wie wird man gelassener?

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BD
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Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

wie wird man gelassener?

Beitrag von BD »

Hallo ihr Lieben,

ich bin seit 2 Wochen krank geschrieben, weil gar nichts mehr ging, hatte gehofft über die Feiertage etwas abgelenkt zu sein und Erholung zu finden.

Bin jetzt ziemlich enttäuscht, weil ich mich immer noch sehr depressiv fühle und setze mich derzeit auch sehr unter Druck ("es muss doch jetzt endlich mal besser werden"). Habe Angst die Arbeit im neuen Jahr nicht zu schaffen. Dabei hat es mit meiner Stundenredzierung von 5 auf 4 STunden geklappt. habe ich heuter erfahren, aber neben der Freude war auch gleich Panik da, ob das klappt.

Wie kann ich mir da den Druck rausnehmen? Ich will immer funktionieren und werde irgendwie immer erschöpfter.

Manchmal denke ich, ich ziehe mich zu sehr zurück, müsste auch mal wieder mehr unternehmen, um angenehme dinge zu erleben. Aber derzeit kommt die Freude bei mir gar nicht an.

Ich leide auch sehr unter meinem Single-Sein, aber ich frage mich auch oft, wie ich jemanden kennenlernen soll, wenns mir nicht so gut geht.

Vielleicht habt Ihr Tipps, ich musste mir das einfach mal runterschreiben.

Grüße
Waldsee
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von Babi »

HI waldsee,
deine Gedanken versteh ich sehr sehr gut.
Du machst dir selbst viel Druck, das merk ich. Schon mit dem Satz ich müßte eigentlich rausgehen, um nicht mehr allein zzu sein und jemanden kennenzulernen zeigt das.
Mit so einem Satz machst du dir auch unbewußt Druck. Du mußt dich selbst zur Ruhe kommen lassen, mußt dir gestatten, auch mal was nicht fertig zu bringen oder zu können, darfst dir selbst dafür keine Vorwürfe machen.
Ich bin auch Single und das ist manchmal wirklich sehr hart, ich kann dich also verstehen.
Irgendwann wird das schon wieder kommen, daß du wieder ein bißchen rausgehst, glaub mir. Nimm dir jetzt Zeit für dich selbst und höre in dich hinein, was du jetzt brauchst. o.k.
Nur wenn rücksichtsvoll mit dir selbst umgehst, kann alles besser werden, ganz wichtig.
Und sei nicht enttäuscht von dir selbst, das brauchst du echt nicht, Depressionsphasen dauern ihre Zeit, das ist so. Hab Geduld mit dir, das hilft dir am meisten, glaub mir. Gestehe dir selbst ein, daß du im Moment eben erschöpft usw. bist.
Und gib die Hoffnung nicht auf, daß es wieder wird, denn das wird es.
Laß dir selbst nur mehr Zeit, o.k.
Alles Liebe von mir Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
bradforhelp
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Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von bradforhelp »

Hallo Waldsee,

ich wünsche mir auch oft Gelassenheit, am liebsten noch heitere. Allerdings habe ich noch keinen Weg gefunden, mir Gelassenheit zu erarbeiten.
Anfang Dezember war ich in einer ähnlichen Situation, ich war zunächst eine, dann eine weitere Woche krank geschrieben. Erst nach diesen zwei Wochen hatte ich das Gefühl, dass es wieder geht. Vielleicht brauchst du noch eine Woche. Kannst du dir das zugestehen?
Wie du jemanden kennen lernen kannst, weiß ich ehrlich nicht, ich bin schon einige Jahre verheiratet, aber ich kenne mehrere Frauen aus meinem näheren Umfeld, die neue Partner im Internet kennen gelernt haben. Ich stelle mir das nicht so leicht vor, wenn es einem sowieso nicht gut geht. Ich gehe zum Sport in ein Fitnessstudio und das ist sehr gesellig.
brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
BD
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Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von BD »

Hallobabi,

danke für deine Worte. ja es stimmt, dass ich mir sehr Druck mache, Es fällt mir total schwer geduldig zu sein.

Wenn ich mich richtig erinnere hast Du kürzlich mal geschrieben, dass man nicht gegen die Depression ankämpfen soll sondern lernen.mit ihr zu leben. Ich glaube ich kämpfe eher noch dagegen an, kann es nicht akzeptieren, dass ich depressiv und nicht leistungsfähig bin. Das geht nun schon Jahre so. Wie hast Du es geschafft, für Dich zur Akzeptanz und leben mit Depression zu kommen?

Grüße
Waldsee
Mezier
Beiträge: 289
Registriert: 18. Jun 2009, 20:57

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von Mezier »

Hallo Waldsee, hallo @all

dieser Thread trifft ziemlich genau das, was mich derzeit auch bewegt.
Was die Gelassenheit betrifft, hab ich gute Erfahrungen mit sog. "Achtsamkeitsübungen" gemacht. Ein Rat meines Therapeuten. Wir haben eine gemeinsam in der Therapie gemacht - das war mir unangenehm. Dann hab ich es zuhause probiert - alleine. Klingt vielleicht seltsam, aber ging so: Hab mir ein Abendessen zubereitet - Radio aus- Licht aus, also alle äußeren Reize minimieren. Dann hab ich versucht, genau wahrzunehmen wie das Essen schmeckt, wie es riecht, wie es sich anfühlt etc. Das ist eigentlich der Sinn solcher Übungen, die Wahrnehmung zu schärfen, um ein besseres Gefühl für sich selbst zu entwickeln. Das ging auch gut, aber der "Nebenbefund" war der, das ich nach etwa 20 Minuten total ruhig und entspannt sozusagen wieder aufgetaucht bin. (Irgendwann war der´Teller leer und dann macht man ja auch mal das Licht wieder an Das war eine coole Erfahrung.
Atemübungen gehen auch ganz gut, um runter zu kommen.
Das hilft zumindest im "Akutfall" von Unruhe. Gelassenheit als "Dauerzustand" ist mir auch noch ein Rätsel, sozusagen.
Was Beziehungen angeht, hm...keine Ahnung. Allerdings vermute ich, das es da genau diese Gelassenheit braucht, die da heißt "schön, wenns klappt, wenn nicht, dreht sich die Welt trotzdem weiter"...

Depression annehmen ist auch sowas...ziemlich langwierig. Ich habe vor etwa einem halben Jahr die Diagnose bekommen und schäme mich schlichtweg noch immer dafür und bin nach außen aufmerksam, unterhaltsam, witzig etc. Unten drunter isses leider ziemlich kalt und leer. Man spielt seine Spiele, verhält sich nach seinen Mustern und funktioniert im Alltag. Ich glaube, das geht fast nur mit einem guten Therapeuten zu knacken mit der Zeit.

Es ist eine Gratwanderung, wieviel Depression kann man annehmen? Wieviel nicht? Sie komplett anzunehmen würde bei mir heißen, auch nichts mehr dagegen zu tun. Aber das kann ja auch nicht der Plan sein.
Ich denke, dafür gibts die Professionellen um Antworten und Lösungen zu finden.

Herzliche Grüße
Mezier
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von Babi »

HI Waldsee,
das hat über 10 Jahre gedauert, bis ich das konnte, das war ein langer Prozeß von mir. Ich habe auch immer dagegen gekämpft und war da kraftloser, wie jetzt, wo ich die Krankheit akzeptiere und nicht mehr dagegen ankämpfe.
Sicher, diese Krankheit ist mehr als frustrierend, aber man kann sie nicht einfach wegmachen, wenn man sie hat, man muß lernen, mit ihr zu leben.
Der Schalter bei mir hat sich umgelegt, als letztes Jahr eine liebe Freundin zu mir sagte, die die Krankheit selbst hat, daß ich auch mal kraftlos sein darf, ich leiste doch genug und daß die Krankheit zu mir gehört und daß ich doch trotzdem liebesnwert bin. Und der wichtigtse Satz für mich war: Du hast die Kramkheit, aber du kannst nix dafür. Das ist für mich am wichtigsten gewesen, dieser Satz.
Ich habe immer gedacht, daß ich nur faul bin und daß ich selbst schuld an allem bin, aber das bin ich nicht, das weiß ich jetzt.
Weißt du, vor ich diese Freundin traf, wurde mir immer quasi verboten, depressiv zu sein, wurde mir immer gesagt, das ist nicht richtig, und ich solle mich zusammenreißen.
Jetzt aber weiß ich, daß ich das nicht brauche, daß ich mir auch erlauben darf, es zuzulassen, wenn ich kraftlos usw. bin.
Seitdem mir das bewußt ist, geht es mir mit der Krankheit besser, glaube mir.
Schau, unsere Krankheit sollte man nicht als Feind sehen, das ist der Fehler.
Sie kann auch in gewisser Weise manchmal sogar ein Schutz sein.
Für mich ist eine Depression auch ein Zeichen meines Körpers und meines inneren Mechanismus, daß ich an eine Grenze gelangt bin, daß ich mir jetzt Ruhe gönnen muß.
Verstehst du, was ich meine?
Denke mal darüber nach, es sind nur Gedankenanstösse von mir, aber glaub mir, da ist was wahres dran.
Ich bin nämlich davon überzeugt, daß wir depressiv werden, weil wir oft uns selbst nicht genug achten und unsere Grenzen übersehen.
Wir sind alle nur Menschen und haben nur begrenzt Kraft. Klar sind wir Depressiven in vielen Fällen weniger belastbar als Menschen ohne diese Krankheit, das ist eben so aber das ist doch nix schlimmes.
So, ich glaube das sind mal genug Denkanstösse, will dich nicht überfordern.
Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
maki

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von maki »

Hallo,

Also ich kann mich Mezier nur anschliessen. Bin gerade beim 2.Buch über Achtsamkeit in der Depression, und bei mir funktionnierts!!

Kann natürlich sein, dass nicht jeder dafür geeignet ist, aber einen Versuch ist es immerhin wert. Natürlich ist es wie bei allem, ein langwieriger Prozess, man muss GEDULD haben.

Beschaff dir mal ein Buch, du wirst beim Lesen schon merken ob es dir hilfreich ist oder nicht.

Viel Glück

Milly
BD
Beiträge: 1136
Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von BD »

Hallo,

vielen Dank für Eure mutmachenden Beiträge. Ich verbiete mir auch sehr oft, depressiv und dann eben müde und kraftlos zu sein. Außerdem merke ich, wie ich es unbedingt richtig machen will (z.B. spazieren, weil das tut mir gut und dann m u s s es doch besser werden...) . Wenn es dann nicht besser wird verurteile ich mich und denke ich habe alles falsch gemacht und komme so nie daraus. Dieses Starke abwerten ist mir gerder heute wieder bewusst geworden und ich war echt erschrocken. als ich gemerkt ahbe wie sehr ichf mjich da selbst niedermache.

Jetzt werde ich üben liebevoller mit mir umzugehen.

Kann mir jemand von euch ein Buch zum Thema Achtsamkeit emphelen?

Grüße
Waldsee
LeonessaLöwin
Beiträge: 30
Registriert: 30. Nov 2009, 12:08

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von LeonessaLöwin »

Hallo Waldsee,

das ist eine der fragen, die ich mir auch zurzeit ständig stelle. ich denke "einfach" weniger von sich selbst verlangen, ist ein wichtiger schritt.

wie Babi geschrieben hat, den druck den ich mir selbst (oder du dir selbst) machst, macht mir/dir niemand anderes. niemand erwartet soviel von mir, wie ich selbst. genauso erwarte ich nicht so viele von meinen Mitmenschen wie ich von mir. es hört sich sehr einfach an, ist jedoch ein langer weg dies sich bewusst zu machen und umzusetzen. ich falle immer wieder zurück in mein altes Schema und will gestern schon alles erledigt haben... natürlich ist meine Ungeduld nicht gerade hilfreich. >;o)

Mein ExFreund hat vor ein paar Wochen folgendes zu mir gesagt:
>Sei nicht zu ungeduldig. Mach Langsam, du hast noch mindestens 50 Jahre Zeit, wenn Du jetzt schon alles erreicht und erledig hast, hast Du nichts mehr zu tun & der Rest Deiner Zeit ist dir langweilig. Von mir kam der Vergleich: Wie mit dem Uno spielen, wenn ich gewinne muß ich immer Ewig warten bis die anderen fertig sind.

Ich versuche mir diese Worte immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, wenn ich UNBEDINGT etwas schon gestern „erledigt“ haben möchte.

Ich hoffe ich konnte Dir eine kleine Hilfestellung geben.

Lieben Gruß
Löwin
---Nur wer aufgibt hat bereits verloren---
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von ben1 »

Hallo an alle

Gelassen werden, aber schnell!

Gelassenheit ist etwas, das sich Stück für Stück erarbeiten lässt - nicht von heute auf morgen, das ist eher eine Grundeinstellung im Leben (und ich scheitere auch immer wieder trotz Jahrelanger Übung - weil ich ein Mensch bin, wie ihr übrigens auch )

Ich finde die Übung, die "Mängelexemplar" (was für ein Name!) vorschlägt, sehr, sehr zielführend. Ich hab 2 weitere kleine Sichtweisen, die hilfreich sein können

a) Wenn das, was mit gerade passiert, einem guten Freund passieren würde, wie würde ich reagieren? Was würde ich ihm sagen?

Und dann gibts noch eine gute Meditations- oder Gelassenheitsübung, die ich Anthony de Mello verdanke (jetzt wirds ein wenig düster): Stell Dir vor, Du liegst im Grab und blickst auf Dein Leben zurück. Was ist dann wirklich wichtig? Worüber solltest Du Dich aufregen? Worüber Gedanken verschwenden? Wenn Du diese Übung machst, wirst Du feststellen, das viele Sachen gar nicht so wichtig sind, wie sie akkut erscheinen. Das ist ein Trick unseres "Verstandes" (oder besser, eines seiner Flüche) - das Problem, das akkut besteht, bläht sich auf, bis man links und rechts nicht mehr vorbeisieht, sondern das Problem nimmt das ganze Blickfeld ein. Eine Übung, wie de Mello sie vorschlägt, relativiert das Ganze!

Ben
bahn

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von bahn »

Gott gebe mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

von Fr.-Chr.Öttinger

herzlichst Seebär
maki

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von maki »

Hallo Waldsee,

Für den Anfang würde ich dir das Buch von Marco von Münchhausen - Wo die Seele auftankt empfehlen, darin wird die Achtsamkeit ansatzweise angesprochen. Ich fand es sehr hilfreich.

Viel Spass beim Lesen, einen achtsamen Jahresabschluss und einen gelassenen Jahresanfang wünsch ich dir und den Deinen.

Milly
BD
Beiträge: 1136
Registriert: 24. Feb 2007, 10:55

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von BD »

Danke für Eure Antworten. Ich übe mich gerade darin, die Depression stehen zu lassen und alles Schritt für Schritt anzugehen.

Und üben, ist denke ich, der richtige Begriff. und lernen mit sich selbst Geduldig zu sein. Es tröstet mich, dass ihr auch lange brauchtet, andrerseits kribbelt was in mir; gelassen, aber bitte jetzt....

Grüße
Waldsee
eligeo71
Beiträge: 270
Registriert: 25. Aug 2006, 01:01

Re: wie wird man gelassener?

Beitrag von eligeo71 »

Hallo Waldsee,

ich möchte zwei Anmerkungen machen.

1. die Frage umformulieren in: Wie werde ich gelassener?

2. Ich war heute Abend spazieren. Mondschein, eisiger Wind, tosender Bodensee - einfach herrlich. In solchen Momenten höre ich auf irgendetwas zu wollen, bin nur noch Wahrnehmung pur. Was ich sagen will: suche nach Möglichkeiten deine(Selbst)Wahrnehmung zu schulen und du wirst mit der Zeit ein Bewusstsein dafür entwickeln, was wirklich wichtig ist.

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
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