Sensibilität

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bradforhelp
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Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo,

ich lese hier immer wieder, dass Depressive sensibler als "Nichtdepressive" seien. Wie kommt man zu so einer Annahme, frage ich mich.
In meinem Umfeld gibt es jede Menge sensibler Menschen, die nicht depressiv sind. Meine Freundinnen und Kolleginnen, die nicht depressiv sind, sind zum Teil sehr sensibel und empathiefähig. Ich kenne natürlich auch depressive Menschen, die mir manchmal sehr unsensibel vorkommen, weil sie gar nicht auf mich eingehen können.

Ich möchte mich dagegen wehren, dass ich anders bin als andere. Ich habe eine Krankheit, die mich beeinträchtigt und das ist auch schon alles, besser: mehr als genug.

brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
turbo
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Re: Sensibilität

Beitrag von turbo »

Hallo Brad,

aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass meine Sensibilität sehr viel weitet geht als die gesunder, sensibler Menschen. Ich kann mich in die (vermeintliche) Gefühlswelt anderer Menschen besser hinein versetzen als in meine eigene.Meine Aufmerksamkeit ist extrem darauf gerichtet, was andere Menschen in einer Situation empfinden, was sie denken.Ich empfinde dann auch sehr schnell Mitleid und meine, Hilfe leisten zu müssen. Es wurde mir aus meinem persönlichen Umfeld oft bestätigt, dass ich Sensibilität für Menschen und Situationen zeige, wo Andere nie dran denken würden.
In der Therapie wurde mir gesagt, ich muss zu einem gesunden Egoismus finden, der mich auch davon frei macht, mich für Alles und Jeden verantwortlich zu fühlen.

Im Übrigen glaube ich nicht, dass Jeder an Depressionen erkrankte Mensch diese extreme Sensibilität zeigt. Sie ist nur eines von vielen Symptomen.

Viele Grüße Umba
Mezier
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Registriert: 18. Jun 2009, 20:57

Re: Sensibilität

Beitrag von Mezier »

Hallo brad, hallo umba

ich kann mich umbas post zu 100% anschließen. Die Depression ist vielleicht beim einen oder anderen hier schlicht das Ergebnis von zuviel "Sensibilität" für andere. Sich auf andere einzustellen, sie wahrzunehmen kostet nun mal auch Energie. Wenn zuviel rausgeht und zu wenig dafür zurück kommt, stimmt eben am Ende die Bilanz nicht mehr, bzw. das Gleichgewicht. Dann kommt die Dame in Schwarz und unterbindet das auf ihre Weise und zeigt uns die rote Karte, zumindest wenn man sie so verstehen will. Mit der schwarzen Lady am Tisch und der roten Karte in der Hand wirkt man dann freilich unsensibel auf andere, wohl wahr. Für eine Zeit ist das wohl auch eine Art Schutz, bzw. Selbstschutz.
Am Ende ist es immer die Frage, WIE man die Depression verstehen will. Ich denke auch, das wir nicht prinzipiell anders sind als andere, meinethalben gesunde...bei uns ist nur das Maß überschritten.
Aber auch das ist nur meine Sicht

Grüße Mezier
Babi
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Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Sensibilität

Beitrag von Babi »

Hallo,
ich denke einfach, bei Depressiven ist die Sensibilität auffälliger als bei gesunden Menschen, deswegen werden Depressive auch oft als sensibler eingestuft als Gesunde.
Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo,

danke für eure Beiträge.

Ich behaupte von mir auch, dass ich mich gut in andere hineinversetzen kann. Das konnte ich aber schon immer, nicht erst seit ich Depressionen habe.
Wenn ich in einer depressiven Phase bin, tritt eher das Gegenteil ein. Ich habe Mühe, Konversation zu machen und möchte am liebsten gar nichts hören, sagen oder tun.
Ist diese hohe Empathie nicht auch gleichzeitig die böse Falle: Alles und jedes auf sich zu beziehen, auch wenn man gar nicht gemeint ist? Das ist dann doch ein Mangel an Abgrenzung und ungesund.
Wenn ich hier lese, mein Partner ist depressiv und, ich übertreibe, das ist gut, runzele ich die Stirn. Ich würde mich vermutlich nicht mit jemandem wissentlich einlassen, der depressiv ist. Ich würde eher flüchten. Das soll nicht heißen, dass ich meinen Mann verlassen würde, wenn er Depressionen bekäme, niemals. Aber eine neue Liebe mit so einer Belastung würde ich vermutliche nur im Zeitlupentempo angehen.
brad
brad
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Albert Camus
steppenwolf1

Re: Sensibilität

Beitrag von steppenwolf1 »

Ich denke nicht, dass die Sensibilität ein Indiz für Depressionen sind. Es kann jeden treffen und die Auslöser sind unterschiedlich.

Ich kenne hochsensible Leute, die nicht depressiv sind und Depressive, die nicht hochsensibel sind.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass manche sich mit Ihren Depressionen als was ganz besonderes fühlen. Wir sind Menschen, wie andere auch.
floridalover
Beiträge: 15
Registriert: 8. Feb 2010, 15:33

Re: Sensibilität

Beitrag von floridalover »

brad, weiblich, 54 schrieb:
> Hallo,
>
> ich lese hier immer wieder, dass Depressive sensibler als "Nichtdepressive" seien. Wie kommt man zu so einer Annahme, frage ich mich.
> In meinem Umfeld gibt es jede Menge sensibler Menschen, die nicht depressiv sind. Meine Freundinnen und Kolleginnen, die nicht depressiv sind, sind zum Teil sehr sensibel und empathiefähig. Ich kenne natürlich auch depressive Menschen, die mir manchmal sehr unsensibel vorkommen, weil sie gar nicht auf mich eingehen können.
>
> Ich möchte mich dagegen wehren, dass ich anders bin als andere. Ich habe eine Krankheit, die mich beeinträchtigt und das ist auch schon alles, besser mehr als genug.
>
> brad
steppenwolf1

Re: Sensibilität

Beitrag von steppenwolf1 »

Ja, genau so sehe ich das auch.
bradforhelp
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Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Gut!
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Albert Camus
floridalover
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Re: Sensibilität

Beitrag von floridalover »

hallo, ich bin skatpam und offensichtlich neu hier, denn ich habe fälschlicherweise den beitrag meines vorredners zitiert!
erstmal, sorry dafür!
nun stelle ich beeindruckt fest, dass hier die sensiblilität und andere gründe für depression sehr stark diskutiert werden. eine frage beschäftigt mich: spielt die kausalität unserer aller erkrankung solch eine große rolle? zum verständnis sicher. da es sich aber, wie ihr natürlich alle wisst, um eine emotianale erkrankung handelt, sind fakten nur eine bedingte hilfe für uns. auch wenn ich die fakten kenne, kann ich deshalb besser mit der depression umgehen? wie geht es weiter, wenn ich die gründe für mein leiden kenne? wie seht ihr das?
mit erstem gruß an alle hier
skatpam
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo skatpam,

in diesem threat geht es um Sensibilität.

Zu deiner Frage: für mich ist es deutlich leichter, wenn ich rational einschätzen kann, was Sache ist.

Das verstehe ich nicht: spielt die kausalität unserer aller erkrankung solch eine große rolle? Welche Kausalität meinst du denn?

brad
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Albert Camus
floridalover
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Registriert: 8. Feb 2010, 15:33

Re: Sensibilität

Beitrag von floridalover »

also, sollte ich den falschen thread gewählt haben, sieh mir das bitte nach.
mit kausalität meine ich: die gründe, warum ich krank wurde, sind für mich natürlich auch wichtig. nur, die helfen mir nur sehr bedingt, die erkrankung zu meistern. sensibilität soll ja auch ein grund dafür sein. das ist auch sicher so, aber welche lösung für meine erkrankung ziehe ich aus dieser erkenntnis? so gesehen bin ich doch mit meiner frage eigentlich ganz richtig hier, oder meinst du nicht?
bradforhelp
Beiträge: 344
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Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo,

dass Kausalität die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist, ist mir klar. Aber so verlassen, wie dein Satz da stand, konnte ich keinen Sinn erkennen in ihm erkennen.

Klar kannst du hier schreiben. Ich wollte dich nur auf die Überschrift des Threats aufmerksam machen, weil dein Posting so überrascht auf mich wirkte.

Allein das Wissen, woher die Depression kommt, reicht nicht aus, die Erkrankung zu meistern. Aber für mich ist das Wissen darum hilfreich. Nicht umsonst werden ja auch viele unterschiedliche Therapieformen angeboten. Wenn ich keine tiefenpsychologische Therapie gemacht hätte, wäre für mich vermutlich die Analyse in Frage gekommen. Das ist individuell sicher sehr verschieden, wie wohl auch die Bewertung der "Sensibilität".

brad
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Albert Camus
mystery60
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Re: Sensibilität

Beitrag von mystery60 »

Hallo,

übersetzt man Sensibilität in "Empfindlichkeit", dann kann man sagen, dass manche Leute empfindlicher auf Außenreize reagieren als andere, ob das nun Stress, Strahlen, Pollen oder Umweltgifte oder was auch sonst sind.

Warum sind wir jetzt depressiv geworden?
Weil wir schon als Kinder immer melancholischer waren (und warum?), weil wir als Kinder nicht so geliebt worden sind wie wir es gebraucht hätten (und warum?), weil wir irgendwann mal traumatisiert worden sind durch tausenderlei Ursachen, weil wir uns zuviel zugemutet haben, weil wir mehr für andere da waren als für uns, etc pp?

Ja und jetzt kann sich jeder von uns die Frage stellen, ob er bei dem was er so im Leben erlebt hat "ein wenig überempfindlich" war oder nicht. Oder waren nur die Schicksalsschläge etwas härter als bei den anderen? Oder können wir von Glück sagen, dass wir so empfindlich waren und uns "nur" eine Depression aus den Schuhen gehauen hat und nicht was anderes?

Ich für mich denke auch, es macht Sinn danach zu forschen, was einen "zur Depression gebracht" hat, was also die Ursachen dafür waren, obwohl das im Einzelfall recht schwierig werden kann, weil da in so einem Leben doch viel zusammen kommt, da ist die Belastung am Arbeitsplatz, die "lieben" Kollegen, die "lieben" Chefs, die "lieben" Nachbarn, die "liebe" Verwandtschaft und dann noch die Beziehung oder Beziehungen, die oder der EX, noch dies und das und die Pubertät und die Kindheitserlerbnisse, die Erziehung und das soziale Umfeld und das religiöse und die Groeltern und die schwere Geburt und vorgeburtlichen Erlebnisse .......

Also, wenn wir glauben so in etwa zu wissen, warum alles so gekommen ist, dann kann man ja vielleicht ein paar Auslöser meiden oder was am Leben verändern oder einfach eine Beziehung beenden oder mal was aus der Vergangenheit klären. Das kann schon helfen.

Aber dann geht es auch um die Zukunft und da sind dann wir, so wie wir heute sind, geworden sind in all den Jahren und ich frage mich schon, kann man ein anderer werden und in wieweit und in wiefern und wie (mit Therapie - und falls ja mit welcher?) und ist man dann ein anderer und vielleicht nicht mehr so "empfindlich"?

Ich muss ja auch für mich entscheiden, ob ich es gut finde, dass und wo und wann und wie ich empfindlich bin. Auch meine Empfindlichkeiten haben ja zwei Seiten, manchmal sind sie ganz toll, manchmal weniger.

Ich wollte in der Klinik ein paar Techniken bekommen, um mir ein dickeres Fell zuzulegen, damit ich nicht so empfindlich reagiere, wenn der Job mich wieder stresst. Was sagt da der Verhaltenstherapeut - zu meinem Leidwesen?: "Sie werden hier kein dickeres Fell bekommen, im Gegenteil, sie werden hier empfindlicher werden, bewußter spüren lernen, was ihnen gut tut und was nicht." Tja, dumm gelaufen....
TG
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo skatepam,

ich habe an anderer Stelle gelesen, dass du neu hier bist. Das konnte ich deinem Posting hier nicht entnehmen und ich wusste es auch nicht, denn so lange bin ich noch nicht dabei. Es tut mit Leid, wenn ich etwas ungehalten auf dich gewirkt habe.

brad
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Albert Camus
floridalover
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Registriert: 8. Feb 2010, 15:33

Re: Sensibilität

Beitrag von floridalover »

schon o.k., brad

es ist vielleicht auch von mir nicht klar rübergekommen, dass ich neu bin.
wie gefällt´s dir denn hier so?
lg
pam
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Sensibilität

Beitrag von bradforhelp »

Hallo skatpam,

ja, wie gefällt es mir hier? Ich muss sagen, dass ich hier Antworten auf meine Fragen erhalte und das ermöglicht es mir manchmal, Dinge noch einmal von einer anderen Seite sehen zu können.
Das Schreiben ist für mich eine gute Hilfe, meine Gedanken zu ordnen. Es ist für mich tröstlich, dass es andere Menschen gibt, die ähnliche Erfahrungen haben und offen darüber berichten können.
Sehr hilfreich ist die Moderation, die Threats auch schließt und eingreift, wenn etwas zu entgleiten droht.
Alles in allem gefällt es mir hier also ganz gut. Trotzdem muss ich aufpassen, dass ich meinen Aufenthalt hier dosiere und nicht zu oft online bin.

LG brad
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Albert Camus
mystery60
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Re: Sensibilität

Beitrag von mystery60 »

Hallo,

sensibel sein, empfindlich sein, ist doch etwas Gutes. Das bedeutet ja letztlich nur, dass ich etwas spüre, empfinde, dass meine Sinne funktionieren. Wer will den schon "unsensibel" sein? Also lasse ich es zu, dass ich etwas spüre und empfinde und freue mich darüber, dass das funktioniert.

Die andere Seite ist vielleicht eher die, dass wir schon von Anfang an (also schon vor unserer Geburt) sensibel waren, also Empfindungen hatten. Das heißt, ich habe als Baby, als Kind schon empfunden und Erfahrugen gemacht und eben nicht nur gute. Und diese Emfpindungen sind Teil von mir, sie sind Teil meines Erfahrungs"Schatzes" und ich trage sie immer bei mir. Ich gehe auch davon aus, dass einen die Erfahrungen, die man über Sinneseindrücke gewonnen hat, prägen, also jede Vor-Erfahrung beeinflusst unser Handeln und Denken und damit auch unsere neue Wahrnehmung und damit wieder die neue Erfahrung und so weiter - in einem nie endenden Kreislauf von Vorbedingung und Folge.

Man kann jetzt darüber nachdenken, ob Sensibilität etwas Gegebenes oder etwas Erworbenes ist, ob ich so sensibel, wie ich nun mal bin, zum Durchschnitt gehöre oder wo in der Gausschen-Normalverteilungskurve ich angesiedelt bin. Und was hilft mir das? Ich kann mich auch fragen, ob es unterschiedliche Sensibilitäten gibt (denke ja), also ob ich schneller auf Reiz A anspreche als auf Reiz B, ob ich eher auf Gerüche, auf Geräusche, oder optische Reize anspreche. Was hilft mir das?

Für mich ist die Frage in erster Linie, ob man in seiner individuellen Sensibilität Verletzungen und deren Folgen (z.B. Verhaltens-Schemata) mit sich herum trägt, ob man sich ggf. einen Panzer zugelegt hat, um die negativen Außenreize nicht mehr an sich heran lassen zu müssen und ob dieser Panzer immer noch funktional ist. Die Gefahr besteht ja, dass dieser Schutzmechanismus über Jahre trainiert worden ist und heute automatisch funktioniert und vielleicht auch dann seine Abwehrfunktion gut wahrnimmt, wenn sie gar nicht von Nöten wäre. D.h. ich habe mich un-sensibel gemacht als Schutz. Dieser Schutz ist aber jetzt eine Belastung, weil er mir Empfindungen vorenthält, die für mich kein Gefahrenpotential haben.

Für die Depression vielleicht ein zentrales Problem. Entsteht Depression durch eine Überlastung, also durch eine Traumatisierung, durch eine langandauernde Überlastung durch eine Vielzahl negativer Erfahrungen, hat vielleicht der Schutz nicht richtig funktioniert oder man war - z.B. als Kleinkind oder Jugendlicher - noch gar nicht in der Lage, solche einen Schutz aufzubauen. Man war noch sensibel, empfindlich, offen, naiv ....

Dann ist es für einen selbst ja nur logisch, dass man sich einen Schutzmantel/Panzer zulegt, um sich künftig besser schützen zu können. Aber diese Einpanzerung hat ja auch ihre Folgen - und auch negative. Es kommt kaum noch was zu einem durch und vielleicht sieht man die Außenwelt auch nur noch durch kleine gepanzerte Fenster, d.h. man verliert die Empfindungs-Vielfalt der Außenwelt, man nimmt nur noch begrenzt Dinge war und ggf. verzerrt.

Aber was ist nun besser? Lieber außerhalb des Panzers sein und alles um einen herum wahrnehmen, empfinden können, sensibel sein? Oder besser geschützt, lieber die Empfindungen nicht erleben müssen, eine dicke Stahlwand zwischen sich und der Außenwelt haben?

Ich denke, es kommt darauf an - es ist wie so oft - alles hat 2 (oder mehr) Seiten: man bräuchte eher eine Art Membrane: die guten Außenreize, Empfindungen kommen zu einem durch und die Reize die man selbst setzt, kommen auch nach außen durch, aber die schlechten Dinge von außen dringen nicht durch die Membrane, sie schützt uns. Geht es um diese Membrane-Funktion, die unterscheidet, ob man "relativ gesund" ist oder nicht, ob die Psyche hier eine funktionierende Wächterfunktion hat oder nicht?

Positiv sehe ich zumindest, dass man an der Membrane arbeiten kann, dass man trotz der Erfahrung, die über lange Jahre diese Membran aufgebaut hat, neue Erfahrungen machen kann, dass man - zB über Therapie und/oder Medikamente - diese Membrane bewußt verändern kann, vielleicht auch im Versuch: try and error - ausprobieren, was man zulassen kann, wie man mit etwas weniger Schutz die Außenreize verarbeiten kann oder ob man in der ein oder anderen Situation doch lieber wieder eine Lage d´rauf legt und das Gewebe "dichter" macht. Sieht mir nach einer spannenden Sache aus. Ich denke, ich habe lange Zeit kein Empfinden, keine Sensibilität für die Funktion und Bedeutung dieser Membrane gehabt. Da ist es nicht schlecht, jetzt etwas sensibler geworden zu sein.......

TG
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