Leben, wo andere Urlaub machen....

Antworten
Ines37
Beiträge: 6
Registriert: 24. Feb 2010, 07:26

Leben, wo andere Urlaub machen....

Beitrag von Ines37 »

Hallo,

habe mich gestern angemeldet, um mit anderen (Gleichgesinnten)in Kontakt zu treten und mir neue Wege aus meinem Tief aufzuzeigen.Ich weiß irgendwie nicht mehr weiter und habe das Gefühl in einer Sackgasse zu stecken!

Mein Mann, meine Tochter und ich leben im Ausland,seit 3 Jahren (mein Mann ist bereits zwei Jahre vorher hierhergegangen). Er sah für sich und seine geschäftliche Tätigkeit kein Vorankommen mehr in Deutschland. Ich bin in Deutschland auf Lebenszeit verbeamtet, habe mich aber beurlauben lassen, damit wir als Familie hier wieder/weiter zusammenleben können.

Ja, und nun sitze ich hier ohne Perspektive, ohne Einkommen und fühle mich total unglücklich.
Sein Traum vom Wohlstand hat sich bisher nicht wirklich erfüllt.
Durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise leben wir ständig am/unterm Existenzminimum. Mein Mann kann zwar über Arbeit nicht klagen, aber wenn man dafür nicht bezahlt wird... Und heutzutage und ganz speziell hier steht und fällt man mit seinem finanziellen Hintergrund: hohe Schulgebühren, hohe Mietkosten, nur ein Auto(habe kaum Möglichkeiten irgendwo hinzugelangen), kein Treffen/Ausgehen mit Freunden, weil kein Geld da ist und so könnte ich unendlich viele Dinge mehr aufzählen.

Ich sitze hier ohne Arbeit zu Hause: putze, mache Wäsche, koche und das war´s dann auch schon.Aber in der Zwischenzeit fällt mir auch dies schwerer denn je.
Meine Arbeit bei einer deutsche Zeitung, die mir unheimlich viel Freude gemacht hat, habe ich auch vor einem knappen Jahr, auf Grund finanzieller Prbleme meines Chefs, verloren und bisher nichts Neues gefunden, da auch mein Englisch (hier neben arabisch zweite Amtssprache) für eine berufliche Tätigkeit nicht ausrreicht.
Ich fühle mich einfach minderwertig und kann mich kaum noch zu etwas aufraffen. Ich fühle mich wie eine alte Frau, ständig schmerzt der Rücken, der Kopf, meine Beine. Und für wen soll ich mich zurechtmachen, wenn ich doch nur hier zu Hause rumsitze und grüble.

Ich treffe mich kaum noch mit Freunden, da einfach das Geld für einen netten Abend auswärts nicht da ist oder ich einfach keinen Gesprächsstoff mehr habe.
Ich sitze entweder mit einem Buch auf der Couch oder spiele am PC, was mir zunehmend auch immer weniger Freude bringt.

Mein Mann versichert mir, dass er mich liebt, aber ich habe ständig Zweifel. Ein Liebesleben gibt es praktisch nicht mehr und ich werde das Gefühl nicht los, dass er nur noch wegen unserer Tochter mit mir zusammen bleibt.
Ich habe totale Probleme über mein Innerstes mit ihm zu reden, da er dann sofort abblockt.In letzter Zeit denke ich immer wieder darüber nach mit unserer Tochter allein nach Deutschland zurückzukehren, denn für meinen Mann gibt es kein zurück mehr. Wir wären dann wieder versichert(seit einem Jahr ohne Krankenversicherung), ich könnte meine Arbeit wieder aufnehmen und wir müssten keine Gebühren mehr für die Schule unsere Tochter bezahlen. Ich bin so unschlüssig, was wird dann aus unserer Ehe, unserer Familie?

Des weiteren macht mir unsere Tochter Probleme, denen ich derzeit nicht gewachsen bin: mit ihren 7 Jahren hasst sie alles, geht äußerst ungern zur Schule und ich muss sie regelrecht erpressen, damit sie ihre Hausaufgaben erledigt.Des weiteren spielt sie ständig meinen Mann und mich aus, es ist öfters Zickenalarm usw. Ich habe in meiner derzeitigen Verfassung manchmal einfach keine Nerven für sie und werde dadurch auch manchmal sehr laut und ungerecht. Im Nachhinein tut es mir dann immer unendlich leid.

Ich weiß nicht mehr wie es weiter gehen soll?!

In Deutschland war ich bereits zweimal in psychtherapeutischer Behandlung, was mir immer sehr gut getan hat. Es hat mich motiviert und neue Denkansätze gebracht.Die Möglichkeit habe ich hier leider nicht, bzw. ich müsste alles allein tragen, was mir derzeit aus finanzieller Sicht einfach nicht möglich ist.

Danke, dass mir "zugehört" habt.

Liebe Grüße

Ines37
Tears
Beiträge: 127
Registriert: 9. Nov 2009, 00:25

Re: Leben, wo andere Urlaub machen....

Beitrag von Tears »

Liebe Ines,

das klingt nicht gut und sehr verzweifelt, deshalb ist es sicherlich wichtig, dass die Spirale bald ihre Richtung wechselt. Es ist schwer, konkrete Ratschläge zu geben, da ich Eure Situation und die Deines Mannes letztlich nicht beurteilen kann, daher nur ein paar grundsätzliche Gedanken:

Ein Leben im Ausland ist eine zweischneidige Sache. Man kann es als große Bereicherung betrachten, in eine andere Kultur eintauchen, Erfahrungen machen, die nicht selbstverständlich sind und den eigenen Horizont enorm erweitern. Dieses Leben kann einen aber auch in die Isolation führen. Meines Erachtens ist es unbedingt notwendig, sich für oder gegen die fremde Umgebung zu entscheiden, weil man sich sonst verliert. Man kommt in der Fremde nicht an, obwohl man seine Heimat schon verlassen hat. Das bedeutet eine auf Dauer unerträgliche und krank machende Zerrissenheit.

Kannst Du Dir vorstellen, dort ein paar Jahre zu verbringen? Kannst Du Dir vorstellen, dass Du versuchst, die Sprache zu erlernen? Interessierst Du Dich für die Menschen, ihr Leben, ihre Gedanken, ihre Geschichte, ihr Essen, ihre Feste? Gibt es für Dich landschaftlich etwas zu erkunden? usw. usf.

Viele Leute, die für die Arbeit ins Ausland und insbesondere in Länder der dritten Welt gehen, tun das aus rein finanziellen und Gründen des gesellschaftlichen Status. Sie leben in Ghettos und vermitteln oftmals einen Touch von Kolonialismus. Ich wage einfach mal zu behaupten (entschuldige bitte vielmals, wenn ich daneben liege und Eure Situation eine ganz andere ist), dass Du gerade spürst, wie wenig Substanz das hat.

Ich will und kann Dir nicht raten, dort zu bleiben oder nach Hause zu fahren, sondern Dich ermutigen zu überlegen, wo Du wieder Substanz finden kannst, was diese für Dich bedeutet. Es gibt sie dort wie hier.

Noch ein Wort zu Deiner Tochter. Sie wird Deine Zerrissenheit spüren und deshalb vielleicht ebenso wenig in ihrer neuen Umgebung angekommen sein. Vielleicht identifiziert sie sich noch nicht mit ihrer Klasse. Vielleicht stimmt aber auch etwas nicht mit den Lehrern. Da finde ich es überaus wichtig, gerade zu Beginn der Schulzeit ein Auge drauf zu haben und zu handeln. Das sage ich aus eigener leidvoller Erfahrung.

Ich wünsche Dir alles Gute und würde mich freuen, wieder von Dir zu lesen.

Gruß
Virtuella
Mezier
Beiträge: 289
Registriert: 18. Jun 2009, 20:57

Re: Leben, wo andere Urlaub machen....

Beitrag von Mezier »

Liebe Ines,

hab eben Deine Zeilen gelesen und kann Dir nicht wirklich etwas konkretes raten.
Aber Deine Geschichte hat mich sehr sehr bewegt, das muss ich sagen. Ein Leben zu führen, was Dich nicht ausfüllt und Dir keinen ausreichenden Sinn verleiht, das ist auf die Dauer nicht zu machen.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, das Du wieder eine Richtung findest und wenn es bedeutet, zurück zu gehen, dann ist das eben so. Vielleicht ginge es dann auch Deiner Tochter besser, denn so wie sie reagiert, hat sie ihren Platz auch noch nicht richtig gefunden, da wo Ihr seid.
Wir leben eben auch nicht mehr in einer Zeit, wo es (uns) Frauen genügt, nur dem Mann den Rücken frei zu halten. Das ist so und es ist gut und richtig so.

Ganz herzliche Grüße
Mezier
Ines37
Beiträge: 6
Registriert: 24. Feb 2010, 07:26

Re: Leben, wo andere Urlaub machen....

Beitrag von Ines37 »

Hallo Tears, hallo Mezier,

vielen Dank für Eure aufmunternden Worte. Sie haben sehr gut getan.
Wir leben hier in einem Land, was innerhalb von ca. 30 Jahren vom Mittelalter in die heutige Moderne katapultiert worden ist. Grundsätzlich vermisst man nichts in Bezug auf Konsumgüter, Aktivitäten usw. zu tun hat, man muss nur unheimlich viel Eigeninititative zeigen und auch die soziale Sicherheit, wie man es aus Deutschland oder den anderen EU-Staaten gewöhnt ist, ist hier nicht gegeben. Man lernt es eigentlich erst schätzen, wenn es nicht mehr da ist...
Mein Mann hatte sich diesen Schritt damals allein überlegt, was bei uns zu einem ganz schönen Krach mit anschließender Funkstille einherging. Aber da wir hier des öfteren schon sehr schöne Urlaube verlebt hatten, gefiel mir der Gedanke zusehens. Weitere Gründe für meinen Entschluss, mitzugehen und meinen Mann zu unterstützen waren, dass es ständig Spannungen zwischen meinen Eltern gab (wir haben eine abgeschlossene Wohnung in ihrem Haus)und seit langem ständige unerträgliche Umstrukturierungen auf Arbeit.Ich dachte ich könne mir mal eine Auszeit von all dem nehmen, mich ein wenig von meinen Eltern, die ich allerdings sehr liebe, abnabeln und unserem Ehe- und Familienleben eine neue Wendung geben. Aber Urlaub, Träume, Wünsche, rosarote Vorstellungen und der Alltag sind zwei veschiedene Paar Schuhe, was ich dann auch immer weder schmerzlich erleben musste. Wir und insbesondere ich waren blauäugig.
Erst haben wir in unserem Haus eine Zimmervermietung angeboten. Aber damit wurde ich immer unglücklicher, weil ich eigentlich für alle nur die "Magd" war und immer weniger Zeit für meine Tochter, die Familie und ganz zu schweigen von mir hatte. Als ich dann die Arbeit bei der Zeitung gefunden hatte, war ich so glücklich und ich bin wirklich gern hingegangen. An ein Erlebnis kann ich mich da noch gut erinnern: ich bin morgens auf der Uferstrasse in Richtung Büro gefahren, rechts und links Palmen, die Sonne ging auf, rechte Hand das Meer... Da habe ich gespürt, dass es sich richtig gut anfühlt und dass ich angekommen bin.
Aber leider konnte ich diesen Zustand nicht anhalten. Die permanente Zukunftsangst, die mich nun schon wieder seit Monaten quält, macht mich richtig krank. Ich kann mich einfach an den Schönheiten, die das Leben hier zu bieten hat nicht (mehr) erfreuen. Und ich habe mir fest vorgenommen, in den nächsten Tagen mit meinem Mann zu sprechen und eine Lösung zu finden. Selbst das macht mir richtig Angst, denn eigentlich habe ich mir für den Fall, dass ich zurückgehe, eine To-Do-Liste überlegt. Aber eigentlich will ich mit meinem Mann zusammen sein, weil ich ihn liebe. Ich bin innerlich so zerrissen. Drückt mir die Daumen, das ich bzw. wir die richtige Entscheidung treffen

Liebe Grüße aus der Wüste
Eure Ines
Antworten