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Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 00:24
von omk
Hallo,

mein Name ist Michael, ich bin 25, Student, und frage mich seit kurzem ob ich schon fast mein ganzes Leben lang depressiv(seit der Einschulung) bin.

Letztens las ich einen Artikel, über Cholesterin, auf Wikipedia. In diesem wurde angeführt, dass ein niedriger (Gesamt-)Cholesterinspiegel als Risikofaktor für, unter anderem, Depression und schlechtes Gedächtnis gilt.
Jedesmal, als ich meine Blutwerte bisher zu Gesicht bekam, und dabei Cholesterin mitgetestet wurde, waren meine Cholesterinwerte(99,100) deutlich niedriger als die, im Artikel, angegeben Schwellwerte. Mein Gedächtnis ist ausserdem wirklich nicht das Beste.
Ich bin in der Vergangenheit immer davon ausgegangen, dass depressiv einfach bedeutet jmd. ist sehr traurig. 'Zufällig' klärte mich eine Psychologiestudentin kurz nach dem Lesen des Artikels darüber auf, dass Depression eher Apathie bedeutet und auch sonst verwendete sie viele Begriffe, die ich schon verwendete, um mich sebst zu beschreiben.
Daraufhin informierte ich mich eingehender über Depressionen und musste feststellen, dass sehr viele von den, im Wikipedia-Artikel(über Depressionen) aufgeführten Dingen, auf mich zutreffen(aber glaube ich nicht alle, bei innere Unruhe zum Beispiel weiß ich nicht was damit genau gemeint ist).

Zu Grundschulzeiten war es so, dass ich quasi ein anderer Mensch war, solange ich in der Schule war(oder auch bei jmd. zu Besuch). In der Schule war ich still und zurückgezogen und daheim mehr oder weniger das Gegenteil.
Ich wollte einerseits nichts mit meinen Mitschülern zu tun haben (ich wollte nie in die Schule, und da ich davon ausging, dass die Anderen alle gern/freiwillig hingingen, dachte ich, dass ich mich sowieso nicht mit ihnen verstehen würde), andererseits habe ich mich auch einmal in die Ecke des Schulhofes gesetzt, geweint und gemeint niemand wolle mit mir spielen.
Aber mir war auch klar, dass ich nichts gegen den Schulzwang tun konnte, und so ließ ich das Alles halt über mich ergehen.

In späteren Jahren ließ dieser Zwiespalt dann nach und mein Verhalten daheim(wir lebten sehr abgelegen) wurde dem Verhalten ausserhalb immer ähnlicher. Häufig habe ich den ganzen Tag einfach nur dagesessen und nachgedacht.
(Mein Mutter meinte ich wäre früher so ein fröhlicher Mensch gewesen, und was denn nur mit mir passiert sei.)
Irgendwann fing ich an mich selbst als innerlich tot bzw. leer zu beschreiben (allerdings keinem anderen Menschen gegenüber).
Seit ein paar Jahren habe ich jetzt Magen-Darm Probleme, die schlimmer zu werden scheinen, wenn ich eine Arbeit für die Uni fertig machen muß (und ich schiebe sowas immer bis zum letzten Moment auf ...) und für diese sind bisher keine wirklichen Ursachen gefunden worden.

Heute kann ich sagen, ich kann mich nicht daran erinnen jemals eine positive Emotion erfahren zu haben(negative aber schon). Ich habe kaum Freunde und selbst mit diesen wenig zu tun, habe aber auch kein Interesse an anderen Menschen. Auch sonst habe ich keine Interessen.
Wenn ich Entscheidungen fälle, dann, meiner Meinung nach, aus rationellen Gründen, oder ich lasse Andere entscheiden.
Suizidgedanken habe ich keine (mehr) (weiß nicht ob es den Regeln nach erlaubt wäre meine Gründe(von Suizid abzusehen) hier aufzuzählen, ich wuerde sie nicht unbedingt als ermutigend bezeichnen).

Passe ich ins Bild eines Depressiven?

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 00:30
von Bernd2
Hast Du schon einmal einen Psychiater konsultiert? Der könnte Dir eine fachlich fundierte Antwort auf Deine Frage geben. Nur Mut, auch Psychiater beißen nicht.

Gruß
Bernd

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 05:01
von Quentin
Hallo Michael,

ich glaube auch, so etwas kann nur ein Arzt entscheiden. Tatsache ist ja, daß Du mit der momentanen Situation unzufrieden bist. Ob jetzt Depression oder Einsamkeit ist dann ziemlich egal. Wenn Du Student bist, gibt es doch normalerweise auch eine psychologische Anlaufstelle. Wende Dich halt da einfach mal hin. Du kannst ja völlig unverbindlich einen Termin ausmachen und mal mit einem Psychologen sprechen. Du kannst Dich dann ja immer noch entscheiden, ob es Dir was gebracht hat oder nicht.

Schaden tut es bestimmt nicht.

Gruß

Quentin

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 09:50
von omk
Vor ein paar Jahren war ich mal bei einem Psychiater, oder Psychologen, weiß nicht mehr. Das ganze war jedenfalls Zeitverschwendung für mich und ich werde auch keinen Psych. (egal welche Version) mehr aufsuchen.
Ich studiere nicht über eine regulären Universität, daher fällt auch eine solche Anlaufstelle für mich weg.

Ich hatte den Eindruck dieses Forum würde fachlich betreut und nahm daher an, man könne mir hier eine Auskunft geben.

Ich bin ja auch nichtmal daran interessiert eine Diagnose zu erhalten, sondern nur an einer Einschätzung.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich mit der Situation unzufrieden bin .. die gesundheitlichen Nachteile sind natürlich störend und daß ich kaum etwas erledigt kriege auch, aber eine eher nüchterne Betrachtungsweise von Problemen hat auch Vorteile.

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 10:33
von otterchen
Hallo Michael,

wir können hier keine Ferndiagnose stellen. Und die Moderation wird es wohl auch nicht machen -
siehe http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1195545103.
(Das würde - meiner Meinung nach - wohl auch etwas zu weit führen)

Es bleibt Dir dann wohl wirklich nur über, Dich an die entsprechenden Fachleute zu wenden oder aber abzuwarten, wie es verläuft. Wenn es mit der Zeit immer unerträglicher wird, war es wohl eine Depression.

Und: was, wenn Dir jemand jetzt und hier bestätigt: ja, das ist so. ??
Was machst Du dann?
Fast alle hier waren beim Psychiater (wegen der Medikation) und in Therapie. Von beidem hältst Du nichts. Und jetzt? Wie würdest Du Dir dann selbst helfen wollen?

Nachdenkliche Grüße - und einen schönen Heiligabend

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 11:07
von omk
Wie gesagt, eine Diagnose wollte ich ja gar nicht.

Wenn, der berechtigte Verdacht besteht würde ich darüber nachdenken, ob es Sinn macht zu versuchen etwas zu verändern, oder eben nicht.
Wenn die Möglichkeit bestünde, dass ich meine diversen Problemchen loswerde, oder wenigstens eine Besserung eintritt, wäre dies eine 'interessante' Option für mich.

Ich stehe Psychologen und eventuell auch Psychiatern, zwar sehr kritisch gegenüber, das heißt aber nicht, dass ich nichts von ihnen halte..
So sollte das auch nicht rüberkommen, ich habe nur definitiv keine Lust zu versuchen jemanden zu finden der mir zusagt(dazu fehlt mir auch die Zeit).

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 11:23
von otterchen
Nun, da hätte ich eine Idee für Dich:

Dir fallen vielleicht irgendwelche Stichworte ein, wo Du selbst mit Dir bzw. Deinem Leben unzufrieden bist. Gib das als Suchbegriff ein, stöbere hier im Forum.
Und wenn Du Dich dann in den Beiträgen wiederfindest, wärst Du ja schon einen Schritt weiter.
Vielleicht berührt Dich ja das ein oder andere hier?

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 24. Dez 2007, 12:08
von neo3380
Hallo Michael,
versuch dir mal eine eigene Einschätzung zu machen:

BECK bezeichnet bei einer Depression die Sichtweise als "kognitive Triade":
1. negative Erwartungen gegenüber der Umwelt
2. negative Sicht der eigenen Person
3. negative Zukunftserwartung


Nach ICD10:

Hauptsymtome:
1. Depressive Stimmung
2. Verlust von Interesse und Freude
3. Verminderung des Antriebs und erhöhte Ermüdbarkeit

Nebensysmtome:
1.Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
2.Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
3. Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
4.Negative pessimistische Zukunftsperspektiven
5. Suizidgedanken (Pläne, Handlungen)
6.Schlafstörungen
7.Verminderter Appetit

Eine Einschätzung ist aus der Ferne schwer zu machen.

Wenn Du jedoch denkst eine Depression zu haben, geh zu einem Arzt dem du vertraust und lass dich beraten.

Grüße
neo3380

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 25. Dez 2007, 12:15
von CJ43
Hallo Michael!

Ich kenne dieses merkwürdige Gefühl, zu sich selbst zu sagen: ok. ich fühle mich zwar innerlich tot und leer, isoliert von anderen, bin seit Wochen nicht mehr glücklich, denke ab und an an Suizid - aber Depressionen werden es doch wohl nicht sein?!

Daher kann ich verstehen, dass du ein Gegenüber suchst, dass dir da eine Rückmeldung gibt. Wie die aussehen würde, kann ich nur raten, aber so in Richtung Psyche würde ich schon suchen...

Bei mir ist es so: ich war letzte Woche beim Psychiater, nehme seit 3 Monaten (wieder) Antidepressiva, komme jetzt so langsam wieder aus dem Depriloch raus, und trotzdem.
Habe mich erst gestern gefragt, ob ich mir das nicht alles nur einbilde. Das habe ich auch die Psychiaterin gefragt, sie hat nur milde den Kopf geschüttelt.
Es ist auch absurd. Diese Zweifel, obwohl alles dagegen spricht!
Hinzu kommt, dass ich vor 15 Jahren zum ersten Mal beim Psychiater war und selbst im psychosozialen Bereich arbeite. Also theoretisch weiß ich schon Bescheid...

Ich brauche einen Arzt, der mir sagt: ja, sie sind krank! Pillen nehmen! Ausspannen! Auslöser suchen! Warnzeichen beachten!

Deshalb kann ich dich nur lieb und nett ermutigen, doch mal einen Facharzt in Erwägung zu ziehen.
Oder, wenn du einen guten Hausarzt hast, dich dem anzuvertrauen und um Rat zu fragen.

Liebe Grüße!
Constanze

Re: Bin ich depressiv?

Verfasst: 25. Dez 2007, 15:15
von Quentin
Hallo Michael,

ich kann Constanze eigentlich nur Recht geben. Ich möchte Dir mal kurz etwas von mir erzählen. Ich war lange Zeit auch unzufrieden, hab mich im Kreis gedreht und wußte eigentlich gar nicht, was ich will.

Vor ein paar Wochen bin ich dann zu meinem Hausarzt gegangen und wollte mal mit ihm sprechen. Ich war mir selber nicht sicher, ob ich eine Therapie machen will/soll oder nicht.

Als ich den Termin hatte, habe ich ihm einfach mal ein paar Sachen von mir erzählt, die ich normalerweise anderen nicht erzählen würde. Er hat dann gemeint, daß hört sich nach einer Depression an und hat mich an Fachärzte überwiesen. Außerdem hat er mir auch Tabletten verschrieben.

Jetzt ist es so, ich mache momentan keine feste Therapie, sondern gehe alle paar Wochen in eine offene Sprechstunde. Zusätzlich nehme ich aber immer noch regelmäßig Medikamente. Mein nächster Termin ist Mitte Januar. Ich muß zwar nicht jede Woche hin, aber diese Termine alle paar Wochen geben mir doch Halt und Sicherheit. Momentan geht es mir ganz gut und wenn ich Glück habe, komme ich damit auch über die Runden. Ich bereue es aber nicht, daß ich diesen Schritt gegangen bin. Im Gegenteil, ich finde, man muß sich auch mal helfen lassen. Ich habe es sogar ein paar Leuten erzählt, daß ich da hingehe. Also bisher hat mich noch keiner ausgelacht und dadurch habe ich auch noch niemanden verloren.

Bei mir ist es momentan eine Mischung aus "sich helfen lassen" aber auch selber "etwas zu tun". Ich habe aber auch lange gebraucht, bis ich diesen Schritt gehen konnte. Das muß jeder für sich selbst entscheiden.

Bei mir war der Leidensdruck dann doch so groß, das ich was tun mußte.

Gruß

Quentin