Das erzogene Weichei !

Holgi
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Das erzogene Weichei !

Beitrag von Holgi »

Ich war lange am Überlegen, diesen Thread aufzumachen, aber irgendwie lassen mich so einige Postings nicht los, dieses doch zu tun.

Das Folgende, was ich schreibe, ist nicht auf irgend eine Person in diesem Forum gerichtet.

Es ist viel mehr ein Spiegel - mehr nicht !

Warum erkranken Menschen, die rauchen an Lugenkrebs ?
Warum kriegen Menschen einen Herzinfarkt, wenn sie recht ungesund leben ?

Warum erkranken Menschen an Depressionen ?

Weil sie übermäßig sensibel sind.

In der Umgangssprache als Weicheier betitelt - das schreibe ich jetzt mal ganz bewusst so agressiv !

Für jeden und allen Scheiß ein so hohes Maß an Mitgelühl, das die Seele es nicht mehr schafft, das alles zu verarbeiten.
Wie die Lunge, die es nicht mehr schafft den zugefürten Dreck selber entsorgen zu können.
Oder das Herz, das der permanenten Überforderung nicht mehr standhalten kann.

Nun ist die Frage danach, woher kommt diese hohe Sensibilität ?

Angeboren kann sie nicht sein.
Wir werden ja auch nicht als Raucher oder Ungesundmeschen geboren.

Also ich wurde auf jeden Fall als Weichei erzogen.
Mama & Papa wissen eh alles besser.
Ich wurde aufgezogen mit Geld in den Arsch blasen.

Ist meine Schale nun dünn oder dick ?
Fühle ich mich so zerbrechlich, das ich nichts an mich ran lassen will, oder ist sie so dick, das ich nichts durch lassen will ?

Oder ist meine Schale vielleicht beides ?
So wie gerade meine Verfassung ist auf den Austausch zu meiner Umwelt ?

Meine Schale ist wie ein Eispanzer.
Mal dick und manchmal dünn.
Immer im schönen Wechsel, damit blos keine Form enstehen kann.

Nun ja, ich werde wohl noch zum Thera gehen, wenn ich schon im Altersheim lebe.

Scheiß auf Sensibilität

Liebe Grüße

Holgi
..........................
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Regenwolke
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Regenwolke »

Hi Holgi,

>Angeboren kann sie nicht sein.

Warum nicht? Ich denke, dass Sensibilität (im Sinne einer niedrigen Epfindungsschwelle für Reize) in hohem Maß genetisch bedingt ist. Aber wer sensibel ist, wird nicht automatisch depressiv.

LG, Wolke
Tears
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Tears »

Hallo Holgi,

ich glaube, es geht nicht um die Schale, sondern um das Fundament. Ohne einen Anspruch auf empirische Unanfechtbarkeit zu erheben, möchte ich behaupten, dass das emotionale Fundament bei Depressiven entweder niemals sorgfältig genug gegossen wurde, um den Stürmen des Lebens standzuhalten. Oder es ist durch überdimensionale Schicksalsschläge und andauernde Stresssituationen destabilisiert worden. Da verrammelt man dann in der Hoffnung auf einen minimalen Schutz gerne alle Fenster und Türen und täuscht damit die harte Schale vor. Aber Fenster und Türen ersetzen eben nicht das Fundament, ein Urvertrauen in sich und in die Welt.

Schwankende Grüße
Virtuella
Mezier
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Mezier »

Hallo Holgi,

...so spannend es sein mag, darüber nachzudenken, wieso und woher das alles kam, hilft es nicht so wirklich viel.
(Es sei denn, es gibt Menschen, die es lieben, sich in ihrem Elend einfach nur zu feiern.)

Mein Therapeut meint immer, es nütze herzlich wenig, über die zu schimpfen, die einen ins Wasser geworfen haben. Man muss selber schwimmen lernen...(was man machen darf, wenn man wieder draußen steht und abgetrocknet ist, darüber haben wir noch nicht gesprochen:-))

Und ob Depression immer wegen erhöhter Sensibilität entsteht...ich weiß nicht.

Jetzt hab ich den Faden verloren...schade. Wenn`s mir wieder einfällt schreib ich `n neues post

erstmal gute Nacht.
Mezier
Holgi
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Holgi »

Hi Wolke, Tears, Mezier

Wenn ich eure Posts lese, bestätigt es mir das, was ich empfinde, fühle und glaube zu wissen.

Seid ihr normal sensibel ?
Seid ihr in der Lage eine anspruchsvolle Situation zu eurem Vorteil zu nutzen ?
Seid ihr fähig genug, euren Selbsterhaltungstrieb umsetzen zu können. ?
Seid ihr wahrlich in der Position - NEIN - sagen zu können ?

Seid ihr in der Lage, euch vor den Spiegel zu stellen, euch an zuschauen und zu sagen - "ich bin stolz auf dich und das was du erreicht hast" ?

? § ? % ?

Liebe Grüße

Holgi
...........................
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phexter
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von phexter »

Ich denke es ist ein bischen von Beidem. Sicherlich, zumindest kann ich mich ohne Einschraenkung dazu zaehlen, haben Depressive wohl mehr Sensibilitaet als Andere. Aber nicht jeder mit hoher Sensibilitaet wird automatisch auch depressiv. Und die Erziehung, kann ich bei mir auch bestaetigen, spielt sicherlich auch eine Rolle. Aber auch hier heisst es nicht gleich das die Erziehung die Depression hervorruft. Ich denke auch nicht das alle Menschen die eine hohe Sensibilitaet und die "entsprechende" Erziehung geniessen, automatisch depressiv werden. Es gibt Menschen die dafuer anfaelliger sind, und Andere eben nicht.

Ich finde auch, ohne das das nun als Vorwurf klingen soll, das die Frage woran es liegt zwar durchaus nachvollziehbar ist, aber andererseits so einen Beigeschmack von "Wer hat eigentlich Schuld" hat. Und genau da liegt der Haken. Es hat keiner Schuld. Ich fuehle mich nicht als schlechter oder minderwertiger Mensch, zumindest nicht mehr, nur weil ich eine Depression habe und ich mache es meiner Mutter und/oder meinem Vater nicht zum Vorwurf das Sie mich erzogen haben wie Sie es fuer richtig hielten. Es haette auch alles anders kommen koennen, ist es aber leider nicht. Und so lerne ich mit meiner Depression umzugehen und damit zu leben, lerne, oder versuche zumindest, die Depression zu kontrollieren und mich nicht mehr von der Depression kontrollieren zu lassen. Das ist schwer und auch vielleicht nicht immer moeglich, aber auch Menschen ohne Depressionen haben Probleme mit denen Sie leben und fertig werden muessen, bei mir sehen die Probleme nur anders aus und sind vielleicht fuer Nicht-Betroffene, anscheinend, nicht immer nachzuvollziehen.

Gruss,
Jan
...and thanks for the fish!



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chimera

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von chimera »

Heyo [und vor allem, heyo Holgi! <img src="images/icons/icon40.gif" alt="],

ich denke, es ist dank der Vulnerabilitäts- und Resilienzforschung ja irgendwie alles schon alles geklärt, was es hier im Doc Niedermeierschen Sinne "zu diskutieren" geben könnte.

Ein hohes Sensibilitätspotential mag durchaus auch ein hohes Verletzbarkeitspotential mit sich bringen, gleichsetzten würde ich es hingegen nicht – muss ich etwas, dass ich sensiblerweise bemerke, sofort mit Verletztheit quittieren? Nö, das obliegt der Interpretation.

Okay, sagen ich will: die Depression, da sie Interpretation ist, muss als Film erkannt werden; und, krasserweise, sie ist nicht nur ein Film, sie dreht auch einen Film, der sofort wieder Stoff bietet für einen neuen Film – einen finsteren natürlich. Der Doc schrieb zwar mal, Depression hätte nix mit Selbsthass/Selbstablehnung zu tun, aber es gibt imho keine andere Essenz der Depression als den "Ich bin nicht richtig"-Film. Das ist so einfach (und doch so fucking schwer umzusetzen), dass bei konsequentem Begreifen dieser einen und einzigen Grundursache kurz mal alle Psychodocs überflüssig werden würden. Wir können hier reden und diskutieren, soviel wir wollen, es wird niemals auf was anderes hinauslaufen, als diesen Film durchbrechen zu müssen.


Chimera
FönX
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von FönX »

Endlich fällt mal das Stichwort, das ich für entscheidend halte: "Vulnerabilität"! Nach dem Vulnerabilitätsstressmodell entsteht eine Verletzlichkeit (Vulnerabilität) in der Kindheit, Jugend, Pubertät durch a) genetische, b) kulturelle Einflüsse, oder c) Erfahrungen (dysfunktionale Elternhäuser, Missbrauch u.v.m.). Dadurch werden wir verletzlich. Läuft alles weitere im Wesentlichen komplikationslos, können wir bis zum Lebensabend ein erträgliches oder gar schönes Leben führen. Also muss Erziehung und Co. nicht zum allein Schuldigen erklärt werden.

Kommt auf die Verletzlichkeit aber akuter oder chronischer Stress (ungelöste Konflikte in Familie oder am Arbeitsplatz, permanent verdrängte und nicht bewältigte Ängste, Tod eines Angehörigen, unbearbeitete Trauer o.ä.), wirds gefährlich. Nicht selten entsteht so eine psychische Erkrankung (Zwangsstörung, Depression usw.).

Der Umkehrschluss aus dem obigen: Nicht jeder Mensch, der den selben Stress erlebt, der bei mir die Depression ausgelöst hat, wird depressiv. Es muss auch die Voraussetzung da sein (Vulnerabilität).
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Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
kormoran
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von kormoran »

guten abend !

ich finde, chimera und fönX bringen es auf den punkt: auf der einen seite ist da der "ich-bin-nicht-richtig-film" ( (c) chimera), auf der anderen seite (derselben medaille) die verletz-lich-keit

ist es nicht die überzeugung, so wie mensch ist, nicht richtig zu sein, die dazu führt, dass uns einflüsse/verletzungen nicht etwa nur an der betreffenden stelle kratzen oder uns ein bisschen ins wanken bringen, sondern gleich bis in den kern dringen und das selbst verletzen und infragestellen?

etwas verunsichert bin ich nun wegen der aussage, dass depressionen und selbstablehnung nicht zusammengehören.

liebe grüße
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kormoran
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von kormoran »

ähem, und hier bin ich gleich noch einmal:

lieber holgi,

wollte noch zwei dinge zu deinem eingangsposting schreiben:

zur sensibilität: ja, es gibt unterschiedlich sensible menschen, aber davon alleine muss mensch noch nicht depressiv werden. wie viel wir wie nahe an uns heranlassen, das ist der depressionsrelevante aspekt, meine ich.

und zu deiner formulierung, wie du "zum weichei erzogen wurdest" ...
du schilderst da neue aspekte aus deiner geschichte. bei mir hat's da (leider) geklingelt: oh, das kommt mir bekannt vor!

nun will ich nicht voreilig parallelen ziehen; dennoch ganz kurz zu dem thema aus meiner eigenen geschichte: meine handlungsunfähigkeit und damit in zusammenhang stehenden depressiven muster (blockade, immer dann versagen, wenn ich eine chance kriege und mir jemand etwas zutraut, schwanken zwischen ich kann es - ich kann überhaupt nichts) stammen in meiner einschätzung zu einem gutteil aus meiner "erziehung zum schoßhund".
(ich habe einmal rhetorisch die frage gestellt, warum sich meine eltern eigentlich nicht statt mir einen hund angeschafft haben. das mantra "aber kind, das musst du nicht selbst schaffen/machen, dafür sind doch wir da", "das alles (materielle werte) haben wir doch nur für euch gemacht" usw. übersetzte sich für mich nach und nach in: wozu soll ich eigentlich leben, wenn zu allem meine eltern da sind, mir alles, was ich versuche, aus der hand nehmen? kann ich mich bitte aus dem ganzen theater verabschieden?)

nun ja. eigentlich denke ich doch, dass die wurzeln für so etwas wie das verbot, ich selbst zu sein/werden und als solches einfach richtig zu sein (ohne glanzleistungen in der schule, ohne genau so zu denken und sich zu verhalten wie es die mutter - verdeckt - gutheißt), schon sehr früh gelegt wurden; ich habe freilich nur die späteren ausprägungen bewusst mitbekommen.

ojeoje, das thema ist bei mir offenbar immer noch nicht ausreichend abgekühlt

letztendlich glaube ich, holgi, dass es auch bei dir ganz stark darum geht, dich selbst wahrzunehmen, anzunehmen: als richtig, so wie du bist; und die grenze zu ziehen zu all den äußeren schichten, die nicht DU sind.

dir selbst zu vergeben, dass du in dem theater so lange eine rolle gespielt hast: du konntest nicht anders!

und endlich das vergangene und was die anderen getan haben und tun hinter dir lassen, und du selbst sein, und leben.

liebe grüße
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Clown
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Clown »

Hallo Kormoranin,

ich kann inzwischen an mir klar beobachten, dass zuerst ein depressives Gefühl da ist und in dessen Folge kommt es zur Selbstablehnung - und auch zur Ablehnung von anderen Menschen/Ereignissen/Umwelt.

Das hilft mir, die ganzen Ablehnungen zu 'entschärfen', mich darüber hinwegzusetzen und die Dinge zu tun, von denen ich weiß, dass sie mich aus dem Depri-Gefühl herausführen, z.B. die Übung mit dem 'Wunderpunkt' und/oder meditieren, eine Runde weinen, ...

Chimera zitiert den Doc vielleicht auch etwas ungenau, kann ja sein.

Grüße,

Clown
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kormoran
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von kormoran »

hallo clown,

hmm, henne, ei, henne, ...

aber: ja, jetzt wo ich nochmal drüber nachdenke, kann ich dem folgen.

selbstablehnung als "symptom" einer bestehenden depression;

aber eine grundlegende selbst-ungewissheit (sein eigenes selbst nicht wirklich wahrnehmen, und nicht voll und ganz annehmen, auch die überzeugung, wert zu bekommen durch anerkennung von außen, statt durch das selbst an sich) als mögliche grundlage für eine depression?

liebe grüße
kormoranin
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Clown »

>aber eine grundlegende selbst-ungewissheit (sein eigenes selbst nicht wirklich wahrnehmen, und nicht voll und ganz annehmen, auch die überzeugung, wert zu bekommen durch anerkennung von außen, statt durch das selbst an sich) als mögliche grundlage für eine depression?
Ja, da stimme ich dir voll zu, Kormoranin! Das ist der Nährboden.

Am Deich konnte ich am Sonntag einen noch nicht ganz dreijährigen Jungen beobachten, er rannte im Schnee den Deich hinunter, balancierte und kletterte am Treppengeländer, fuhr allein, aufrecht sitzend ohne sich festzuhalten, auf dem Schlitten den Hang hinunter (ok, ist ein sanftes Gefälle) und strahlte die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd.

Ich hatte nie Angst, er könne ausrutschen oder hinfallen, es wirkte alles so traumwandlerisch sicher. Dieses Kind hatte ganz offensichtlich einen sauguten Kontakt zu seinem Körpergefühl, seinem Selbst, würde ich behaupten, und das machte ihn motorisch so sicher.



Clown
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Holgi
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Holgi »

mea culpa !

Da ja keiner von außen schuld ist an meiner Krankheit, ist es dann ja wohl meine Schuld, das ich erkrankt bin !

Feine Sichtweise so wie man einen Baum abholzt, der im Weg steht.

Der Baum wurde gehegt und gepflegt, aber irgendwann wurde er wohl einfach zu "GROß" !

So wie in einem Film, wo man den Baum fällen muss, damit er das "Gebäude" nicht beschädigt !

@ Jan

Ich suche keine Schuldzuweisung !
Ich will mich einfach nur ordnen !
Und ich weiß persönlich, was in meinem Leben von AUßEN auf mich eingedrischt hat !

Ergo ist ein "Sensibelchen" wie ich perfekt geeignet für die "Vieren" - Depri !

@ chimera heyo

Vulnerabilität - sach mal muss das immer sein, das Du hier was reinschmeißt, wo ich erst mal nachdenken muss ?

Egal, das was Du beschreibst, ist eine Außeneinwirkung !
Somit habe ich RECHT ! 10 Points for ME
FILME wirken nur von außen.

@ FönX

JEP, nicht jeder Mensch, der raucht bekommt Lungenkrebs.
Es geht um die Anlagen die ein Mensch in sich trägt daran zu erkranken, oder nicht !

@ kormoranin :-}

Danke für Dein Posting !
Ich glaube mehr muss ich dazu nicht schreiben

@ clown

Sich annehmen und vertrauen ?
Hab ich versucht, die guten Seiten zu finden und den Stolz auf mich.
Ich würde gerne mit dem Jungen tauschen, um zu spüren, was ich kann !

Nehme ich jetzt mal das ganze Potenzial von euch allen zusammen und mische das mit meinen Ideen, die was werden würden, hätten wir alle keine Probleme mehr.

Leider bin ich aber nur ein Sensibilitätsbaustein in diesem großen Ganzen.

Liebe Grüße & Danke für das Feedback

Holgi
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phexter
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von phexter »

Wenn Du keine Schuld suchst, warum schreibst Du dann:

> Da ja keiner von außen schuld ist an meiner Krankheit, ist es dann ja wohl meine Schuld, das ich erkrankt bin !
Sich ordnen wollen ist ein guter Ansatz, aber SICH ordnen heisst sich zu aktzeptieren und nicht die Schuld zu suchen. Was bringt es dir irgendjemanden zu finden der Schuld hat? Willst Du dann zu Ihm gehen und sagen "Hey, Du, Du bist Schuld das ich Depresionen habe?" Das aendert ueberhaupt nichts, Dir wird es dabei nicht besser gehen, vielleicht kurzzeitig, weil Du Frust abladen konntest, aber nicht auf lange Sicht.

Ob Du weisst, was von Aussen auf Dich eindringt kann ich nicht beurteilen, ich habe fuer mich die Erfahrung gemacht, das ich NICHT mehr in der Lage bin mich und das was um mich herum passiert wirklich real zu beurteilen. Ich stecke immernoch viel zu sehr in meinem gewohnten Gedankenmuster fest, als das ich objektiv mein Selbst und meine Umgebung beurteilen koennte.

Und das "Sensibelchen" perfekt geeignet sind, hat auch niemand bestritten, aber geeignet zu sein heisst nicht zwangslaeufig auch das auch so kommen MUSS!

Gruss,
Jan
...and thanks for the fish!



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Holgi
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Holgi »

Hi Jan

Der Satz war IRONISCH gemeint !

Sensibilität kann schon manchmal sehr verwirrend sein, oder !?!

Liebe Grüße

Holgi
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chimera

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von chimera »

Hi Clown!

>... ich kann inzwischen an mir klar beobachten, dass zuerst ein depressives Gefühl da ist und in dessen Folge kommt es zur Selbstablehnung –
Ich frag' mich, wie das bei 'nem Kleinkind ablaufen muss, das ja noch nicht so richtig ein Bewusstsein für sich selbst hat – es nimmt irgendwelche Gefühlsschwingungen wahr (des Umfeldes oder so) und wenn die unangenehm sind, projiziert es das auf sich selbst? Ich fühle etwas negatives, also bin ich negativ? (Eher rhetorische Fragen...)

>... und auch zur Ablehnung von anderen Menschen/Ereignissen/Umwelt.
Sehr gut beobachtet!

>Chimera zitiert den Doc vielleicht auch etwas ungenau, kann ja sein.
Ja.

mystery60
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von mystery60 »

Hallo,

ich weiß nicht genau, was eine erhöhte Sensibilität ist. Aber wenn Menschen sensibel sind, denke ich, merken sie bestimmte Sachen besser als andere, sie haben eine "Antenne" dafür, z.B. für Stimmungen, Stimmungsschwankungen, drohende "Explosionen", Gefahren in Beziehungen, können sich ggf. auch sehr gut in die Situation anderer hineinversetzen, die Gefühle anderer besser deuten/erraten/spüren.

Die hier immer wieder auftauchende Schuld- oder Ursachen-Frage habe ich für mich seit längerem wie folgt entschieden:
Was auch immer genetisch vorbedingt oder prädestiniert worden ist, es ist zunächst mal da und kann - jedenfalls heute noch nicht - nicht rückgängig gemacht oder verändert werden. Aber zu dem Zeitpunkt, zu dem der "neue" Mensch wahrnehmen kann - und das ist gesichert schon vor der Geburt - macht er Erfahrungen und lernt daraus (z.B. das beruhigende Glucksen des Fruchtwassers um ihn herum oder die täglichen "Nikotingaben", etc.). Also, gleich welche genetischen Grundvoraussetzungen vorlagen, der Mensch lernt vom ersten Tage an, an dem er lernen kann (wann immer man da auch ansetzen mag - da wird sich in der neurologischen Forschung wohl noch über Jahrhunderte etwas tun). Damit wirken auch die Umfelder auf den Menschen, also die Fragen, was bestimmt die Erfahrungen des Menschen. Das sind sicher die Erziehungspersonen, das gesellschaftliche, religiöse Umfeld und wie hier einzelne Erfahrungen wirken hängt vielleicht wieder von den Lernprozessen ab, die der Mensch bis dahin gemacht hat und warum er die Erfahrungen ggf. so für sich deutet mag ggf. von seiner genetischen Ausstattung mit abhängen.

Zu Jan:
>und ich mache es meiner Mutter und/oder meinem Vater nicht zum Vorwurf das Sie mich erzogen haben wie Sie es fuer richtig hielten

Ich denke, es geht gerade nicht darum, ob sie Dich so erzogen haben, wie Sie es für richtig hielten, sondern einfach darum, wie sie dich erzogen haben und wie du es "erfahren" hast (also Wirkungen aber auch Gefühle dazu). Ob die Eltern ihre Erziehungsweise als "richtig" angesehen haben oder nicht, ist eine andere Frage. Ich denke, dass manche Eltern bewusst dem Kind nicht die "ihnen optimal mögliche" Erziehung angedeihen lassen. Aber es stimmt wohl, dass man an der erfahrenen Erziehung als solcher nichts mehr ändern kann (bis die Zeitmaschine erfunden wird). Wichtig ist vielleicht aber, dass man sich selbst damit auseinandersetzt, dass man sich fragt, warum habe ich diese Erziehungserfahrung gemacht und warum gerade so? Also ggf. auch die Frage, konnten meine Eltern/Erzieher anders und wenn ja, warum haben sie es nicht gemacht - es geht da eher um ein Verstehen und dann ggf. um ein Vergeben oder aber nicht. Man lernt dadurch aber ggf. die Zusammenhänge zwischen den Erfahrungen die man gemacht hat, die Wirkungen dieser Erfahrungen und damit die Ursachen, die das heutige Handeln, Denken, Fühlen mit bestimmen.

Chimera
stimme ich zu, dass eine hohe Sensibilität zunächst positiv und negativ zu bewerten ist (jedes Ding hat zwei Seiten, mindestens). Einfühlungsvermögen und sehr empfindsame Wahrnehmung kann ja auch helfen, kann einem gutes Instrument sein, wie es einem selbst geht, was einem gut tut und was nicht und zwar auch ohne Erkrankung (Depression).
Wenn es so sein sollte, dass manche Menschen in Bereichen besser wahrnehmen, also sensibler sind, können diese Menschen in diesen Bereichen natürlich auch leichter verletzt werden (man könnte das vergleichen, mit jemandem, der ein sensibles Gehör hat und noch Frequenzen wahrnehmen kann, die andere schon nicht mehr hören. Er reagiert dann auf solche Frequenzen und kann mit entsprechend lauten Tönen "gequält" werden).

Eine Verletzlichkeit in diesem Sinne besteht somit.

FönX
stimme ich zu, dass man in der Kindheit, Jugend, etc. ebenos verletzt werden kann, wie im hohen Alter. Wie gerade gesagt, gibt es wohl nur verschiedene Stufen der Verletzlichkeit, d.h. der eine Mensch ist sensibler an einem Punkt (und damit auch verletzbarer) als ein anderer.
Ob eine Verletzlichkeit in der Kindheit auch zu einer Verletzung geführt hat, ist eine andere Frage. Aber mal davon ausgegangen, dass man nicht zu den wenigen Glücklichen gehört (falls es die gibt), die ohne Verletzungen durchs Leben gekommen sind (Geburtstrauma durch Kaiserschnitt geschickt "umgangen"), trägt jeder Mensch sein Arsenal an Verletzungs-Erfahrungen mit sich (ich sage da immer, jeder hat einen Rucksack zu tragen). Ich glaube aber, dass man schon in frühester Zeit solche Verletzungen erleiden kann, dass diese einen krank machen können. Was auch immer danach "komplikationslos" verläuft, diese Verletzungen und diese Erfahrungen sind Teil von uns und haben ihren Einfluss auf das weitere Leben (ich glaube, der Mensch speichert viel mehr ab, hat riesige Speicherkapazitäten, als er aktuell reproduzieren kann - deshalb ist einem nicht immer alles an Lebenserfahrung "gegenwärtig" und deshalb funktioniert wohl auch die Verdrängung so gut).
Im positiven Fall kommen kaum noch weitere Verletzungen hinzu und der Mensch hat sich ggf. von den frühen Verletzung erholt, ist genesen oder sie spielen keine vordergründige wichtige Rolle für ihn, vielleicht sind sie aber auch nur auf einer anderen Partition unseres Erinnerungsspeichers abgelegt (verdrängt) und wirken dennoch jeden Tag - nur dass wir die Ursache nicht erkennen und im Prinzip nichts davon wahrnehmen (weil die Dinge "gewollt" unbewußt ablaufen). Daher auch die viele Arbeit der vielen Psychotherapeuten...

Klar hat FönX damit Recht, dass es neben früheren Verletzungen (z.B. in der Kindheit) auch spätere Verletzungen geben kann. Das kann dazu führen, dass man die früheren Erfahrungen, mit denen man "ganz gut fertig geworden ist" wieder hochholt, dass mit einer neuen Traumatisierung die Verdrängung der alten durchbrochen worden ist und man nun mit alten und neuen Erfahrungen gleichzeitig "befasst" ist. Aber ich würde es nicht abspalten in frühe Verletzunge, die zu Verletzlichkeit geführt haben und spätere, die einen dann "krank" machen. Ich sehe das eher als Kontinuum - man ist per se verletzlich, man kann in frühen, mittleren und späten Tagen verletzt werden und die Frage ist ggf. wie lange geht das gut, im Sinne, wie lange funktioniert man so, dass die Mehrheit der Bevölkerung einen als "normal" einstuft und wann ist diese Grenze überschritten?
Das heißt auch, dass jeder Mensch anders ist, auch andere Erfahrungen hat - selbst als eineiiger Zwilling, denn man ist ja ein eigener Mensch und steht (bildlich) immer neben seinem Zwilling nicht in ihm, so dass die Perspektive schon immer eine andere ist.
Je nach Vor-Erfahrung (und da beziehe ich die genetische Grundausstattung mal mit ein) ist der Mensch also sensibler auf bestimmte Erfahrungen als andere. Er verknüpft neue Erfahrungen mit alten und entscheidet sich (bewußt oder unbewußt) auch immer, wie er damit umgeht, d.h. ob er die neue Erfahrung am besten auch gleich mit verdrängt, ob er darauf reagiert und wie -- und damit vielleicht auch, ob er durch die neue Erfahrung krank wird oder nicht (also die Definition der Mehrheit von "Normalität" erfüllt oder eben jetzt nicht mehr).

Und was ist jetzt die Depression? Mag sein, dass ein Mensch bestimmte Erfahrungen gemacht hat und daraus Schlüsse gezogen (auch unbewußt oder sehr früh als Kind). Er ist für manche Dinge sensibler und er hat eine Sichtweise für die Welt entwickelt, die auch eine Sichtweise des Selbst mit einschließt. Mit der Wahrnehmungsfähigkeit und der Merkfähigkeit bewertet der Mensch auch sich selbst. Er wird dabei wenig an seinen genetischen Grundlagen herumkritteln, denn die kann er zum einen nicht verändern, er erfährt sie nicht direkt und kennt sie im einzelnen auch nicht - bis heute. Also geht es um die Erfahrungen und die Fragen: wie sehe ich die Welt? wie sehe ich die anderen (Menschen)? Wie sehe ich mich selbst (in Bezug auf die anderen Menschen und die Welt)?

Zu kormoranin und chimera:
Es ist - meiner Ansicht nach - also eine Bewertung, die den Unterschied macht. Ich kann mich als "normal" ansehen (auch wenn das andere nicht so sehen) und umgekehrt. Die Bewertung hängt aber ab von der Erfahrungen die ich gemacht habe, auch im Abgleich zu meiner Umwelt zu mir (die anderen - ich // die Welt da draußen - ich).
Ein Mensch der sagt,
- ich bin anders als alle anderen,
- ich werde immer wieder verletzt,
- keiner versteht mich wirklich,
- es passiert so vieles, was mich traurig macht
- warum passiert das gerade mir
.....etc.
hat Recht. Es geht ihm dabei aber so wie allen anderen Menschen auch. Jedem passiert war, jeder ist anders als die anderen, etc.
Die Frage ist, warum leide ich ggf. daran? Zum einen kann ich daran leiden, weil meine Erfahrungen eben schlechter waren als die Erfahrungen der meisten anderen. Ich kann aber auch daran leiden, weil ich die Erfahrungen nur als schlechter bewerte und letztlich kann ich mich selbst als Person auch schlechter bewerten bis zum
- ich bin schlecht
- ich bekomme gar nichts hin
- ich bleibe immer allein und einsam
- ich habe keine wirklichen Freunde
- nichts macht mir Spaß
- was soll das alles überhaupt.....

Für mich ist die entscheidende Frage, warum ich meine Erfahrungen so bewerte, was bringt mich dazu? Welche Erfahrungen habe ich damit gemacht? Halten meine Bewertungen einer "objektiven" (was immer das auch sein soll) Überprüfung stand?

Das ist vielleicht der Schalter, den man suchen muss, der Schalter, um den alten "Film" auszuschalten und einen neuen einzulegen.
Was gewesen ist, ist gewesen. Was wir in einer bestimmten Art und Weise bewertet haben (auch uns selbst) haben wir so bewertet. ABER: das Gewesene kann ich nicht verändern, wohl aber habe ich die Möglichkeit einer Neu-Bewertung. Ich kann meinen eigenen Film nochmals laufen lassen - vielleicht in Zeitlupe (ist das nicht Psychotherapie?), kann mir Ursache-Wirkungs-Ketten ansehen, kann Systeme erkennen, die Art, wie ich mit Erlebnissen umgegangen bin und die Muster dahinter, kann ggf. erkennen, wo ich mal ein Muster verlassen und eine neue Reaktion ausprobiert habe und welche Erfahrungen ich damit gemacht habe und erkenne vielleicht auch, wie ich so Stück für Stück das geworden bin, was ich bin.
Und dennoch: ich kann die Bewertung ändern, ich kann ggf. erkennen, dass ich selbst nicht "Schuld" an meinen Erfahrungen bin, dass ich ggf. in bestimmten Situationen gar nciht anders handeln oder reagieren konnte (auf Grund meiner eigenen Erfahrungen bis dahin). Ich kann dann aber ggf. auch verzeihen in dem Sinn, dass ich sage, auch andere (meine Eltern) waren in ihrem "Film" und konnten vielleicht nicht anders. Also muss ich mit dem was war leben, aber ich kann die Erfahrung ggf. ganz anders bewerten und komme am Ende so unter Umständen zu einer neuen Bewertung über mich selbst, was ich bin, was ich erreicht habe, was gut ist an meiner Sensibilität (die ich gar nicht missen möchte), was überhaupt gut ist an mir und das ich der bin der ich bin und es keinen Grund gibt, mich schlechter zu bewerten.

So kann man natürlich auch in einen Zirkelschluss gelangen: man hat eine schlechte Erfahrung und fühlt sich schlecht, bewertet sie schlecht, hat schlechte Stimmung und bewertet neue Erfahrungen wieder schlecht (die es vielleicht gar nicht sind) oder man fühlt sich schlecht, bewertet sich so und macht eine Erfahrung die man als schlecht bewertet obwohl sie es gar nicht ist - also was stand am Anfang: die schlechte Erfahrung oder die Bewertung als schlechte Erfahrung?

Zu Clown:
Heute besuch ich mich - ich will mir eine gute Erfahrung geben und sie gut bewerten und gut bewertet wissen, also: hoffentlich bin ich auch daheim (oder besuch grad einen guten Freund)

Holgi:
Hat man wirklich Schuld an seinen Erfahrungen?
Hat man Schuld an seinen genetischen Grundlagen, konnte man seine Erzeuger selbst aussuchen, konnte man seine Erzieher aussuchen, konnte man die Umgebung seiner ersten Erfahrungen aussuchen? Kann man dann für diese Erfahrungen verantwortlich sein und für deren Bewertungen in diesem Kontext?
Wann fängt die Verantwortung für sich selbst an und vor allem für die eigene Bewertung?
Also mal grob gesagt Holgi: wenn du dich selbst schlecht bewertest und dich nicht magst, dann hast du - und nur du - für diese Bewertung Schuld. Aber als "Anwalt" vor Gericht würde ich sagen: er konnte sich doch aber bei seiner Kindheit und seinen Erfahrungen nur so bewerten, er kann ja nichts dafür ....
Also, den Schalter suchen und wenn der jetzige Film nicht so prikkelnd ist, umlegen.

Das war jetzt lang und mehr für mich selbst geschrieben (wie wohl vieles hier im Forum), also nehmt es mir nicht übel ("Bewertung")

Grüße
TG
Katzenohr
Beiträge: 381
Registriert: 15. Dez 2009, 10:19

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Katzenohr »

Danke TG,
ich bin gerade wieder an einem Punkt, an dem ich nicht weiß wie ich weitergehen soll. Dein Beitrag hat mich daran erinnert, dass die Vergangenheit unveränderlich ist. Ich kann es nur akzeptieren.
Ich gebe zu, dass fällt mir zur Zeit sehr schwer. Die Zukunft ist jedoch nicht festgeschrieben und die kann ich vielleicht damit beginnen, die Gegenwart anzunehmen.

Ich habe mich schlecht bewertet und TG, du hast recht, dafür bin nur ich verantwortlich. Manchmal verdränge ich es und suche jemand, dem ich die Schuld geben kann, und dann widerum jemand der mich bei der Hand nimmt und sagt, wenn du hier gehst, dann wird alles gut. Was für eine Idee mit meinen 51 Jahren.

Ich werde jetzt mal ‘ne Runde meinen Schalter suchen.



@Holgi, danke für den Thread. Ich finde hier viel für mich
LG Katzenohr
Clown
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Clown »

Hi Chimera,

>Ich frag' mich, wie das bei 'nem Kleinkind ablaufen muss, das ja noch nicht so richtig ein Bewusstsein für sich selbst hat – es nimmt irgendwelche Gefühlsschwingungen wahr (des Umfeldes oder so) und wenn die unangenehm sind, projiziert es das auf sich selbst? Ich fühle etwas negatives, also bin ich negativ? (Eher rhetorische Fragen...)

Du kennst vom Joachim Bauer 'Warum ich fühle, was du fühlst' ?
Das erklärt für mich diesen Vorgang, nach dem du fragst.

Dieses 'das-Gleiche-fühlen-wie-meine-Eltern' (ich gehe davon aus, dass sie für diesen kleinen Jungen am Deich die Bezugspersonen waren, ich habe sie und seine Großeltern gesehen, alle wirkten positiv auf mich) vermittelt mir dermaßen direkt und ohne Umwege über Neokortex und Co. (die zu Beginn des Lebens ja wohl noch nicht 'geschaltet' sind) mein unbewusstes Gefühl von Wert, Sicherheit oder eben leider das Gegenteil davon (bei mir, z.B.)

Grüße an dich Nachtvogel (Uhu? Da ich kein passendes Smiley fand, dies hier, gefällt mir auch http://images.google.com/images?client= ... CCIQsAQwAw )

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
mystery60
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von mystery60 »

Hallo,

noch ein Nachtrag von mir zur Frage der Eigen-Bewertung von oben.
Ich lese gerade "Mit sich selbst befreundet sein" von Wilhelm Schmid. Dort steht:
"Die ideelle Aneignung ist ein Akt der Selbstmächtigkeit und begründet SELBSTEIGENTUM: eigene Meinung, eigene Haltung, eigene Ethik, eigene Zweifel, eigene Gefühle, eigene Ideen, eigene Interessen, Eigeninteresse überhaupt, eigene Initiative, eigene Wahl. Das Selbsteigentum zu verlieren, kann den Verlust der Selbstachtung nach sich zeihen und das Leben jeglichen Sinns berauben. Durch Geld ist es nciht zu kompensieren; Geld mag beruhigend sein, lebensnotwendig aber ist, sich selbst zu Eigen zu sein."

Das ist doch schön gesagt. Wenn man sich selbst gehört und sich (seine Seele) nicht verkauft hat, ist man auch Herr (oder Frau) seiner Bewertungen und steuert sich damit selbst und autonom.
An anderer Stelle schreibt er: "Im gewöhnlichen leben werden Kompromisse gemacht, Arbeitsverträge genannt: Man übereignet einem Arbeitgeber einen Teil seiner selbst und erhält dafür als Arbeitnehmer ein Entgelt. Wenn aber die Enteignung des Selbst total wird?" ....
Ein Zwischenfazit daraus. "Gestalte dein Leben so, dass es bejahenswert ist".

Was ist nun besser, das weiche Ei (der Sensible) oder das hartgekochte (der Hartgesottene)? Wenn dabei jeder sich selbst zu eigen ist und sein Leben so gestaltet, dass es für ihn/sie bejahenswert ist, leben sicher beide ein gutes Leben.
TG
Holgi
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Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von Holgi »

Hi Ihrs

Sacrebleu Tiefgrund, was für ein interessantes Posting !

Da kommt schon ein bisschen Neid auf, denn ich bräuchte für so einen Beitrag mindestens 4 Stunden ( denken und schreiben mit dem 2 Finger-Such-System )

Bei rückblickender Betrachtung meines Lebens, kann ich mit aller Deutlichkeit sagen, das meine Sensibilität stetig gewachsen ist.

Vielleicht liegt es daran, das meine Mutter immer ordentlich ein paar gekriegt hat von meinem leiblichen Vater, als sie mit mir schwanger war.

Vielleicht habe ich deswegen eine so hohe Adrenalinausschüttung, das ich Blutdrucktabletten schlucken muss, damit bei mir nicht alles kollabiert.

Richtig ausschlaggebend für den Kick mit dem Mitleid und gleichzeitig grenzenlose Hassempfindung war ein Fernsehbeitrag den ich mir mit meinen Eltern anschauen musste.

Es war ein Schlüsselerlebnis, das mich bis heute nicht loslässt.

Naja, ich höre jetzt mal auf zu schreiben.

Als Anwalt würde ich Dich auf jeden Fall angagieren.

Liebe Grüße

Holgi
.........................
QUAERE VERUM !
chimera

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von chimera »

Hey Ihrs,

es fehlt mir gerade an Kraft und an Zeit, die letzten Postings dieses Threads aufmerksam zu lesen – also sorry, wenn dieser mein Beitrag nicht so richtig zum Thema passen sollte.

@Clown:

>Dieses 'das-Gleiche-fühlen-wie-meine-Eltern' (...) vermittelt mir dermaßen direkt und ohne Umwege über Neokortex und Co. (die zu Beginn des Lebens ja wohl noch nicht 'geschaltet' sind) mein unbewusstes Gefühl von Wert, Sicherheit oder eben leider das Gegenteil davon (bei mir, z.B.).
Danke hierfür!

Tja, nachdem ich in den letzten Jahren ausgiebig meine Eltern analysierte, ist's mir sehr klargeworden, dass ich eben auch ihre Depression in mir trage. Es scheint nur leider quasi unmöglich zu sein, auf die in der vorbewussten Ebene stattfindenden Depressionssymptome Einfluss zu nehmen. Auch ich bin prinzipiell ein sehr sensibler, meinem Körper viel Achtsamkeit schenkender Mensch – und stelle fest, dass weite Teile meines depressiven Befindens ihren Ursprung im Körper haben; ich nehme die Depression ganz stark in Form von Missempfindungen meines Körpers wahr, eigentlich als körperlichen Schmerz. Die Wahrnehmung dieses körperlichen Schmerzes quittiere ich dann natürlich stets mit negativen Gedanken; dagegen habe ich trotz Gedankendisziplin fast keine Chance.

Naja, mal schauen, ob ich in Berlin einen geeigneten körperorientiert arbeitenden Psychotherapeuten finden werde. Ist irgendwie blöde und depressiogen, ständig von unangenehmer Körperwahrnehmung geplagt zu sein.


@Clown nochmals: Danke für Nachteulenphotos, ich musste schmunzeln . Mein Dasein als solche war leider in den letzten Monaten meistens unfreiwillig...


Liebe Grüße an alle
von einem sehr erschöpften Chimera
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von kormoran »

hi there.

wow, das geht sehr spannend zu hier! tiefgrund, danke dir u.a. für den hinweis auf das buch (mit sich selbst befreundet sein)!

ich hake mal ein bei einer antwort von holgi an uhu aka chimera:

Egal, das was Du beschreibst, ist eine Außeneinwirkung !
Somit habe ich RECHT ! 10 Points for ME
FILME wirken nur von außen.

nana, das hast du jetzt aber absichtlich falsch verstanden, oder? der "ich-bin-nicht-richtig-film" ist in dir! das bist du selbst. allerdings: entstanden ist der film natürlich durch diese intensive wechselwirkung äußerer einflüsse auf den kleinen, heranwachsenden, sein selbst gerade erst ausbildenden holgi. es war einmal ...

diese geschichte von clown und deine gedanken dazu: da springt dich doch ein sehr fruchtbarer ansatz für die therapie (in mehr oder weniger intensiver form ...) an, oder?!
diesen kleinen jungen wahrnehmen, annehmen, stolz auf ihn sein ... und irgendwann selbst da stehen, dich wahrnehmen als der, der du jetzt bist, und stolz auf dich sein, und dich in dir selbst zuhause fühlen?

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
912318798
Beiträge: 1590
Registriert: 28. Jul 2007, 13:39

Re: Das erzogene Weichei !

Beitrag von 912318798 »

Holgi! Vielen Dank für dieses Thema!
@Tiefgrund: Sehr beeindruckender Beitrag!

Zu diesem Absatz möchte ich kurz etwas sagen:
„...Er ist für manche Dinge sensibler und er hat eine Sichtweise für die Welt entwickelt, die auch eine Sichtweise des Selbst mit einschließt. Mit der Wahrnehmungsfähigkeit und der Merkfähigkeit bewertet der Mensch auch sich selbst. Er wird dabei wenig an seinen genetischen Grundlagen herumkritteln, denn die kann er zum einen nicht verändern, er erfährt sie nicht direkt und kennt sie im einzelnen auch nicht - bis heute....“

Ich finde, dass sich das „Selbst“ eines Menschen auf seinen genetischen Grundlagen bilden kann.
Mit starken genetischen Grundlagen wird er die Einflüsse von außen wesentlich besser bewältigen können, ein aktzeptables, gefälliges Selbst entwickeln.
So glaube ich, dass es eine Menge - v. a. depressive - Menschen gibt, die mit ihrer mentalen Erbschaft hadern.
Gerade die Unveränderlichkeit dieser genetischen Grundlagen bringt uns zur Verzweiflung.
An allem anderen könnte man immerhin arbeiten…


und @Holgi nochmal: Ich bin auch der Ansicht, daß Filme von außen wirken.


alle!
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