Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

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KaterBerti
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Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von KaterBerti »

Hallo zusammen,
Ihr alten und erfahrenen Hasen könntet mir vielleicht helfen:

Mir ist bewusst, dass man bei der Depression auch besser einen Hausarzt hat, der einen gut betreut. Ich überlege mir, meinen alten, vertrauten HA zu wechseln. Folgendes ist der Hintergrund:

Mein Hausarzt hat die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt. Das hat natürlich mehrere Gründe und ist nicht "mal eben so" hier darzulegen. Zum Psychologen bin ich erst gegangen, nachdem ein anderer Arzt mich dorthin "geschubst" hat (vielen Dank an ihn).

Beim letzten Besuch meines HA sprachen wir über mein psychologisches Gutachten und die Gesamtsituation meiner Erkrankung. Er hat sich sogar mehr oder weniger entschuldigt, dass er es nicht erkannt hat. Dabei ist folgendes passiert, was man in der Psychoanalyse wohl "Gegenübertragung" nennt: Er reagierte emotional so stark, dass ich es kaum aushalten konnte und es mit der Angst bekam.

Auf jeden Fall werde ich das beim nächsten Termin mit meinem Psychologen besprechen, aber was meint Ihr, was kann ich tun:

Das mit meinem HA besprechen? (Könnte eskalieren und ich weiß gar nicht, ob ich dazu die Kraft habe)

Den HA einfach wechseln? (würde mir leid tun, da ich schon sehr lange dort bin)

Oder fällt Euch noch etwas anderes ein? Habt Ihr vielleicht auch schon ähnliche Situationen erlebt?
Berti
Dendrit
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Berti,

Er reagierte emotional so stark, dass ich es kaum aushalten konnte und es mit der Angst bekam.

Wie kann ich mir das vorstellen? Sorry, ich mein das ernst. Hat er zum Heulen angefangen?

LG, Dendrit
KaterBerti
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von KaterBerti »

Manuela, finde das ist eine berechtigte Frage. Also er ist nicht in Tränen ausgebrochen, aber obwohl ich zu dieser Zeit als Einzige in der Praxis war (Termin außerhalb der Sprechstd.), ist er super nervös geworden. Es könnte auch schon sein, dass er sich eine Träne weggedrückt hat, jedenfalls dem Gesichtsausdruck nach. Ich merkte, wie angespannt er war.

Irgendwie war er jedenfalls nicht so sachlich wie sonst, wusste nicht so recht, was er sagen sollte.

Besser beschreiben kann ich es nicht, ich weiß nur, dass sich das wiederum so auf mich ausgewirkt hat, dass ich nicht offen mit ihm sprechen konnte, was sonst gar kein Problem ist.
Berti
68
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von 68 »

Hallo Berti,

mein Hausarzt hat die Depressionen bei mir auch nicht erkannt. Ich habe ihm gesagt, daß ich psychologische Hilfe haben möchte. Er war damals sehr hilflos, hat dann aber alles getan um mich zu unterstützen.

Auch heute ist er immer noch bei diesem Thema hilflos. Ich kann mich aber darauf verlassen, daß er alles macht um mir zu helfen (z. B. nimmt er Kontakt mit den Therapeuten bzw. dem Psychiater auf).
Es ist halt nicht sein Fachgebiet, aber trotzdem fühle ich mich bei ihm weiterhin gut aufgehoben, erst recht wenn es um körperliche Erkrankungen geht.

Vielleicht konnte ich Dir mit meiner Erfahrung etwas weiter helfen.

Liebe Grüße,
Schneeball
steppenwolf1

Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von steppenwolf1 »

Ich halte es generell für besser, bei einem Facharzt sich behandeln zu lassen. Er ist auch der Spezialist für die medikamentöse Behandlung bei psychischen Gebrechen.
Ich hole mir immer nur eine Überweisung vom Hausarzt.

Vllt. solltest Du ihm Deine Unsicherheit mitteilen und ihm ehrlich sagen, wie du das empfindest ? Dann hat er auch die Chance etwas zu verändern.

Gruß, wölfin
Dendrit
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Berti,

vllt. kannst Du es positiv sehen: ihm war es nicht egal, ihn hat das sehr getroffen - es zeigt, dass er ein Mensch ist und seinen Job sehr ernst nimmt - und womöglich ist das eine Grundlage, Dir auch "anders" zuzuhören. Also wenn Du mal wg. diesem und jenem Symptom kommst, er sich nicht auf was organisches abschiebt und über einen negativen Befund überrascht ist oder Dir Medi verschreibt, die Du eigentlich nicht brauchst, aber jetzt den Gesichtspunkt einräumt, dass es ein Ausdruck einer Depri ist.

Und es mag ihn auch für ähnliches bei anderen Patienten hellhörig(er) machen.

Ich persönlich würd ihm noch ein paar Chancen geben. Womöglich ist er "einfach nur" verunsichert, wie er damit (Dir gegenüber) umgehen soll und dafür Zeit braucht. Und wie Steppenwolf empfiehlt: mit ihm darüber reden.

LG, Manuela
KaterBerti
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von KaterBerti »

@schneeball, ja danke, da weiß ich jetzt, dass ich mit diesem Prob nicht alleine bin.

@wölfin, beim Facharzt bin ich natürlich längst, aber da hat mich eben erstmalig ein anderer Arzt hingeschickt, wie gesagt, weil er es nicht erkannt hat. Jetzt hole ich mir auch die Überweisung von ihm.

@Manuela, ok, ich versuchs mal, positiv(er) zu sehen. Allerdings darf er jetzt nicht denken "ach das ist ja von der Depri", denn auch ein Depri könnte mal eine behandlungsbedürftige Magenentzündung, Bronchitis oder sogar (körperlich) Ernsthafteres haben und da muss er natürlich genau hinsehen. Nur weil ein Patient ein paar psychosomatische Beschwerden hat, heißt das ja noch lange nicht, dass er ansonsten gesund ist. Sollte ich feststellen, dass er so denkt, werde ich mir wohl einen Neuen suchen müssen. Aber das glaub ich ehrlich gesagt (noch) nicht.

@all, also ich werde morgen mit meinem Psychologen sprechen. Mal sehen, was der dazu meint. Wenn ich dann die Kraft habe, werde ich wie Ihr mir geraten habt, mal mit dem HA sprechen. Die Gefahr bei solch einem Gespräch ist momentan, dass ich das Heulen anfange bzw. dass ich nur "jaja" sag, weil ich genug von der Diskussion habe. Das sollte dann eigentlich vermieden werden.

Und noch eine Frage: Sorgt Euer HA dafür, dass Ihr in akuten Phasen regelmäßig in die Sprechstd. kommt ("wir sehen uns nächste Woche Dienstag"? Zu meinem soll ich nur kommen, wenn irgednwas ist.
Berti
Dendrit
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Berti,

Sorgt Euer HA dafür, dass Ihr in akuten Phasen regelmäßig in die Sprechstd. kommt ("wir sehen uns nächste Woche Dienstag"?

ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein HA das macht, nachdem aber immer wieder welche davon berichten, scheint es das zu geben.

Ich soll/brauch nur kommen, wenn was ist. Manchmal hör ich dann, ich hätte eher kommen sollen - aber woher soll ich schon wissen, was "wehleidig" und "echter" Schmerz ist?!

Also selbst wenn ein Befund neg. ausfiel, hatte er noch nie mir gegenüber überhaupt was von Depri gesagt oder dass es psychosomatisch sein könnt. Bei meinem Mann nimmt er sich Zeit, dass ich mich nur wundere, dass es ein und der selbe Arzt ist. Vllt. koste ich auch zuviel. Vllt. sagt er auch nichts, weil ich zu jedem Quartalsbeginn alle Überweisungen abhol, die ich für die nächsten 3 Monate brauch.

Wenn er an für sich nicht kompetent wär, hätt ich auch schon nen anderen gesucht. Allerdings gibt es sonst keine guten bei mir in der Nähe.

Deshalb schätz das!

LG, Manuela
Dendrit
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von Dendrit »

sorry, doppelt
steppenwolf1

Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von steppenwolf1 »

ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein HA das macht

Doch, doch, hab ich auch schon festgestellt. Hab letztes Jahr gedacht, ich hab Krebs und sonst irgendwas und der HA hat ohne weitere Untersuchung gesagt, das ist psychisch, ob ich wieder in einer Depri stecke
Ohne Untersuchung hab ich ihm das natürlich nicht abgenommen, aber ich glaube selbst mit nicht
Das Dumme am Ende war, dass er auch noch Recht hatte

Aber ich sehe das trotzdem problematisch, alles immer nur auf die Psyche schieben zu wollen ohne das wirklich abzuklären.

Nun denn ... sorry fürs OT
KaterBerti
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von KaterBerti »

Manuela,
"Sorgt Euer HA dafür, dass Ihr in akuten Phasen regelmäßig in die Sprechstd. kommt ("wir sehen uns nächste Woche Dienstag"?

ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein HA das macht, nachdem aber immer wieder welche davon berichten, scheint es das zu geben."

Das wird unter bestimmten Umständen empfohlen. Weiter möchte ich hier nicht darauf eingehen. Mich bestellt er jedenfalls (momentan) nicht.

@Wöfin, genau das meinte ich. Wenn ein Arzt ohne nähere Untersuchung eine Beschwerde als psychosomatisch bezeichnet, so ist das grob fahrlässig. Im Zweifelsfall sollte man sich immer eine Überweisung zum Facharzt geben lassen. Wenn ein Untersuchungsergebnis dann negativ ist, dann ist ja prima, aber man hat wenigstens Sicherheit.
Berti
KaterBerti
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Re: Hausarztwechsel wegen Gegenübertragung?

Beitrag von KaterBerti »

So, falls es noch jemanden interessiert.
Ich habe mit meinem Psychiater gesprochen:
Er meinte, es liege durchaus im Rahmen, wenn
ich mir einen zweiten Hausarzt suche. Zu meinem alten
könnte ich dann ja bei Husten, Schnupfen, Heiserkeit
gehen. Auch ne Möglichkeit.
Aber er sagte auch, dass ich vielleicht nochmal mit ihm
darüber sprechen sollte. Puh, da muss ich aber
ne Menge Mut zusammenschaufeln. Sowas geht ja momentan fast gar nicht
Berti
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