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Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 10:53
von julius1
Hallo zusammen,

ich bin neu hier, eine Mitpatientin hat mich während meines Klinikaufenthaltes auf dieses Forum aufmerksam gemacht.
Jetzt bin ich nach 8 Wochen Aufenthalt auf einer psychiatrischen Station mit Schwerpunkt Depression seit 2 Tagen wieder daheim und habe ganz schön zu kämpfen. Mich würde intessieren, wie ihr wieder in den Alltag zurückgefunden habt und wie lange das gedauert hat? Vielleicht habt ihr auch gute Tips für mich, was ich machen und was ich lassen soll?
Noch bin ich gedanklich und mit dem Herzen viel mehr in der Klinik als daheim. Habt ihr das auch so erlebt, dass ihr euch die erste Zeit zuhause fremd gefühlt habt? Heute morgen im Bett habe ich sogar gedacht, ich gehe wieder zurück in die Klinik, obwohl ich die letzten Tage dort nur nach Hause wollte.


Ich würde mich über Antworten sehr freuen, vielleicht gibt es auch schon ein Forum zu diesem Thema, das ich allerdings nicht gefunden habe.

Viele Grüße von WM

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 13:59
von julius1
Hallo zusammen,

viele haben meinen Beitrag angeklickt, aber bisher habe ich keine Antwort erhalten. Habe ich irgend etwas falsch gemacht mit meiner Frage?

Viele Grüße
WM

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 14:09
von GreyRainbow
Hallo und herzlich Willkommen!!

Du hast mit deiner Frage überhaupt nichts falsch gemacht.
Ich selbst habe deinen Eintrag gerade gelesen, kann dir aber leider keinen Rat geben oder aus eigener Erfahrung sprechen, weil ich noch keinen stationären Aufenthalt hatte.

Ich kann mir aber schon vorstellen, dass es nach 2 Monaten anfangs nicht einfac ist, sich wieder in den Alltag "einzuleben".

Ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass es dir zuhause bald besser geht!

Liebe Grüße
GreyRainbow

__________

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 14:31
von lt.cable
Hallo!

Ich habe bei meinem stationären Aufenthalt so einige Mitpatienten erlebt, die durchaus gerne in der Klinik eingezogen wären. Für mich war das nie eine attraktive (wenn auch phantastische) Option, denn die Möglichkeiten dort (z.B. hinsichtlich der Freizeitgestaltung) waren mir dann doch etwas zu eintönig.
Ich schätze meine Freiheiten als nun schon länger wieder freier Mensch außerhalb der Klinik. Ich funktioniere im Alltag, aber wirklich wieder dort angekommen bin ich bis heute nicht. Prägnant formuliert geht es mir nicht richtig gut, sondern die Lage ist nur einfach noch nicht wieder richtig schlecht. Unter der Käseglocke Klinik sind die Dinge so viel einfacher gewesen: kein Alltag, keine (Leistungs-)Anforderungen und keine Leere im Leben durch regelrechten Zwangskontakt zu Mitpatienten. Mein Aufenthalt war in der ersten Hälfte des laufenden Jahres. Das innere Leuchtfeuer brennt bis heute nicht wieder.

Es grüßt
lt.cable

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 16:30
von flora80
Hallo WM,

nö, nix falsch gemacht. Es gibt hier nur eine ganze Menge stiller MitleserInnen und außerdem kann ja nun auch nicht jeder zu jedem Thema was sagen. Mir ging es so, dass ich es gelesen habe, ich aber eine Antwort auf später verschoben habe, weil ich nur zwischendurch ins Forum geschaut hatte und eigentlich mit was anderem beschäftigt war.

Zu deiner Frage:

Bei mir ist der letzte Klinikaufenthalt nun bereits über vier Jahre her, aber ich erinnere mich auch, dass es erst einmal irgendiw ungewohnt und leer war zu Hause. Mir haben damals Sozialkontakte gut getan, ich habe viel mit meiner besten Freiundin telefoniert, bin so weit wie möglich meinen Hobbies nachgegangen, etc. Ich war damals noch im Studium und konnte mir deshalb die Menge an Arbeit selbst aussuchen. Also habe ich in dem Semester dann nur drei Veranstaltungen besucht, um dort ein Erfolgserlebnis zu haben, statt zehn zu besuchen und keine zum Ende zu bringen...

So eben. Der Einstieg in den Alltag ist schwer und dauert eine Weile. Setz dich selbst nicht unter Druck mit dem Gedanken, dass es dir doch jetzt wieder gut gehen müsse, wo du doch in der Klinik warst. Das ist in den seltensten Fällen wirklich so. Meistens geht es einem zwar deutlich besser, aber von einem depressionsfreien Leben sind die Meisten auch nach einem Klinikaufenthalt weit entfernt. Vielleicht hilft es dir auch, genau zu überlegen, was dir in der Klinik besonders gut getan hat und zu versuchen, etwas ähnliches für dein "normales" Leben zu Hause zu finden.

Grüße von Flora

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 16:39
von SisterGoldenHair
Hallo Wilhelmine,

als ich vor 2 Jahren am 23.12. aus der ReHa heim kehrte, gings mir auch nicht so toll - ich glaube aber, das hatte mehrere Gründe.

Vor einem Jahr war ich in der Psychiatrie der hiesigen Uniklinik 6 Wochen auf Station. Da es für mich nicht weit war, konnte ich auch am WE nach hause. Dann verliert man nicht so ganz den Bezug "zum realen Leben".

Was für mich sehr gut war - es gibt dort auch eine Tagesklinik - dort war ich nach Station dann von Anfang Dez. bis Anfang April.

Nach Verlassen der Klinik wäre es vielleicht auch gut, eine ambulante Therapie zu machen.
Ich weiß nicht wie Dein Leben so aussieht - ob Du alleinstehend bist - wieder arbeitest - usw usw. (?)

Sollte es länger dauern, bis Du wieder im "Alltag" ankommst bzw. sollte es Dir wieder schlechter gehen - vielleicht gibt es in Deiner Nähe ja auch eine tagesklinische Einrichtung, in die Du notfalls gehen könntest. Dann ist die Umstellung nicht so krass nach der Entlassung.

Jedenfalls wünsche ich Dir, daß es Dir bald wieder besser geht.

Liebe Grüße
Ulli

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 17:03
von julius1
Vielen Dank für Eure Antworten. Mein Klinikaufenthalt wurde durch eine Überforderungssituation im Job ausgelöst, ich habe mich sozusagen in die Klinik "geflüchtet", da ich keine andere Lösung mehr gefunden habe und nur noch ohnmächtig zornig war. Im Moment bin ich noch krank geschrieben und werde vor März wahrscheinlich nicht arbeiten gehen. Ich bin verheiratet und lebe mit meinem Mann alleine, der hat jetzt zwei Wochen Urlaub, aber ab Januar muss ich mir den Tag selbst gestalten. Ich werde in der Ambulanz der Klinik weiterbetreut und habe Anfang Januar bereits einen Termin bei einer niedergelassenen Therapeutin, also weitere Therapie tut not, besonders auch deshalb, weil die Lösung des Jobproblems noch aussteht. Ich kann in keinem Fall so weiter arbeiten wie bisher, es fällt mir aber noch sehr schwer zu akzeptieren, dass ich kürzer treten muss und vielleicht auch nicht mehr den ganzen Tag arbeiten kann (oder möchte). Hier werde ich über kurz oder lang ein Gespräch mit meinem Chef führen müssen. Ich habe in der Klinik einiges über mich gelernt, ob ich das auch in der Praxis anwenden kann, steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Zuhause lasse ich es im Moment langsam angehen, bisher klappt das auch ganz gut, mal schauen, wie es jetzt Weihnachten so wird.

Viele Grüße
Wilhelmine

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 17:16
von Dendrit
Hallo Wilhelmine,

dieses "Loch" kenn ich auch. In einer Klinik empfahl mir ein Psychologe, vor der Entlassung im Inneren von allem Verabschieden, was einem Wert war/ist - sei es von einer Person oder Lieblingsplatz. Hat auch soweit funktioniert - für Dich kommt der Gedanke wahrscheinlich zu spät.

Ist dort noch jemand stationär, den Du kennst? (8 w sind natürlich schon lang.) Hast Du die Tel.nr. vom Patiententelefon? Ruf dort einfach mal an - muss ja kein langes Gespräch sein. Oder hast Du mit jemanden Adressen ausgetauscht? Schreib ihm/ihr einfach.

In einer anderen Klinik wollte ich keine Adressen von anderen haben, weil es irgendwie utopisch war, nachher weiterhin diesen engen Kontakt aufrecht erhalten zu können. Von einer hatte ich die Handynr. Nach ca. einem Jahr, als mich das irgendwie so mitnahm, simste ich ihr, fragte, ob ich ihr schreiben dürfe; ich bekam die Adresse und tauschten nur ein einziges Mal Briefe aus. Aber das hat uns irgendwie beiden gut getan, ihr ging es ähnlich wie mir. Und konnten damit das Kapitel jeder für sich "abhaken".

Ansonsten kann ich Dir leider keine Tipps geben, aber sicher kommen noch ein paar.

Alles Gute zum Einleben wünscht

Manuela

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 17:52
von SisterGoldenHair
... na, das klingt doch gar nicht so schlecht - ich würde mal sagen - GUT ! ;o)

Nur Mut !!

Du hast doch schon einiges auf den Weg gebracht, das ist doch supi.

Ich sehe Dein Problem ähnlich wie bei mir - meine letzte Arbeitsstelle hat mich richtig krank gemacht. Ich wurde allerdings dann in A.U. div. Entscheidungen enthoben.

Möglicherweise ist eines der größten Probleme - "wie sag ichs meinem Chef" !?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß das arge Bauchschmerzen verursacht...

Aber Du hast gute Begleitung,
das wird schon ! ;o)

Du könntest um weiter etwas für Dich zu tun, ja auch mal eine ReHa beantragen - NACH der Klinik... ich hätte vor 2 Jahren auch besser auf meine HÄ gehört, und erst in Klinik und dann in ReHa.........

Ich wünsche Dir ein einigermaßen entspanntes Weihnachtsfest ! und drücke Dir die Daumen !

Liebe Grüße
Ulli

EDIT - horch einfach mal in Dich hinein - dann wirst Du spüren können was Dir gut tut - es kann sein, es ist auch ein Problem kürzer zu treten, weil die anderen einen dann für "faul" halten könnten... und wer räumt schon gerne ein, daß er psych. Probleme hat, und nicht mehr so kann, wie man selbst und die anderen es gewohnt sind....

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 19:14
von Re.S.
Hallo Wilhelmine,
herzlich willkommen hier.

Ich habe leider schon viele Klinikaufenthalte in den letzten Jahren hinter mir.

Ich kenne deine Gefühle ganz genau.
Erst ist man froh, dass es wieder nach Hause geht und dann kommen die Ängste und Zweifel.

Mir hilft es,wenn ich bewusst meinen Tag struktoriere.
Dass bedeutet jetzt nicht dass ich mir den Tag vollpacke.

Ich beginne zu einer bestimmten Zeit aufzustehen.
Dann in aller Ruhe frühstücken.
Dann gibt es immer ein paar kleine Aufgaben im Haushalt die ich übernehmen kann (die mein Mann auch mal übersieht).
Es sind wirklich bloss erst kleine Sachen-
aber immer langsam.
Mittags bewusst Ruhepause.

Auch rausgehen -Spaziergänge- sind gut und wichtig.

Und wenn ich merke, dass nichts mehr geht bei mir,dann akzeptiere ich das.

Im Krankenhaus ist man behütet und darf sich Auszeiten nehmen. Man ist gut von allem abgeschirmt und zu Hause ist dann auf einmal wieder alles da.

Im Moment eben auch Weihnachten mit all seinen Vorbereitungen.

Versuche doch einfach ganz kurz zu treten zu Weihnachten.
Wenn du nirgends hingehen möchtest, dann lass es einfach. Sage, dass es dir nicht gut geht!

Macht es euch doch zu zweit gemütlich.
Kein schlechtes Gewissen den anderen gegenüber.

Ich sehe zur Zeit,dass meine Fenster geputzt werden müssten. Aber Ich kann das im Moment auch einfach nicht.
Ich sage mir:Weihnachten kommt so oder so.
Ich lade auch keinen zu uns ein.
Es geht einfach nicht und meine Lieben wissen und verstehen das.

Akzeptiere einfach deinen Zustand. Es wird langsam wieder werden!

Habe Geduld mit dir.

Ich wünsche dir viel Kraft.

Ganz liebe Grüsse

Sternchen

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 21. Dez 2008, 19:21
von mom
Hallo,

mir ging es nach 3 Monaten Klinikaufenthalt auch. Ich kam mir fremd in meiner eigenen Wohnung vor und mußte sogar überlegen, wie ich vor meinem aufenthalt meinen Kindern ihr Pausenbrot gemacht habe. Ich hatte das Gefühl von einem anderen Stern zu kommen .

Mach dir keine Sorgen, das geht vorbei, es braucht nur so seine Zeit, bis man wieder zu Hause angekommen ist .

Pretty w.

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 22. Dez 2008, 16:25
von julius1
Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure aufmunternden Antworten. Was mir das Leben, glaube ich, aber auch noch schwer macht, ist die Verarbeitung der negativen Aspekte des Klinikaufenthaltes. Abgesehen von den (fast immer) guten Gespräche und Kontakte zu den Mitpatienten hat es auch viele Dinge gegeben, die mir nicht gut gefallen oder gut getan haben.

Eben mußte ich in die Ambulanz, um mir ein Rezept und eine neue Krankschreibung zu holen und bin dann wieder auf meinen behandelnden Arzt getroffen, mit dem ich mich in der Klinik nicht immer gut verstanden habe. Ich war total angespannt und wollte nur noch weg. Mir ist dann bewußt geworden, wie viele negative Aspekte der Klinikaufenthalt für mich hatte, z.B. Diskussionen über Medikamente, der Pfleger, der nachts mit der Taschenlampe zum Bett kommt um zu sehen, ob man schläft und einen dabei garantiert wach macht, die vielen bohrenden Fragen, ein Psychologe, den ich mir draußen nie augesucht hätte und der Einzel-Termine nur nach intensivem Bemühen patientenseitig vergibt, mir aber dann hinterher vorwirft, ich wäre fordernd. Anstatt von sich aus wöchentlich für die Patienten feste Termine von sich aus festzulegen usw., usw.

Dies war mein erster Klinikaufenthalt und ich hatte mir viele Dinge wesentlich einfacher vorgestellt. Ich glaube, ich werde noch eine Weile brauchen, um diese Dinge zu verarbeiten.

Viele Grüße
WM

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 22. Dez 2008, 17:05
von Dendrit
Hallo Wilhelmine,

Mir ist dann bewußt geworden, wie viele negative Aspekte der Klinikaufenthalt für mich hatte, z.B. Diskussionen über Medikamente, der Pfleger, der nachts mit der Taschenlampe zum Bett kommt um zu sehen, ob man schläft und einen dabei garantiert wach macht, die vielen bohrenden Fragen, ein Psychologe, den ich mir draußen nie augesucht hätte und der Einzel-Termine nur nach intensivem Bemühen patientenseitig vergibt, mir aber dann hinterher vorwirft, ich wäre fordernd. Anstatt von sich aus wöchentlich für die Patienten feste Termine von sich aus festzulegen usw., usw.

Oh, oh, da kommt mir einiges seehhhhhr bekannt vor. Und das macht mir teils auch immer noch zu schaffen. Ich wünsch Dir, dass Du das sobald wie möglich emotional verarbeiten kannst.

LG, Manuela

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 22. Dez 2008, 17:08
von SisterGoldenHair
... ich muß 1x mehr feststellen - ich hatte wohl mit meinem Aufenthalt im letzten Jahr sehr viel Glück...

zu uns kamen die Pflegekräfte auch 3x pro Nacht ins Zimmer, aber relativ verhalten - und die Termine bei div. Therapeuten wurden vom Stationsarzt anberaumt in Absprache mit den Patienten, oder die Therapeuten und Sozialarbeiter kamen von sich aus auf einen zu - sehr engagiert und angenehm war das auch...

Schade, daß das bei Dir nicht so war, Wilhelmine !

Liebe Grüße
Ulli

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 23. Dez 2008, 09:12
von julius1
Der erste volle Tag alleine gestern ohne meinem Mann ht mich total geschafft. Ich habe wohl viel zu viel gemacht, war einkaufen, in der Ambulanz, habe etliche Telefongespräche geführt und eine unangenehme Sache (Reklamtion) geklärt. Ich bin dann um 9.00 h ins Bett, weil ich einfach nicht mehr konnte und habe relativ gut geschlafen.
Heute fühle ich mich total kraftlos und auch deprimiert, weil mich das alles so mitgenommen hat. Ist das normal nach einem Klinikaufenthalt, dass alles so anstrengend ist? Wie soll das bloß weitergehen mit mir? Ich überlege schon, wieder zurück in die Klinik zu gehen, weil ich dem Alltag scheinbar nicht gewachsen bin - und dann jetzt noch Weihnachten, da ist mir überhaupt nicht nach.

Viele Grüße von einer ratlosen und verzweifelten
Wilhelmine

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 27. Dez 2008, 12:24
von julius1
Hallo zusammen,

irgendwie ist mein Posting von eben nicht angekommen, merkwürdig. Daher noch einmal:
Mir fehlt die Klinik sehr und zwar nicht die Ärzte und die Pfleger, sondern der intensive Kontakt zu den Mitpatienten. Die vielen guten Gespräche, die Nähe, die Solidärität, das gemeinsame Lachen und Weinen.
Ich weiß nicht, wie ich das im Alltag hinbekommen soll? Zwar kann ich mit meinem Mann und meinen Freunden reden, aber oft sind diese Gespräche nicht so intensiv wie in der Klinik.

Wie seid Ihr denn damit umgegangen?

Viele Grüße
WM

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 27. Dez 2008, 12:47
von Dendrit
Hallo Wilhelmine,

ich versteh schon was Du meinst. Das hat sich bei mir mit der Zeit gelegt. Ersatz gibt es direkt keinen - außer man geht wieder in die Klinik. Was evtl. hilfreich sein könnte, wäre eine Selbsthilfegruppe. Die ist natürlich nicht täglich, aber meist können intensive Gespräche geführt werden.

LG, Manuela

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 27. Dez 2008, 13:11
von SisterGoldenHair
aaaahhh jaa,
Wilhelmine, das ist eine "schwierige" Frage...

also - in der Tagesklinik sagte mal unser Therapeut "in die Klinik geht man nicht, um Freundschaften zu schließen, man geht dorthin um Therapie zu machen..."

Evt. ist man geneigt, dort schneller Kontakte zu knüpfen, weil man zwangsläufig davon ausgeht, daß die Menschen dort verstehen wovon man spricht. Und in der Tat gibts das auch, daß man sich mit dem ein oder anderen besser versteht, austauschen kann als "draußen"...

Ich glaube, aber, das ist ganz unterschiedlich... wenn ich z. B. an meine erste psychosomat. ReHa denke - und daran habe ich heute früh noch gedacht - für mich ist dort kaum ein "echter" Kontakt entstanden - ich dachte mal so, aber so war es nicht. Im Prinzip gabs da viel Aufgesetztes, vor allem diese abendliche "aufgesetzte" Fröhlichkeit in der Kneipe, die schon mal etwas ausufern konnte mit steigendem Alkoholpegel - etwas das ich überhaupt nicht mag... Der dort oft gebrauchte Satz eines Mitpatienten "wir sitzen alle im selben Boot" und großartige Versprechen - und am Ende - sind alle wieder "auseinander gestoben", es ist wenig geblieben... doch, es ist was geblieben - allerdings von Menschen, die nichts versprochen haben... ;o)da kommt hin und wieder mal ein kleiner Lagebericht, ein Foto, ein Gedicht - man sieht, nicht jeder hat einen schnell wieder vergessen...

In der Psychiatrie war es etwas anders -
letztendlich ist ein "Beziehungsversuch" dabei entstanden, der Schuß ging allerdings ziemlich nach hinten los... ;o) einige wenige Kontakte noch jedenfalls sind geblieben - und einen sehr wertvollen Menschen habe ich dort kennen gelernt, der mir inzwischen ein lieber Freund geworden ist.

Aber ich glaube - wir sollten uns zunächst einmal mehr auf uns selbst besinnen - ich habe in der Zeit geübt, was mir immer so schwer fiel - loslassen können... :o)

Ich habe etwas als etwas Gutes annehmen können, aber mir gesagt, daß ich mich daran nicht festklammern sollte.

Möglicherweise konnte ich so etwas mitnehmen auf meinen weiteren Weg, und konnte etwas bewahren. Das ist für mich ein tolles Erlebnis. Wenn man versucht, loszulassen, gibt es solche Erlebnisse vielleicht öfters... ;o)

Auch in der Maßnahme kürzlich habe ich ein paar liebe Menschen kennengelernt - wir haben uns aber getrennt, ohne uns etwas zu versprechen, nicht aber, ohne uns gute Wünsche mit auf den Weg zu geben.

ja, das sind so meine Gedanken dazu.
Vielleicht kannst Du was damit anfangen ;o)

Liebe Grüße
Ulli

EDIT - vielleicht ist mit dem Loslassen auch der letzte Satz meines Lieblingsgedichtes von Hermann Hesse gemeint - ich hab das nie so recht verstanden - "wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde"...

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 30. Dez 2008, 16:42
von julius1
Vielen Dank für Eure hilfreichen Antworten. Auch ich habe von einigen netten Leuten die Handy-Nummern und wir haben schon mehrmals SMS getauscht. Wir wollen uns bald auch einmal wiedersehen.

Jetzt bin ich schon 10 Tage wieder daheim und habe trotzdem noch häufig Sehnsucht nach der Klinik. Gestern habe ich viel geschafft und erledigt (wohl zu viel) und kam mir dabei schon wieder richtig gesund vor. Heute habe ich dafür aber auch einen gehörigen Durchhänger, bekomme gar nichts geregelt und sehne mich in die Klinik zurück. Meine Gesprächsgruppe und wahrscheinlich auch eine ambulante Psychotherapie fangen erst nächste Woche an, im Moment fühle ich mich als "Kranker" unter all den "Gesunden" gehörig als Außenseiter. Mein Mann hört mir zwar zu, kann aber mein Erleben nicht so richtig nachvollziehen, da er es eben aus eigener Erfahrung nicht kennt.

Kennt Ihr das eigentlich auch, dass Ihr nach einem Tag, an dem ihr viel geschafft habt, wieder furchtbar durchhängt und nur noch auf der Couch sitzen möchtet? Mein Mann hat mich heute Mittag zu einem Spaziergang überredet, anschließend sind wir zum Essen in ein Restaurant gegangen, das war auch beides o.k., sonst säße ich wahrscheinlich immer noch unangezogen und ungewaschen auf der Couch. Ich frage mich nur, wie das nächste Woche gehen soll, wenn er wieder arbeiten geht und ich immer noch krankgeschrieben bin? Ich frage mich auch, ob ich jemals wieder richtig gesund werde und mir die Dinge wieder leicht von der Hand gehen oder ob mein Leben jetzt immer so mühselig bleibt und ich eigentlich über jeden Tag froh bin, der geschafft ist.

Viele Grüße
WM

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 12. Jan 2009, 15:28
von julius1
Hallo zusammen,

ich wollte mich noch einmal melden und berichten, wie es mir zuhause geht. Es ist ein ziemliches Auf und Ab. Letzte Woche habe ich viel erledigt (Großeinkauf, Bügelwäsche, Friseur, Spaziergang jeden Tag, wichtige Telefonate) und jetzt hänge ich wieder ziemlich durch.

Mir fällt alles noch sehr schwer, ich muss mich zu allem zwingen und das gelingt mir auch nicht immer. Ich merke auch, dass ich noch einen Riesenweg vor mir habe und spüre auch eine gigantische Enttäuschung darüber, dass es so ist und dass die Genesung so lange dauert. Meine Kraft hat gerade mal für eine Woche gereicht und ich bin unendlich anfällig für Enttäuschungen über mich oder andere.

Auf der anderen Seite fällt mir die Decke auf den Kopf, ich bin tagsüber immer alleine, mein Mann ist nur morgens und abends da.

Schreibt mir doch einmal wie es Euch ergangen ist nach dem Klinikaufenthalt.

Viele Grüße von
Wilhelmine

Ich bin immer noch froh über jeden Tag der vorbei ist und den ich geschafft habe.

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 12. Jan 2009, 15:42
von mywoman
hallo

mein klinikaufenthalt ist morgen genau 1 jahr her
auch ich war auch 8 wochen dort. mir ging es nach der entlassung ähnlich wie dir. mit einem unterschied. ich bin direkt wieder arbeiten gegangen. ohne dies, wäre ich bestimmt noch viel langsamer zurück in den alltag gekommen.
also nimm dir zeit! hab geduld mit dir! wer treibt dich? das kannst doch nur du selbst sein
auf der einen seite, kann ich das ganz gut verstehen - aber, es braucht einfach seine zeit.
auch ich falle noch immer in schwarze löcher - nur sind sie nach und nach viel seltener geworden. monat für monat.

hast du noch kontakt zu personen aus der klinik? welche, mit denen du dich besonders gut verstanden hast? vielleicht versuchst du den kontakt zu halten. denn sie sind in einer ähnlichen situation wie du auch.

ganz nebenbei gibt es ja dann auch noch das forum hier

glg

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 12. Jan 2009, 16:18
von wonki80
hallo,
mein aufenthalt ist auch ziemlich genau ein jahr her...seit dem gab es auch auf und abs.
ziemlich normal,würd ich sagen!
vielleicht gehts du schon früher wieder arbeiten?
mir würds helfen...hab aber keinen job! haha!
naja, für mich war die tagesstätte für psych. kranke hilfreich.
dann hat man wenigstens ne anlaufstelle.

lg,y.

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 16. Jan 2009, 10:18
von Renave
Hallo Wilhelmine, wenn Du in den Job zurück kehren möchtest, gibt es da das Hamburger Model, das aber nicht überall in Deutschland fasst (glaub ich) es bedeutet, dass Du weiter krank geschrieben bist und anfangs, je nach Belastung ca. für 3-4 Std. arbeiten gehst und Dich dann steigerst. Das ist ein geschützer Rahmen, indem auch der AG mitspielen muss und nicht gleich wieder, falls Du es nicht schaffst, in die "Lohntasche" greifen muss. Frag mal Deinen HA oder in der Ambulanz der Klinik, Googeln lohnt sich bestimmt auch. LG und gute Besserung

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 19. Jan 2009, 11:21
von julius1
Hallo zusammen,

ich habe mir vorgenommen, eine solche Wiedereingliederung zu machen. Im Moment bin ich allerdings überhaupt noch nicht in der Lage zu arbeiten. Ich bin schon froh, wenn ich den Haushalt schaffe und einkaufen gehe. Jetzt suche ich zunächst nach einem ambulanten Therapieplatz, auch Musiktherapie kann ich hoffentlich bald ambulant wieder machen, der Therapeut war bisher krank.

Viele Grüße
Wilhelmine

Re: Zurück nach 8 Wochen Klinikaufenthalt

Verfasst: 27. Jan 2009, 12:41
von annilein77
Hallo Wilhelmine,

ich bin letzten Freitag nach insgesamt fast 4(!) Monaten Klinikaufenthalt (war in verschiedenen Kliniken) zurück nach Hause gekehrt. Es ist schön und angsteinflößend zugleich. Einen richtigen Alltag habe ich auch noch nicht, muss mir alles neu aufbauen, neuen Job suchen etc... Mein Freund, mit dem ich zusammenlebe, hat mir zwei Zwergkaninchen geschenkt, die ganz schön viel Arbeit, aber auch viel Freude machen Ich habe haufenweise Dinge zu erledigen (hab noch nicht mal alles ausgepackt), will mich aber nicht gleich anfangs überfordern und lasse es langsam angehen. Muss nur aufpassen, dass ich nicht wieder in meinen alten Trott und damit in depressive Verhaltensmuster zurückfalle. Kannst ja mal schreiben wie es Dir in der Zwischenzeit so ergangen ist. Liebe Grüße an alle hier, annilein