Warten, warten, warten und nichts wird besser.

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Reden
Beiträge: 11
Registriert: 3. Feb 2009, 15:50

Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Reden »

Hallo
ich bin neu im Forum und habe erst mal viel gelesen und mich jetzt entschlossen selbst was zu schreiben. Ich leide schon seit 15 Jahren unter Depressionen und kam bis etwa vor 9 Wochen einigermaßen gut klar. Ich habe es irgendwie immer geschafft, trotz tiefer Krisen meinen Lebensmut zu erhalten. Ich habe mich diszipliniert und irgendwie meinen Alltag bewältigt. Die letzten 3 Jahre hatte ich dann auch einigermaßen Ruhe vor den depressiven Gefühlen.
Doch vor neun Wochen hatte ich, nach einigen erschütternden Nachrichten, einen totalen Zusammenbruch. Ich leide seitdem endweder unter ganz tiefen depressiven Gefühlen oder ich bin total gefühlstaub und leide unter Panikattacken, in erster Linie wenn ich unter Leuten bin. Da mir relativ schnell klar wurde, dass ich diese Erkrankung diesmal nicht alleine besiegen kann und mein Alltag extrem betroffen ist (ich kann nicht mehr arbeiten gehen) habe ich mir Hilfe geholt. Ich nehme AD und mache eine Therapie und warte derzeit auf einen Klinikplatz. Es ist also alles in gang gebracht um Hilfe zu erhalten. Aber im Moment ist mein Leben ein einziges Warten. Die Therapie ist wie ein Tropfen auf den heissen Stein, viel zu wenig und der Klinikplatz ist, zumindest gefühlt, noch in weiter ferne. In der zwischenzeit habe ich das Gefühl durchzudrehen. Ich komme mit meinen Gefühlen einfach nicht klar. Ich sitze zu Hause, diszipliere mich immer wieder dazu trotz Panikattacken spazieren zu gehen und getalte irgendwie meine Alltag. Ich habe das Gefühl alles und überhaupt nichts gleichzeitig zu spüren. Wenn ich versuche mich irgendwie abzulenken, was viel Kraft kostet, habe ich das Gefühl, dass alles irgendwie unreal zu erleben, wenn ich nichts mache, mich ins Bett lege und die Welt aussen vor lasse, habe ich das Gefühl verrückt vor Trauer und Hilflosigkeit zu werden. Irgendwann bin ich von dem ganzen hin und her so müde, dass ich dann doch schlafe. Ich weiß einfach nicht, wie ich die Zeit bis zur Klinik überbrücken soll. Noch gibt es einen starken Kern in mir, der mir dabei hilft, den Mut die Krankheit zu besiegen nicht zu verlieren.Aber ich werde immer schwächer ziehe mich immer mehr zurück und ergebe mich dem ganzen Gefühlen, wodurch es mir dann noch schlechter geht. Was soll ich tun? Ich weiß es einfach nicht mehr und habe keine Kraft mehr ohne Hilfe weiterzukommen.
missdi
Beiträge: 100
Registriert: 23. Dez 2005, 23:25

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von missdi »

Liebe Chrissi,

erstmal herzlich willkommen hier im Forum!!

Ich kann sehr gut nachvollziehen wie Du Dich fühlst.

Wie lange musst Du denn noch auf den Klinikplatz warten? Ist es eine psychosomatische Klinik? Könntest Du nicht zur Überbrückung in eine andere (Akut)-Klinik? Psychiatrische Kliniken müssen ja normalerweise sofort aufnehmen. Wohnst Du in einer größeren Stadt? Dort gibt es z.B. sogenannte sozialpsychiatrische Zentren, Anlaufstellen für psychisch Kranke und da kann man tagsüber hingehen, es gibt dort wohl diverse Beschäftigungsangebote. So kann man den Tag leichter strukturieren und muss nicht alleine zu Hause rumsitzen.

Toll finde ich, dass Du es trotzdem schaffst, rauszugehen. Ich denke, selbst wenn man sich dabei hundeelend fühlt und denkt, es ist sowieso sinnlos, es macht doch einen Unterschied. Und je mehr man sich reinfallen lässt in den Sog der depressiven Gefühle, nachgibt wie Du sagst, desto schwieriger wird es sich aus den Klauen zu befreien. Ich spreche aus eigener Erfahrung.

Liebe Grüße MissDi
Aussiegirl
Beiträge: 41
Registriert: 25. Nov 2007, 23:47

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Aussiegirl »

Hallo Chrissi

Deine Gedanken kenne ich nur zu gut! wirklich nur zu gut!
ich bin momentan, nach einer monatelangen guten bis sehr guten Phase, auf wieder ziemlich unten!
Ich finde es gut, daß Du Deine Spaziergänge durchziehst; da muß ich den Hut ziehen!
an "Schwarzen Tagen" ist mir selbst das Schuhe und die Jacke anziehen zu viel!
Und auch der Haushalt..da schaffe ich es dann gerade mal, den Staubsauger ins Wohnzimmer zu zerren, so, und da liegt er dann! der Staub und der Staubsauger und ich auf dem Sofá, den Tränen nahe weil ich es nicht schaffe!

Aber: ich versuche mich immer wieder hochzuziehen! Versuche mal, Dich mit Musik zu entspannen! Hast Du es schon mal mit Entspannung versucht?
ich war auch 4 Wochen in einer psychosomatischen Klinik; die Mal- Aktionen haben mir nichts gebracht, dafür aber die Entspannungsphasen! die waren gut!

Wann weißt Du denn, wann Du in die Klinik kannst?
Drücke Dir die Daumen, daß Du bald in die Klinik kannst und darfst!
Toi Toi Toi
Reden
Beiträge: 11
Registriert: 3. Feb 2009, 15:50

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Reden »

Erst mal danke für eure Antworten. Tut gut zu hören, dass man nicht die einzige ist, der es so geht. Ich habe zwar echt super viele nette Freunde, die sich echt nett um mich sorgen, aber wirklich verstehen können die einen doch nicht. Mein Freund versucht mich auch zu unterstützen, doch dem geht es selber psychisch nicht so gut zur Zeit, dass ich ihn nicht so sehr in Anspruch nehmen möchte.
Mit der Tagesklinik ist eigentlich eine gute Idee aber ich habe zur Zeit nicht die Kraft um mich um noch was zu kümmern. Der Klinikplatz ist auch eigentlich nicht mehr so weit weg. In den nächsten 10 Tagen bekomme ich Bescheid und werde ab mitte Februar in die Psychsomatische gehen. Aber da zur Zeit jeder Tag ein Kampf ist, fühlt es sich an, als ob ich Monate warten müßte.

Ach mit Entspannung habe ich es probiert. Meditiere schon seit meiner Kindheit und dies hilft mir bei Panikattacken, mich was runter zu holen. Bei den depressiven Gefühlen hilft es leider nicht, da ich mich in den Momenten einfach nicht fallen lassen kann.

Ich habe mir ein paar Selbsthilfegruppen rausgesucht, die es hier in der Nähe gibt. Aber die Angst wieder auf viele neue Leute zu treffen, hält mich derzeit davon ab hinzugehen. Wer von euch hat denn schon mal einer solchen Gruppe teilgenommen. Wie läuft das ab und hat es euch geholfen. Vielleicht schaffe ich es mich aufzuraffen, wenn ich schon mal ungefähr weiß, was mich da erwartet.

Gruß Chrissi80
gfb
Beiträge: 1864
Registriert: 20. Feb 2005, 21:30

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von gfb »

Hi chrissi80,

>Selbsthilfegruppen rausgesucht

Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen.

>Wie läuft das ab

Ganz zwanglos...

>und hat es euch geholfen.

Durchaus. Ich möchte meine Selbshilfegruppe im "real life" nicht missen.

Das KND ist ja auch eine Selbsthilfegruppe, aber solange man noch nicht an Forumstreffen teilgenommen hat eine eher virtuelle Angelegenheit (die trotzdem recht nützlich ist).

Die Forumstreffen kann ich übrigens uneingeschränkt empfehlen; wenn du wissen willst, ob es auch in deiner Nähe solche Treffen gibt, kannst du in "Beziehungen im Forum" nachlesen, dort werden diese Dinge besprochen.

>schaffe ich es mich aufzuraffen

Mach' mal - udn deine Bauchschmerzen vor dem 1. Termin sind verständlich, die hatte ich auch.
Aber es tut gut, sich von Angesicht zu Angesicht mit LeidensgenossInnen auszutauschen...


Alles Gute und Grüßle von hier nach da

Friedrich
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"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
missdi
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Registriert: 23. Dez 2005, 23:25

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von missdi »

Mitte Februar oder meinst Du Mitte März geht es los? Also Mitte Februar ist ja wirklich gar nicht mehr lange! Auch wenn natürlich in so einem Zustand jede Minute unerträglich ist.

Und wenn Du viele nette Freunde hast ist das ja auch sehr hilfreich - am Besten einfach nicht so viel erwarten, sie KÖNNEN das nicht verstehen, wie auch, wenn man es selbst nicht am eigenen Leib erfahren hat.

Mit Selbsthilfegruppen hab ich keine Erfahrung...

Alles Gute!!
Reden
Beiträge: 11
Registriert: 3. Feb 2009, 15:50

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Reden »

Mitte Februar war richtig. Ich warte quasi auf fast gepackten Koffern. Ich weiß eigentlich auch, dass ich zu viel erwarte, doch ich bin ein Mensch der immer alles in die Hand nimmt und anpackt und das nun nicht zu können, ist echt schlimm für mich. Ich würde so gerne mehr verstehen, was in mir vorgeht und obwohl ich durch meinen Beruf therapeutisch vorgebildet bin, ist es doch ein großer Unterschied zwischen dem theortischen Diagnosen und dem eigenen Erleben.
Obwohl mir mein Wissen hilft mich nicht so hängen zu lassen und manches Gefühl als Symptom zu verstehen.
Ich bin zum Glück ein Mensch der sonst sehr aktiv ist und viel unter Menschen geht, so dass ich es wenigsten jetzt mit viel Kraftaufwand noch hinbekomme mich mit Freunden bei mir zu treffen. Ansonsten würde ich mich und meine Identität gar nicht mehr erkennen. Ich möchte dabei aber gerne mal wieder so viel Freude empfinden wie früher.
Aber wie war das; nicht zu viel erwarten.
So schaue jetzt mal, ob es hier in der Nähe ein Forumstreffen gibt.
Danke für den Tipp!
Zillah
Beiträge: 525
Registriert: 28. Aug 2008, 16:49

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Zillah »

Hey Chrissi80 ,

ich habe leider keins der Postings hier richtig gelesen, sorry!! (kann mich nicht so recht konzentrieren )

Aber zu dem Titel deines Threads viel mir spontan DAS hier ein:

http://www.youtube.com/watch?v=hQDzt1Ph ... re=related


Wenn du es blöd findest, nichts damit anfangen kannst... macht nix. Ignorier mein posting dann einfach.

die zillah winkt dir und wünscht alles gute
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Die Musik drückt aus was nicht gesagt werden kann, worüber zu schweigen aber unmöglich ist.

Victor Hugo
gfb
Beiträge: 1864
Registriert: 20. Feb 2005, 21:30

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von gfb »

Hai Zillah,

>spontan DAS hier ein:

http://www.youtube.com/watch?v=hQDzt1Ph ... re=related



Und worauf wartest DU?

Ach Zillah...

Grüßle nebst Gewinke von hier nach da


Friedrich
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"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Reden
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Registriert: 3. Feb 2009, 15:50

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Reden »

Hallo Zillah
Mein Warten ist weniger entspannt und passiv als in dem Youtubeviedeo. Ich fühle mich so getrieben von meinen Gefühlen. Halt spannungsgeladener. Ich schwanke zwischen der lethagen Gefühlen und dem ich WILL was dagegen machen. Aber machen kostet sooo viel Kraft. Ich schlage halt die Zeit tot. Heute habe ich aber wieder Therapie, da freu ich mich schon drauf. Manchmal bin ich danach dann ein bißchen weiter.
Mit dem konzentrieren kenne ich auch gut. Gerade beim Lesen oder bei kreativen Sachen. Mache ich eigentlich gerne, aber nach ein paar Minuten hat man dann schon keinen Nerv mehr zu. Trotzdem Merci für deinen Link.
Renave
Beiträge: 62
Registriert: 5. Jan 2009, 10:36

Re: Warten, warten, warten und nichts wird besser.

Beitrag von Renave »

Hallo Chrissie, genau wie viele unserer Forianer kenne ich das verdammte Gefühl der Ohnmacht gegenüber dieser Krankheit. Sie nimmt von uns Besitz und wir haben nicht die Kraft der Abwehr, die wir wahrscheinlich auch im Laufe der Zeit schon aufgebraucht haben. Ich für mich hab festgestellt, dass das Bett zwar zum Schlafen - wenn mans kann - gut ist aber nicht in akuten Phasen, es ist dann keine Insel mehr zum Ausruhen. Vielleicht hilft Dir ja dann auch mal ein Anruf bei einem Krisentelefon. Auch kann man sich auf der Website der Techniker Krankenkasse die progressive Muskelentspannung runterladen. Ich wünsche Dir viel Kraft und bleib bei uns im Chat, ich bin sehr dankbar, dass ich ihn gefunden habe. Alles Liebe
Renave
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