Komisch, oder?!

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buntpositiv

Komisch, oder?!

Beitrag von buntpositiv »

und vielleicht doch nicht so wirklich zum Lachen...

wie kommt es, dass das Gehirn auf einmal nicht mehr weiter denken kann und eine Situation festgefahren scheint? Wieso kann ich nicht Lösungen finden? Wieso erscheint "es" so unüberwindbar - und ist doch eigentlich so banal... was hängt für mich davon ab?!

Genug in Rätseln gesprochen: ich steuere auf einen Eklat zu, weiss es und kann nicht handeln. Dabei müsste ich nur meinen Vorgesetzten anrufen und ihm sagen: "Ich kann die Aufgabe nicht übernehmen. Mach Du bitte!" -Nur. Aber es geht nicht. Ich schaffe es nicht. Und quäle mich und werde immer lethargischer und...

Was soll ich tun?!??!?!? Anrufen und was sagen?! Ich kann nicht? Ich kann nicht? Lass mich in Ruhe?!

Kennt Ihr solche Situationen? Wer oder was hat geholfen?

Vielleicht gehört das ja auch in die Rubrik "Arbeit" - dann verzeiht, aber es ist für mich auch ein Umgang mit der Krankheit...
rainbow10

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von rainbow10 »

chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von chrigu »

Hi Susanne,

>wie kommt es, dass das Gehirn auf einmal nicht mehr weiter denken kann und eine Situation festgefahren scheint?>

Platt gesagt: die Depression legt es lahm.

Aber das ist natürlich wesentlich komplexer. Denn hinter der Depression verstecken sich häufig viele Einstellungen und Meinungen zu sich selbst, die einen daran hindern, "gesund" zu handeln und einen im Kranken verharren lassen.
Leistungsorientierung, Perfektionismus, ein gestörtes Selbstbewusstsein, der Gedanke "wenn es mir schon so schlecht geht, hab ich wenigstens noch meine Arbeit", die Angst, dass einem ein "nein" als Schwäche ausgelegt wird. Bei mir war es schließlich das ureigene Bild, dass ich von mir in der Depression hatte: Ich als Totalversager muss dankbar sein, dass man mir überhaupt eine Arbeit zutraut, also habe ich sie auch zu erfüllen. (Auweia, wie sich das jetzt im Nachhinein liest! Aber es war schmerzhaft real.) Das führte dazu, dass ich ständig Angst hatte "aufzufliefen", dass man entdecken könne, dass ich mir meine Stelle ermögelt habe und eigentlich nix kann.

Was hat geholfen? Nach dem Totalzusammenbruch vor lauter Hilflosigkeit und Angst in die nächstgelegene psychologische Ambulanz gegangen zu sein. Ich hatte großes Glück, weil ich an eine Psychiaterin geraten bin, die sich Zeit genommen hat und die bis heute meine Ärztin ist. Und sie hat sofort erkannt, dass es so nicht weitergeht, mich zunächst in der Ambulanz in eine Therapie gebracht, mir Medikamente verschrieben und wöchentliche Termine mit mir gemacht.

Mich spricht das Thema übrigens gerade an, weil ich mich zur Zeit immer wieder dabei ertappe, dass ich in diese alten Denkmuster hineinrutsche und ich gleichzeitig über eine weitere (neue) Therapie nachdenke. Das ist dabei aber nur ein Thema von vielen...

Viele Grüße
Chrigu
lolali
Beiträge: 216
Registriert: 29. Jun 2009, 21:06

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von lolali »

ich wünsche dir, dass du in einer ruhigen minute den mut hast und mit deinem vorgesetzten darüber reden kannst.

danach wird es dir besser gehen!!!

LG
Lolali
MadMax
Beiträge: 383
Registriert: 1. Jun 2003, 14:05

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von MadMax »

Hallo Susanne!

Wie schätzt du deinen Vorgesetzten ein? Könntest du dir vorstellen offen mit ihm zu reden? Oder ist es eher so ein gefühlloser Chef, bei dem nur Leistung zählt?

Mir hat es sehr geholfen, dass ich meinem Vorgesetzten eine e-mail geschrieben habe und dann auch offen das Wort "Depressionen" benutzt habe. Das war sehr erleichternd und ich habe eine unglaublich positive Rückmeldung erhalten.
Nun gut, ich weiss, dass das nicht selbstverständlich ist und auch nach hinten losgehen kann. Aber das Risiko war abzuschätzen und so ist mir schon eine grosse Last von den Schultern genommen.

Wäre das evtl. auch ein Weg für dich? Zum einen über e-mail zu kommunizieren (find ich oftmals einfacher, als ein direktes Gespräch, in dem ich sofort agieren und reagieren muss)? Zum anderen reinen Wein einzuschenken bzw. zumindest Andeutungen zu machen?

@chrigu
Oh ja, durchmogeln, nicht auffliegen, das Gefühl haben es eigentlich nicht wert zu sein den Job zu haben, sich selber nichts zutrauen und vom eigenen Können nicht überzeugt sein... kenne ich irgendwo her
Da muss ich mir immer wieder klar machen, dass ich das nicht selber bin, sondern die Depression in mir, die mir das vorgaukelt. Funktioniert nur leider oft nicht...

Liebe Grüße
MadMax
kormoran
Beiträge: 3276
Registriert: 29. Mai 2007, 21:56

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von kormoran »

hallo susanne,

ich habe vergleichbare situationen leider auch schon gehabt. im studium, bei der (freiberufl.) arbeit. sehenden auges auf die wand zu, handlungsunfähig, so wie du beschreibst.

nun, jetzt, wo der hut brennt, kann ich dir nur anbieten, dass du diese kleine gemeinschaft hier nutzt, dich selbst festzunageln: jetzt schreibe ich dieses e-mail und schicke es ab.
und berichtest dann hier.

(ich würde wie madmax auch ein e-mail vorschlagen; je nachdem, wie offen du mit der depression umgehst oder umzudehen gedenkst, kannst du es jetzt ansprechen oder später mal nachliefern; oder einfach nur eine sehr klare grenze in einer ausnahmesituation setzen und vertrauen, dass die respektiert wird.)

du kannst dich jetzt wahrscheinlich eher nur austricksen und nicht wirklich überzeugen. einfach tun, kopf durchsetzen.

langfristig ist das natürlich ein thema, mit dem du dich in der therapie beschäftigen solltest.

ich für mich bin wohl auch noch nicht restlos geheilt und für immer gefeit vor solchen abstrusen blockaden, aber vom ansatz her verstehe ich sie schon besser. wenn ich mal wieder einfach nur funktionieren soll, was in der vergangenheit für mich gefährlich war, und erwartungen erfüllen, dann kann ich mit mir in dialog treten und klarstellen, dass die blockier-reaktion einmal gut war, aber heute nicht mehr notwendig.

gutes gelingen beim für-dich-sorgen
wünscht
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
Tears
Beiträge: 127
Registriert: 9. Nov 2009, 00:25

Re: Komisch, oder?!

Beitrag von Tears »

Liebe Susanne,

mir hilft in solchen Situationen manchmal ein Perspektivwechsel. Wenn so große, unüberwindbar erscheinende Berge vor mir liegen, erinnere ich mich manchmal daran, dass mir während der Schulzeit eine Matheklausur ähnlich schlimm und angsteinflößend erschien, während des Abiturs wirkte sie rückblickend aber schon deutlich weniger bedrohlich, ja wohl sogar nahezu niedlich. In demselben Muster geht es weiter durchs Studium, Examen, Job hier, Job da und auch durch diverse zwischenmenschliche oder seelische Herausforderungen. Sie alle erscheinen in einem bestimmten Moment vielleicht kaum überwindbar und gleichzeitig als einzige Option. Im Rückblick zeigt sich oftmals nicht nur, dass für die Bewältigung meistens nicht einmal die eigenen Kapazitäten voll ausgeschöpft werden mussten und dass es auch zahlreiche andere Wege gibt, die sich durch einen anderen Umgang mit der Situation erschlossen hätten.

Diese Gedanken geben mir in schwierigen Situationen manchmal den Mut, etwas zu wagen, was mir auf der einen Seite unumgänglich erscheint, auf der anderen Seite aber auch unwägbar. Ich versuche dann, darauf zu vertrauen, dass es einen guten Ausgang nimmt, auch wenn er vielleicht anders aussehen könnte, als ich ihn mir vorstelle.

Ich weiß nicht, ob Du damit etwas anfangen kannst.

Liebe Grüße
Virtuella
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