Was bedeuten euch Anerkennung und Lob am Arbeitsplatz?

[Melancholia]

Ich wollte mal nachfragen, ob ihr in gewissen Zeitabständen von euren Vorgesetzen Feedback über eure Arbeitsleistungen erhaltet oder nicht.

Bekommt ihr von euren Vorgesetzten Lob und Anerkennung? Und wenn ja, erhaltet ihr nur dann Lob, wenn ihr etwas Außergewöhnliches geleistet habt oder auch, wenn ihr die üblich anfallenden Aufgaben gut gemacht habt?
Gehören das regelmäßige Aussprechen von Anerkennung bei guten Arbeitsleistungen zur Unternehmenskultur bei euch? Oder vertreten eure Chefs eher die Einstellung „Nicht getadelt ist schon genug des Lobes“?

Inwiefern macht es euch etwas aus, wenn trotz großem Arbeitseinsatz von eurer Seite über viele Monate gar kein Lob kommt? Also ich leide jedenfalls sehr darunter.

Habt ihr auch Vorgesetzte, die oft griesgrämmig-abweisend-aggressiv gelaunt sind die ihre Untergebenen mit verächtlichen, herablassenden Blicken, Gesten und Worten traktieren, obwohl ihr euch nichts habt zu Schulden kommen lassen? Leidet ihr auch darunter, wenn der Vorgesetzte nicht zurückgrüßt oder die Augen verächtlich verdreht, wenn sich eure Blicke zufällig begegnen? Oder gehören Ignoriert-Werden, verletzende ungerechte Bemerkungen durch Vorgesetzte zum Arbeitsalltag? Also für mich sind Ignoriert-Werden und Demütigungen ein echter Motivationskiller und wirken auch zerstörerisch auf das Gefühl der Identifikation mit dem Unternehmen. Außerdem verstärkt es meine Depressivität.

Würde mich freuen über einen Austausch (gerne auch über PN) mit Leuten, die sich von diesem Thema angesprochen fühlen.

[horcars]

Hallo,
wir wollen alle "gesehen" und "wahrgenommen" werden. Wir müssen aber unterscheiden lernen, in welchem Umfeld wir uns bewegen. So wie Du schreibst, klingt es für mich für Defizite, die du aus Deiner Kindheit mitgebracht hast.
Wenn uns die Töpfchen, die wir als Kinder unseren Eltern hingehalten haben, dass sie sie tagtäglich mit ihrer Liebe, Achtsamkeit, Anerkennung und dem Gefühl, wie schön, dass es uns gibt, nicht aufgefüllt werden, tragen wir sie leer oder halbgefüllt auch als Erwachsene vor uns her und erwarten ,dass sie dann von den uns jetzt wichtigen Personen, wie Partner, Vorgesetzter, Kollege aufgefüllt werden, und das funktioniert nicht mehr.
Das was wir jetzt erwarten können, ist der Austauch von Gefühlen, Zuwendungen aber auch Ablehnungen unter gleichberechtigten Erwachsenen, die mit nichts aber auch garnichts von früher zu vergleichen sind.
Das ist hart aber lehrreich. Denn erst wenn wir das begreifen und akzeptieren, dass wir unser jetziges Umfeld sonst überfordern würden, lernen wir die Defizite zu ertragen und können das, was man uns heute zukommen läßt, besser annehmen.
Es ist schwer, auch mein Weg dahin war dornenreich und sehr schmerzhaft aber heilsam.
Emotio

[Grenzgängerin]

Um auf die Überschrift zu antworten: mir bedeutet das schon viel.

Und ich habe in meiner jetzigen Arbeitssstelle und mit meinem aktuellen Chef das Glück, dass er mir sehr viel positives Feedback (auch oft im Nebensatz oder zwischen Tür und Angel) gibt.

Klar hat er auch mal einen schlechten Tag (oder auch ein paar mehr schlechte Tage...), dann ist er nicht unbedingt gut genießbar und kann auch unfreundlich, ungeduldig und ungerecht sein. Aber das weiß ich inzwischen einzuordnen. Ich strahle ihn ja auch nicht jeden Tag an und sage ihm, dass er ein toller Chef ist.

Aber mir gibt es auch schon viel, selber für mich zu merken, dass ich einen guten Job mache.
Da lobe ich mich durchaus auch selber für inzwischen.

Aber ich wäre sicher frustriert, wenn ich bei dem Einsatz, den ich in den letzten Monaten gezeigt habe und der guten Arbeit, die trotz erheblichem Stress dabei rausgekommen ist, keine positive Rückmeldung erhalten hätte.
Das finde ich aber auch ziemlich normal.

Grüße,

Alex

[Butterblume]

Hi zusammen,

ich denke mir auch, daß ich zu wenig Lob und Anerkennung am Arbeitsplatz erhalte. Ich bekomme immer mehr und mehr Arbeit, während andere stundenlang private Sache erledigen. Das deprimiert mich auch.

Aber Alex schrieb was entscheidendes: Ich gehe auch nicht jeden Tag zu meinem Chef und sage, daß er ein guter Chef ist! Stimmt! Darüber werde ich mir noch mal Gedanken machen.

LG

[carina]

Hallo,

ich habe vor einigen Jahren den Arbeitsplatz gewechselt. Meine damalige Chefin hat mir mit ihren Launen das Leben sauer gemacht. Lob und Anerkennung gab es nicht. Sie hat nach Fehlern gesucht und sich gefreut, wenn sie was findet. Das hat mir zu meiner Depression den Rest gegeben.

Mein jetziger Chef lobt mich öfter und das tut mir gut, wenn ich auch oft den Eindruck habe, dass es etwas aufgesetzt wirkt. Aber das könnte jetzt auch wieder typisch depri sein... Ich habe ihn während der Probezeit mal angesprochen, wie er denn so mit meiner Arbeit zufrieden ist und ob er mich behält. Er war total überrascht, dass ich aus seiner "Nicht-Reaktion" nicht seine Zufriedenheit geschlossen habe.

Bei uns verwenden auch etliche Kollegen viel Zeit mit privaten Telefonaten, SMS etc. Das ist mir mittlerweile aber egal. Ich bin mit mir und meiner Leistung zufrieden. Das Schielen auf die anderen nützt nichts. Ich würde aber zum Chef gehen, wenn ich zuviel Arbeit aufgebrummt bekäme während die Kollegen Däumchen dehen.

[Joy]

Hallo,

ich weiss, wenn mein Chef gar nichts sagt, ist er zufrieden und es läuft gut.
Ich kann damit leben, dass ich nicht mit Lob überschüttet werde. Ab und zu kommen Komplimente, aber die reichen dann fürs ganze Jahr und ich freue mich dann sehr. Z.B. zum Jahreswechsel, als er mir sagte ich soll so bleiben wie ich bin und dann würde er sich sehr freuen.

Mein Problem liegt eher bei den direkten Kollegen, aber das ist ja hier nicht das Thema.

Also kein Lob kann auch Lob sein. Wenn ihr keine Kritik bekommt, arbeitet ihr gut.

LG
Joy

[SisterGoldenHair]

... ich möchte zu dem Thema auch gerne noch etwas sagen...

Guten Tag auch noch zusammen )

Es ist natürlich klar, daß die "Töpfe", die früher nicht gefüllt wurden, im Nachhinein von anderen auch nicht mehr gefüllt werden können bzw. daß man das erwarten kann - dafür müssen wir dann u. U. in mühevoller Kleinarbeit selber sorgen.

Ich lege eigentlich auch keinen Wert darauf, ständig mit Lob überschüttet zu werden - ich wußte, daß ich sehr gute Arbeit leiste... tatsächlich...

aber überschüttet werden wollen mit Lob+Anerkennung, oder gemobbt zu werden ohne Ende, das sind halt 2 Paar Stiefel.

Ich finde, jeder Mensch hat ein Recht darauf, mit Respekt behandelt zu werden, denn bekanntlich steht im Grundgesetz, daß die Würde des Menschen unantastbar sei...
Was - heute... kann man nicht sagen, vor Jahrhunderten war es natürlich noch schlimmer... an vielen Arbeitsplätzen passiert, hat mit Respekt und Würde nichts gemein. Ich finde dies unerträglich, und da eben jeder Mensch auf gewisse Weise mehr oder weniger (vor)geprägt ist, oder eine gewisse Krankheitsdisposition schon vorhanden, kommt es u. U. zum "GAU".

So ist es mir leider an meiner letzten Arbeitsstelle passiert... das hat gepaßt wie die Faust aufs Auge, im wahrsten Sinne des Wortes... ich will damit nicht sagen, daß ich körperlicher Gewalt ausgesetzt war, aber man kann auf ganz unterschiedliche Arten Gewalt ausüben, und ich bin der Meinung, daß ich dadurch nochmals eine posttraumatische Belastungsstörung hatte.

nach nunmehr fast 2 1/2 Jahren erhole ich mich offensichtlich, und kann mir "sogar" inzwischen vorstellen, nochmals zu arbeiten.

Ich meine, es ist schon schön, wenn man für seinen Einsatz auch mal gelobt wird, und nicht nur die Fehler - sofern welche passieren - herausgestellt werden.

Es gibt in der Tat wie oben beschrieben, Vorgesetzte, oder solche, die meinen "etwas zu sagen zu haben", und ständig suchen, auch wenn es gar nichts gibt - die eigenen Fehlverhalten aber als selbstverständlich betrachten oder vertuschen. Ist ja nichts Neues, und sicher ein weitschweifiges Thema... im Übrigen - anderes Thema - nach Ablauf eines ereignisreichen Jahres mit vielen positiven Aspekten, komme ich wieder zu dem Ergebnis, daß Erfolgserlebnisse besser wirken als jedes Antidepressivum.
Dabei kann ein Lob hin und wieder nicht schaden - aber (unangebrachte) Kritik und ständige Tritte in den *** machen einen Depressiven sicher nicht glücklicher.

das war mal wieder von mir.

LG & einen schönen Abend
Ulli

[FönX]

Hallo Melancholia,

ich bin seit einiger Zeit selbstständig und nach meiner Erkrankung fange ich langsam wieder an richtig zu arbeiten. Ich schrieb in den letzten Tagen etwas darüber.

Aber solche Chefs hatte ich als Angestellter (bis 1995) auch zur Genüge. Das mit den Chefs ist leider so eine Sache. Die meisten Chefs sind keine guten. Mit Lob sind die meisten sehr zurückhaltend, und Fröhlichkeit bringen die wenigsten in den Betrieb.

Dass du eine saure Miene deines Chefs sehr auf dich beziehst, hat seine Gründe, die bei dir selbst liegen. Du könntest dir auch sagen: "Er hat schlechte Laune. Morgen ist er wieder gut drauf." Aus bestimmten Gründen, die dich interessieren sollten, kannst du nicht so denken. Du ziehst dir den Schuh, der da rumliegt, bereitwillig an und jammerst, dass er drückt. Weil er einfach nicht deiner ist. Ich kenne das sehr sehr gut. So wie du bin ich auch gestrickt.

Ein Tipp: Schau dir mal von Friedemann Schulz von Thun die Trilogie "Miteinander reden" an. Im Teil 1 findest du etwas über die vier Seiten einer Botschaft. Wenn du das noch nicht kennen solltest, wird dich das fesseln.

Liebe Grüße

[FönX]

Hach wie schön! Es gibt sogar einen Wiki-Beitrag dazu. http://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Seiten-Modell
Da wird allerdings nichts über die möglichen Ursachen dieser Fehlinterpretation gesagt.

Viel Spaß!

[Zorra]

Hallo Melancholia,

Anerkennung und Lob am Arbeitsplatz sind rar - aber hin und wieder bekomme ich sie übrigens und es tut gut. Ansonsten sehe ich für mich das eher pragmatisch - ich gebe meine Arbeitsleistung nach bestem Wissen und Gewissen ab und werde daführ bezahlt. Solange keine Kritik kommt, gehe ich davon aus, dass alles in Ordnung ist.

Aber darf ich mal sagen, dass das was du beschreibst, ja mit der Frage nach Lob und Anerkennung am Arbeitsplatz nur sehr entfernt zu tun hat - da fehlt ja nach meinem Dafürhalten das Minimum an Respekt vor dem anderen, vom Benehmen deines Chefs will ich mal gar nicht reden ... ist ja auch keins da.

Da fällt das Arbeiten in der Tat schwer, das kann ich mir gut vorstellen. Haltet ihr wenigstens als Kollegen zusammen?
Wenn bei uns mal solche Krisen angesagt sind (unsere Chefin kann auch schon mal sehr launisch und auch ungerecht sein), besprechen wir eine Strategie, wie wir damit umgehen können erst mal für uns selber und, wenn der Zeitpunkt mal günstig ist, bekommt sie das auch von uns zurückgemeldet. Und jetzt ist das Positive an ihr, dass sie da auch zuhört, ihre Stellung dazu bezieht (sie ist ja schließlich Chefin von dem Laden und der muss laufen) und wir als Team insgesamt wieder vernünftig arbeiten können.

Wenn wir große Aufgaben abgeschlossen haben, dankt sie übrigens ausdrücklich allen Kollegen für ihre Mitarbeit und Einsatz!

Ich arbeite schon sehr gern auf meiner Stelle. Wo gehobelt wird, fallen Späne - aber insgesamt stimmt es.

Was den Chef betrifft, klingt das ja bei dir nicht so; aber als Kollegen sich auch mal gegenseitig auffangen - geht das?

Und ich weiß, dass es auch Mediation gibt - das bedeutet aber, dass ein Bewußtsein dafür da sein muss, dass sich im Interesse der Unternehmenskultur etwas ändern muss. Und beide Seiten müssen es wollen. Ein wenig hat sich ja in der Wirtschaftwelt schon herumgesprochen, dass motivierte Mitarbeiter bessere Leistungen bringen
Leider wohl noch nicht überall.

Liebe Grüße von Elke

[winnie]

Dem Chef in meinem (immerhin noch vorhandenen) Aushilfsjob (Restaurant) hatte jemand wohl vor einiger Zeit gesagt, daß Lob und Anerkennung für die Motivation und Leistung seiner Mitarbeiter fundamental wichtig sei.
Deswegen fing er auf einmal an, alle, die ihm grad über den Weg liefen, ausgiebig zu loben. "Gut gemacht, Herr ABC!" - "Sehr schön gemacht, Frau XYZ!" Das Ergebnis war, daß jeder seiner Mitarbeiter ihn nur noch verständnislos anstarrte ("was ist denn mit DEM los...???"), manche erkundigten sich bei ihm, ob es ihm heute auch wirklich gut ginge. Die Küchenhilfe fragte ihn sogar ängstlich, ob denn womöglich ihre Kündigung bevorstünde...
SO kann's halt auch kommen.

Nein, aber im Ernst: für mich ist es geradezu überlebenswichtig, ob ich beruflich Anerkennung und auch mal hie und da ein Lob kriege.
Aber genau hier liegt auch die Gefahr: Man gerät womöglich in eine Abhängigkeit von Lob und Anerkennung. Soll heißen, wenn man sie nicht kriegt (entweder weil der Chef gar nicht daran denkt oder eben ein alter Griesgram ist), oder wenn man gar keine Gelegenheit mehr hat, auf diese Weise Anerkennung zu erhalten (Arbeitslosigkeit, AU), kann das zum Zusammenbruch des Selbstwertgefühles führen.
Man darf sich einfach nicht dadurch definieren, daß man von anderen Anerkennung kriegt.

(Leicht gesagt - mich macht es auch fertig, daß ich außer den paar Stunden Restaurant im Monat keinen Job mehr habe, und damit auch keinerlei Anerkennung mehr für mich und mein Tun erhalte...)

Gruß,
Winnie

[SisterGoldenHair]

*lach*

... da bin ich schon etwas aus dem Schneider, denn mir fehlt es - da ich schon eine Weile nicht berufstätig bin - überhaupt nicht, daß ich keine Arbeit habe, wo mir die Anerkennung fehlt - mein Wohlbefinden resultiert u.a. derzeit daraus, daß ich zumindest keine Mißachtung mehr ernte..........

und die Anerkennung bekomme ich grad anders.... ohne auf sie zu warten und zu hoffen - sie kommt auf vielfältige Weise...
"einfach" so - durch mich, weil es mir wieder viel besser geht - und das spiegelt anscheinend zurück ... ;o)

LG
Ulli