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Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 21. Nov 2008, 20:14
von Cieloazul
Hallo zusammen

Gerne möchte ich mir etwas vom Herzen schreiben.

Ich bin in Einzeltherapie u. zusätzlich waren mein Mann u. ich in einer Paartherapie bei einem andern Psychiater.

Der Paartherapeut wollte beim letzten Mal wissen wies meinem Mann u. mir geht. Ich sagte dann, dass ich am Rande meiner Existenz lang gehe. Dann insistierte der Thera, was das heisse usw. Eigentlich wollte ich nicht über meine bedrängenden Suizidgedanken sprechen, war dann auch entsprechend einsilbig.

Auf jeden Fall wurde der Therapeut recht massiv u. meinte, dass ich mit meinen Selbstmordgedanken der Partnerschaft u. meinem Umfeld schade. Ich würde ein Gift-Gas ausströmen, das auch ihn (den Therapeuten) befalle. Er spüre, wie ihn das Gas beneble. Das sei auch so, wenn ich nicht darüber rede.

Im Gespräch sagte ich einige Male, dass er moralisiere, dass "Selbstmord" ein unpassender Ausdruck sei, denn er impliziere eine strafbare Handlung u. das ist nach Schweizer Recht nicht so.

Einige Tage später verabschiedete ich mich von ihm u. der Therapie, denn ich möchte nicht an seinem Gift-Gas-Tod verantwortlich sein u. ich könne nicht für mein Umfeld Verantwortung übernehmen.

Er reagierte nach einigen Tagen aufs Mail u. fand, dass er nicht moralisiere, dass seine Therapie auf Entwicklung ausgerichtet sei u. daher sinnvoll sei, wenn eine Pause eingelegt werde bis ich mich von den Suizidgedanken verabschiedete.

Diese Gedanken kann ich nicht steuern, ich tue alles um mich davon abzulenken. Wenn der Leidensdruck so gross ist u. ich derart in der Depression gefangen bin, kann ich Gedanken u. Gefühle nicht steuern.

Mich hat dieses gewalttätige Bild des Gift-Gases zu tiefst geschockt.

Wie geht es euch mit gewalttätigen u. gewaltigen Metaphern?

Danke fürs Lesen.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 21. Nov 2008, 20:24
von BeAk
Liebe Cieloazul,

ich habe mit den Metphern oder Deutungen meines Analytiker nie etwas anfangen können.
Teilweise habe ich nicht mal seine Worte verstanden, geschweige denn den Sinn.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 21. Nov 2008, 20:35
von Ragnar
Liebe Cieleoazul,

Ich denke du hattest vollkommen Recht damit die Therapie abzubrechen. Nicht weil sie nicht notwendig ist, sondern weil ein Therapeut der solche Aussagen macht in meinen Augen dir nicht helfen kann.
Wenn er einen Therapieabbruch sogar befürwortet obwohl, oder weil du Suizidgedanken hast hat vielleicht dein Problem oder deine Krankheit noch nicht richtig verstanden.

Eine Therapie ist auf alle Fälle sinnvoll und in der Regel werden dir auch AD's verschrieben und es lohnt sich.
Such dir nen neuen Therapeuten und gib die Hoffnung nicht auf!

Liebe Grüße
Ragnar

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 21. Nov 2008, 20:51
von sek__knd
,

mir fehlt zwar die "therapeutische / praktische" Erfahrung hierzu, jedoch ist dies keine verantwortungsvolle Äußerung, eines ausgebildeten Therapeuten


Nicht gerade positiv, während einer laufenden Therapie feststellen zu müssen, daß die vergangenen Termine irgendwo umsonst gewesen sind

Vielleicht besteht die Möglichkeit, daß du einen anderen und verantwortungsvolleren Therapeuten suchst ???
So sollte dies wohl nicht ablaufen
Verantwortung und Vertrauen sind für diesen Therapeuten wohl Fremdworte

Wünsche dir alles Gute, leider kann ich hierzu nicht mehr schreiben, da es mir an der nötigen Erfahrung hierzu mangelnd

S E K

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 22. Nov 2008, 10:31
von Cieloazul
Hallo Bea

Tja, der Paartherapeut ist kein Analytiker sondern hat sich die systemische Therapierichtung auf die Fahne geschrieben.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 22. Nov 2008, 10:41
von Cieloazul
Hallo Ragnar

Danke für deine Zeilen.

Ich kann einfach nicht verstehen, warum ein Therapeut derartig reagiert. Ist er überfordert? Dann hätte ers doch einfach sagen können u. mich weiter verweisen...

Der Gipfel war, dass nach der "Ausfragerei" über meine Suizidgedanken u. dem Vorwurf des Giftgases, er zu meinen Mann sagte, wenn er Ängste bekäme, könne er ihm jeder Zeit telefonieren.

Na ja, aber das ist systemische Therapie.

Im Moment ist mir die Lust auf Paartherapie vergangen. Ich mach jetzt einfach mit meinem Einzeltherapeuten weiter. Vielleicht hab ich später wieder mehr Boden unter den Füssen, dann kann/können ich/wir uns wieder der gemeinsamen Therapie zu wenden.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 22. Nov 2008, 10:45
von Cieloazul
Hallo S E K

ja, das Therapiebündnis wäre ja oberstes Gebot, schauen, dass Vertrauen entsteht. Doch dies ist jetzt vollends verbockt.

Mit Moral und Schuldzuweisung kann ich in der therapeutischen Beziehung schlecht leben, denn es sollte doch eine wertfreie Zone herrschen (in der Therapie).

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 22. Nov 2008, 11:28
von Charlie66
Hallo Chieloazol,

auch ich kenne diese Suizidgedanken nur zu gut. Wenn dann der Therapeut einen auch noch indirekt die Schuld für die "Vergiftung der Umwelt" aufbürdet, fühlt man sich noch mal so schlecht.

Ich hätte es besser gefunden, er hätte mit euch beiden gemeinsam eine Lösungsmöglichkeit gefunden, wie ihr mit dieser Situation umgehen könnt.

Ich wohne mit meinem erwachsenen Sohn allein. Obwohl ich nie über meine Suizidgedanken mit ihm geredet habe, um ihn nicht zu beunruhigen, hat er mich trotzdem irgendwann darauf angesprochen. Mir tat das unendlich leid, dass er sich um mich soviel Sorgen macht.

Ich bin deshalb mit ihm einen Deal eingegangen. Habe mein Testament gemacht, wir haben darüber gesprochen, wie sich jeder seine "Beerdigung" vorstellt und dann hab ich ihm versprochen, dass ich mir rechtzeitig Hilfe hole, sobald es notwendig ist. Grundsätzlich halte ich mich an meine Versprechen.

Mittlerweile ist das jetzt 3 Monate her und ich habe kaum noch Suizidgedanken.

Vielleicht kannst du eine ähnliche Strategie für dich entwickeln, die dir hilft diese Gedanken etwas einzudämmen.

Liebe Grüße
Charlie

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 24. Nov 2008, 19:31
von Cieloazul
Hallo Charlie

Vielen Dank für deinen Beitrag. Schön, dass dich die Suizidgedanken nicht mehr peinigen.

Ich hab schon vor Jahren über Patientenverfügung, Testamen u. Bestattung gesprochen u. alles auch schriftlich gemacht. Leider schützt mich dies alles nicht vor den Suizidgedanken.

Jetzt bearbeite ich die SG u. das Ereignis mit dem Paartherapeuten in der Einzeltherapie.

In der Therapie, hat Moral u. Gewalt in Form von Worten u. Herabwürdigungen nichts zu suchen. Selbstverständlich darf u. soll sich der Therapeut schützen u. für sich Grenzen ziehen. Hätte er ganz sachlich dargelegt, dass er unter diesen Vorzeichen einer Weiterführung keinen Sinn sieht, hätte ichs "auch" verstanden.
Würden Therapeuten zugeben was sie falsch machen würden sich Kindheits-Traumas nicht wiederholen - und genau das passiert tagtäglich und nicht nur seit Freud! Verletzendes, herabwürdigendes u. moralisierendes Verhalten kommt gar nicht so selten vor in der Therapie. H.H. Strupp hat sich diesem Problem seit vielen Jahren angenommen. Er hat div. Untersuchungen, Forschungen darüber geführt u. das auch publiziert.
Zudem sind alle Gedanken frei u. somit legitim. Man muss ja unterscheiden zwischen Gedanken, Vorbereitungen u. def. Handlung.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 24. Nov 2008, 20:24
von Lee
Hallo Cieloazul,

wenn sich ein Therapeut äußerlich derart abgrenzen muss, liegt vielleicht ein inneres Problem zugrunde. Eventuell hat er Angst, deine Not zu dicht an sich heranzulassen ("Er spüre, wie ihn das Gas beneble."). Menschen kippen gerne von einem Extrem ins Andere, wenn sie etwas kompensieren wollen. Daher "passiert" es auch den guten, engagierten Therapeuten, dass sie aggressiv reagieren oder abstumpfen: Wenn ein Thera nicht (mehr) genug Kraft aufbringt, sich innerlich abzugrenzen, oder wenn er zu wenig Möglichkeiten hat, sich seinerseits zu entlasten, greift er zur "Notwehr". Je größer die Angst, desto heftiger seine Abwehr und räumliche Distanzierung. Professionell ist dieses Verhalten nicht, aber es kommt vor. (Vgl. "Wer ist Frau Meier? Ach so, die Depression von Zimmer 8".)

Zieh dir den Schuh bitte nicht an.

Alles Gute

Lee

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 11:31
von Angsthase
Hi,
bin fassunglos. Das war gefährlich, wie sich dein Therapeut verhalten hat. Er hat keine Ahnung davon, was Depression bedeutet. Schade! Meine Erfahrung mit der Depession ist die, dass viele Mediziner, wenn sie über den Rand ihrer Kompetenz geraten, pampig, zickig oder abweisend werden. Mein Hausarzt erklärte mir von selbst dies Phänomen als er bei mir nicht weiterkam. Aber ein Therapeut?? Hoffentlich wird der nicht mal schwer depressiv.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 12:42
von triste
Hallo cieloazul!

Mich macht unprofessionelles Verhalten immer wieder und immer noch sehr wütend.
So sehr ich Lee´s tolerante Ansichten schätze (zu analysieren, warum Dein Therapeut so gehandelt hat)... ich bin, nach einigen auch persönlichen Erfahrungen mit Inkompetenz seitens Psychiatern und Therapeuten der Meinung, dass ein Therapeut wissen muss, was Suizidgedanken und Depression bedeuten.

Dazu muss er lediglich Fachliteratur lesen, um zu wissen, dass man Suizidgedanken in der Depression nicht willentlich steuern kann. Seine Aussagen in dem von Dir geschilderten therapeutischen Gespräch machen ja zweierlei: zum einen stellt er die Behauptung auf, Du könntest und müsstest Deine Suizidgedanken steuern, bzw. unterdrücken können. Zum zweiten macht er Dir massive Schuldgefühle, indem er Deine Gefühle als Giftgas umschreibt, das die Personen um Dich herum schädigt und sogar noch beklagt, dass man dieses sogar spürt, wenn Du gar nichts verbalisierst.
Ich finde das höchstgradig fahrlässig, die ohnehin vorhandenen Schuldgefühle eines Depressiven noch zu verstärken. Ganz zu schweigen von dem überaus negativen Bild des Giftgases...und dabei lasse ich die historische Dimension mal ausser Acht, dieser Mensch ist sich offensichtlich seiner Worte und deren Einfluss auf seine Klienten überhaupt nicht bewusst!
Unfassbar, dass der überhaupt eine Zulassung in diesem Bereich hat.

Dass es fachlich und menschlich inkompetente Ärzte und Therapeuten gibt, wissen die meisten von uns.
Und doch finde ich es im Bereich psychiatrischer Erkrankungen skandalös, wie manch ein Behandler mit seinen Patienten umgeht. Mich würde nicht wundern, wenn diese so manchen Patienten letztlich in den Suizid treiben. Denn das Selbstbewusstsein, an seine eigene Überzeugung, sein eigenes Bauchgefühl zu glauben, die Kraft, sich gegen die Aussagen des vermeintlichen Facharztes zu stellen, ist doch in der Depression gar nicht mehr vorhanden!

Bei diesem Thema genügt es ja noch nicht einmal, als Patient möglichst informiert zu sein. Da man sich als Hilfesuchender an einen ausgewiesenen Spezialisten wendet, ist es ja normal, dessen Ratschläge anzunehmen, auch gegen die eventuelle eigene Überzeugung.
Leider ist es aber so, dass man als Depressiver selbst zum Spezialisten werden muss, um beurteilen zu können, ob ein Facharzt überhaupt in der Lage ist, korrekt zu therapieren.
Die menschliche Komponente können wir in der Depression leider durch Fachwissen nicht wirklich beeinflussen, weil so etwas wie Selbstbehauptung nahezu ausgelöscht ist und wir so hilfsbedürftig sind, wie Kinder, und entsprechend schwach.

Ich habe Ähnliches erlebt, wie Du. Heute würde ich diesen Ärzten sehr klar und deutlich sagen, dass ich ihr Verhalten
inkompetent und fahrlässig finde. Damals, als es mich betraf, saß ich oft weinend im Auto, unfähig, von der Arztpraxis nach Hause zu fahren und zweifelnd darüber, ob die Ärztin nicht vielleicht Recht hat damit, dass ich untherapierbar sei, dass ich zu anspruchsvoll sei, dass meine Verzweiflung auch für sie anstrengend sei, etc. pp. Damals waren meine Ärzte diejenigen, die einzigen, an die ich mich in meiner Verzweiflung wenden konnte, und ich verdanke es aus heutiger Sicht nur meinem starken Lebenswillen, dass ich es damals geschafft habe, den Suizidgedanken nicht nachzugeben. Meine Ärzte haben dazu nichts getan, im Gegenteil, sie haben mir eher vermittelt, dass mir ohnehin nichts mehr helfen könne.
Meine Diagnose lautete mittelgradige Depression. Ich möchte nicht wissen, was aus mir geworden wäre, wäre ich schwer depressiv gewesen. Ich glaube schon, dass die Aussage: "Ihnen kann ich nicht mehr helfen" mir dann den letzten Grund gegeben hätte, aufzugeben.

Insofern kann ich Dich, cieloazul, nur darin bestärken, diesen Therapeuten zu meiden und Dir bei einem nächsten Therapeuten Deines Bauchgefühls sehr bewußt zu sein und danach zu handeln.

Viel Glück weiterhin,
Virginia

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 15:49
von Cieloazul
Hallo Virginia, Manue u. Lee

Vielen Dank für eure Beiträge.

In meiner Einzeltherapie bearbeite ich jetzt diese Gift-Gas-Attacke. Es geht vorallem um die Schuldzuweisung, die der Paartherapeut gemacht hat. Und im Mail hat er ja nachgedoppelt. Ich kann schlecht damit umgehen, dass er seine Hilflosigkeit, Unvermögen o. Inkompetenz (was immer es sei), er mir zu schieb. Er klammert sich völlig aus, sagt nicht ehrlich, was Sache ist, worum es ihm geht.

Nicht der Therapieabbruch beschäftigt mich in erster Linie, sondern die Schuldzuweisung. Ähnliches ist mir vor einigen Jahren bei einem Klinikpsychiater passiert. Nach einem Suizidversuch hat er mich auf der Intensivstation angerufen u. gesagt, dass er genug von mir habe, dass er mich nicht mehr sehen will u. dass ich auf die Geschlossene käme.

Daher empfinde ich auch, dass sich die Geschichte wiederholt.

Na ja, bin froh, dass ich dies alles mit meinem Einzeltherapeuten anschauen kann, ohne Wertung u. ohne Schuldzuweisungen.

Nochmals danke für euer Verständnis.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 15:52
von feuerfisch
Hai Allerseits

Na, gut, dann mache ich mal eins aufs schwarze Schaf.....

Denn ich habe dazu noch ein paar andere Gedanken.

Das dich, Cieloazul, diese Aussage über das Giftgas so betroffen macht kann ich sehr gut verstehen! Mich würde es auch sehr treffen.

Aber ich möchte die Blickrichtung vielleicht ein wenig verschieben. Du hast bei diesem Therapeuten keine Einzeltherapie gemacht, sondern Paartherapie. Ich bilde mir nun ein das dieser Therapeut sich als Vermittler zwischen den Paaren versteht. Vielleicht hat er nur in Worten das ausgedrückt was dein Mann an Gefühlen ausstrahlt.....

Ich selbst lese sehr viel unter `Angehörige´ nach und das aus dem schlichten und einfachen Grund weil ich seitdem besser verstehe wie meine Verhaltensweisen und Aussagen bei anderen ankommen. Es gibt einiges das ich seitdem anders formuliere.

Außerdem.....ich trau mich das nun kaum zu schreiben......aber ich finde den Vergleich sogar ganz passend (auf mich würde das halt zutreffen). Das gewisse `Schwingungen´ herrschen wenn man einen Raum betritt wissen wir ja alle - da müssen noch nicht einmal Menschen da sein, die Einrichtung alleine reicht doch schon. Und, naja, wenn es mir nicht gut geht, so spürt man das doch, man strahlt es doch sozusagen aus. Meine Maske ist recht dick und ich behaupte das die Menschen um mich herum es nicht mitbekommen wie es mir geht wenn ich das nicht will. Aber nicht zu verleugnen ist das sie es trotzdem wohl auf eine unterschwellige Art und Weise spüren müssen, denn die allgemeine Stimmung ändert sich nun mal (wohl gemerkt, ich meine das es etwas ist das nicht bewußt abläuft).
Von daher gesehen ist es ja wie ein Gas - geruchslos beeinflußt es die Menschen rings um mich herum. Ob ich das nun will oder nicht. Und Suizidalität ist nun einmal ein harter Eingriff, egal wie man die Selbsttötung, den Selbstmord, nennt.
Nur sehr wenige Menschen können damit umgehen.

Von daher gesehen meine ich dass es auch sein könnte das der Therapeut dir nur deinen Mann gespiegelt hat - und es sehr hart und schonungslos ausgedrückt hat.

Wenn dadurch das Vertrauen zu diesem Therapeuten verloren gegangen ist, so ist das so. Dann ist der Abbruch der Therapie auch das Richtige.
Aber vielleicht fragst du den Thera noch mal.

Sorry für diese so konträre Meinung!

feuerfisch

.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 21:10
von BeAk
Hallo zusammen,

ja, ich habe es auch so erlebt, wie Feuerfisch schreibt.
Die Depression des Kranken reißt die Menschen in der unmittelbaren Umgebung mit in den Abgrund.

Sie übt eine Sogwirkung aus.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 21:24
von feuerfisch
Das ist aber nicht immer und nicht unbedingt so, Bea.

Ich meinte eher diesen diffusen Nebel aus Schwärze.

So hart wie du das ausdrückst empfinde ich das gar nicht - auch kommt es auf Gespräche, Vertrauen, Austausch an. Und natürlich auch wie `dicht´ der Andere dran ist.

Aber klar, man kann den Anderen auch mit runter ziehen, vor allem wenn der Andere selbst nicht stark genug ist.

LG

feuerfisch

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 21:40
von BeAk
Lieber Feuerfisch,

jepp, wenn der andere nicht stark genug ist.

Aber wer ist das schon, wenn er es nicht speziell gelernt hat.

Ärzte u. Therapeuten berichten tatsächlich, das
sie diesen Sog der Depression selber spüren, während der Therapie eines Depressiven.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 25. Nov 2008, 22:50
von triste
Hallo Bea,

ja - aber wenn ein Therapeut einen depressiven Klienten annimmt, dann muss er damit umgehen können. Erstens bekommt er Geld dafür und zweitens ist es seine Aufgabe, dem kranken Klienten zu helfen, anstatt seine eigenen Gefühle ins Zentrum zu rücken. Das kann er ja dann seinem Supervisor erzählen.
Gruß
Virginia

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 26. Nov 2008, 09:52
von Lee
Hi Virginia,

schön, wieder von dir zu lesen!

Menschen sollten so vieles bzw. so vieles nicht ...

Ich habe mich einmal überwunden, in einem Suizid-Krisenzentrum aufzulaufen. Nach ca. 2 Minuten bekam ich von der Therapeutin zu hören: "Wenn Ihnen gar nichts mehr einfällt, erpressen Sie; Sie würden alles tun, um einen Platz bei mir zu erhalten." Dabei hatte ich in meinem privaten Umfeld nichts von diesen Gedanken erzählt und die Therapeutin war spezialisiert auf Suizidalität. Die gute Frau hat ihr Lachen erst eingestellt als ich sie fragte: "Überschätzen Sie Ihre Bedeutung nicht ein wenig?" --- Ich bin mit meinem Ex-Therapeuten in einen - für beide Seiten - zermürbenden Nähe-Distanz-Teufelskreis geraten, der alles zerstört hat, was wir in gemeinsamer Arbeit aufgebaut hatten. Er ist auf Kommunikation und Beschwerdemanagement spezialisiert - ich habe die Bücher dazu gelesen. Wir hätten es beide "besser wissen müssen". Soviel dazu.

Die Frage nach der Selbstüberschätzung ist mir im Umgang mit der Theorie geblieben. Ich stelle sie auch an mich. Das Ideal von der Selbsterfahrung, von der beständigen Selbstreflexion, von der Lehranalyse, von der Bearbeitung und Integration eigener wunder Punkte durch die Therapeuten, von der weißen Leinwand, von Supervision etc. etc. ist ein hehres Ziel. Aber, wie das mit Idealen so ist: Man kann sich nach ihnen richten, sie aber nicht erreichen. Ein Therapeut unterliegt den gleichen psychologischen Mechanismen wie Otto Normalverbraucher: Es liegt in der Natur der Sache, dass er seine blinden Flecken nicht sehen KANN. Daher kriegt der Supervisor auch nicht unbedingt was davon mit. Lege artis ist das nicht - aber menschlich. Liebe Virginia, ich möchte hiermit nicht gegen dein Posting argumentieren (ich bin grundsätzlich wieder einmal deiner Meinung ), sondern ich plädiere dafür, Psychotherapeuten von dem Ideal-Sockel herunterzuholen, auf den wir Patienten sie gerne stellen.

@ Cieloazul:

Nachfolgend zwei gute Bücher zum Thema. Das erste ist ein äußerst hilfreiches Buch für Erwachsene; das zweite ist für Jugendliche geschrieben, bietet aber auch viele nachdenkenswerte Ansätze. Eventuell bekommst du sie nur noch antiquarisch oder in der Bibliothek:

Quinnett, Paul G. "Es gibt etwas Besseres als den Tod" und
Diekstra, Rene F.W. & McEnery, Gary "Der letzte Ausweg? Denkanstöße für Suizidgefährdete".

Alles Gute euch allen

Lee

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 26. Nov 2008, 16:30
von Cieloazul
Hallo Lee

"ich plädiere dafür, Psychotherapeuten von dem Ideal-Sockel herunterzuholen, auf den wir Patienten sie gerne stellen"

Da hast du natürlich recht - kritisch zu sein u. zu hinterfragen ist immer gut. Nur, ich gehe zu einem Fachmann-frau und erwarte in diesem Bereich einen erweiterten Horizont. Wenn ich bei meinem Auto einen Motorenschaden habe, gehe ich auch nicht zu Otto-Normalverbraucher sondern zu einem Fachmann, sprich Automechankier o. wie die auch immer heissen. Macht der Autofachmann einen Fehler, dann kann er tödlich enden. Macht der Seelenfachmann einen Fehler, kann er auch tödlich enden.
Würden Therapeuten zugeben was sie falsch machen, würden sich Kindheitstraumata nicht wiederholen - und genau das passiert tagtäglich und nicht nur seit Freud!
Das Wissen der Therapeut kann auch schwarze Flecken haben, nützt bei einer Retraumatisierung gar nichts.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 26. Nov 2008, 16:56
von Lee
Hallo, Cieloazul,

>>> Das Wissen der Therapeut kann auch schwarze Flecken haben, nützt bei einer Retraumatisierung gar nichts. Würden Therapeuten zugeben was sie falsch machen, würden sich Kindheitstraumata nicht wiederholen - und genau das passiert tagtäglich und nicht nur seit Freud!

Ich weiß ... Ich bin völlig deiner Meinung, und habe genau das selber erlebt. Es hat mir aber nicht geholfen, unbedingt eine Klärung mit dem Therapeuten herbeiführen und ihm begreiflich machen zu wollen, dass ihm ein Fehler unterlaufen ist, oder mich bei den offiziellen Stellen zu beschweren oder bei einem anderen Therapeuten Hilfe zu suchen. Ich bin gegen Wände gerannt. Erst war ich fassungslos, weil es keiner hören wollte, dann habe ich die Schuld bei mir gesucht - und jetzt bilde ich mir ein, die Zusammenhänge und Abhängigkeiten ein wenig zu verstehen. Vielleicht liege ich mit meinem "Menschen sind so, andere gibt es nicht" daneben. Aber es hilft mir, loszulassen - und zu gehen. Manchmal bleibt nur die Trennung (auch im übertragenen Sinne). Wenn man sich entscheidet zu bleiben bzw. fortdauernd gegen das erlittene Unrecht anzurennen, hat man sicher gute Gründe dafür, man trägt dann aber auch eine Mitverantwortung für weitere Schmerzen. Einfach ist das alles nicht und man kann auch nicht den Gefühls-Schalter mal eben so umlegen. Aaaaber, es nutzt nix: die Profis sind unvollkommen.

Trotzdem kann ich dir deinen aktuellen Schmerz sehr gut nachfühlen. Ich wollte ihn mit meinem Posting keinesfalls herunterspielen. Er ist berechtigt.

Viele Grüße

Lee

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 26. Nov 2008, 17:12
von Cieloazul
Hallo Lee

Ja, ich gebe dir recht u. ich hab auch nicht empfunden, dass du meinen Schmerz nicht anerkennen würdest.

Und es ist auch so, dass ich mich von diesem Paartherapeuten verabschiedet habe. Ich bin froh, dass ich einen Einzeltherapeuten habe, der die Äusserung auch als herabwürdigend ansieht.

Mit dem Paartherapeuten werde ich nicht diskurtieren u. ich werde mir auch nicht ein vermeintliches Recht einfordern, weder bei Sozialstellen noch bei einem Umbutsmann. Es ist, wie es ist u. werde meine seelische Befindlichkeit in der Einzeltherapie besprechen.

Danke für deinen Beitrag.

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 26. Nov 2008, 20:13
von triste
Hallo Lee,

vielen Dank!:-)
Ich bin natürlich auch absolut der Meinung, dass kein Mensch unfehlbar ist und dass jede(r) "Fachmann/Frau" selbstverständlich nicht gefeit ist vor Fehlern, menschlichen Unzulänglichkeiten oder sogar eigenen emotionalen Schwachstellen.
Ich habe auch gelernt (als 1000%-Perfektionistin), dass Milde und Loslassen mir selbst sehr helfen. Das bedeutet: zu erkennen, dass andere auch nicht perfekt sein können oder wollen, hilft, besser zu verstehen, wenn es in der Kommunikation mit mir evtl. nicht klappt oder wenn Fehler unterlaufen. Im übrigen suche ich meist auch zuerst bei mir nach Fehlern, was auch ganz gesund ist, finde ich.
Bin also völlig einverstanden mit Dir.

Allerdings will und muss ich erwarten können, dass in Situationen, die evtl. über mein Leben entscheiden, derjenige, dem ich es anvertraue, der Situation entsprechend korrekt und bewusst handelt.
Das tue ich (widerstrebend), wenn ich mich in ein Flugzeug setze. Das tue ich, wenn ich mich für eine OP entscheide. Und das tat ich, als ich hilflos war, weil psychisch erkrankt, und mich in Behandlung eines Facharztes für psychische Erkrankungen begab.

Meine Naivität, dass der Facharzt oder auch die Fachklinik dem Erkrankten ganz sicher hilft, habe ich inzwischen abgelegt und wähle bewusster aus, bzw. versuche mich thematisch entsprechend schlau zu machen. Ich versuche aber auch und trotzdem, Vertrauen zu haben, denn ohne geht es nicht. (Und es ist eine Gefahr, aufgrund schlechter Erlebnisse verbittert und misstrauisch zu sein).

Wenn ich bei einem Bäcker schlechte Qualität kaufe, verzweifle ich ja auch nicht über seine Inkompetenz und kaufe das nä. Mal eben einfach woanders. Aber ich finde schon, dass man im Bereich psychiatrischer Erkrankungen besonders anfällig für Vertrauensverletzungen und Unsensibilität ist und umso mehr erwarten muss und kann.
Was cieloazul geschildert hat, finde ich unerhört und zumindest für mich gibt es keine Entschuldigung oder Erklärung für das Verhalten des Therapeuten. In meinen Augen hat er völlig unsensibel reagiert, und muss man Sensibilität nicht von einem Therapeuten erwarten dürfen? Ist das nicht gerade Teil seines Berufes, so wie es Navigationssicherheit bei einem Piloten ist?
Wäre ich betroffen, ich würde ihm das sagen und dann die Therapie bei ihm abbrechen. Es hilft wenig, sich wochenlang darüber zu ärgern, auch da gebe ich Dir Recht, und ich habe auch gelernt, für mich unerfreuliche Begegnungen schneller ad acta zu legen, anstatt ewig darüber zu grübeln.
Und trotzdem - ich erinnere mich als furchtbar hilflos in meiner Depression. Und dann auf unsensible, rohe und fachlich inkompetente Behandler zu treffen, ist schon eine
besondere Prüfung.
Aber da wir ja mehr oder weniger einer Meinung sind,
wirst du mir vermutlich zustimmen, so wie ich Dir.

Liebe Grüße an alle Geschädigten!
Virginia

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 28. Nov 2008, 10:32
von frosch68
Hallo Chieloazul,

hoffentlich hast Du Dich von der Therapeuten-Konfrontation schon erholt.

Ich habe aus den Beiträgen gelesen, dass es ein systemischer Therapeut ist.

In der Systemischen Therapie habe ich auch die Erfahrung großer Worte, Gesten und Inszenierungen machen müssen.

Mir hat das so gar nicht geholfen. Verschiedene Angebote der systemischen Therapie sind übrigens auch umstritten.

Ich wünsche Dir, dass Du Kraft hast, einen neuen Weg zu gehen.

Lieber Gruß, René

Re: Therapeuten-Reaktion

Verfasst: 28. Nov 2008, 19:47
von Cieloazul
Hallo René

Danke der Nachfrage. Nein, ich nage noch daran. Bei meinem Therapeuten habe ich herausgefunden, dass mir bei der ganzen Sache vorallem die Schuldzuweisung zu schaffen macht.

Der Paartherapeut hat mir eigentlich gesagt, dass ich verantwortlich bin, wie es meinem Umfeld geht. Ich bin schuld, wenn mein Umfeld, meine Mitmenschen vergasen.

Natürlich schätze ich es nicht (es verletzt mich), wenn auf diese Art u. Weise ein Beziehungsabbruch geschieht.

Eigentlich hätte ichs wissen müssen, dass ich mit Systemikern nicht zu Rande komme. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Therapie wegen dieser Methode nicht funktioniert. Kommunikationsstil, Empathie u. auf Augenhöhe sein, das sind für mich ganz wichtige Dinge.