Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

otterchen
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Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen zusammen!

Sei einiger Zeit schon braut sich in meinen Gedanken etwas Nebulöses zusammen, aber heute früh ist es endlich spruchreif, und da wollte ich Euch hier mit einbeziehen.

Es geht um das typische Streben nach Perfektionismus, dem defizitorientierten Denken.

Meine Frage an Euch dazu:

Welche Fehler und Schwächen gesteht Ihr Euch zu, welche wollt Ihr unbedingt loswerden?

Ich merke gerade, dass ich immer noch sehr darauf bedacht bin, meine Baustellen zu identifizieren, um daran arbeiten zu können.

Ich möchte aber ein Beispiel geben:
mittlerweile gehe ich gelassen damit um, wenn jemand was anderes besser kann als ich - ich habe gelernt zu gönnen.
Ich verurteile mich nicht mehr dafür, dass ich mich überall einmische, sondern sehe das als Zeichen meiner Fürsorge und dem Streben nach Miteinander, Teilen usw.

Schwäche oder Fehler, die/den ich loswerden möchte:
die Antriebslosigkeit und Untätigkeit im Haushalt
die angefutterten Kilos
Vermeidungsverhalten bei Sachen, die mir schwerfallen, oder bei gewissen Autoritätspersonen


Wie steht das mit Euch?

Gibt es Fehler und Schwächen, mit denen Ihr Euch aussöhnen konntet oder die Ihr irgendwie akzeptieren konntet,
und welche Dinge gibt es, die Ihr an Euch selbst immer noch als störend empfindet und loswerden wollt?

Gibt es dafür irgendwelche Kategorien?
So nach dem Motto "die kleinen Fehler behalte ich, die großen sollen weg".
Oder was sind die Dinge, die "noch gehen" und welche "gehen nicht mehr"?

???

(Mein ersten Punkte für die "3 guten Dinge": Klarheit - und ein schöner Traum heute Nacht)
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
BB08
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von BB08 »

Also ich kenne das mit dem Perfektionismus nur zu gut.

Zum Beispiel gönne ich mir ab Samstag einen Urlaub auf Gran Canaria. Da ist noch soviel zu machen. Da kann ich jetzt schon nicht mehr schlafen, weil ich mir Gedanken mache, was ich noch zu erledigen habe und vor allem in welcher Reihenfolge. Das gehe ich immer wieder durch und plane und verbessere und ändere. Und das raubt mir immer jedesmal den Schlaf. Da kann ich dann Aufstehen .

Mein Hobby ist die Fotografie. Da soll jedes Bild Perfekt sein. Aber es gibt kein Perfekt! Ich finde immer Fehler!!! Einen "Normalo" würden die gar nicht auffallen. Und die Leute, die die Bilder haben möchten, wollen auch das Beste für ihr Geld haben!!
Aber mittlerweile habe ich die Kraft gar nicht mehr, alles Perfekt zu machen. Da muß ich leider damit leben und es locker angehen lassen. Es ist aber verdammt schwer!! Und es enspricht nicht meinen Prinzipien


LG BB
chrigu
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von chrigu »

Hi Otterchen,

hm, gibt es denn wirklich Fehler und Schwächen? Oder bin das einfach nur ich, vielleicht mit Eigenschaften, die nicht immer in eine wie auch immer geartete und von wem auch immer vorgegeben Norm passen? Einfach nur ich, mit Eigenschaften oder auch Problemen, die aber ihre Geschichte und Ursache haben (ausgehend von dem Prinzip, dass man eigentlich immer nur so handeln kann, wie man in dem Moment eben handelt)? Dann sehe ich einen Menschen (aber logisch, mich selbst natürlich wieder nicht ) ohne Fehler und Schwächen, sondern einen, der so ist, wie er quasi logischerweise sein muss.


Chrigu
Denker
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von Denker »

Hallo Otterchen,
zu meiner Frau sage ich immer: Du sollst meine Stärken bewundern und meine Schwächen lieben.

Und so versuche ich auch, mich selbst zu behandeln, mit mehr oder weniger Erfolg.

Perfektionismus war ein Riesenproblem auch für mich, was ich recht erfolgreich abgelegt habe. Heute sehe ich, dass andere Menschen auch Probleme haben, manchmal nur eine perfekte Fassade haben, mir hin und wieder gar nicht so unähnlich sind.

Große Schwierigkeiten machte mir auch die Aufschieberitis. Heute weiß ich, dass ich damit überhaupt nicht alleine da stehe.

Also ich würde mal sagen, ich habe keine Fehler, nur eben meinen Charakter. Mit mittlerweile 50 Jahren kann ich ganz gut dazu stehen.

Okay, an den Kilos sollte ich vielleicht irgendwann doch noch mal arbeiten...

Liebe Grüße
Denker
himmelskörper
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von himmelskörper »

Hallo , guten Morgen Otterchen,

Perfektionismus, defizitorientierten Denken, das sind zwei Dinge die mich seit Kinheit begleiten.

Ich bin erzogen worden das ein Mensch nur was Wert ist wenn er perfekt ist.
War etwas nicht so gut, wurde mir die perfekte
Maßeinheit vorgehalten.

Heute weiß ich das diese Erziehung auch mit verantwortlich ist an meiner Depri und anderes.

Welche Fehler und Schwächen stehe ich mir zu?

Ist es ein Fehler, wenn ich nicht alles kann?
Ist es eine Schwäche, wenn ich in bestimmten Bereichen nicht perfekt bin?


Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob es gut ist wenn wir von Schwächen und Fehlern sprechen, wenn uns bestimmte Bereiche einfach nicht liegen. Werten wir uns dann nicht schon wieder ab, vielleicht nicht so extrem, aber in gewisser Weise eigentlich schon, oder?


Also wenn ich so zu mir schaue, sind schon einige Veränderungen abgelaufen.

Ich male sehr gerne, aber ich hatte immer an jedem Bild was zu kritisieren, ich tat das gleiche mit mir selbst, was mich an meinem Vater immer verletzt hat.

Heute bin ich soweit, das mir meine Bilder gefallen, es sind Bilder die sich an meiner Stimmung orientieren und dementsprechend aussehen. Klar kommt hie und da, der Gedanke auf, das könnte........
Denn versuche ich aber sofort abzublocken und sage mir, sedna das ist gut.

Auf der Arbeit sieht das etwas anderst aus, das gestehe ich mir keine Schwäche zu, das ist auch das Problem, das ich mich ständig verausgabe und über meine Grenzen gehe.

Das komische ist eigentlich daran, ich verlange nur von mir Perfekt zu sein, nie von anderen, denn es ist ja normal das man nicht auf jedem Gebiet die gleichen Stärken hat.

alles liebe sedna


Liber
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von Liber »

Hallo Otterchen

also WENN akzeptieren, dann alle .

Keine Unterscheidung treffen.

Das ist freilich nicht leicht, aber ich meine, dass das Akzeptieren dann wirklich für alle gelten sollte und auch muss.

Das heißt nicht, dass es dann nicht erforderlich ist, an mir zu arbeiten! Aber grundsäztlich sind erst mal ALLE ok. Die Alternative wäre, dass keine ok ist.

Ich bin für ALLE - auch wenn es mir natürlich im Alltag bei weitem noch nicht gelingt, das immer so zu sehen.


Lieben Gruß
Brittka
mbm22
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von mbm22 »

Das Streben danach, es möglichst allen recht zu machen, sich selbst stets mit Wünschen und Bedürfnissen zurückzustellen, so wie den Anspruch alles möglichst perfekt zu machen, kenne ich von mir auch nur allzu gut.

Der eigene niedrige Selbstwert lässt mich meine eigenen Fehler und Schwächen immer wieder sehr deutlich erkennen und spüren. Das führt dann dazu, dass ich mich wegen diesen entsprechend weiter abwerte, verurteile und anfeinde.

Klar weiß ich, dass jeder Mensch seine Fehler und Schwächen hat, habe für mich aber das Gefühl sie nicht haben zu dürfen, damit ich meine Fassade weiterhin wahren kann.

Die Fehler und Schwächen anderer Menschen finde ich dagegen als völlig normal, oft sogar auch als sehr liebenswert.

Meine Depression zwingt mich aber zunehmend, diese Fehler und Schwächen auch an mir positiver anzunehmen oder ihnen wenigstens gelassener zu begegnen.

Im Umgang im beruflichen Umfeld, sowie mit Außenstehenden, aber auch den eigenen Eltern gelingt es mir leider noch garnicht und ich setze alles daran meine Erkrankung vor ihnen zu verbergen.

Mit meinen Kindern, insbesondere mit meinen beiden Großen habe ich inzwischen gesprochen und ihnen klargemacht, dass es mit derzeit nicht besonders gut geht und ich daher im Haushalt z.B. nicht alles wie sonst schaffe. Vielleicht ist dieses ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Liebe Grüße

lernfee
Clown
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von Clown »

Hallo Otterchen,

als einzigen Fehler empfinde ich es, wenn ich mich selbst wegen irgendeiner Sache ablehne.

Die ganze therapeutische Arbeit, die ich erleben durfte, lief darauf hinaus, mich anzunehmen, mich selbst wirklich bis in meine tiefsten Tiefen zu bejahen.

Im Laufe dieser Arbeit habe ich verstanden, warum ich das darf und warum es für mich (und ich glaube für jeden Menschen) unabdingbar ist, um ein erfülltes Leben in Frieden und Glück führen zu können.

Den endgültigen 'Kick', diese Selbstannahme hinzukriegen, bekam ich durch die Übungen der energetischen Psychologie, und die praktiziere ich seitdem häufig - nämlich immer dann, wenn ich an mir feststelle, da ist ein Ärger, ein ungutes Gefühl, eine Angst, ... irgendetwas Negatives eben.

Das heißt, ich bin auf dem Weg zur völligen Selbstannahme und das werde ich bleiben bis zu meinem Tod.

Sehr dankbar bin ich dem Schicksal, der göttlichen Macht oder wie immer man spirituelle Denkweisen bezeichnen will, dass all diese Möglichkeiten, Selbstannahme zu lernen, in mein Leben getreten sind.

Liebe Grüße aus dem kühlen Norden (26,4ºC, Wind 3m/s)

Clown
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LaraMaria
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von LaraMaria »

Etwas, was mir das Leben deutlich schwer macht, ist dass ich nicht vergessen kann, wenn ich mal tief verletzt war. Vermutlich kann ich das auch nie verzeihen. Das macht mir sehr zu schaffen.
Ich laufe mit einem Einkaufszettel durch den Supermarkt und prüfe ihn 3x nach und am Ende hab ich doch was vergessen.
Aber was mein Chef mir bei einem Streit vor 2 Jahren an den Kopf warf, das weiß ich heute noch wortwörtlich. Und ich würde es so gern vergessen!!!
Ich hörte mal die Weisheit, dass man seine Vergangenheit hinter sich lassen muss, damit die Zukunft eine Chance hat.
Aber viele Ereignisse, Streitereien und die Dinge, die dabei gesagt wurden, haben mich so in Angst versetzt, dass ich am Ende wie gelähmt da saß, wenn es wieder los ging. Das letzte Mal war im Oktober 2009 und auch das kann ich originalgetreu nachspielen lassen (hab es in der Tagesklinik als Rollenspiel wiedergegeben).
Es ist so schrecklich.
Manchmal wünsche ich mir schon eine Amnesie, bei der das alles einfach "weg" ist.

Kennt jemand irgendwelche Hilfsmittel, die es für diese echt anstrengende Macke gibt?
Ich will das wirklich loswerden!

Ganz liebe Grüße euch allen!
LaraMaria
elas
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von elas »

Liebe otterchen,

hallo @ all,

das ist wieder so ein interessanter Thread.
Dieses Thema beschäftigt auch mich.



Nun ist ja jeder Mensch


in gewisser Weise einzigartig, mit guten Gaben und Fähigkeiten ausgestattet, grundsätzlich lernfähig, und aber auch mit Ecken und Kanten, oder mit nicht so dollen Eigenschaften.

Hmmh und wie nun umgehen mit genau dieser Person, die man selber ist???
Manchmal focussiere ich an mir schlechte Eigenschaften, die andere gar nicht so empfinden.
Manchmal werde ich wegen Eigenschaften kritisiert, die ich aber selber richtig gut an mir finde.

Hmm, wer entscheidet nun, was ist richtig, was ist falsch, was ist schlecht oder nicht.

Am nächsten meiner Einstellung kommt brittkas Beitrag.
Es bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als uns so anzunehmen und wertzuschätzen, vielleicht auch zu lieben, genau so, wie wir sind im Moment.

Dies schließt ja eine menschliche-seelische Weiterentwicklung nicht aus, in deren Verlauf dann eben andere Verhaltensweisen, Einstellungen und Prioritäten entstehen.

Mal wieder ein so interessanter Thread. Und ein weites Feld.

Denn, Selbstannahme ist wichtig. Doch sollte sie nicht in Hypris ausarten.
Auch eine gewisse Selbstreflexion ist wichtig, aber sie sollte nicht in einer Selbstzerfleischung enden.

Herzlich
elas
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tomroerich
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von tomroerich »

Meine vielleicht für manche zu radikal klingenden Gedanken dazu:

Letzten Endes führt eine Verurteilung irgendeiner Erscheinung in mir, sei es ein Gedanke oder ein Gefühl, zu einer Verurteilung meiner selbst durch Aufspaltung in akzeptable (liebenswerte) und nicht akzeptable (nicht liebenswerte) Inhalte.


Zu den Erscheinungen gehört aber auch all das, was ich als außerhalb von mir selbst wahrnehme. Auch das erscheint in mir und mein Urteil darüber - besonders über die "Anderen" - ist deshalb auch ein Urteil über mich selbst.
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Clown
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von Clown »

Lieber Thomas,

klasse auf den Punkt gebracht hast du hier deine 'Botschaft' - wie immer tut sie mir sehr gut, danke dafür! Ich nehme sie mir zu Herzen, immer wieder, und auch das tut mir gut.

Lieben Gruß,

Clown
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himmelskörper
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von himmelskörper »

Hallo

wenn ich mich so, wie ich bin akzeptiere dann ändere ich mich. (Carl R. Rogers)

Ja, ich finde das Thema auch sehr interessant, bringt mich schon den ganzen Vormittag ins grübeln und nachdenken.

Bin zu dem Ergebniss gekommen, das ich noch einigen an mir so annehmen muss, so wie es halt ist.

Mein Hang zum Perfektionismus ist noch groß.
Wobei ich nochmal sagen muss, das ich dies nur auf mich beziehe.

Aber da stellt sich mir die Frage, warum kann ich bei anderen so gelassener sein oder die Dinge so stehen lassen wie sie sind.
Ja bei mir ist es teilweise auch so, wie schon jemand anderst schrieb, gewisse "Schwächen" machen andere oft sympatischer, menschlicher und ja kompetenter, im sozialen Umfeld.

Dann stelle ich mir grad wieder die Frage, während ich grad das andere schrieb, ich sage zwar, ich beziehe das nur auf mich.
Aber ist das auch wirklich so, oder drücke ich unbewusst, doch was anderes aus. Müsste mal meine Kinder fragen.

Was ist eigentlich mit Fehlern und Schwächen die andere an mir sehen, die ich aber so nicht bei mir sehen kann.
Hat dies dann etwas mit meinem Perfektionismus zu tun, das ich es nicht annehmen kann, weil ich sonst nicht in Ordnung wäre.
Oder darf ich mich da auf meinen gesunden Depri- Verstand verlassen, der sagt mir, der Depp hat en Gschmarre.

Was wichtig ist, ich muss meinen Leistungsanspruch kräftig zurückschrauben, zufriedener mit mir sein, auch wenn es nur mal Kleinigkeiten sind, die ich erledigt habe.
Denn ich merke oft erst Abends wenn ich zurückblicke und total erledigt bin, von nichts anscheinend und wenn ich dann telefoniere und mich über mich beschwere was ich wieder nur erledigt habe, dass da einiges zusammen kommt.


alles liebe sedna


elas
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von elas »

Hallo in die Runde,

wenn ich um mich weiß, als Mensch, um das, wie ich gestrickt bin, was ich mag, was ich ablehne, welche Werte ich habe, für die ich mich einsetze, dann bin ich authentisch .

Also, wenn ich mich kenne, und mich letztlich so akzeptiert habe, wie ich bin,
daraus erwächst eine hohe Sozialkompetenz.

Damit meine ich die Fähigkeit, einen Fehler zugeben zu können. Sich für eine Verhaltensweise zu entschuldigen, bei der es einem in Nachhinein nicht wohl ist.

Damit meine ich, auch andere Menschen zu respektieren in ihrem So_Sein und in ihrem So_Verhalten, auch wenn ich anderer Meinung bin.

Und damit meine ich, dass ich als mich selbst akzeptierender Mensch gesunde Grenzen setzen kann. Mich aus unguten Situationen verabschieden kann, und auch nicht länger an sich längst überlebten Beziehungen festhalten muss.

Und, wenn ich so ein authentischer Mensch bin, der das alles so hinkriegt. Dann finde ich auch meinen guten und richtigen Platz im Leben.

Wobei der eigene gute und richtige Platz ja nicht der des Anderen ist.


Aber, sodenn einigermaßen im Reinen mit mir selber, entsteht das tiefe Gefühl, dass es für einen selber so richtig ist, wie es ist, ungeachtet gesellschaftlicher Normen und Werte, ungeachtet der Einimpfungen destruktiver Kindheiten.

Ich denke, alle Menschen sind auf dem Weg....


Herzlich Danke für diese interessante Diskussion
elas
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von eligeo71 »

Hallo,

ich empfinde es für mich selbst als gar nicht so wichtig und erstrebenswert meine Fehler und Schwächen auseinander zu klamüsern und anschliessend alles dafür zu tun sie auszumerzen.

Wer entscheidet, was falsch und/oder schwach ist? Der Kritiker in mir, jener mitunter mächtige (An)Teil, der mir weiszumachen versucht, dass ich, wenn ich meine Schwächen und Fehler nicht abstelle, niemals akzeptiert und als liebenswert empfunden werde können.

Wird dieser Kritiker jemals Ruhe geben? Das glaube ich nicht und daraus ziehe ich für mich die Schlussfolgerung, dass dieses nicht der Weg sein kann, den zu gehen sich lohnt.

Akzeptieren, dass ich ein "unfertiger/unvollkommener" Mensch bin, weil ich nun mal "nur" ein Mensch bin. Mich selbst und die anderen trotz meiner/ihrer Unvollkommenheit annehmen - das bedeutet stark sein in meinem Schwachsein und nicht zuletzt bei mir sein/zu mir stehn. Ist eine Lebensaufgabe und ich befinde mich noch am Anfang.

LG, Rainer
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Elas,

wenn ich um mich weiß, als Mensch, um das, wie ich gestrickt bin, was ich mag, was ich ablehne, welche Werte ich habe, für die ich mich einsetze, dann bin ich authentisch .</em<

ich glaube, dass das so nicht stimmt. Denn was du magst und nicht magst, für wertvoll hältst oder für wertlos - all das ist ein Produkt deiner eigenen Vergangenheit, deiner Prägungen. Man kann auch einschränkend sagen, ein Teil davon wenigstens muss ja Prägung sein. Wir unterhalten uns hier im Wesentlichen ja immer darüber, wie wir das, was uns krank macht, loswerden oder ändern können.
Also muss es zumindestens ja die Frage geben, wie ich das, was ich bejahe, was mich aber krank macht, unterscheiden kann vom authentisch Echten.

Auch ein depressiver Mensch ist vollkommen davon überzeugt, dass die Werte, die ihn krank machten, wahre Werte sind. Sonst hätte er sie kaum gelebt. So lässt sich Authentizität also kaum definieren.

Der authentische Mensch, so wie ich dieses Wort verstehe, lebt überhaupt nicht nach dem Muster, dass das Eine gut und das Andere schlecht ist. Das ist selektive Wahrnehmung, die besondere Urteile bereit hält, um die Welt in Erwünschtes und Unerwünschtes einzuteilen. Damit aber muss die Welt immer konflikthaft sein.



LG

Thomas
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elas
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von elas »

Sorry Thomas,

was ist in Deinem letzten Beitrag nun Zitat und was Deine eigene Meinung, oder Zitate aus alten Beiträgen etc.

Nach wie vor _ liebevoll gemeint_ die Tücke mit der Technik.


elas
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von Liber »

Liebe Elas,

ja, es ist ein Prozess!

Es kann sein, dass Werte, die ich vor einiger Zeit noch für "richtig" gehalten habe, es heute für mich nicht mehr sind.

Mal ein Beispiel: jemand mag es für sich für richtig halten, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Er hat es so gelernt, er hält es für gut und richtig so.

Nach einiger Zeit beginnt er jedoch, die Sturkturen des Gottesdientes und seiner Inhalte zu hinterfragen und erkennt, dass es für ihn nicht mehr richtig und stimmig ist, jeden Sonntag dorthin zu gehen.

Wer sagt nun, was richtig oder falsch ist?

Damals war es für ihn "richtig", heute nicht mehr. Er war so UND so authentisch.


Deshalb glaube ich unbedingt, dass es ein Prozess ist, den wir durchlaufen.


Und da schließe ich mich Thomas' Meinung an: manche dieser Werte können krankmachend sein, andere sind es dagegen nicht.


Der Wert der eigenen Entscheidungsfreiheit ("ich darf es für mich selbst entscheiden, ob es für mich gut ist, in den Gottesdienst zu gehen"), gehört für mich zu einem gesunden Wert.

Einer Autorität unter allen Umständen zu gehorchen, jedoch nicht.


Es geht wohl darum, allmählich DIE Werte herauszufinden, die wirklich mit mir selbst zu tun haben, die ich aus mir selbst heraus akzeptiere.

Dazu gehört für mich z.B.: ich darf Fehler machen .


Liebe Grüße
Brittka
lens
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von lens »

Ich brauche nicht zu befürchten, dass meine Selbstannahme in Hybris ausartet.

Natürlich sage ich zu mir selbst, dass ich Fehler machen darf. Aber wenn ich dann konkret feststellen muss: dass war jetzt falsch,(z.B. unüberlegt daher geredet), dann bin ich meine schlimmste Kritikerin.Ich muss mich mühsam überreden, dass davon die Welt nicht untergeht.

Zum Glück fällt es mir bei meinen Kindern leicht, ihnen zu versichern, dass sie Fehler machen dürfen.

LG Ibis
tomroerich
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Elas,

die ersten beiden Zeilen sind ein Zitat von dir.

Der Rest ist neuer Text von mir. Auf meinem Bildschirm erscheinen die ersten beiden Zeilen kursiv, der Rest nicht.

LG

Thomas
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otterchen
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von otterchen »

Hallo
und wow - soviele Antworten seite heute früh!

Wirklich interessant, was Euch dazu alles einfällt.
Ich hatte soeben, noch bevor ich meinen PC hochfuhr, noch folgende Idee:

Ich möchte an Fehlern/Macken/Schwächen eigentlich das anerkennen, was wirklich ICH bin, was auf "meinem Mist gewachsen" ist.
Und genau damit verliert es den Sinn von "Fehlern/Macken/Schwächen" und wird zu EIGENSCHAFTEN. Zu denen kann ich stehen, und mir ist egal, ob andere sie mögen oder nicht.
(Ich entwickele seit einiger Zeit meine eigenen Werte - sowas war mir bislang vollkommen unbekannt - und vieles an meinem Verhalten deckt sich mit meinen Wertvorstellungen. Von daher kann ich meine Eigenschaften sogar noch bewusster bejahen.)

Auf der anderen Seite gibt es da noch Denkweisen, Glaubenssätze, Schwächen, die ich wirklich loswerden möchte, weil ich weiß, dass sie nicht mir entsprechen. Dass ich sie noch von früher mit mir herumschleppe. Klar, verständlich ist es, dass ich heute so bin, und von daher kann ich es auch irgendwie akzeptieren. Ich bin z.B. derzeit ziemlich antriebsarm - aber vielleicht auch nur, weil ich noch nicht mein "wie" gefunden habe, also die mir entsprechende Art und Weise, mich selbst zu motivieren.
Ich vermeide immer noch die Begegnung mit meinem Vermieter, weil ich die Konfrontation scheue - aber eigentlich müsste ich den "in die Tasche stecken können". Verstand sagt: das kann ich / Gefühl sagt: vermeiden.

"Loswerden" kann ich diese Eigenschaften aber zunächst nicht - dazu bedarf es wohl weiterer Therapiestunden (wenn alles klappt, kann ich zum Jahreswechsel wieder eine Therapie anfangen, die 2 Jahre sind um) bzw. viel Geduld und Nachsicht mit mir selber, neue, positive Erfahrungen, neue "Werkzeuge" usw.
Lernen, wachsen, entwickeln.

Es fühlt sich an, als wollte ich eine alte Haut abstreifen. Das, was darunter zum Vorschein kommt, das bin ich.

Und wisst Ihr was? Ich habe schon 2kg abgenommen Irgendwas in mir ist also momentan nicht mehr so hungrig, und das fühlt sich gut an: ich bin auf dem richtigen Weg.
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rm
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von rm »

>Zu den Erscheinungen gehört aber auch all das, was ich als außerhalb von mir selbst wahrnehme. Auch das erscheint in mir und mein Urteil darüber - besonders über die "Anderen" - ist deshalb auch ein Urteil über mich selbst.<

...schreibt Thomas weiter oben..

Guten Abend Otterchen,
herzlichen Dank für Dein Thema hier, es ist super interessant und betrifft mich .
Ich kann hier und heute nur noch eher aufnehmen, vielleicht annehmen, weniger mit meinen ureigenen Erfahrungen dienen, denn ich bin etwas geplättet (schrieb ich schon woanders hier im Forum).

Etwas möchte ich nur festhalten hier und heute , denn sonst vergess ich es wieder:

Eine große Schwäche von mir scheint mein immer noch ziemlich stark vorhandenes Vertrauen in einige Mitmenschen. Deshalb, da ich dies erkannt habe, IST es auch keine Schwäche/ Fehler mehr, jedenfalls nicht mehr für mich selbst.

Andere dagegen sehen in diesem Vertrauen eine 'Naivität', ein kindliches Verhalten, was mit der Realität wenig zu tun hat. Nun, da bin ich eben mal ein Kind .

Nicht ganz verstehen kann ich den Satz von Dir,Thomas bzw. es fehlt mir persönlich die Erklärung von Dir, was Du DANN persönlich tust/ machst/denkst, wenn Dir ein wirklich unangenehmer Zeitgenosse begegnet(und vielleicht nicht nur Dir).

Er, der Zeitgenosse hat evtl. z.B.nichts Besseres zu tun, als auf Kosten von anderen zu leben. Spürst Du dann Verantwortungsgefühl, dies zu unterbinden?

Wie bildest Du persönlich Dir Dein Urteil (wenn überhaupt?) und was tust Du dann? Ignorierst Du alles? Und bist dies dann Du selbst ? Wer ist dann der Gegenüber in diesem Spiegel?

Ich weiß nicht, wie ich es sonst formulieren könnte..Verstehst Du mich trotzdem? .

Wie ich Dich einschätze, so siehst Du mir nach, wenn ich öfter Dich 'auserwähle', wahrscheinlich ist es ein Fehler von mir, wenn es denn Fehler/ Fehlverhalten gibt ?

Beste Grüße an Alle hier .
Reinhart
otterchen
Beiträge: 5118
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Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von otterchen »

Lieber Reinhart,

hach, Vertrauen in andere... ist das denn nicht schön? Ich denke mir, es fühlt sich bestimmt besser an als das Gegenteil, nämlich permanent misstrauisch zu sein, meinst Du nicht?

Weißt Du, ich habe mittlerweile kapiert, dass manche Leute mir nicht offen und ehrlich alles sagen - und das müssen sie auch nicht. Aber ich gehe nicht davon aus, dass sie mich belügen - einfach, weil Lügen für mich fremd ist. Ich habe gelernt, nicht alles für 100% wahr zu halten (Menschen erzählen natürlich immer nur ihre Sicht der Dinge), aber dieses "der glaubt wohl selbst nicht, was er da erzählt" ist mir eigentlich fremd.
Und weißt Du was? Ich fühle mich gut damit. Ok, ich kann übervorteilt / belogen / betrogen werden - aber dann hab ich ja noch meine feinen Antennen, die mir in der Vergangenheit irgendwie immer signalisiert haben, wenn etwas nicht stimmte.


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BB08
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Registriert: 8. Jan 2010, 15:31

Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von BB08 »

@Otterchen:

Da hast Du natürlich recht. Was ist aber, wenn man von Berufswegen oft angelogen wird. Man sagt uns zwar, dass man sowas nicht an sich ranlassen soll.
Aber ich kann das nicht wirklich. Wann wird täglich verar... und dann wird gleichzeitig noch ins Gesicht gelächelt
Da weiß man ja wieder, dass man überall nur belogen wird.
Was ist mit Ehrlichkeit ?
rm
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Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Welche Fehler und Schwächen sind ok, welche nicht?

Beitrag von rm »

>hach, Vertrauen in andere... ist das denn nicht schön? Ich denke mir, es fühlt sich bestimmt besser an als das Gegenteil, nämlich permanent misstrauisch zu sein, meinst Du nicht?<

Du, Otterchen...ja und dreimal ja und u.a. Deine Sätze werden mich ruhig einschlafen lassen. Ja und gerade weil ich es heute wieder erlebt hab, das sich Vertrauen lohnt. . (trotz aller Lügerei seitens einiger Mitmenschen)

Und weiter stelle ich fest, daß auch ich schon mal Wahrheiten verbreitet habe, die so nur in meinen Augen als wahr erschienen .

Mach's gut und gute Nacht Otterchen
Reinhart
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