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Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 13. Jan 2010, 13:10
von Trinkwasser
Hallo Forianer,

wollte nur mal loswerden, daß ich es extrem schade finde, daß aufgrund meiner eigenen Erfahrung gerade die Arbeitsklima fördernden Maßnahmen (Supervision) die sind, die sich am meisten in eine Scheinwelt verhüllen.
Wer hier mal ein bißchen kritisiert, bekommt das oft teuer zu spüren, denn es ist fast ein Ding der unmöglichkeit aus einer Supervision zu gehen als wäre nichts gewesen ... wir verstehen uns Alle soooo super und sind immer mit allem soooo zufrieden.

Wollt ich nur mal gesagt haben, vielleicht gehts ja wem so ähnlich.

Take care,
Trinkwasser

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 13. Jan 2010, 13:29
von niederländer
Hallo Trinkwasser,

Was meinst du jetzt genau ?

Gruß,

Dutchy

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 13. Jan 2010, 23:13
von Trinkwasser
Hi Dutchy,
nun ja, schwierig das anders zu formulieren ...
Man sagt der Supervision nach (mit dem Arbeitsteam + Chefin) sie helfe die Spannungen am Arbeitsplatz abzubauen, jedoch spricht keiner aus was er/sie wirklich aussprechen möchte, denn das könnte Konsequenzen haben. (z.B. kannst du einem Kollegen nicht sagen, daß er für deinen Geschmack unkonsequent arbeitet) ... Der Rahmen der Supervision gibt sehr oft vor sehr sozial, tolerant, verständnisvoll etc.... zu sein - ist aber sehr oft genau das Gegenteil. Hinzu kommt daß man sich ja nicht die Blöse geben darf und z.B. sagen, daß man am Burn-out kratzt, denn das ginge überhaupt nicht! Jedoch glaub ich, daß Krankenstände zu 75% aufgrund von "psychischer Auszeit nehmen" entstehen. - Und wer sowas sagt ("die letzten 2 Wochen hatte ich nicht die Grippe, sondern mußte mich mal relaxen-denn der Stress macht mich fertig") ist schon sehr wagemutig.

Tja schade.

LG,
Tw

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 13. Jan 2010, 23:39
von mystery60
Hallo Trinkwasser,

ich stimme Dir zu, solche Veranstaltungen sind oft eher eine Selbstbeweihräucherung und man merkt sehr schnell, wie ehrlich man bei solchen "Meetings" miteinander umgeht. Meine Erfahrung ist da auch die, dass es viele "Streber" gibt, die gleich alles loben und sagen, wie toll doch die Zusammenarbeit ist, und dass doch dies und das so gut läuft. Es wird dann immer schwerr auch mal Kritik zu äußern und wenn die dann schnell massiv gekontert wird, bin ich lieber still (denke mir meinen Teil).
ABER: das ist ja vielleicht gerade der Fehler, dass ich immer zu viel geschwiegen habe, zu viel geschluckt und nicht auch mal was "ausgekotzt"!
Wenn man in vertrauterer Runde ist, der Chef nicht mit dabei wird viel eher auch mal Tacheles geredet und oh Wunder, man ist mit seiner Kritik nicht alleine, wäre ja auch komisch, wenn man nur alleine Probleme und Mißstände sehen würde und für die anderen wäre alles bestens, dann müsste ich mal zum Arzt -HAHAHAHAAA - ist das nicht ein guter Lacher zum Schluss??

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 14. Jan 2010, 07:21
von otterchen
Hallo,

und bitte entschuldigt meinen Einwand... es ist noch früh und ich sitze hier bei meinem Morgenkaffee...

Ich spüre sowas wie den Zeigefinger.

"Der da" arbeitet inkonsequent.

Ähm, was will ich sagen?
Vielleicht wird es für Dich so schwierig und kommt so verlogen rüber, weil Du innerlich "gegen" die anderen bist?
Oh man, ist das schwer, die richtigen Worte zu finden.

Aber dieses "bei sich bleiben" ist das, worauf ich hinaus will.

Klar, dass man nicht vor versammelter Mannschaft rauslassen will "ich fühle mich überfordert, die meisten arbeiten nicht so, wie ich mir das vorstelle".
Aber hast Du schonmal bei Dir geschaut, warum Du mit den anderen so unzufrieden bist? Dir scheinen an den anderen ja jede Menge Dinge gegen den Strich zu gehen.

Dass das ein Kampf ist und unheimlich an die Substanz geht, ist selbstverständlich.
Wie wäre es, mal die Stärken der anderen zu sehen? Nur für Dich, ganz im Stillen. Denn wenn man sich mal auf eine negative Eigenschaft eingeschossen hat, sieht man fast nur noch diese.

Schön fände ich dann, wenn Du irgendwann auf einem dieser Meetings mal loslegen könntest und die positiven Eigenschaften der anderen rausstellen könntest. Vielleicht "der, der immer so unhöflich ist" ist auf einmal jemand, der viel Sachverstand hat und Probleme lösen kann. Vielleicht ist "die, die ständig quatscht" auch die, die mal ein Lachen in die Abteilung bringt. Vielleicht macht "der, der immer so schlampig arbeitet" auch Fortschritte und hat ein paar Dinge in der letzten Zeit ganz souverän hinbekommen.

Durch solch ein Lob motiviert man die Leute, genau dieses Verhalten mehr zu zeigen.

Und ich glaube, wenn Du ein "Aufspürer der positiven Dinge" würdest, könntest Du Dir selbst ein Stück der Belastung nehmen, denn Du packst Dir gerade selbst nur die negativen Eigenschaften der anderen auf den Buckel. Aber die haben auch positive Eigenschaften; dessen bin ich mir ziemlich sicher (ja, ich weiß: es gibt auch Ausnahmen).

Aber einen Versuch wäre es doch wert, oder?
Denn: was hättest Du zu verlieren?

Liebe Grüße - und bitte seht mir nach, wenn das heute früh noch etwas holprig und ungeschickt rüberkommt.

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 14. Jan 2010, 09:14
von bahn
hallo zusammen,

als meine "Arbeitskarriere"begann hat mir einmal ein Chef gesagt, "Kopf runter und durch".
Und er hatte teilweise recht behalten. Ich glaube das wir davon wegkommen müssen, dass
Arbeit immer nur "Spass" machen muss. Die Realität ist, es ist hart, sein tägliches Brot zu verdienen. Es ist fast wie in der Tierwelt, fressen und gefressen werden. Die mit den stärksten Ellenbogen überleben, und ich glaube gerade uns Depris fehlt die Ellenbogenmentalität. Mir gab es immer am meisten Kraft, meine Familie zu ernähren, und da habe ich mich trotz mancher Depri zusamengerissen. Jeder spielt irgendwo seine Rolle, und aus Angst, nicht gekündigt zu werden, hält man lieber seinen Mund. Aber ich habe zu oft für andere meinen Mund aufgerissen, und das bekam mir nicht so gut.
"Lieber mit den Wölfen heulen, als Schaf oder Lamm wirst du aufgefressen." Gut, ich habe auch Schönes erlebt, es ist nicht alles negativ besetzt, aber es ist heutzutage nicht einfach, in der Arbeitswelt zu bestehen.

liebe Grüsse
sEEBÄR

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 14. Jan 2010, 11:21
von Trinkwasser
@ Seebör: gut gesagt.

@ Ötterchen: Hallo erstmal, du interpretierst ziemlich viel über meine Arbeitseinstellung und Haltung gegenüber Kollegen hinein, trotz eines sehr kurzen Textchens von mir `du arbeitest inkonsequent war nur ein banales Beispiel`. - Ich kann Dir aber sagen, daß es mir klar ist: "Wer sich ärgert bestraft sich für die Sünden der anderen" ! Und würde ich nicht die positiven Seiten sehen ... oh mein Gott !

Also nochmal: ich wollte nur einmal loswerden, daß Supervisionen sehr oft keinen Sinn haben, denn Spannungen (und so etwas hat fast jeder, manche mehr manche weniger, wieder anderen geht das völlig am A. vorbei) sind viel besser zu beseitigen wenn man unter 4 Augen bei einem Tee spricht-wenn sich ein guter Zeitpunkt gefunden hat.
Ich mag einfach dieses Vorzeichen nicht: jetzt setzen wir uns 1 1/2 Stunden zusammen und danach sind all unsere Probleme aus der Welt ... aber 2 Tage später ist schon wieder jemand gefeuert worden und das weiß man erst wenn der/die die Sachen packt.

@ Tiefgrund: ohne Chef wärs natürlich besser.

Schönen Tag

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 18. Feb 2010, 14:28
von Adversus
Hallo Trinkwasser,

auch ich halte diese Gruppengespräche für absurd.
Genau so sinnlos, empfinde ich Anonyme MA Befragungen nach dem Multiple Choice Verfahren.

Teilweise empfinde ich solche "neuen" Mittel die der Verbesserung des Betriebsklimas dienen sollen, sogar als Gefahr für eine Verschlechterung.

Zum Beispiel werden solche Meetings oft willkürlich angesetzt, meistens jedoch nicht wenn ein konkreter Bedarf (z.b. reibereien innerhalb der Abteilung) bestünde.

Auch wenn es solche Treffen z.b. monatlich zu festgesetzten Zeiten gibt, könnten sich trotzdem enorme Probleme daraus ergeben. (z.b. man schiebt das Besprechen eines Missstands 3 Wochen vor sich her und baut somit vielleicht Wut auf oder stresst sich selbst völlig unnötig)

Ich bin über 25 Jahre in der gleichen Firma tätig und habe immer Probleme mit Kollegen oder Chef nach dem 4 Augen Prinzip besprochen. Auch wenn nicht immer alles sofort lösbar war, so war die Chance, Kompromisse zu finden doch viel höher, als heute, wo auch bei uns diese Supervisionen und anonymen MA Befragungen Einzug hielten.

Besonders diese MA Befragungen sind eine Farce, jedenfalls bei uns. Denn sollte die Auswertung wirklich anonym sein, und ich unterstelle mal, dass es so ist, warum lässt man es seitens der Geschäftsleitung zu, das der Chef nach der Auswertung die MA zusammen holt und konkret befragt warum z.b. "Er" in die Kritik geraten ist. Ist ja wohl klar das sich niemand outet und ihm dann direkt sagt, weshalb das so ist.

Die Wirkung solcher Maßnahmen bewirken meines Erachtens nur einen Rückgang der Courage einzelner Mitarbeiter, die Dinge beim Namen zu nennen, zu selektieren wer sich duckt und alles schluckt und wen man im Auge behalten muss weil er (noch) bereit ist, Missstände offen anzusprechen. Ist man diese Leute irgendwann los, oder hat sie "gebrochen", kann man den "Duckmäusern" schön immer mehr aufdrücken.

Man sollte sich eigentlich nie der Illusion hergeben, eine Firma oder ein Konzern würde Maßnahmen einleiten, die dem MA selbst zu gute kämen. Es geht nur ums Geschäft.
Die einen versuchen mit illegalen Mitteln, unliebsame MA los zu werden, andere mit legalen und clevere versuchen es mit Methoden, die einem MA suggerieren, sie wollten nur sein bestes, um heraus zu bekommen, wo seine Schwachpunkte liegen, die sie bei Bedarf sehr schnell gegen ihn verwenden können.

Ja die Arbeitswelt ist sicher irgendwie eine Scheinwelt. Wobei ich den Begriff in diesem Zusammenhang nicht benutzen würde. Für mich ist sie eher eine Welt voller Scheinheiligkeit und Intrigen.

Gruß

Adversus

p.s. ich beneide gerade all die, die eine Arbeit haben, mit einem ausreichenden Einkommen, einem Arbeitsumfeld das sie in allen Lagen des Lebens unterstützt und die noch echte Freude am Arbeitsplatz empfinden können.

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 18. Feb 2010, 15:33
von Andreas01
Hallo,
Trinkwasser, Tiefgrund, seebär und ganz besonders Adversus, beschreiben korrekt wie der Bär in der Arbeitswelt "Scheinwelt" heutzutage abgeht.
Jeder angeführte Punkt ist sehr treffend beschrieben.

Gruß
Andreas

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 18. Feb 2010, 21:38
von mystery60
Hallo,

NEIN - Arbeitswelt ist keine Scheinwelt sondern real live ABER: viel wird vorgegaukelt, die Mitarbeiter manchmal für (s....ehr) dumm verkauft und das provoziert (mich jedenfalls).

Bei uns werden Personalentwicklungskonzepte entwickelt, es gibt Abteilungsseminare, etc. bis hin zu Wiedereingliederungsbeauftragten aber: die Personalführung an sich ist unter aller Kanone. Es ist relativ einfach fernab von Menschenführung ein Kozept auf weißes Papier zu schreiben, es ist einfach, eine Abfrage zu machen oder einen Multiple-Choice-Fragebogen zu entwickeln und maschinell auszuwerten und Konzepte sind oft schön geschrieben, bleiben aber Papier.

Solche Papiere verhindern bei meinem AG nicht, dass Leute gemobbt werden, dass Vorgesetze unsäglich mit ihren Mitarbeitern umgehen, dass Leute zu Vorgesetzten werden, die von Menschenführung leider nichts verstehen. Ich bin 20 Jahre bei dem Laden und nie wurde ich gefragt, was ich gerne machen würde, wo meine Stärken sind. Bei Krankheit hört man Monate nichts und dann vom Amtsarzt, etc.

Personalführung wird oft so gemanagt, dass man bei Nachfragen immer sagen kann, "ja, wir tun was, wir machen MA-Befragungen, haben Führungskonzepte und und und" ---- und in Wirklichkeit läuft da nur Show und sonst nichts. Das ist im Arbeitsleben auch nicht anders als in anderen Lebensbereichen, wie z.B. in der Politik.

Wer im Betrieb noch was werden will oder sich nur nicht als schwarzes Schaf ins Schussfeld stellen will, hält die Klappe und manchmal denke ich, da niemand laut lacht glauben die Chefs, dass wirklich alles gut ist und sie einen prima Laden beeinander haben. Die Aktionen sind oft so angelegt, dass klar ist, dass sich zu 99,9% keiner traut, wirklich offen zu sagen, wie es läuft.
Erinnert mich so an angekündigte Kontrollen, egal ob Inspektionen bei der Bundeswehr oder sonstwo .... da wird dann alles schön hergerichtet, die Kontrolleure sind begeistert und wie das Alltagsgeschäft abläuft erfahren sie nicht und wollen´ s vielleicht auch gar nicht wissen.

Ändern ließe sich das nur mit Offenheit, Ehrlichkeit und Solidarität. D.h. immer die Wahrheit sagen, jeder seine Sicht, dann läge alles "transparent" auf dem Tisch. Aber man stelle sich das mal vor: in der Politik, im Betrieb, in der Familie, in der Partnerschaft ......

Wohin das führt: man leidet, hält trotzdem die Klappe, wird veräppelt und ärgert sich und mit etwas Glück kann man gegenüber ein paar Kollegen oder zu Hause "Dampf ablassen".

Wozu es sonst so führt - s. dazu auch im thread: burnout - Job - Gesellschaft - was kommt?

Schöne Grüße

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 18. Feb 2010, 23:07
von ben1
Hallo an alle

interessante Diskussion!

ich möchte mal eine Lanze für Supervision brechen. Eine gute Supervision beinhaltet auch immer die Meta-Ebene, also nicht nur "was macht gerade Spass oder Ärger" sondern auch die Frage "Warum machen wir die Supervision überhaupt? Welche Fragen können hier geklärt werden? Wer darf was und wie ansprechen? Was kann überhaupt verändert werden? Wie sind die Rahmenbedingungen?" Und darüber müssen sich erst mal die Supervisionsteilnehmer einig sein!!!!! Wenn ich (besser: meine Arbeitsweise) grundsätzlich nicht kritisiert werden will, hab ich in einer Supervision nichts verloren - wohl kann ich aber meine Bedingungen äußern, wie Kritik an mir geäußert werden soll, so dass ich mit den Kritikpunkten konstruktiv arbeiten kann.

Supervision wird ab absurdum geführt, wenns eine Alibiveranstaltung wird! Supervision an sich schützt nicht vor Burn-out, Mobbing, Depression. Nur, wenn sich sowohl Arbeitgeber, als auch Arbeitnehmer wandlungsfähig und diskussionsbereit zeigen, kann Supervision eine enorm positive Wirkung haben.

Und ich finde die Worte von Seebär unheimlich wichtig (vielen Dank fürs Posting) - vielleicht ist der Anspruch, das Arbeit "Spass" machen muss, einfach ein wenig unrealistisch! Vielleicht sind da die Ansprüche einfach zu hoch! Ich arbeite, um Geld zu verdienen und mein Leben zu bestreiten. Ich kenne keinen (mich eingeschlossen), dem seine Arbeit ausnahmslos Spaß macht. Ich finde mich in vielen Bereichen meiner Arbeit wieder und andere Bereiche belasten mich eher. Wenn diese Balance nicht mehr stimmt, hab ich immer noch die Möglichkeit, mir was anderes zu suchen oder mich mit den Gegebenheiten zu arrangieren.

Die Arbeitswelt ist keine Scheinwelt, sondern real. Genau wie in der Arbeitswelt gilt in der "richtigen" Welt - ich kann mich als Opfer sehen, mit dem gespielt und umgegangen wird, oder ich kann mich als Akteur erleben, indem ich auch hier (reflektiert!!) Stellung beziehe (auch mein Arbeitgeber hat Rahmenbedingungen, die bedacht werden sollten) und an einer "besseren" Zukunft mitarbeiten (das ist kein Job nur der anderen, sondern auch mein Beitrag ist gefragt).

Ben

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 21. Feb 2010, 13:10
von mystery60
Ich möchte Ben zustimmen,

dass eine gute Supervision eben auch gut ist. Es ging hier aber wohl eher um den Hintergrund, warum wird eine Supervision gemacht und wer macht sie aus welchen Motiven?

Wenn man Supervision macht, um für seine Beschäftigten etwas Gutes zu tun, um wirklich Lösungen für Probleme zu finden, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Die Erfahrung zeigt nur, dass es oft "Schein-Veranstaltungen" sind und schon aus einer ganz anderen Motivation heraus stammen.

Zur Arbeit und dem "Spaß":
Da ich mit einigen Leuten in letzter Zeit gerade über den Job gesprochen habe, fällt auf, dass viele, die mit ihrem Job "glücklich" sind, diesen so auch gewollt haben, sie tun genau oder in etwa das, was sie tun wollten und sind damit im Grunde zufrieden. Meine Erfahrung ist aber auch, dass die Leute, die mit ihrem Job Probleme haben, die nicht "glücklich" damit sind, für mich überraschend sagen, dass sie eigentlich früher etwas anderes machen wollten und das nur aus diesen oder jenene Gründen nicht ging - oft auch wegen der Eltern und deren Ansichten oder Möglichkeiten (Geld).

Um so wichtiger wäre doch, dass man heute schon in Schulen Chancen anbietet, sich selbst klar zu machen, was für eine Art von Beruf man später machen möchte und heraus zu finden, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen - also eine Art Vor-Berufsberatung, die einem so etwa sein eigenes Profil deutlich macht.

In der Arbeit selbst sollten Personalstellen nicht einfach das Personal verwalten oder vielelicht gerade noch ein Bewerbungsgespräch führen, sondern man sollte sich (Tag für Tag) Gedanken darüber machen, wie man die Arbeitssituation noch verbessern kann, damit die Leute gerne ihren Job machen. Das kann ja vieles sein, neue Möbel, ein Vorgesetzenseminar, was neues in der Kantine, bessere Verkehrsanbindung an den Arbeitsplatz, Einführung von Personalgesprächen, bei denen es nur um die Person des Mitarbeiters und seine Wünsche, Ziele, Gedanken geht, etc.
Oft reicht es ja auch, dass das Bemühen um einen selbst erkennbar wird. Wenn sich z.B. bei einem Amt jemand um mich bemüht und ich diesen Eindruck gewinne, werde ich auch die objektiv gegebenen Widrigkeiten klagloser hinnehmen und Dinge einfach akzeptieren, sei es lange Wartezeiten, lange schwierige Formulare, etc. - das Bemühen um mich als Menschen steht doch im Vordergrund --- und gespiegelt: mein Bemühen um die Menschen (auch den Schalterbeamten, die Reinigungskraft, ....) ist entscheidend für deren Tag im Job.

Dass im Beruf oft anders gedacht als geredet wird und wieder anders gehandelt als geredet (und aus solchem Handeln eine Stetigkeit wird und das den Charakter der Firma ausmacht und damit auch ihr Schicksal) - ist einfach so und zeigt doch gerade auch, dass es in der Arbeitswelt genau so zugeht, wie in den anderen Aspekten dieser Welt - also keine Scheinwelt! Mein Partner, mein Nachbar, mein Skatbruder (wenn ich einen hätte), mein Kommunalpolitiker, etc. kann mich genau so anlügen oder "für dumm verkaufen" wie mein Chef oder Kollege.

Vielleicht geht es darum, zu sich selbst zu finden, bei sich zu bleiben und auch im Beruf für sich einzustehen, seine Meinung zu sagen, sich gerade nicht für "dumm verkaufen zu lassen" und Dinge aufzudecken, anszuprechen, gerade auch dann, wenn das nicht karriereförderlich ist. Es erstaunt immer wieder, wie viel Zuspruch Menschen bekommen, die als erste die "Wahrheit" aussprechen, die andere ebenso schon lange erkannt haben aber noch keinen Mut fanden, das auch anzusprechen.

Da gibt es genug Arbeit für mich - auch bei der Arbeit.

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 23. Feb 2010, 12:50
von Trinkwasser
Hallo Zusammen,

gute Punkte in diesem Thread.

@Tiefgrund: trotzdem sollte man nicht vergessen daß oftmals Schweigen Gold ist.

LG,
Tw

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 23. Feb 2010, 13:17
von Andreas01
@Teifgrung,

>>>Die Erfahrung zeigt nur, dass es oft "Schein-Veranstaltungen" sind und schon aus einer ganz anderen Motivation heraus stammen.<<<

absolut richtig, wobei ich das Wort "oft" durch "meist" oder 95% ersetzen würde.
Die andere Motivation ist schlicht und ergreifend eine "Selbsbeweihräucherung" so nach dem Motto: "Mobbing gibt es bei uns nicht" obwohl der Laden eine Mobbenbude hoch drei ist

Gruß
Andreas

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 23. Feb 2010, 13:39
von ben1
Hallo Andreas

wenn ich ein wenig provozieren darf: "der Laden" ist wie "die Gesellschaft" etwas, dessen TEIL ich bin - das ist nichts komplett anderes, dem ich völlig ausgeliefert bin. Demnach gilt es auch meine Verantwortlichkeit zu sehen und mich zu beteiligen.

Oder?

Ben

Ben

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 23. Feb 2010, 18:03
von Andreas01
Hallo Ben,
beteiligen an was ? sich gegenseitig in den Hintern kriechen, sich selbst dauernd in die Tasche lügen..............oder ganz einfach "das Rad zum xten mal neu erfinden".

Mich selbst betrifft dieses hier diskutierte Thema Gott sei Dank nicht mehr, habe aber so um die 20 Jahre dazu Erfahrung sammeln dürfen und mein Fazit ist wie es die meisten hier beschreiben.
Gruß
Andreas

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 24. Feb 2010, 21:18
von Rosenkranz
hallo Seebär!
Ich kann Deinen Beitrag nur zustimmen. Wenn ich etwas sage, ist es nicht gut. Wenn ich meinen Mund halte aber auch nicht. Wenn ich nicht mitmache, laufe ich Spießruten.

Viel Kraft Rosalie

Re: Arbeitswelt - Scheinwelt

Verfasst: 24. Feb 2010, 23:14
von ben1
Hallo @ all

zunächst zu Tiefgrund

Ich finde es auch eine wichtige Aufgabe, die Arbeit für alle "mit Sinn zu erfüllen" - Sinn soll hier so verstanden werden, das ich eine Beziehung zwischen mir und dem, was ich tue, finden oder gründen kann. ABER - diese Aufgabe ist auch meine ureigenste (ohne Supervision und sonstige Hilfsmittel) - und (ich wiederhole mich) - der Anspruch an Arbeit soll nicht zu hoch gesteckt sein (Perfektionismus). Ich (für mich) finde wohl Anteile der Arbeit, wo ich mich wiederfinden kann - und andere Anteile, die ich erfülle, um das System am Laufen zu halten - aber das "System" ist nichts, was absolut getrennt von mir läuft, sondern auch ich bin Teil dieses Systems!
Was Du mit "Vor-Berufsberatung" meinst, würde ich voll unterschreiben - mit der Einschränkung, das auch das nur eine Momentaufnahme dessen ist, was in mir steckt. Wer kann mit 16, 20 oder 25 Jahren sagen, was er/sie den Rest des Arbeitslebens machen will? Einzig die Ausschlußkriterien (was will ich auf keinen Fall) können meiner Meinung nach klarer werden.

Sich für etwas entscheiden heisst gleichzeitig, sich gegen etwas zu entscheiden! Aus diesem Dilemma kommt man einfach nicht raus. EGAL, welche Wahl man trifft, sie wird sich früher oder später (und je nach Gesichtspunkt) als falsch erweisen (einfach, weil es die "richtige" Wahl" im Leben, die allen Zweifeln absolut Paroli bieten kann, einfach nicht gibt!). So ist das auch mit der beruflichen Wahl.

Daher mein Fazit: Auch meine berufliche Wahl ist erst mal meine Wahl (und wenn die absolut nicht passt, kann ich das ändern - zu einem mehr oder weniger hohen Preis). Ich wehre mich nur gegen das absolute Ohnmachtsgefühl, das ich hier aus manchen Postings lese ("in den Hintern kriechen"; "Schweigen ist Gold") - das sind alles meine Entscheidungen, die ich (aus guten Grund!) fällen kann - oder auch nicht!

Und auch (um berechtigen Einwände vorzubeugen) wenn ich den Job einfach brauche, um zu überleben - dann denke ich ist es besser, sich mit dem, was gegeben ist, zu arrangieren, als gegen Windmühlen anzukämpfen. Love it or leave it. Schau, was sich (im Rahmen!) verändern lässt und arrangier Dich mit dem Rest (ist nicht nur auf Arbeitsleben anzuwenden, sondern gilt allgemein).

Ben