass mir geholfen werden kann

Mausi

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 22. Aug 2010, 18:00
von Zen
Hallo Mausi,

ich schreibe Dir hier als Angehörige, denn mein Mann leidet unter Depressionen.

Es ist ja auch nicht leicht, für den Betroffenen und für den Angehörigen eine Depression zu verstehen.

Es ist aber für Dich sehr wichtig, dass du deinem Arzt genau sagtst, wie Du Dich fühlst.
Denn nur so kann er Dir helfen.

Bist du z.Zt in einer Klinik ? Du schreibst von Aufnahmetag ?

Wenn Dir zum reden vielleicht die richtigen Worte in dem moment nicht einfallen, wenn der Doc Dich fragt, dann schreibe es doch fürs nächstemal auf. Dann kann er sich das durchlesen.

Die körperlichen Krankheiten, können wir uns alle gut vorstellen, aber eine psychische Krankheit ist so unnahbar. Einfach unheimlich. Man sieht den ganzen Menschen, alle Körperteile sind vorhanden und trotzdem ist dieser Mensch schwer krank.

Verstehst Du was ich meine ?

Und mit den Schwiegermüttern ist das sowie so, so eine Sache.
Mein depressiver Mann ist für meine Mutter ein absolutes rotes Tuch.
Wie ein Stier der durchdreht, wenn der Torero mit dem roten Tuch wedelt.

Wie geht deine Mann denn mit dieser Situation um ?
Hält er Dir denn wenigstens etwas den Rücken frei?

Wichtig ist erstmal für Dich, dass Du offen mit deinem Arzt sprechen musst, dafür ist er ja da.

Wünsche dir alles Gute
Sammie

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 22. Aug 2010, 19:02
von Sieglinde1964
Ich bin auch teilweise auf Unverständnis gestoßen, besonders bei meiner Mutter, die konnte überhaupt nicht verstehen, dass ihre sonst so kesse Tochter aufeinmal ganz anders ist. Nicht mehr so wortgewandt und spontan und aufgeweckt sondern das krasse Gegenteil. Ich konnte mit ihr auch nicht über meine Krankheit reden. Mit meiner Schwester kann ich acuh nicht über Depressionen reden. Sie versteht es auch nicht. Wie kann sich auch ein Mensch in unsere Lage versetzten, der nicht weiß, wie sich Depressionen "anfühlen".

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 22. Aug 2010, 22:07
von Babi
Ich kenne das auch, meine Familie versteht meine Krankheit auch nicht, obwohl mein Dad selbst depressiv ist.
Ich habe mittlerweile aufgegeben, mit denen darüber zu reden, stosse da immer wieder nur auf Unverständnis.

Gruß

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 23. Aug 2010, 13:20
von Lillian
Hallo Mausi,

auch ich kenne das. Meine Mutter war manisch-depressiv und hat sich vor 9 Jahren das Leben genommen. Damals brachen dann auch bei mir Depressionen aus. Meine vier Schwestern hatten überhaupt kein Verständnis für mich und meine Entscheidung eine Therapie zu beginnen. Ich habe dann nach und nach den Kontakt zu ihnen abgebrochen, weil ich mir nicht mehr sagen lassen wollte, dass ich mich endlich mal zusammenreissen soll und nicht einen auf Diva machen soll. Ich bereue es nicht!!!

Ich wünsche Dir einen schönen Tag, Lilian

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 23. Aug 2010, 13:35
von MP
Ich bin noch immer der Meinung, dass es richtig war, mein privates und berufliches Umfeld nicht genau über die Krankheit zu informieren.
Das "Schubladen"-denken ist hinsichtlich psychischer Erkrankungen nach wie vor zu ausgeprägt.

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 23. Aug 2010, 17:51
von Mausi66
vielen Dank an Alle,

@Sammie
ich bin z.Zt. in einer Tagesklink für kognitive Neurologie.
Morgen ist eine wichtige Untersuchung, die ich z.Teil erhoffe und z.T. garnicht über mich ergehen lassen möchte, weil ich Angst vor dem Ergebnis habe, doch das ist ein anderes "Thema".

Ich muss Dir Recht geben. Viele erkennen eine Krankheit nur an, wenn sie sie "sehen" können.

mein Mann sucht Ausflüchte (gegenüber seiner Mutter), wenn es mal wieder an der Zeit ist, dass ich nicht die Kraft aufbringe, zu meiner Schw.mutter eine Etage tiefer zu gehn.

Mit dem Arzt reden, ist einfacher als gesagt. Vielleicht ist es wirklich besser, sich seine Gedanken lieber aufzuschreiben und ihm diese Notizen zu geben.

@ Paul,
ich muss Dir recht geben. Viele besitzen ein sogenanntes Schubladendenken.

liebe Grüße

Mausi

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 23. Aug 2010, 18:32
von steppenwolf1
Hallo,

also ich würde mich fragen, warum Dir das Verständnis Deiner Angehörigen so wichtig ist ? Brauchst Du das, um gesund zu werden ?
Also ich hab irgendwann loslassen Können für alles Verständnis zu erhoffen. wenn ich an eine Zeit vor der Krankheit denke, dann hätte ich mir auch nicht vorstellen können, was es bedeutet.

Bei dem Arzt ist es etwas anderes. Eine Vertrauensbasis sollte schon vorhanden sein. Aber auch er kann nicht in Dich hineingucken und genau filtern, was Du gerade brauchst. Ist das ein Facharzt ?

ich muss Dir recht geben. Viele besitzen ein sogenanntes Schubladendenken.

Ist diese Feststellung nicht auch schon wieder eine "Schubladisierung" der Schubladendenkenden. Ich denke, dass wir alle hin und wieder so ein denken an den Tag legen.

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 24. Aug 2010, 10:38
von wennfrid
Hi Mausi66
Ich möchte dir meine Sichtweise mitteilen.
Es wird wohl niemals passieren, daß andere Menschen psychisch Kranke auch als eine Art Krankheit akzeptieren. Bei einem Gipsarm/Bein ist es viel einfacher, dies als sichtbares Zeichen einer Krankheit zuzuschreiben.
Ich sage mal so, niemand hat Einfluß, in welche Zeit, in welchen Ort, gewollt oder ungewollt und in welche Familie er hineingeboren wird. Er ist als kleiner Mensch einfach da, mit seinen guten und weniger guten Eigenschaften. Er hat aber die Möglichkeit, immer sein Bestes zu geben. Kein Mensch ist perfekt, und mehr oder weniger Fehler sagen nichts über seinen Wert aus. Ich habe lange Zeit so ähnlich gedacht und bin jetzt nicht mehr von der Denkweise anderer abhängig. Ich toleriere die Gedanken anderer und möchte aber auch, daß meine Denkstruktur toleriert werde. Viele Menschen haben Angst, sich mit ihren inneren Gefühlen auseinander zu setzten. Es könnte ja auch Angst oder andere Gefühle zum Vorschein kommen.
Mir ist klar, Angst engt ein und macht unfrei, aber jeder Mensch fühlt Angst.
Vielleicht kann dir meine Denkweise helfen.

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 24. Aug 2010, 12:02
von lucya
Hallo!!
Glaubst Du wirklich, daß es keinen Menschen gibt, der Psychische Krankheiten auch wirklich als solche sieht, anerkennt und empfindet?? Ich glaube, daß es wenige Menschen sind, die das so denken, die nicht selbst betroffen sind, aber ich glaube schon, daß es welche gibt. Aber man weiß nicht wo solche Menschen sind.
Ich habe bisher nur gut Erfahrungen gemacht, wenn ich davon erzählt habe. Eine Person hat mir sofort gesagt: "Mir ist es ganz egal ob Du einen Arm gebrochen hast, oder psychisch krank bist, krank ist krank und Du mußt wieder auf die Beine kommen!"

Von mir selbst kann ich folgendes sagen: In Ausbildung und Studium hatte ich immer wieder theoretisch mit dem Thema Depression zu un. Ich habe damals GEWUSST, daß es eine Krankheit ist, aber mir fehlte die Vorstellungskraft. Ich hätte nie in Frage gestellt, daß es "diesen" Menschen schlecht geht, aber ich hätte es nicht nachfühlen können und mich dann vielleicht auch falsch geäußert. Nun ist das was ganz anderes. Ich fühle dies Krankheit bin in die Haarspitzen und weiß mit Herz und Verstand was das bedeutet. Ich kann mir nun gut vorstellen, wie sich ein Mensch fühlt, dem es noch schlechter geht als mit und ich habe verinnerlicht was das bedeutet.

Es hat etwas mit unserer Entwicklung zu tun, daß psychische Krankheiten immer noch tabuisiert werden und die Leute es abtun, aber es gibt empathische Menschen, die das nachfühlen können ohne dait in Berührung gekommen zu sein. Und ich wünsche mir von mir selbst, daß ich irgendwann einmal Öffentlichkeitsarbeit machen kann die genau diesen Aspekt den Menschen näher bringt.

Erschöpfte Grüße

Re: Unverständnis - kennt Ihr das auch

Verfasst: 24. Aug 2010, 12:18
von Zen
Hallo Mausi,

ich hoffe deine Untersuchungsergebniss ist nicht ganz so niederschmetternd für Dich ausgefallen.
Sehe es doch auch mal positiv, je früher Du weißt was mit Dir los ist, desdo eher können doch auch die richtigen Schritte eingeleitet werden.

Versuche auch deinen Mann zu verstehen. Auch er ist in einer verzwickten Lage.

Ich habe auch versucht meiner Mutter zu erklären, was mit meinem Mann los ist.
Habe ihr Bücher zum besseren verstehen gegeben, hat alles nichts genutzt.
In ihren Augen ist er faul, ruht sich auf meine kosten aus usw.

Wenn ich zu meiner Mutter fahre habe ich Magenschmerzen. Zeitweise war es so schlimm das ich mich übergeben musste.

Wenn ich dann von ihr wegfuhr auf den Weg nach Hause, musste ich zwischenzeitlich anhalten um wieder runter zu kommen, um mich zu beruhigen. Denn sie hatte mich so bombadiert mit ihren Worten, das ich manchmal eine richtige Wut auf meinem Mann hatte.

Mit jeder anderen Person die mich so bearbeitet und versucht so zu beeinflussen, würde ich sofort den Kontakt abbrechen.
Aber sie ist meine Mutter und meint es auf ihre Art, nur gut mit mir.
Sie will das ich ein schönes und fröliches Leben führe.
Das sie mich mit ihren Worten, aber nur verletzt und das was sie sagt mir sehr weh tut, merkt sie garnicht.

Aber jetzt mal wieder zu Dir.
Denke erstmal nicht darüber nach was deine Schwiegermutter denkt, sondern wie Du Deine eigenen Gedanken wieder stabilisieren kannst.
Was andere denken soll Dir jetzt erstmal egal sein.
Wichtig ist das Du den Glauben an Dich nicht verlierst.

Lieben Gruß und alles Gute von
Sammie