Widersprüche

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Apathia
Beiträge: 5
Registriert: 11. Jun 2008, 22:39

Widersprüche

Beitrag von Apathia »

Hi..
Ich bin neu hier.

Zu meiner Person: Ich bin 18 (m) und leide seit langem an depression und seit ich ca 15 bin hab ich regelmäßig und häufig ernste Selbstmordgedanken (hab es aber bisher nicht versucht). Meine Depression ist zum Teil genetisch zum anderen durch jahrelanges extremes Mobbing in der Schule entstanden.

Jetzt zu dem was ich eigentlich sagen wollte:
Ich verstehe meine Gefühle nichtmehr weil sie sich einfach widersprechen. Ich bin ungern alleine aber gleichzeitig hab ich eine Art Soziophobie und mag Gesellschafft auch nicht (wobei das ja durchaus häufig ist bei Depressiven/boarderline Persönlichkeiten.
Ich will "glücklich" sein, aber wenn ich "glücklich" bin dann sehne ich mich richtig nach diesem melancholischen Gefühl dass mir das Leben schwer macht. Mit diesem Gefühl bin ich wie gelähmt und bring nichts zu Stande usw das übliche eben.. Aber ohne dieses Gefühl fehlt mir etwas und ich fühl mich innerlich unzufrieden usw. Das wiederum führt über kurz oder lang wieder zu einer depressiven Phase. Jetzt wüsste ich nur gerne warum??? Ich versteh es einfach nicht weil das ja (zumindest was meine Nachforschungen betrifft) normalerweise eher nicht zutrifft..

Ich weiß ich bräuchte Hilfe von einem Psychologen, aber ich befürchte dass sich meine Persönlichkeit dadurch ändern wird und weil ich eben ohne dieses melancholische Gefühl nicht leben kann/will. Außerdem will ich einfach nicht zu einem Psychologen ohne jetzt genau zu wissen warum.

Aber jetzt steh ich vor dem Problem dass ich eigentlich nur lebe weil ich eine wunderbare Familie habe und ich könnte ihnen niemals einen Selbstmord antun! Im Grunde lebe ich also nur für meine Familie. Aber wenn ihnen jetzt etwas zustößt kann ich für nichts garantieren..
Eigentlich weiß ich gar nicht was ich will und was ich mit dem Beitrag bezwecken will aber ich wollte es einfach mal loswerden..
parvus_

Re: Widersprüche

Beitrag von parvus_ »

tach kollege.

vor einer "veränderung" der persönlichkeit würde ich mir da keine sorgen machen. sehe es einfach als veränderung im sinne von ENTWICKLUNG der persönlichkeit. darin besteht eine chance. und ich würde dir empfehlen, sowas nicht auf die lange bank zu schieben. daß du relativ jung bist könnte nämlich ein vorteil sein, da fällt manches sicher leichter.
cybolon
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Re: Widersprüche

Beitrag von cybolon »

Hallo Apathia,

da schließe ich mich Parvus an und möchte hinzufügen, dass eine Reduzierung der "Leidenssucht" deutlich angenehmer ausfallen kann, als Du möglicherweise vermutest. Denn eines kann ich mir einfach nicht vorstellen: Nämlich, dass jemand sein Leben als leichter empfindet, wenn er melancholisch ist. Möglicherweise fühlst Du Dich damit sicherer oder gibst Dir innerlich einen Freibrief, für Gefühle, die Du ansonsten verurteilen würdest.

Das aber rauszufinden und ggf. zu ändern, gelingt Dir nur mit Hilfe von Profis (Psychologen / -iatern).

Also ehrlich, Unsereiner zuckt zusammen, wenn sich der geringste Ansatz eines Melancholiegefühls auch nur ankündigt und dann kommt jemand und sagt, dass er sich nur damit wohlfühlen könnte! Hey, Apathia, das ist nicht so böse gemeint, soll aber so klingen.
Natürlich fühlt sich die Depression nicht für alle Menschen gleich an und die Schwierigkeiten sind ebenso unterschiedlich, wie der jeweils nötige Behandlungsweg.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall, dass Du hier im Forum viele Anregungen und Hilfestellungen bekommst.

Liebe Grüße
vom
cybolon
Apathia
Beiträge: 5
Registriert: 11. Jun 2008, 22:39

Re: Widersprüche

Beitrag von Apathia »

Ich habs vielleicht nicht ganz richtig ausgedrückt.. es ist ja nicht so dass es mir "gut" geht usw wenn ich dieses melancholische Gefühl hab.. ganz im Gegenteil ich fühl mich richtig mies usw.. aber wenn ich dann dieses Gefühl nicht hab fühl ich mich als würde ich meine eigene Persönlichkeit unterdrücken und als wäre ich jemand anders im Grund als wäre ich eine billige Fälschung.. und das Gefühl ist auch be..scheiden^^ und ich will ja auch ich selbst bleiben und nicht jemand anders werden! Ich fühl mich als ob man mich vor die Wahl stellt zu leben oder ich selbst zu sein...


edit:
im Grunde trifft es sehr gut zu was du gesagt hast, cybolon: "Ich gebe mir einen Freibrief Gefühle zu haben die ich sonst verurteil."
jochen
Beiträge: 99
Registriert: 2. Jul 2008, 10:32

Re: Widersprüche

Beitrag von jochen »

Apathia schrieb:
> Ich weiß ich bräuchte Hilfe von einem Psychologen, aber ich befürchte dass sich meine Persönlichkeit dadurch ändern wird und weil ich eben ohne dieses melancholische Gefühl nicht leben kann/will.

Hallo Apathia,

es hat eine Weile gedauert, bis ich deinem Gedankengang folgen konnte. Aber das Obige ist ja dein Hauptanliegen.

Ob du dich so veränderst, dass du nicht mehr du selbst bist, entscheidest du selbst. Das kann dir eine Psychotherapeut auch nicht aufzwingen. Er kann dich aber dazu bringen, dass du morgen etwas willst, was heute außerhalb deines Vorstellungsvermögens liegen mag. Du wirst aber auf keinen Fall gegen deinen Willen "verbogen". Nur Mut. Du brauchst Hilfe von außen!

Liebe Grüße
Jürgen
Antoinette
Beiträge: 74
Registriert: 3. Jun 2008, 21:58

Re: Widersprüche

Beitrag von Antoinette »

Hallo Apathia!

Ich hatte früher auch mal dieses Gefühl, die Melancholie zu brauchen, ohne sie nicht leben zu können, laaaaaang laaaaang ist's her... Inzwischen ist es bei mir so, dass ich wirklich beim kleinsten negativen Gefühl schon Abscheu davor habe, ich will nur noch weg von den negativen Gefühlen, hin zum Glück.

Jedenfalls kam diese Leidenssucht damals bei mir so zustande: ich WUSSTE gar nicht wie es sich anfühlt, wenn man sich gut fühlt. Wenn es mir nicht gerade schlecht ging dann war da: NICHTS! Und ich dachte "Das soll der der Normalzustand sein????? So soll ich mein dasein fristen???" Un dann war die Trauer doch die Teifgründigere und wertvollere Altenative.

Veilleicht ist das bei Dir auch so, dass Du nicht weißt wie schön es sich anfühlt wenn man Ausgeglichen und einigermaßen Glücklich ist...

Seitdem ich einmal erlebt hatte, wie schön,interessant, vielfältig, spannend, freudvoll und glücklich das Leben sein kann, dachte ich: Ich will NIE NIE wieder Depression erleiden müssen... Und überhaupt kann ich heutzutage nur deswegen gegen die Depression ankämpfen, weil ich ich wieder dieses Glück erleben will ,ohne Depression zu sein. Sonst hätte ich schon längst aufgegeben Angesichts der Qualen...

Und das mit der Sozialphobie und trotzdem ungern allein sein war bei mir auch so, ist auch ganz normal, wenn Du Dir mal auf diversen Seiten Infos zu Sozialphobie und Selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung durchliest...

Also jedenfalls solltest Du unbedingt jetzt mit 18 rechtzeitig was gegen die Krankheit tun, sie wird nämlich nur noch schlimmer kann ich Dir berichten. Wenn man mich damals im Krankenhaus richtig behandelt hätte, hätte ich auch ne gute Chance gehabt...

Die Veränderung die im Prozess der Gesundung eintritt, ist keine Veränderung der Persönlichkeit, sondern eine Veränderung des Gemütszustandes. Dass dabei Lebensfreude und LebensLust aus dem innersten zu Tage treten, ist eine gewollte Nebenwirkung

Und die Fähigkeit zur Traurigkeit wird dir auch nicht abhanden kommen. Ich hatte ja das Glück, eine kurze Zeit des Gesund-Seins erleben zu dürfen und da war das bei mir so: Ich war insgesamt glücklich und habe mich an vielen Dingen gefreut. Wenn ich dann traurig war wegen ner Sache (z.B. Oma gestorben) dann war das so, dass ich insgesamt immer noch sehr glücklich war und nur wegen dieser einen Sache traurig, und das war dann ein sehr positives schönes und gesundes Gefühl der Traurigkeit. Und ich dachte auch "Boah geil, ich kann traurig sein OHNE Depressionen zu haben!"

Vielleicht weißt Du aber auch, wie es sich anfühlt glücklich zu sein, und sehnst Dich trotzdem nach der Melancholie... Dann würde mir noch einfallen dass es daran liegen könnte, dass Dir ein richtiger Sinn im Leben fehlt. Z.B. Tätigkeiten die Du gut kannst und die Dir Spaß machen und wodurch Du Annerkennung erfährst. Und erfüllte, freudvolle Beziehungen (zu Famileie, Freunden und Bekannten). Und Herausforderungen zu haben(nicht Überforderungen). Das sind so die wichtigsten Dinge im Leben, die mir jetzt so einfallen...

Was denkst Du? können einige Sachen zutreffen, oder liege ich völlig daneben?

Grüße, Antoinette
Apathia
Beiträge: 5
Registriert: 11. Jun 2008, 22:39

Re: Widersprüche

Beitrag von Apathia »

Hi Antoinette!
Ich glaub du hast damit voll ins schwarze getroffen... Gerade dieses "nichts" wenn es mir mal nicht schlecht geht trifft ziemlich gut zu :/
Ich glaub ich werd mich dann demnächst mal nach professioneller Hilfe umschaun usw..

Vielen Dank für all die Antworten. Es hat mir jedenfalls geholfen eine Entscheidung zu treffen.. Mal schaun wie's weiter geht.

Apathia
cybolon
Beiträge: 2154
Registriert: 10. Dez 2007, 19:55
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Re: Widersprüche

Beitrag von cybolon »

Hallo Antoinette,

klasse Posting!
(Musste ich mir gleich kopieren, denn es wird auch mir nützen, es mehrmals heranzuziehen!)

Liebe Grüße
vom
cybolon
Antoinette
Beiträge: 74
Registriert: 3. Jun 2008, 21:58

Re: Widersprüche

Beitrag von Antoinette »

Vielen Dank!

Ich freu mich wenn ich euch helfen konnte! Das ist eine sehr schöne Anerkennung...
Annele
Beiträge: 10
Registriert: 10. Jun 2008, 17:12

Re: Widersprüche

Beitrag von Annele »

Ich habe bisher nur im Forum mitgelesen, möchte Dir aber sagen, dass mir Dein Beitrag sehr ins Herz ging und auch ich mich sehr angesprochen fühlte. Vielen Dank dafür .
Antoinette
Beiträge: 74
Registriert: 3. Jun 2008, 21:58

Re: Widersprüche

Beitrag von Antoinette »

Da freu ich mich doch direkt dreifach!
Es tut sehr gut das von euch zu lesen!
Antoinette
Beiträge: 74
Registriert: 3. Jun 2008, 21:58

Re: Widersprüche

Beitrag von Antoinette »

Da freu ich mich doch direkt dreifach!
Es tut sehr gut das von euch zu lesen!
engelchen5
Beiträge: 1
Registriert: 19. Jun 2008, 20:04

Re: Widersprüche

Beitrag von engelchen5 »

mir gehts da auch so wie dir
durch jahrelanges mobbing hab ich auch depressionen bekommen...
und habe auch extreme stimmungsschwankungen....
ich versuche immer alles nachzuholen, was ich damals verpasst hab, weil ich mich von 13-16 nur eingeigelt hab...und dann werd ich doch traurig, weil man das nicht alles nachholen kann..und mittlerweile bin ich auch schon 21..
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