Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

elas
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Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Guten Abend in die Runde,

jetzt hats mich mal wieder heftig erwischt mit der Einsamkeit, den Einsamkeitsgefühlen und diesem Alleine sein.

Ihr wisst ja z.T. um die Problematik mit meiner alterspsychotischen Mutter, und dass ich mich da eh oft so ausgelaugt und so traurig fühle damit.
Dann gibt es deswegen auch oft mit meinem einzigen Bruder Streit.Mein Bruder hat eine Fernbeziehung seit mehr als 25 Jahren, und diese Frau und ich, wir kommen nicht so gut aus miteinander, da wir sehr sehr unterschiedlich sind, sie jedes Wort auf die Goldwaag legt und sich auch schnell angegriffen fühlt. Mein Bruder geht nun in den Vorruhestand und wird ab August bei dieser Frau, einige Autostunden entfernt , leben. Mit ihren 2 erwachsenen Söhnen im Haus.
Es bedrückt mich sehr, da ja dann alles mit und wegen meiner Mutter an mir hängen bleiben wird. Angst habe ich.

Diese LP ist gerade zu Besuch bei meinem Bruder, und sie gehen morgen meine Mutter besuchen, eigentlich wollte ich mich auch einklinken, so von wegen der Beziehungspflege, ich bin aber ganz unten im Moment und möchte vorallem diese Frau nicht sehen, die mich ja eh nicht leiden kann.

Hinzu kommt, dass einige Freundschaften und Bekanntschaften ordentlich wackeln.
Wenn ich doch schon keinen LP habe, und keine Familie, in der ich mich geborgen fühle, dann sollte doch wenigstens das klappen.
Tut es aber nicht.Meine langjährige Nachbarin und Freundin ist seit eineinhalb Jahren Witwe. Als ihr Mann tot umfiel, wer war zur Stelle, ich, und auch in der Zeit danach. Ich bin immer so ein treues Schaf.
Und jetzt ist sie nur noch unterwegs, nicht mir mir. Wie ein alter ausrangierter Schrank komme ich mir vor. Weggestellt ganz einfach.
Das habe ich einmal angesprochen mit ihr, aber das änderte sich nur kurz.

Auch mit einer anderen Uralt - Freundin ist seit November der Wurm drin. Sie ist so eine Familienfrau, auch vorpensionierte Lehrperson, Kinder um die Ecke, mittlerweile ein Enkel, der ihr größtes Glück ist...die also gar nicht das Leben einer alleinstehenden Frau nachempfinden kann.
Als ich das einmal ansprach, dass ich mich etwas vernachlässigt fühle, war das einen Schuss in den Ofen. Jetzt bin ich die Böse. Die Fordernde etc.
Und einer richtigen Auseinandersetzung ist sie ausgewichen.

Ja. Ich fühle mich richtig alleine und einsam. Und grüble dauernd darüber nach, was ich denn falsch mache in den Freundschaften.
Dann denke ich wieder, ich mache nichts falsch, die Menschen verändern sich eben, so ich ja auch, und vielleicht ist es eine Utopie, mit Menschen ein Leben lang gute Beziehungen führen zu können.

Oft habe ich das mit den Einsamkeitsgefühlen ganz gut im Griff.
Aber im Moment nicht, denn ich fühle mich derart verloren.
Feiertagsblues??

elas
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petra3741
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von petra3741 »

Hallo elas,

ich finde das auch, dass es sehr schwer ist mit Freundinnen, LP, Familie....
ich habe zum zum Glück vier Brüder, mit zwei geht es gut, mit einem sehr gut und mit zwei nicht so mit einem gar nicht. ich denke bei vier ist zum Glück ein guter drin.
Familienbande sind einfach am stärksten noch.
ich habe seit fünfzehn jahren keine eigentliche Freundin mehr, obwohl ich mich bemühe. ich habe zwei söhne, die noch was von mir wissen willen, ein bischen zum Glück, aber bald sind die flügge. Oh je.
ich habe mit langjährigen kunden zu tun, das hilft mir sehr.
Einen LP habe ich auch seit 6 jahren keinen mehr. ich treffe mich ab und zu mit meinem exfreund, über den ich nicht wirklich hin weg komme.
Sei froh, dass du oft gut alleine zurecht kommst, dass kann ich inzwischen auch recht gut. Das ist eh das beste, was man lernen kann.
Feiertagsblues ist nicht ohne...
Vereine und soziales Engagement sollen bei
Singles am besten sein, ich habs damit aber auch noch nicht so. Bemüh mich aber.
ich denke auch öfters, dass ich mich oft bemühe, aber nicht soviel zurück kommt.
Dass war doch toll, als du dich so um die Witwe gekümmert hast. Weiß auch nicht warum es Sie nicht so zu schätzen weiß.
Beziehungen sind schon einfach schwierig, längere, tiefere.
Aber ich denke das geht vielen so.
und die Familie sind nicht immer das was sie so als Anschein geben.
LG Petra
lt.cable
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Ich stimme zu: Familienbande sind nicht für jeden in gleichem Maße vorhanden, doch wenn es sie gibt, zählen sie tatsächlich zu den dicksten Banden, die es im Leben so gibt. Das bedeutet natürlich nicht, dass da immer alles perfekt ist. Trotz aller Probleme und Differenzen kann ich z. B. mich auf diese Leute verlassen. Dass es außerhalb dieses Bereichs zu wirklich tiefen Bindungen mit anderen Menschen kommt, halte ich für eher selten, denn dafür muss es dann auf beiden Seiten passen. Diese Situation wird sich noch am ehesten einstellen, wenn man einen Partner fürs Leben findet und ggf. eine eigene Familie (also doch wieder Familie) gründet. Ich für meinen Teil könnte davon bisher wohl auch kaum weiter entfernt sein. Mit dem fortschreitenden Alter dürfte sich das Problem immer weiter verschärfen. Eine Lösung kann ich bisher nicht präsentieren, aber ich kann dir immerhin mitteilen, dass es Leute jeglichen Alters mit diesen Problemen gibt. Manchmal ist es ja schon tröstlich, dass man damit nicht ganz allein ist.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Cieloazul
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Cieloazul »

Hallo Elas

Petra hat geschrieben:
"und die Familie sind nicht immer das was sie so als Anschein geben"

Dem stimme ich zu. Ich kann dich gut begreifen. Meine Eltern sind schon sehr alt u. werden gebrechlicher, brauchen viel mehr Zuwendung, Begleitung u. tatkräftige Hilfe. Da fühle ich mich auch oft überfordert. Meine Schwester übernimmt zwar vieles u. darüber bin ich auch froh. Doch oft habe ich einfach den Eltern u. der Schwester gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil ich immer das Gefühl habe, ich müsste viel mehr übernehmen.

Gerade das mit den Freundinnen, berührt mich sehr. Viele Jahre ging es mir ähnlich u. mitlerweile habe ich gar keine Freundin mehr. Wenn sie Hilfe u. Beistand nötig hatten, war ich fast immer zur Stelle u. umgekehrt waren sie nicht da, abwesend u. alleingelassen fühlte ich mich. Irgendwann wollte ich das nicht mehr u. habe den *Freundinnen* gesagt, was Sache ist u. dass ichs leid bin. Jetzt habe ich schon viele Jahre gar keine mehr. Ist auch nicht schön, aber dennoch besser, als immer ent-täuscht zu werden.

An Feiertagen u. Sonntagen merkt man besonders gut, dass einem eine vertraute Person fehlt. Denkst du nicht, dass du neue Freundschaften schliessen könntest? Du machst den Eindruck auf mich, dass du einfühlsam, zugewandt u. vermutlich auch offen bist. Das sind doch die besten Voraussetzungen um neue Menschen kennen zu lernen. Oder?

Ich finds toll, dass du so offen erzählst.

Schönen Abend wünscht dir Cieloazul
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

elas
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Hi Ihrs

Erst einmal Danke für die Rückmeldungen.
Alleine schon, das Thema ins Netz stellen und Rückmeldungen bekommen ist schon die halbe Miete.

Es tut mir gut.

@Petra, Du hast schon einmal in einem anderen Thread erzählt, dass Du nun schon einige Jahre Single bist.
Bei mir sind es mittlerweile 8 Jahre. Frau stirbt nicht daran , aber zur Zeit kommt es mir schon sehr lange vor.
Und die vielen "verheirateten" Anwärter und Verehrer....na, "no go".

Ich weiß schon, wie sich eine gute Beziehung anfühlt, da ja meine Beziehungen in den ersten Jahren immer gut waren.
Es fehlt halt doch was zurzeit.

@lt.cable, na Mut machst Du mir grade nich so von wegen Verschärfung des Problems mit zunehmendem Alter...wo ich doch grade zu meinem Leidwesen wieder ein Jahr älter geworden bin.

@Cieloazul.
Was Du von Deinen Freundinnen/ Freundschaften schreibst, so ähnlich empfinde ich es auch bei mir.

Freundschaft, Bekanntschaft, Nachbarschaft hat bei mir einen sehr hohen Stellenwert.
Einfach deswegen, da ich ja alleinstehend, kinderlos bin, und eben auch nicht mit diesen positiven Familienbanden versehen.

Und ich bin wirklich da für die Anderen, weil ich menschlich bin, weil ich offen bin, empathisch.
Oh ja, E...der, kann man alles erzählen, E...nur Dir kann ich das erzählen etc. etc.
Ja.Diese Rückmeldungen bekomme ich oft.
Aber dann, wenn es mir schlecht geht, gilt das Prinzip von Geben und Nehmen oft nicht mehr.
Das sind dann die Enttäuschungen. Und an einigen dieser Art nage ich gerade.

Natürlich konfrontiere ich dann schon mal die eine oder andere Freundin damit. Aber das kommt nicht gut.

Wie kriegt Ihr Anderen das so hin.????

Lt. Cable sagt doch, es sind Viele, die so empfinden und eben auch keine so dollen Familienbande haben, die einen auffangen.

Zum einsamen Wolf mutieren will ich aber nich.....

elas
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flora80
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von flora80 »

Liebe Elas,

du fragst, wie "die anderen" das so hin kriegen...

Hm, das ist eine gute Frage. Ich habe (teilweise schmerzlich) gelernt, dass für jemanden da sein nicht bedeutet, deshalb Ansprüche ("sei dann gefälligst auch für mich da!") stellen zu können.

Ich habe gelernt, dass ich in dem Moment tiefes Vertrauen gewinne, in dem ich dem anderen vollkommen vertraue und keine unterschwellige Anspruchshaltung an den Tag lege. Und daraus sind Freundschaften entstanden, die ich für sehr tiefgehend und ziemlich unerschütterlich halte, weil ich einfach da sein kann und die andere eben auch.

Das war schwer zu erreichen und ich kann leider auch kaum erklären, wie das geht. Aber man spürt es, wenn es so ist. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist für mich gewesen, dass ich erkannt habe, dass ich den anderen nicht zum Leben brauche, sondern dass ich lebe und der andere auch.

Es ist ein Teufelskreis, wenn man den anderen braucht, um leben zu können. Das überfordert den anderen, der dann auf Abstand geht. Und dann braucht man ihn eigentlich um so mehr. Bevor ich wirklich für andere da sein konnte, musste ich erst mal für mich selbst da sein lernen. Das klingt furchtbar altklug, aber so fühlt es sich an.

Für andere da sein, damit man von denen bekommt, was man braucht, das funktioniert nach meiner Erfahrung nicht gut. Das, was man braucht, ist das Urvertrauen in sich selbst, das man eigentlich von Eltern mit auf den Weg bekommt. Ich habe das auch nicht bekommen. Aber dafür durfte ich eine unheimlich heilende Therapie machen, mit einer so engen Beziehung zu meiner Therapeutin, dass das, was meine Eltern nicht konnten, letztlich doch heil werden durfte. Noch nicht komplett, aber zu einem großen Teil. Das eigene Heilwerden hilft, enge Beziehungen zu Menschen aufzubauen, ohne von denen unbewusst Dinge zu verlangen, die sie nicht erfüllen können. Denn das bewirkt Abstand.

Was ich schreibe, schreibe ich von mir und darüber, wie ich enge Freundschaften aufgebaut habe und schon jahrelang erhalte. Davon muss nichts auf andere passen. Aber vielleicht ist ja doch die ein oder andere Idee dabei, warum es schwierig ist, Menschen zu finden, die wirklich für einen da sind. Wenn nicht, dann sieh es einfach als meine Erfahrung, die dir nicht weiter hilft.

Ich habe mittlerweile Menschen, die 100% da sind, wenn es wirklich brennt. Und das wünsche ich dir auch. Für mich bedeutet das auch Freiheit, weil ich gelassener mit dem leben umgehen kann und nicht mehr überall ungerechtigkeiten wittern muss, die es zu verteidigen gilt, damit ich vielleicht irgendwann mal etwas zurück bekomme. Mir hat es sehr geholfen in der Therapie erfahren zu dürfen, dass ich lieb gehabt werde, auch wenn ich nichts leiste und mich nicht für irgendwas aufopfere, etc.

Ich glaube daran, dass mein Gegenüber deutlich spüren kann (unbewusst), wenn ich vordergründig für andere kämpfe, aber eigentlich erst mal dringend in mir selbst für mich selbst kämpfen müsste. Wie kann ich anderen etwas geben wollen, das ich selbst gar nicht habe? Da kann der andere nur unterschwellig eine so tiefe Verzweiflung spüren, die er selbst gar nicht tragen könnte, so dass er mal lieber auf Abstand geht. Das war für mich der Knackpunkt und ich bin glücklich, das relativ früh in meinem Leben gelernt zu haben. Sicherlich ist das aber für jeden etwas anders.

Grüße von Flora
Clown
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Clown »

>Das eigene Heilwerden hilft, enge Beziehungen zu Menschen aufzubauen, ohne von denen unbewusst Dinge zu verlangen, die sie nicht erfüllen können.
So erlebe ich das auch! Nur so geht es ...

Was bedeutet das nun für dich, Elas? Therapie? (Weiß nicht, wieviel du davon schon gemacht hast.)

Lieben Gruß,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
flocke
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von flocke »

Hallo Elas,

mhm was soll ich dir schreiben?
Ich kann ganz gut nachvollziehen wie du dich fühlst. Auch ich neige dazu eine gewisse Erwartungshaltung zu haben. Das Problem dabei ist, dass der andere eben seine Eigenen Erwartungen hat und diese nur selten konform zu den eigenen sind.

Vielleicht ist der Freundin von der du zuerst geschrieben hast garnicht bewusst dass du dich zurückgesetzt fühlst und vielleicht ist Freundin nummer 2 gerade auch ein wenig überfordert (?) und hatte eigentlich Verständnis erwartet.

Muss natürlich nicht sein, es gibt tausende Variablen.

Ich habe zwei gute Freunde und muss zugeben sie auch oft zu "vernachlässigen", nie mit Absicht. Manchmal einfach weils mir nicht gut geht, manchmal weil, tja warum? Manchmal haben wir monatelang keinen Kontakt.
Das schöne ist, niemand nimmt es dem anderen krumm (es ist nämlich beiderseitig so)
Wenn Kontakt besteht ist es intensiv und vertraut (auf eine spezielle Weise) und schön.

Nun und Familie... weißt ja ein wenig wies bei mir ist. Die sind einem auf spezielle Weise nah und doch auch fern.


Was würdest du dir denn gerade wünschen, also welche Form von Kontakt, oder so?


Ganz liebe Grüße,
Flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
rm
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von rm »

Guten Morgen Elas,

in verschiedenen Nuancen passt dieses Thema von Dir sehr gut zu so vielen Fragen hier im Forum und ist m.E. einer der Grundthemen überhaupt:

Zusammen leben, Beziehungen aufbauen, dabei Enttäuschungen erleben, Zukunftspläne schmieden, neue Wege gehen, den Mitmenschen zum Leben brauchen (ja, trotz allem 'Allein sein Wollen' und auch können fehlt sonst etwas, oder? ).

Ganz schön kompliziert das alles mit den Mitmenschen und wie schön wär's gewesen, nicht aus dem Paradies vertrieben worden zu sein... aber das soll wohl alles so sein, lernen werden wir seitdem oft nur durch Schmerz. Seltsam...

Und immer wieder gibt es m.E. auch Momente, die wir nicht erwarten: Da ist unerwartet ein Mensch, und der will Dir einfach nur sagen: Mit Dir möchte ich ein Stück gemeinsamen Weg gehen, Du mit mir auch?

In diesem Moment kommen dann wieder Bilder in mir hoch aus meiner Vergangenheit und signalisieren mir: Mensch Reinhart, sei vorsichtig! Meint dieser Mensch das so ehrlich und wie sieht das alles in 20 Jahren aus ? Kann ich diesem Menschen wirklich vertrauen? Und warum plane ich schon wieder in viel zu großen Dimensionen?

Bin ich selbst auf dem Weg, mir zu vertrauen?
ja, sehr wichtig ist diese Frage für mich geworden nach den vielen unglücklichen Ansätzen, Beziehungen auf die Reihe zu kriegen.... Da passt sehr gut in diesen Komplex, was Flora weiter oben sagte:
>...Das, was man braucht, ist das Urvertrauen in sich selbst, das man eigentlich von Eltern mit auf den Weg bekommt. Ich habe das auch nicht bekommen. Aber dafür durfte ich eine unheimlich heilende Therapie machen,...<

Mir ist da in der Kindheit auch was 'flöten' gegangen und ich bin den Ursachen auf der Spur. Damit öffne ich mir die Tür, dieses Urvertrauen wieder zum Leben zu bringen, denn ich glaube nicht, daß es weg ist, sondern nur verschüttet.

Und da wäre ich wieder bei dem unverletzlichen Kern, dem inneren Raum, zu dem keiner Zutritt hat, außer ich selbst. Wie hängt dieser Raum mit meinem Urvertrauen zusammen? Spannend einfach!

Sonnigen Pfingstmontag wünsch ich Dir und allen!

Reinhart
elas
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Guten Morgen in die Runde,

vielen Dank für Eure Antworten/Beiträge.
Dass ich nun leider in meiner Kindheit kein Urvertrauen und daraus resultierendes Selbstvertrauen bzw. Selbstwertgefühl erlernen konnte, ist Fakt.
Psychotherapie hat "heilen" geholfen, aber eben nicht vollständig.

So gibt es eben immer wieder die Phasen bei mir, wo alles ins Wanken gerät.

So wie im Moment. Da ich mich sehr erschöpft fühle wegen der Sache mit meiner Mutter und dem Weggang meines Bruders.
Und eben einige einschneidende Veränderungen
in meinem Umfeld. So ist meine langjährige türkische Freundin mit ihrer Familie zurück in die Türkei gegangen. Das tut weh.
Und es ist eben wieder ein Abschied, eine Trennung, eine die ich doch gar nicht wollte.
Für ewig und immer würde ich gerne das, was schön ist, festhalten.
Ja, ein wunder Punkt sind meine Trennungsängste und Verlassenheitsgefühle.

Es macht mich traurig, dass nichts von Dauer ist im Leben. Soviele Freundschaften, die lange gut waren, veränderten sich, durch Heirat, Kinder, durch Wegzug etc. oder durch Streit, oder, dass ich selber es nicht mehr haben wollte so

Und irgendwie hänge ich etwas kraftlos in den Seilen und denke, wie anstrengend, wieder neue Beziehungen aufzubauen.
@reinhard, Du sagst es so schön. Und auf einmal ist da ein Mensch, der eine gewisse Wegstrecke mit Dir gehen möchte, und Du auch mit ihm.
Warum können diese Wegstrecken nicht für ewig und immer sein???

Dieses Schreiben hier, Eure Antworten und Erzählungen, das hilft mir Sortieren und mir ein klein wenig klar werden.
Also, welcher wunde Punkt ist grade aktiviert, und welches sind denn nun gerade die Veränderungen, gewollt und ungewollt, die mir so zu schaffen machen.

Ja, reinhard, schade, dass wir aus dem Paradies vertrieben wurden,
Aber irgendwie will ich ja auch wachsen,mich verändern, Neues erleben etc.

Aber die Übergänge sind immer so schwer und schmerzhaft für mich. Ich bin einfach so ein anhängliches Wesen.

Herzlich
elas
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otterchen
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von otterchen »

Liebe Elas,

ich weiß, dass Abschiednehmen weh tut...

aber in einem Fall ist es mir gelungen, das zu wandeln:

ich nehme nicht die Abwesenheit als solches wahr, sondern ich bewahre die gemeinsame Zeit als einen Schatz in mir. Abschiede gehören zum Leben, so abgedroschen das klingt. Und wir machen es uns selbst nicht leichter, wenn wir unseren Blick immer nur auf das Schmerzende in dieser Situation lenken und womöglich neue Kontakte mit eben dieser Möglichkeit misstrauisch unter die Lupe nehmen.

Warum nicht die gemeinsame Zeit als kostbares Geschenk annehmen, die einem niemand mehr nehmen kann? Statt nur auf den Moment der Trennung zu blicken: warum sich nicht (dankbar?) bereichert fühlen durch die schöne Zeit, die man miteinander hatte?
Dieser Blick ist viel heilsamer und hält den anderen Menschen in unserem Herzen.

Wenn wir dieses Geschenk der Freundschaft, der inneren Nähe zu jemandem nicht als selbstverständlich ansehen sondern vielleicht von vornherein als etwas zeitlich Begrenztes, dann könnten wir vielleicht daran zurückdenken wie an ein tolles Fest.
Jetzt ist es vorbei, aber wir schwelgen noch oft in Erinnerungen und wärmen uns an den gelebten Augenblicken.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
lt.cable
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Elas!

Ich wollte mit der Formulierung nur zum Ausdruck bringen, dass ich deine individuelle Problematik gut nachvollziehen kann. Ich denke einfach, dass sich neue Kontakte in jüngeren Jahren vielleicht noch lockerer und einfacher ergeben können, was nicht heißen soll, dass es im reiferen Alter keine Hoffnung mehr gibt. Es dürfte dann allerdings umso mehr schmerzen, wenn ältere Verbindungen plötzlich nicht mehr das halten, was man sich davon versprochen hat, und einem zudem klar wird, dass es beim Thema LP oder Kinder eine Lücke gibt.
Mit Strategien zur Besserung der Lage kann ich leider kaum helfen. Wenngleich mir Mitpatienten regelmäßig ein gewinnendes Wesen bescheinigen, finde ich im Alltag nur sehr schwer Zugang zu den Menschen (bzw. diese zu mir).

Es grüßt
lt.cable
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als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
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Reve
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Reve »

Hallo liebe Elas,

ach es wurden so viele gute Sachen geschrieben, aber eines ist mir vor allem haften geblieben. Vom anderen nicht zu viel zu erwarten, vor allem nicht mit dem Hintergedanken - wenn ich dir helfe, musst du auch automatisch für mich da sein.

Wenn ich nicht zu viel erwarte, kann ich auch nicht enttäuscht werden. Leicht gesagt und schwer umgesetzt – und doch glaub ich wirkungsvoll, wenn man sich den Gedanken mal irgendwann verinnerlichen kann.

Natürlich kann ich mich nicht so reinfühlen, da ich von Familie umgeben bin. Aber – das muss man schon auch klar sagen – jeder führt sein Eigenleben, teilweise sogar die Katze, die sich jetzt bei dem schönen Wetter mit Wonne draußen rumtreibt. Irgendwann trifft man sich wieder, zu einem Essen, zu einem Gespräch. Dann muss wieder jeder für sich selbst sorgen. Es ist für mich jedes Mal mit einer Art Abschiedsschmerz verbunden.

Tatsache ist, dass du jetzt vor einer Situation stehst, die schwer für dich wird, weil dein Bruder wegzieht. Ich glaube schon, dass dies alles verstärkt und ich wüsste eigentlich jetzt auch keinen anderen Rat, als vielleicht doch ein wenig psychotherapeutische Unterstützung zu holen.

Und dann kann ich natürlich nur immer wieder anpreisen, sich aufzuraffen, selbst mich sich was zu machen, ohne auf eine Begleitung zu warten. Wie beispielsweise mein „Joggen“ am Wochenende und den Feiertagen gleich früh morgens, noch vor dem Kaffee, der dann schon durchläuft.
Ich werde von schwanzwedelnden Hunden begrüßt, von freundlichen Joggern, was mich gleich positiv in den Tag geleitet und mir dabei hilft, über manch Missstimmung zu Hause dezent hinwegzublicken.

Und ein paar Beziehungen werden dir schon bleiben, sieh uns beide an, wie oft haben wir uns schon in dem einen Jahr im Unmut getrennt.
Manches vergeht doch nie, da glaub ich ganz fest dran ...

LG Carin
elas
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Ihrs,

jeden Beitrag empfinde ich als wertvoll. Ich habe, schon wie um Weihnachten, wieder das Bild von einem Schatzkästchen, das sich gerade füllt.

Vielleicht überfordere ich wirklich unbewusst manche Freunde und Bekannten,so wie flora es andeutet... immer dann, wenn doch viel Leid und Schmerz mich beutelt.
Das wäre sicherlich ein "Hingucker".

Und es ist auch ein Thema, vielleicht nicht soviel vom Anderen zu erwarten.
Als ich sofort zur Stelle war, als der Ehemann der Freundin tot umgefallen ist, das gehört eben für mich zu einer Freundschaft, eben in Freud und Leid, in guten wie in schlechten Tagen. Da denke ich nicht, das mache ich jetzt, damit ich ganz viel zurückkriege.
Aber in der Tat habe ich doch oft das Gefühl, mehr zu geben als zu bekommen.

Lt.cable, Du hast Recht, locker flockig sind in jungen Jahren neue Freundschaften und neue Beziehungen geknüpft. Das konnte und kann ich ganz gut.
Aber ich stelle so verdammte Ermüdungserscheinungen fest im Moment.
Und so, wie reinhard schreibt, dann kommt so ein Misstrauen in dem Sinne, "ach da kommt doch wieder eine Trennung" etc. etc.Vorsicht, wo sind die Fußangeln".
So eine gewisse Leichtigkeit ist nicht mehr da bei mir.

Aber vorhin habe ich gedacht, dann ist es eben so, wie es ist. Ich hänge grade erschöpft durch, es ist zuviel. Ich bin traurig.
Ankämpfen dagegen ist zwecklos. Habe heute beschlossen noch einen weiteren Einigel-Tag einzulegen. Es so sein lassen, wie es ist.
Muttern und Familientreffen gestrichen.

otterchen, ein wunderbares posting. Ja, ich verfüge schon über schöne innere Bilder, ein sehr gelebtes Leben mit vielen interessanten Wegbegleitern. Aber immer nur auf Zeit. Nie für ewig.

Und eine eigene Tochter, die hätte ich mir schon gewünscht oder gar ein Enkelkind, das wäre auf ewig. Das ist die Lücke, die lt.cable anspricht. Das tut mir doch manchmal immer noch weh, dass ich da einen anderen Weg gewählt habe.

Das mit der psych.Unterstützung, das ist mir gestern auch wieder in den Sinn gekommen, carin und clown.
Eine Therapeutin hätte so eine gewisse Hebammenfunktion. Mir bei dem zu helfen, was sich gerade entwickeln und verändern will in mir.

On verra.

Herzlichst und merci
elas
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elas
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

kringel(chen)

merci
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Liber
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Liber »

Liebe Elas,

obwohl ich Familie habe (bin verheiratet und einer der Söhne lebt noch zu Hause), kann ich dich gut verstehen.

Dieses Zurückgeworfensein auf sich selbst erlebt man auch in der Familie, die ist kein "Allheilmittel" dagegen. Die Söhne gehen immer mehr ihrer Wege, insbesondere ist die innere Ablösung bei ihnen angesagt. Und bei mir das Loslassen mit den damit verbundenen Schmerzen. Und Nähe in der Ehe zu erleben ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Und letztendlich geht es bei der Einsamkeit um einen Zustand in mir selbst.

Aber trotzdem ist dieser Zustand mit Sicherheit noch viel stärker zu spüren, wenn man allein lebt als wenn "automatisch" immer mal jemand von der Familie auftaucht. Umgekehrt ist das Loslassen innerhalb der Familie eine ständige Aufgabe.

Beim Thema Freundschaften geht es mir sehr ähnlich wie dir. Ich hatte geglaubt, ich könne mir Freundschaft "sichern", wenn ich IMMER für die andere da bin, wenn sie mich braucht.

Und auch ich musste schmerzhaft lernen: so ist das nicht. Erstens gehe ich damit über meine eigenen Grenzen. Ich gebe mich selbst ein Stück weit dafür auf. Und daraus kann dann die Erwartungshaltung entstehen: "jetzt kann ich das von dir aber auch verlangen! Und wenn du das nicht tust, bin ich enttäuscht."

Ich kann es nicht verlangen. Und: ich brauche es selbst auch nicht zu tun! Sondern ich darf auch meine eigenen Grenzen beachten und einhalten.

Freundschaft ist kein Tauschgeschäft.

Ja, was ist Freundschaft denn eigentlich?

IMMER füreinander dasein müssen?

Oder: im Kontakt immer mehr lernen können, ich selbst zu sein?

Oder: einander spiegeln, wo blinde Flecken sind? (das braucht viel Vertrauen, aber wenn es möglich ist, ist es ist in meinen Augen ein großer Freundschaftsdienst!)

Eine Mischung aus allem?


Was die Trennungen betrifft: ja, da geht es mir ganz genauso, dass ich Veränderungen in Beziehungen und Trennungen - aufgrund von Kindheitserfahrungen - als etwas sehr Schlimmes und Schmerzhaftes und als Verlust erlebe.

Aber ich frage mich seit einiger Zeit, ob das wirklich immer so ist? Oder ob ich das nicht nur glaube, weil es eben als Kind so erlebt habe?

Vielleicht liegt in einer Trennung auch eine Chance auf Neues? Wenn es zu einem Abschied gekommen ist, muss dieser betrauert werden. Aber dann kann ich vielleicht sehen: da ist ja plötzlich ein freier Platz in meinem Leben. Und das ist eine Chance für Neues!


Liebe Grüße
Brittka
FönX
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Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von FönX »

> Ja, was ist Freundschaft denn eigentlich?
> IMMER füreinander dasein müssen?
So ähnlich. IMMER gern füreinander dasein.

Salut von ganz oben im Norden.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
elas
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Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Liebe Brittka,

ja, das ist ein wichtiger und interessanteter Aspekt, der auch für mich zu gelten scheint, wenn Du sagst, sich "Freundschaften und Beziehungen sichern zu wollen, indem man sehr bzw. ganz für den Anderen, die Andere da ist.Viel für das Gegenüber tut etc."

Hmmmhhh. Da bin ich wieder bei meinen Verlustängsten. Den Versuchen, diese zu bannen.

Und das Überschreiten der eigenen Grenzen ist dann nicht weit. Was ich ja nun, bei allen intellektuellen Einsichten, immer wieder tue. Meine Grenzen nicht einhalten.

Wie sich dieser Thread entwickelt für mich, das ist ein ganz ganz spannendes Feld.

Und natürlich ist dieses Thema Autonomie/Selbständigkeit versus Abhängigkeit und Trennungsangst in der Tat ein Lebensthema bei mir, immer wieder ein hartes Ringen.......in immer neuen Facetten.

Hmmmhhh, Dino_56 kommt in Bewegung und lernt vielleicht doch noch genügend dazu???

Merci für die Anregungen.

FönX`l


elas
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rm
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von rm »

>Ja, was ist Freundschaft denn eigentlich?
>IMMER füreinander dasein müssen?
>Oder: im Kontakt immer mehr lernen können, ich selbst zu sein?
>Oder: einander spiegeln, wo blinde Flecken sind? (das braucht viel Vertrauen, aber wenn es möglich ist, ist es ist in meinen Augen ein großer Freundschaftsdienst!)
>Eine Mischung aus allem?

Liebe Brittka,
Liebe Elas,
Liebe Alle,

Brittka stellt die Fragen so treffend, und ich habe da neulich in einer 'Kneipe'eine zusätzliche Antwort gefunden, die m.E. eigentlich nicht nur für Freunde, sondern in Maßen auch für das Miteinander mit seinen angeborenen oder aber auch 'lebenspartnerschaftlich' schmerzlos Verbändelten Nahen und Nächsten
Grundlage sein kann, woraus sich dann die von Brittka gestellten Fragen entwickeln könnten...
(Oh nee, was mal wieder für ein Bandwurmsatz von mir. Ein Wunder, daß ich selbst da noch durchblicke )...

Jetzt also das in der 'Kneipe' gelesene:

>Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.< (Verfasser/in mir unbekannt)

So, und jetzt gehe ich an die Sonne und nehme Euch zu einem kurzen Spaziergang im Geist mit, wenn's für Euch ok geht. Wenn nicht, so gehe ich auch gern mal allein .

Grüßli,
Reinhart
Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Liber »

Lieber Reinhart,

danke für deine Rückmeldung!

Mein Bild von Freundschaft hat sich in den letzten Jahren etwas geändert.

Das heißt nicht, nicht mehr für Freunde da zu sein - ganz im Gegenteil! Es bedeutet aber auf jeden Fall, "anders" da zu sein als ich es früher für richtig gehalten habe.

Früher gab es bei mir nur dieses "Ganz oder Garnicht". Wenn Freundschaft, dann mit Haut und Haar. Bedeutete - bei mir! - allerdings offenes Scheunentor und Selbstaufgabe.

Und das war nicht gut, das hat auch mit Freundschaft, so wie ich sie heute verstehe, nicht mehr so richtig was zu tun.

Heute ist mir viel wichtiger, in Freundschaften immer mehr ich selbst sein zu können - und mein Gegenüber selbstverständlich ganz genauso! Vielleicht sogar gemeinsame Entwicklung. Und das ist ein langer Lernweg für mich. Es bedeutet auch, sich mal liebevoll auf blinde Flecken hinzuweisen. Ich muss nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen, was die Freundin meint und von mir will. Und auch die Freundin/der Freund muss das nicht bei dem, was ich meine und will.

Allerdings ist das schwer! Ich finde, für solche Freundschaften gibt es nicht allzu viele Menschen. Viele ziehen sich zurück, wenn es mal soweit kommt, die alten Bahnen zu verlassen - oder ich selbst komme damit nicht zurecht und ziehe mich zurück. Kommt selbstverständlich auch vor!

Es ist wirklich sehr viel Üben und Irren, eine Freundschaft auf dieser neuen Ebene aufzubauen. Das ist meine Erfahrung.

Und doch, sie sind eine solche Chance! Zum gemeinsamen Lernen - aber auch einfach, weil es schön wäre, ein Gegenüber zu haben, vor dem man "laut denken kann" - ohne Angst, verurteilt oder verlassen zu werden


Liebe Grüße
Brittka
elas
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Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von elas »

Liebe Brittka,
und Hallo in die Diskussionsrunde,

reinhard sagt es so schön, ein Freund ist der, vor dem man/frau laut denken darf.

Also, alles Mögliche ausdiskutieren miteinander,vielleicht eine Lösung finden, auch jemand, der meine Mödelchen kennt etc. etc.eine Person, zu der man viel Vertrauen hat.

So, und dann kann das ja viele Jahre so gut laufen, und es kann dann aber ein Punkt kommen, wo man etwas so nicht mehr möchte, nicht mehr aushalten kann, etc.
Und was dann???

Freundin 1, von der ich berichtet habe, die Familienfrau. Besser hätte es nicht laufen können. Wir waren 15 Jahre KollegInnen und ca. 10 Jahre Freundinnen.
Ich kannte ihre wunden Punkte, sie die meinigen. Also ihre, bei anderer Meinung schnell schon gereizt zu reagieren. Ich habe immer sehr sehr achtsam darauf reagiert, sie mit meinem Temperament nicht zu erschlagen.
Und sie hat mir viel Support gegeben, auch mit diesem Thema meiner Mutter.

Aber irgendwann war ich nicht mehr zufrieden damit, immer nur brav bei ihr zu sitzen, ihr gutes Essen zu loben, und immer ganz brav alles zu diskutieren.
Ich hätte mehr unternehmen wollen mit ihr, auch mal ins Städtle, auch mal ein zwei Tage verreisen. No go.
Familie und die vielen Verpflichtungen gingen immer vor.
So. Und ich glaube sie hatte auch keinen langen Atem mehr, meine Probleme mit meiner Mutter anzuhören, da sich da ja gar nichts mehr ändert.

Eigentlich habe ich viel Konfliktfähigkeit gezeigt mit und bei ihr. Hab mir auch Kritik sagen lassen etc. Auch eingesteckt.
Und eigentlich wollte ich auch, dass sie ein paar Kritikpunkte genauer differenziert.
Nein, da hat sie sich dann ganz schlecht gefühlt, dann hatte ich den schwarzen Peter und ich war , bin die Fordernde, die Anstrengende etc. etc.
Klar ist, dass wir Beide die Beziehung so nicht mehr wollen.
Und nun des Pudels Kern, wie kriegt man/frau das nach den vielen Jahren jetzt in ein anderes Fahrwasser, zumal ja ordentlich Kritik geäußert wurde auf beiden Seiten....

Klar, die Auszeit ist da. Schon länger...

Deswegen finde ich Deinen Beitrag, Brittka so richtig gut.
Dieser Thread ist wieder sehr hilfreich für mich.

Wie lässt sich nach sovielen Jahren ein anderer Konsens finden. Iss doch ähnlich wie in einer Liebesbeziehung.

Nun, und im Prinzip geht es mir mit einigen Freundinnen so im Moment, die ich halt z.T. schon biblisch lange kenne.
Denen mit mir ja auch.

Mich stressen dann solche Veränderungen und rütteln und zoppeln an meinen Verlustängsten.
Lassen mich panisch werden, in dem Sinne, gerade als Single-Frau doch meine Beziehungen pflegen zu wollen und zu müssen.

Auch wenn ich öfters mal sehr depressiv bin,
und mit Verlustängsten kämpfe, habe ich trotzdem keine Lust darauf, mich für eine Freundschaft zu verbiegen.
Und das heißt für mich, dass ich halt eine sehr temperamentvolle Frau bin, die schon mal impulsiv ihre Meinung äußert.

Also wenn ein klein wenig Kritik dann schon zum Aus führt, bzw. wenn ich dann vom Engel zum Teufel mutiere, dann liegt das doch auch am Gegenüber. Nicht nur an mir.

Wie seht Ihr das???

Vielleicht rauft man sich in Familien eher wieder zusammen???

Oder bin ich wirklich zu offen, wenn ich solche Unstimmigkeiten anspreche.
Das hat mir nämlich diese Tage ein Freund, allerdings ein älterer Herr (70) vorgeworfen.
Ich sei zu offen, und ich würde eine (andere) Freundin überfordern damit.

Ich bin aber relativ direkt, authentisch, eben. Bei mir weiß man/frau schon, wo er/sie dran ist.
Aber auch eine "verdammt treue Seele".

Also, jetzt einmal vielen vielen Dank für diesen regen Austausch hier. Hilft sortieren.

Herzlichst
elas
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von kormoran »

hallo elas,
hallo alle,

ich krieg nix sortiertes hin, aber vor einem ähnlichen problem wie du, elas, stehe ich auch. oder mittendrin.

kinderlos, alleinstehend. ich taug nicht einmal so recht zur tante.
mich braucht allerdings auch niemand, und das kümmern habe ich längst abgelegt.

in der letzten depressiven phase war von freundschaften fast nichts übriggeblieben - danach aber sind jene freundschaften, die tiefere wurzeln hatten, auch wieder zurückgewachsen.

in jüngerer zeit allerdings sehe ich das alles wieder wegbröckeln, und ich weiß auch, dass ich selbst einen anteil daran habe. das problem ist gar nicht so sehr, dass ich mich längere zeit nicht melde - das ist jeweils gegenseitig und ok -, sondern, dass es zwischenfälle gab, die bei mir an eine ganz verquere problematik rühren, mit der ich einfach nicht umgehen kann. und somit habe ich das vertrauen verloren zu diesem zweig bestehender freundschaften.

und da ist für mich auch der springende punkt bei anhaltenden freundschaften: für mich sind sie gekennzeichnet dadurch, dass sie von beiden wirklich gewollt sind (ein echtes aktives interesse am anderen) und nach natürlichen pausen oder auch, wenn es mal geknirscht hat, wieder aufgenommen werden können. und als fundament ein ganz festes vertrauen.

mir ist beim nachdenken über deinen thread eine karte eingefallen, die ich mal gesehen habe - hab jetzt eine weile in google gesucht und den spruch wieder gefunden:
Deine wahren Freunde sehen Deine Fehler und machen Dich darauf aufmerksam;
Deine falschen Freunde sehen auch Deine Fehler - und machen andere darauf aufmerksam.
für mich ist das mit dem vertrauen eine baustelle. überhaupt dort, wo es dann ja verbindungen zu gemeinsamen freunden/bekannten gibt (dort fällt es eben auf, wenn vertrauen gebrochen wird; woanders merkt man es nicht so schnell).

und dann ist da für mich noch wohl so eine alte unrealistische sehnsucht, eine alte wunde fast: dieser wunsch, eine "beste freundin" zu haben. nun, um das gute, das ist, zu sehen: ich habe in meinem lieblingsmenschen (dem mann, mit dem ich eine langjährige beziehung hatte, die leider nicht fürs leben wurde) einen besten freund. das kommt dem am nächsten.

aber bei den freundinnen ist es einfach immer so, dass deren "schwerpunkt" der freundschaften, oder deren feste verbindungen immer woanders sind. und da tut es immer wieder weh, zwar eine freundin zu haben, mit der ich - wenn ich nicht gerade total schlecht und paranoid drauf bin - vertraut reden und unbeschwert lachen kann; aber doch eher nur so zufällig gerade mal in den kalender zu passen.

irgendwo ist wohl der zugrundeliegende wunsch (bei mir) der, irgendwo heimisch zu sein. wenn schon keine familie, dann doch auf andere weise so eine feste soziale struktur. das, was in einer familie bzw. einer partnerschaft bedeutet: nach hause kommen, einander vom tag erzählen, einfach nur spüren, dass der/die andere da ist, auch wenn man gerade nicht miteinander spricht oder etwas gemeinsam tut ... etwas, das verbindlich und sicher und stabil ist. wo ich mich nicht erklären muss, usw. ... (und wofür man natürlich auch laufend investieren muss, klar!)

ach je, ich habe mir jetzt einfach nur gedanken und ein bisschen weh von der seele getippt. ich hoffe, es hat platz hier.

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Yazdi
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Registriert: 2. Apr 2010, 10:49

Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Yazdi »

Liebe kormoranin,
das hast du aber sehr sehr schön geschrieben...

Es grüßt dich Yazdi
Clown
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Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von Clown »

Hallo Elas,

vielleicht ist das eine Möglichkeit?

http://www.dyalog.de/pdf/ZweiImGespraech.pdf

Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
rm
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Re: Von Einsamkeit, Familie, Freundschaft etc.

Beitrag von rm »

>Es bedeutet auch, sich mal liebevoll auf blinde Flecken hinzuweisen. Ich muss nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen, was die Freundin meint und von mir will. Und auch die Freundin/der Freund muss das nicht bei dem, was ich meine und will.<

Ja liebe Brittka und liebe Alle hier,

das ist m.E. nach genau DAS, was wohl in dem 'Zitat von unbekannt' mitschwingt: Änderung, Bewegung, authentisch sein dürfen, ohne Maske, sich fallen lassen dürfen, aufgefangen werden etc.etc.....
und mir ist sehr bewußt, daß dies ein unwahrscheinlich hoher Anspruch an eine Freundschaft sein könnte, aber nicht zwangsläufig sein muß.

Allein die Dankbarkeit an 'da oben' für das Dasein dieses Menschen - meinem Gegenüber - hilft mir schon, gelassen und ruhig zu werden und keine Angst zu empfinden, daß diese Freundschaft auch mal enden könnte...

...eben, und da sind wir doch wieder bei dem Thema: ein Stück weit miteinander einen gemeinsamen Lebensweg gehen, ohne den Anspruch zu haben, daß dieser Weg nun immer zusammen gegangen werden darf.

Dankbarkeit und Demut(?) vor einer geschenkten Zeit... wie schön und aufbauend ist es doch! (find ich jedenfalls ).

Da gäb's noch viel zu sagen, aber eins auf jeden Fall: Schön, daß Du, Elas, dieses Thema hier aufgegriffen hast. Danke dafür... und auch Dank an alle, die sich hier schreibend und/ oder lesend beteiligen.

Es ist ein superspannendes Thema, daß eigentlich umfassend ist.

Und jetzt gehe ich trotzdem in's Bett, bin ziemlich kaputt von dem Tag und den wieder mal vielen neuen/ alten Eindrücken heute.

Schlaft gut und friedlich,

Reinhart

P.S.: ...und liebe Kormoranin , da taucht in mir ein wenig Trauer auf, weiß auch nicht, wie ich es besser beschreiben soll. Auf jeden Fall kann ich Dich - so glaube ich wenigstens - in Ansätzen sehr gut verstehen. Und weißt Du was...ich finde es ganz, ganz toll, wie Du Dich hier öffnest. Das z.B. ist in meinen Augen authentisch
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