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Umgang mit Wut

Verfasst: 6. Jan 2008, 23:09
von bee
Mich würde mal interessieren, welche "guten" Möglichkeiten ihr gefunden habt, mit Wut umzugehen -
Wut über Situationen, die ihr nicht ändern könnt, oder über Menschen, die für eine Klärung nicht zur Verfügung stehen.

Ich hab jetzt einige Jahre Verhaltenstherapie hinter mir, fühle mich z.Zt. auch nicht depressiv,
aber arbeite noch an den Feinheiten.
Ich erkenne (jetzt) immer öfter meine Wut und darf sie auch zulassen.

In der Therapie sprachen wir darüber, dass ich öfter mal Fressanfälle bekomme, aber vorwiegend auf harte Sachen (Nüsse, knackige Äpfel, Knäckebrot, etc.)
Hört sich gesund an, aber die Menge macht's.

Meine Thera meint, dass ich über die Kaubewegung Wut/Stress/Spannung abbaue und ich soll mal darüber nachdenken, wie ich anders mit meiner Wut umgehen kann.

Die Möglichkeiten, die ich bisher gefunden habe, waren:

- Joggen oder sonstwie körperlich auspowern (das klappt bei mir ganz gut,
aber ich kann nicht immer Joggen)

- ein Kissen immer und immer wieder auf den Boden knallen (geht nur,
wenn die da unten nicht zu Hause sind)

- im Auto/im Wald laut schreien (funktioniert bei mir noch nicht -
vielleicht, weil meine Wut noch nicht so laut sein darf?)

Was habt ihr für Ideen?

LG bee

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 6. Jan 2008, 23:30
von otterchen
Hallo Bee,

ich verstehe, was Du meinst. Ich habe in solchen Situationen auch so meine Probleme, das richtige Ventil zu finden.
Irgendwie mussten das auch immer recht spezielle Ausdrucksformen sein: z.B. das Treten vor etwas Festes (im Wald möglich, bei Möbeln nicht so angeraten), das Einschlagen mit einem Gegenstand aufs Bett (Kissen auftürmen und z.B. mit einem Steakklopfer draufhauen)... es kommt halt wohl auch drauf an, wo man das am ehesten spürt: will man was mit den Händen oder mit den Füßen machen etc.
Ich habe in der Klinik meine angestauten Aggressionen gezielt abbauen können (mit speziellen Schlägern auf die Gymnastikmatten), und es war sehr, sehr hilfreich.

Aber eine Frage hätte ich natürlich noch dazu (und nicht nur an Dich, sondern an die Runde hier):
was ist denn mit dem Thema Achtsamkeit bzw. "wahrnehmen - zulassen - annehmen - loslassen"??
Wirst Du diese Wut denn nicht dadurch los, dass Du sie nicht-wertend annimmst?
Warum diese Wut loswerden wollen? Wut ist ja auch was Antreibendes, Zerstörendes und dadurch auch Platzschaffendes für Neues.

Ich verstehe manche Zusammenhänge wirklich noch nicht...
Idee: hat es was mit der Verarbeitung von angestauten Gefühlen zu tun? Mit denen, die wir zu lange verdrängt haben?
Hilft bei aktuellen Gefühlen das Annehmen und Loslassen, bei den "Altlasten" aber diese speziellen Methoden der Verarbeitung?



... im Moment mehr Fragen als Antworten von mir, sorry

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 6. Jan 2008, 23:32
von Quentin
Hallo bee,

jetzt wo ich Deinen Beitrag lese, fällt mir auf, daß ich damit auch Probleme habe. War mir bisher gar nicht so bewußt. Wenn mich früher etwas geärgert hat oder ich wütend war, habe ich es meistens in mich reingefressen. Daher kommen bestimmt auch einen Haufen meiner Probleme. Ich glaube, in sich reinfressen ist mit Sicherheit die schlechteste Lösung. Daher finde ich es gut, wenn Du Deine Wut zuläßt. Ich glaube, ich muß das auch noch lernen. Um damit besser umzugehen, gehört für mich auch NEIN-sagen dazu. Wenn ich nicht daß mache, was andere wollen, geht es mir einfach besser. In letzter Zeit habe ich es sehr oft geschafft Nein zu sagen. Manchmal war ich selber überrascht, wie leicht es mir gefallen ist.

Ich glaube auch, man sollte seine Wut in Worte fassen können. Ich meine damit nicht, andere Leute anzuschreien, aber zumindest seinen Standpunkt zu vertreten. Ich hatte mich mal mit meinem Bruder gestritten und ihm auch viele Sachen an den Kopf geschmissen. Danach ging es mir aber besser, weil es einfach mal raus war. Ich glaube streiten ist auch eine ganz gute Möglichkeit, aber nicht gerade meine Stärke. Irgendwie hat das wahrscheinlich auch was mit Konfliktbewältigung zu tun.

Gruß

Quentin

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 09:59
von kormoran
hallo bee,

danke dass du das thema aufwirfst.
konkret: ich boxe ganz heftig in die luft, so richtig konzentriert, fäuste geballt und ganz "gezielte" schläge. das geht ohne lärm und zerstörung... (schreien schaff ich auch nicht)

@otterchen: ich für meinen teil nehme an dass aufgestaute wut (auch) zum stillstand von mir führt. sie richtet sich gegen mich; bzw. ist es eine enorme (potenzielle) kraft die mir zum leben fehlt. die folgerichtige konsequenz aus ihrer wahrnehmung ist, diese kraft in die richtige richtung zu lenken (so wie: bei kälte nach einer decke zu fragen, weil die kälte eben nicht vom wahrnehmen vergeht )

ich stelle oft fest, dass ich zwar diese aufgestaute, tobende wut in mir verspüre und mit dem kopf weiss, ich soll sie 1. wahrnehmen (woher, warum, sagt sie mir was) und 2. die darin enthaltene energie freisetzen damit sie a) mich nicht schädigt und b) mir für meine eigentlichen ziele zur verfügung steht. aber dann tu ich es einfach nicht, stillstand.

lg
k

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 11:58
von bee
Danke für eure Antworten!
Ich finde auch, es ist ein wichtiges Thema, gerade für Frauen.

@ otterchen
Der Therapeut, der mich dazu gebracht hat, immer wieder das Kissen auf den Boden zu schmeißen
(von allein wär ich ja nie auf die Idee gekommen, so etwas zu veranstalten) , hat mir auch von dieser Übung mit Schlägern auf Gymnastik-Matten erzählt.

Es gibt da eine interessante Untersuchung mit Kindern/Jugendlichen zu:
die Kinder sollten mit all ihrer Kraft den Schläger auf die Matten hauen und wurden dabei gefilmt.
In der Zeitlupe entdeckte man, dass Mädels und Jungs zwar beide gut ausholten, aber fast alle Mädels den Schläger kurz vor dem Auftreffen abbremsten, so dass der Schlag nicht mehr soviel Kraft hatte.

In der Klinik habe ich gelernt, dass der Sinn des Gefühls "Wut" ist, mir aufzuzeigen, dass meine Grenzen verletzt worden sind.
Und rein biologisch setzt Wut Energien frei,
gibt mir Kraft, mich zu wehren.

Wenn ich die Situation klären kann, ist es ja auch gut so - wie bei einem Gewitter reinigt sich die Luft und es kann etwas neues entstehen.

@ Quentin
Ich war mein ganzes Leben lang ein konfliktscheuer Mensch. In den letzten Jahren waren meine vorherrschenden Gefühle Angst/Panik und Trauer - die Wut war irgendwo dahinter versteckt.
Mittlerweile schaffe ich es nicht immer, aber immer öfter mich in Konflikten zu vertreten, für meine Belange einzustehen.

Mein Problem sind halt nur die Dinge, die ich nicht klären (weil diese Personen nicht greifbar sind, zumindest zur Zeit nicht), aber auch nicht einfach abhaken kann.
Wie gehe ich da mit meiner Wut um?

@ Kormoranin
Danke für den Tipp mit dem Luft-Boxen, ich werde es mal versuchen.

LG bee (auch w, aber 47, auch nrw)
um keine Verwirrung aufkommen zulassen, hab ich die letzte Zeile korrigiert

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 12:23
von Speranza
Hallo Bee,

>>>Mein Problem sind halt nur die Dinge, die ich nicht klären (weil diese Personen nicht greifbar sind, zumindest zur Zeit nicht), aber auch nicht einfach abhaken kann.
Wie gehe ich da mit meiner Wut um?<<<

Es ist schlimmm, auf den eigenen Gefühlen sitzen zu bleiben, weil keine Klärung möglich ist!
Mir hilft (außer auf Terminen zur Ausprache zu beharren und dem Schreiben nie abgeschickter Briefe) laut Musik zu hören die meine Empfindungen widerspiegeln.

Meine Wut stammt aus belasteten/emotional missbräuchlichen Beziehungen - ich habe unter dem folgenden Link für mich geeignete Musiktitel gefunden (wenn der link nicht für dich taugt: einfach ignorieren). Die Texte kann man sich unter "lyrics" ergoogeln.

http://www.re-empowerment.de/include.ph ... 70d88f6e19

Ursula

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 12:28
von Quentin
Hallo bee,

wollte damit kein Patentrezept anbieten. Das habe ich auch nicht. Es waren nur so Gedankengänge. Ich weiß nicht, ob ich es hier schon mal geschrieben habe. Ich habe meine massiven Probleme, seit mein Vater gestorben ist. Seitdem habe ich Panikattacken, Angstzustände und bin oft wie gelähmt. In letzter Zeit wird es aber besser. Ich kann mich auch wieder besser Konflikten stellen und Probleme lösen. Ich hatte auch oft so Schuldgefühle. Ich meinte nur, auch im täglichen Leben gibt es ja Leute, die einen nerven. Mit denen setze ich mich schon auseinander oder sage auch mal Nein. Und es geht mir besser dabei, bzw. ich habe auch kein schlechtes Gewissen mehr, etwas abzulehnen.

Manchmal denke ich auch, vielleicht hätte ich mehr mit meinem Vater streiten sollen. Aber sicher bin ich mir auch nicht. Manchmal habe ich auch das Gefühl, ich laufe gegen eine Wand .

Aber ich glaube, streiten kann und muß man auch lernen. Aber wie gesagt, es waren nur so Gedankengänge.

So, muß jetzt weitermachen. Hab gerade meinen Weihnachtsbaum entsorgt und muß jetzt mal saugen .



Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 19:46
von bee
@ Ursula
Danke, die Idee mit den nie abgeschickten Briefen ist super, die werde ich in meine Liste aufnehmen.

Laute Musik tut auch gut, ich muss nur bei Gelegenheit nach Titeln suchen, die für mich gut passen.

@ Quentin
Mein Weihnachtsbaum musste etwa zeitgleich dran glauben

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 20:40
von CJ43
Hallo Bee!

So ein spannendes Thema!
Ich komme aus einer Familie, in der nicht offen gestritten wurde. Eher ewig angeklagt und beschuldigt (Mutter) oder in seltenen, plötzlichen Zornesausbrüchen explodiert (Vater).
Ich habe nie erlebt, wie man Koflikte sinnvoll austragen und lösen kann. Meine Eltern sind über 40 Jahre verheiratet und es ist für mich immer noch schmerzlich, ihrem Streit zu zusehen.

Ich finde Wut durchaus auch positiv: weil ich eigentlich ein zurückhaltender, kofliktscheuer Mensch bin. Mit gehöriger Wut im Rücken traue ich mich dann doch, mich zu streiten. Von daher halte ich es für ein gesundes Gefühl. Kann auch Macht verleihen und Durchschlagskraft!

Leider gibt es viele Situationen, Dinge, Menschen, die man nicht ändern kann - Streit hin oder her. Zum Beispiel Vorgesetzte.
Das empfinde ich dann als quälend, wenn berechtigte Wut in mir nagt, wenn ich etwas sehr ungerecht finde und es nicht ändern kann.
Dann habe ich Probleme, die Wut in etwas Sinnvolles fließen zu lassen. leider!

Auf Sandsäcke hauen bringt mir nix. (Habe ich schon probiert). Körperlich was machen schon, wie radfahren. Schreien ist gar nicht mein Ding.

Mich erleichtert es eher, wenn ich Selbstgespräche führe und den imaginären Wuterzeugern ungefiltert und sehr boshaft sage, was ich von ihnen halte. Mich erfreut schon die Vorstellung, ich muss es gar nicht umsetzen.

Was mich mal interessieren würde: wie geht ihr damit um, wenn ihr in Verhältnissen steckt, die ständig neue Wut produzieren, wie z.B. am Arbeitsplatz? Wenn der innerliche Abstand nicht wirklich herzustellen ist?
Bringt es euch dann wirklich etwas, auf Kissen zu hauen?
Ich meine den Fall, wenn man dauerhaft hilflose Wut erlebt, dann kanns doch nicht die Lösung sein sich auszuagieren?
Wie und Wohin lenkt ihr dann eure Wut um?
Das ist für mich ein Thema, wo ich schon seit längerem sehr ratlos bin. Wäre schön, wenn jemand eine ähnliche Situation kennt!

Liebe Grüße!
Constanze

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 20:43
von Inkognito

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 21:17
von kormoran
hallo ihr,

ich bin dankbar für das thema... wenn ich dieser tage gerade wieder so absacke dass ich mich frage ob dass denn jemals nennenswert besser wird, ob mensch denn so leben soll, .... dann taucht hinter dem nicht wollen, dem nicht wollen können, unter anderem auch wut auf; und zwar ziemlich alte wut bzw neu wahrgenommene wut über vergangenes.

bei aktueller wut (wenn ich so an meine letzte arbeitsstelle zurückdenke), da gab es dinge die mit solcher zeitverzögerung wut hervorrufen dass es längst zu spät ist; oder es ist so eine hilflose wut wo ich weiss ich kann gegen die angreifer (im weitesten sinn) nicht an.

bee, sag mal,
schaffst du es denn deine wut - wenn es nicht um eine altlast geht - in einem vernünftigen zeitabstand zum anlass wahrzunehmen, und zweitens reagierst du dann immer wenn du sie wahrnimmst? kommt es vor dass du einfach gelähmt auf das phänomen reagierst?

hilflosigkeit ist die empfindung die am nächsten liegt bei dem gefühl das ich hier wut nenne. es passiert etwas das ich nicht will. oder mir gelingt nicht was ich versuche.
ich reagiere mit resignation und passivität, weil ich ja doch nicht siegen kann (ich bin zu blöde, körperlich und intellektuell schwächer als mein großer bruder, ein mädchen darf nicht herumschreien, die mobbenden kollegInnen sind überlegen ...)

@ constanze: ich denke dass es in so einem fall notwendig ist genau zu klären ob man die verhältnisse die dauernd diese wut erzeugen, ändern kann. (oder ob die wut aus mir selbst kommt, also vielleicht wirklich nur mit mir zu tun hat - unzufriedenheit, schlechtes gewissen, o.ä.) aus meiner jüngeren geschichte muss ich leider sagen, ich habe zu lange behauptet dass es ja doch nicht zu ändern ist. ich meinte durchhalten zu müssen usw. usf. und war viel zu sanft und kompromissbereit - davon leben gewisse leute sehr gut. also in meinem fall habe ich wohl zb immer wieder mehr personal eingefordert, es kam aber einfach nicht. statt eines tages einfach nur ein einziges projekt platzen zu lassen weil es einfach nicht geht habe ich auf eigene kosten weitergemacht und die wut ist, nur teilweise überhaupt wahrngenommen, drinnen geblieben.
ich fürchte insbesondere wir frauen müssen uns dazu disziplinieren bei solchen umständen sehr viel konsequenter reflexion zu üben (passt es noch oder ist es nun eindeutig zu viel) und dann noch ganz klar konsequenzen einzufordern. und wenn die nicht ziehen, gehen. die rechnen nicht damit. die kennen uns so, dass wir immer doch weitermachen. die haben keinen respekt vor uns, deshalb wohl.

[edit]

herrje, leute. sowieso immer zu viel text, und heut wohl total wirr. ich bin etwas verzweifelt...

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 22:32
von bee
Ihr Lieben, super - mit soviel Resonanz, hatte ich gar nicht gerechnet

Ähnlich wie Constanze es beschrieben hat, komme ich aus einer Familie wo nicht gestritten wurde - wenn es bei uns Differenzen gab, wurde sich angeschwiegen.

Deshalb hab ich es als Kind nicht gelernt, Wut auszudrücken, ich hab's runtergeschluckt und auch manchmal die Wut gegen mich selbst gerichtet.

So etwa alle 5-10 Jahre reichte ein kleiner Anlass um mich völlig ausrasten zu lassen (im Sinne von lautem Schreien und Weinen, Hyperventilieren, Würgen, die ganze Palette manchmal eine ganze Stunde lang) - dann entlud sich alles, was sich für mich eher unbemerkt angestaut hatte (manchmal in den unpassendsten Momenten).

Zu Deiner Frage Kormoranin:
wenn mich jemand ganz platt anmacht, registriere ich meine Wut schon relativ schnell.
Je nachdem, um wen es sich dabei handelt, kann ich heute direkt reagieren.
Wenn es aber eine nicht so vertraute Person ist, geh ich lieber aus der Situation raus und versuche es später (in Ruhe) zu klären.

Aber manchmal, vor allem, wenn mir etwas mit einem netten Deckmäntelchen präsentiert wird, verfalle ich in alte Gewohnheiten, hab routinemäßig alles geschluckt und merke es erst, wenn es Tage/manchmal Wochen später wieder hochkommt.

Mittlerweile versuche ich es dann aber noch anzusprechen und nicht auf sich beruhen zu lassen.
Meinem Doc habe ich mal eine Bemerkung, die er ein Jahr zuvor gemacht hatte, (bildlich) um die Ohren gehauen und das war gut so.

Ich bin nicht sooo ein Fan von Achtsamkeit (sorry otterchen), aber ein bisschen mehr davon würde mir bestimmt gut tun.

Wenn ich jeden Abend den letzten Tag Revue passieren lassen würde, käme ich meiner Wut vielleicht schneller auf die Spur und müsste nicht warten, bis sie sich auf Umwegen äußert.

LG bee

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 22:37
von kormoran
Meinem Doc habe ich mal eine Bemerkung, die er ein Jahr zuvor gemacht hatte, (bildlich) um die Ohren gehauen und das war gut so.

wow...
das merke ich mir einmal - dass es vielleicht in manchen fällen sinnvoll und möglich ist.

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 7. Jan 2008, 22:53
von Speranza
@ Bee,
Danke für deine Rückmeldung!!

@all
Ich will gern noch einige Gedanken zum Thema schreiben – unsortiert, weil ich bettreif bin. Nur die Gedanken geben keine Ruhe.

Also: Man sagt, dass Wut etwas klären will, auch dass hinter Wut das Bedürfnis nach Autonomie steht.
Andererseits kann Wut auch andere – schwer aushaltbare Gefühle wie Angst, Schmerz, Hilflosigkeit überdecken.

Ärger und Wut setzen im positiven Sinne etwas von unserer Energie frei um etwas verändern zu können. (Sichtweise der gewaltfreien Kommunikation GfK)

Bei mir dauert es leider lange, bis ich soweit bin, etwas / bzw. mich verändern zu können – und deshalb helfen mir zwischendurch einige der Tipps die hier genannt wurden.
Aber „nur“ die Wut rauszulassen bringt nichts, wenn ich nicht weiß, welches Bedürfnis dahinter steht!!
Was brauche ich dann? Was und wie kann ich etwas tun??

LG Ursula

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 07:09
von otterchen
Guten Morgen!

Ah ja, die Wut... sowas erlebe ich gerade bei mir. Mir hat jemand Grenzen gesetzt. Wenn ich mal locker bewerten darf: eigentlich Kleinkram, wirklich.

Aber es trifft etwas in mir. Ich wollte diese Wut annehmen, zulassen... aber sie ist nicht vorüber gegangen, sie ist (erst einmal) gewachsen! Oha... das hat einen Punkt aus meiner Kindheit berührt. Weil ich dort immer wieder nur auf Grenzen gestoßen bin?

Mittlerweile - heute früh (noch) recht distanziert zu diesem Thema - denke ich, dass diese Wut nicht angemessen ist. Ohne zu bewerten - einfach mal beobachtend.

Mal schauen, wie sich diese Wut noch weiter entwickelt, was ich daraus lesen kann.

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 07:21
von Quentin
Hallo zusammen,

wenn ich die Beiträge hier lese, kommt mir vieles sehr bekannt vor. Älterer Bruder, Familie in der vieles verschwiegen und verdrängt wurde. Irgendwie kann ich das aber noch nicht in Worte fassen. Dauert wohl noch ein bißchen.

Wünsche Euch einen schönen Tag.

Quentin

(m, 41, BY )

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 09:05
von GothLady85
Hallo,

ich muß sagen ich kann mich auch in vielen eurer Posts wieder finden. Speziell was das in sich reinfressen und dann gelegentlich komplett ausrasten angeht.

Nur das bei mir der Grund eventuell ein anderer ist. Ich kann mich zwar auch nicht erinnern, dass in meiner Familie mal richtig gestritten wurde, aber bei mir ist wahrscheinlich der Hauptgrund mein Bruder. Er war als Kind sehr anstrengend und meine Eltern mußten sich dann natürlich wenn sie wieder aus der Arbeit da waren hauptsächlich darum kümmern ihn irgendwie unter Kontrolle zu bringen, da konnte ich dann natürlich nicht auch noch ankommen und Aufmerksamkeit verlangen.
Naja, aber das is ja jetzt auch nicht so wichtig...

Mich würde nur mal interessieren wie ihr es schafft eure Wut so schnell wahrzunehmen. Ich habe bei mir oft den Eindruck, dass ich garnicht in der Lage bin wahrzunehmen wenn ich wütend werde. Ich merk das dann meistens erst abends wenn ich wieder anfange meinen Freund ohne Grund anzuzicken, weil er scheinbar der einzige ist bei dem ich meine Wut rauslassen kann.

Außerdem stellt sich mir gerade die Frage ob genervt sein schon eine art Wut ist. Oder ob das zwei ganz verschiedene Sachen sind, weil ich das irgendwie nicht richtig differenzieren kann. Aber vielleicht müßte ich meine Wut auch erst richtig wahrnehmen können um die Unterschiede festzustellen.

Das wurde jetz schon wieder viel länger als geplant, würde mich aber über Antworten freuen.

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 12:51
von bee
Hallo GothLady,

ich bin schnell genervt, wenn ich etwas erledigen will, wo ich ein bisschen Konzentration für brauche und die liebe Familie mich ständig stört -

oder, wenn ich einfach mal meine Ruhe haben will und ständig einer angedackelt kommt.

Wenn ich mir diese Situationen mal begucke, dann werden doch durch das Stören meine Bedürfnisse bzw. sogar meine Rechte missachtet.

Ist doch ein Grund wütend zu sein
Nicht gerade für einen großen Wutausbruch, aber doch für ein bisschen Wut, oder nicht?

Und ich denke, das Wahrnehmen von Wut ist auch eine Übungs-Sache - bei mir dauert es ja auch manchmal noch etwas länger.

Allen anderern Postern wünsche ich noch einen schönen Tag!

LG bee

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 13:12
von ils_pixent9
Hi ihr Lieben,
ich kenne zwei unterschiedliche Formen von Wut, bei der ersten spüre ich sie sofort, es ist als würde ich angezündet und stünde in Flammen.Bei dieser Wut kenne ich die Gründe genau.

Dann kenne ich aber auch noch die Form von Wut die sich langsam aufbaut und immer schlimmer wird, in diesem Fall hatte ich erst keinen Grund gesehen wütend zu werden, so seltsam wie sich das anhört.

Schattenboxen oder die Wut an Kissen auszulassen, ist nichts für mich.Meine Thera hatte für ihre Patienten Schaumstoffeier die sie an die Wand werfen konnten, das wäre nichts für mich.

Entweder ich schreibe Briefe die ich aber auch abschicke oder ich schalte mein Kopfkino ein und drehe meine Filme oder ich setze mich mit dem Betreffenden auseinander.

Ich bin aber immer froh, wenn ich nicht wütend bin, ich mag das Gefühl der Wut nicht, es ist irgendwie zu laut.

Es gibt übrigens auch eine heiße und eine kalte Form der Wut.

LG Gret.

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 14:20
von GothLady85
@bee: Danke für deine Antwort, ich finde was du schreibst klingt sehr plausiebel. Vielleicht ist genervt sein wirklich eine abgeschwächte Form der Wut, dadurch lässt sich das genervt sein aber denke ich noch schwerer Wahrnehmen als richtig extreme Wut.

@Grete: Kannst du mir mal den unterschied zwischen heißer und kalter Wut erklären?
Ich finde es übrigens wirklich bemerkenswert wenn es jemand schafft mit demjenigen der für die Wut verantwortlich ist darüber zu reden, ich kann das einfach nicht.

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 14:25
von Clown
«demjenigen der für die Wut verantwortlich ist»

Einspruch, euer Ehren! Nur ich selbst bin für meine Gefühle verantwortlich, es ist meine 'Entscheidung' (im Sinne von Wahrnehmungs- und Reaktionsmuster und meiner Bewusstheit davon) wie ich auf etwas/das Verhalten anderer reagiere.

Grüße,
Clown

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 14:33
von GothLady85
Ok, dann verantwortlich war vielleicht der falsche Ausdruck.

Dann ersetz den Teil des Satzes mit: "der die Wut ausgelöst hat."

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 15:10
von chrigu
Hallo!

Ich finde mich in vielen Postings und Situationsbeschreibungen wieder, deshalb möchte ich mich auch gerne mal einklinken.

In meiner Familie wurde auch selten richtig gestritten, eine Diskussion oder ein Streit wurden eigentlich nie ordentlich beendet, sondern stillschweigend von allen Beteiligten runtergeschluckt.
Wenn ich wütend war, dann bin ich damit bildlich gesprochen vor eine Wand gelaufen und habe offensichtlich im Laufe meiner Kindheit gelernt, dass mir die Wut in Bezug auf meine Eltern nicht weiterhilft.

Übrigens habe ich auch einen Bruder, der als Kind unglaubliche Wutanfälle hatte, in denen er wirklich völlig ausgerastet ist - er hatte offenbar eine Strategie für sich gefunden.

Mir geht es heute meistens so wie Dir, GothLady, dass ich ganz oft meine Wut gar nicht wahrnehme. Erst, wenn ich über eine Situation nachdenke, fällt mir auf, dass ich z.B. ungerecht behandelt wurde und doch eigentlich wütend sein müsste.
Aber das passende Gefühl dazu habe ich einfach nicht. Und ich glaube, dass das viel mit meiner Selbstwahrnehmung und meiner Selbstschätzung zu tun hat, denn wenn ich Wut empfinde, dann zeige ich ja auch, dass ich mir selbst was wert bin und eben wütend bin, wenn andere meine (Wert-)Grenze überschreiten.

Dafür verspüre ich dann (manchmal viel viel später) einen inneren Druck, weil die Wut offenbar doch in mir drin ist, aber einfach nicht wahrgenommen oder angenommen wurde. Damit umzugehen fällt mir auch nicht leicht, weil es eben so eine unkonkrete und nicht mehr situationsgebundene Wut ist.

Wie erlebt Ihr Eure Wut denn? Ich finde Grets Bild von der kalten und warmen Wut ganz passend, außerdem hat Wut für mich etwas sehr Kraftvolles in sich.

Viele Grüße
Chrigu

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 8. Jan 2008, 16:52
von ils_pixent9
Hi,
die warme Wut möchte sich entladen, ist wie ein Gewitter.Die kalte Wut hat Ähnlichkeit mit einer Mathematikaufgabe, schraubt sich ein, ich weiß nicht, ob jemand versteht, wie ich das meine.In der warmen Wut denkt man im allgemeinen nicht, in der kalten schon.

Bei uns zuhause wurde gestritten, den Jähzorn meiner Mutter habe ich gefürchtet, ebenso den meines Großvaters.

LG Gret

Re: Umgang mit Wut

Verfasst: 9. Jan 2008, 09:55
von GothLady85
Da stellt sich mir jetzt die Frage ob man kalte Wut bewusst zu warmer Wut machen kann.
Ich denke, wenn ich denn mal merke, dass ich wütend bin ist es kalte Wut, ich denk dann die ganze Zeit drüber nach und weis aber auch nicht so recht wie ich sie wieder los werde.

Die meisten Ratschläge zur Wutbewältigung sind ja sowas wie Schattenbox, schreien, auf Kissen einprügeln usw.

Wenn ich meine Wut jetzt aber zum Beispiel mit Schreien rauslasse oder dabei sogar noch auf ein Kissen einschlage wäre das ja dann warme Wut, weil es ja ein richtiger Ausbruch ist.

Deswegen müßte man doch erst einmal lernen die kalte in warme Wut umzuwandeln, oder hab ich da jetz was falsch verstanden?