Das Leben zieht vorbei

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Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Das Leben zieht vorbei

Beitrag von Sadness »

Hallo Leute,

im Moment habe ich mal wieder das Gefühl, dass ich an meinem Leben gar nicht teilnehme, oder dass ich zusehe, wie es an mir vorbei zieht. Weil ich so viel Zeit durch diese Scheiß Krankheit verliere. Ich kann nicht mehr. Ich versuche, zu funktionieren, alles richtig zu machen um zu überleben, aber wofür? Ich bin so unglücklich mit diesem Leben. Die Zeit verrinnt vor meinen Augen, alle in meinem Umfeld gehen weiter und ich sehe nur zu. In eine Isolation verdammt, aus der ich nicht heraus komme. Jahrelange Therapie, aber ich komme da nicht raus. Ich weine so viel im Moment. Wann hört es denn auf, so weh zu tun? Ich weiß nicht, wie lange man das aushalten kann. Woher immer wieder die Kraft nehmen, weiter zu machen. Woher noch Hoffnung nehmen, dass es jemals wieder anders wird? Das Forum heißt "Umgang mit der Krankheit", aber geht nicht die Krankheit mit uns um, so wie sie es gerade will? Ich weiß zumindest nicht mehr, was ich noch tun soll.

Gruß und Danke für's "Zuhören".
Sadness
Aequitas
Beiträge: 21
Registriert: 2. Sep 2007, 12:09

Re: Das Leben zieht vorbei

Beitrag von Aequitas »

Es gibt ein schönes Gedicht von Rilke, welches ich irgendwie passend finde, vielleicht verstehst du ja. Ich wollte deinen Beitrag jetzt nicht einfach so stehen lassen, aber ich kann dir leider auch keine hilfreichen Antworten liefern.

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris
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"Kenntnisse kann jedermann haben, doch die Kunst zu denken ist die seltenste Gabe der Natur." Friedrich II. der Große
Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Das Leben zieht vorbei

Beitrag von Sadness »

Danke Aequitas, das Gedicht ist wunderschön. Ich kannte es noch nicht. Ich liebe Gedichte und das hier berührt mich in meiner Sitation gerade.

Danke.
Sadness
Sunshine77
Beiträge: 261
Registriert: 11. Okt 2006, 20:55

Re: Das Leben zieht vorbei

Beitrag von Sunshine77 »

Hallo Sadness,

Dein Titel trift meinen Gefühlszustand genau. Es ist als ob ich am Rand stehe, ungesehen und beobachte wie die Menschen um mich herum agieren. Es gibt tausende Möglichkeiten was man unternehmen könnte um mal raus zu kommen, anderes zu sehen und zu erleben aber irgendwie ist der Gefühlszustand der Leere immer mit dabei, egal wohin man geht oder was man macht. Selten empfinde ich noch wirkliche Freude und ich weiß absolut nicht, warum mich die schönen Dinge des Lebens (die es durchaus noch gibt) so wenig berühren.

Ich weiß auch nicht wie man die innere Wahrnehmung ändern kann, denn ich denke es ist tatsächlich ein Problem der Wahrnehmung wodurch diese negativen Gefühle hervorgerufen werden. In der Realität ist häufig alles nur halb so schlimm wie ich es innerlich empfinde. Katastophendenken ist auch häufig mit dabei. Äußere Impulse verändern zumindest für mich nur kurzfristig immer die Situation/Gemütslage aber das Gefühl dass das Leben an mir ohne wirkliche "Höhepunkte" vorbeizieht bleibt bestehen. Aber das schlimme ist auch, dass ich nicht mal sagen kann was ich denn gerne machen oder erleben würde, sonst könnte man es ja in Angriff nehmen, aber so bleibt jeder Tag ein Kampf, denn der Alltag schlaucht.

Dir alles Gute,
Tini
Bleib dir selbst stets treu

Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Das Leben zieht vorbei

Beitrag von Sadness »

Hallo Tini,

danke für Deine Rückmeldung. Ja Dir scheint es ähnlich zu gehen. Bei mir ist es aber so, dass ich schon weiß, was es ist, das ich bei den anderen sehe und selber gerne erleben würde. Nämlich Partnerschaft, Familie, Kinder... aber auch es zu wissen, heißt leider nicht, dass man es direkt ändern kann. Ich fühle mich soweit weg von diesem Bild, dieser Vorstellung, obwohl ich mich danach sehne. Aber ich bin wie hinter einer Glaswand und komme nicht dadurch. Das lässt mich oft einfach verzweifeln und den ganzen Sinn meines Lebens anzweifeln. Weil ich so unglücklich bin mit diesem Leben, aber auch nicht den entscheidenden Weg daraus finde. Die Zeit vergeht, alle gehen weiter, aber man selber bleibt in seiner alten Situation zurück. Ich kann diese tiefe, innere Einsamkeit einfach nicht mehr ertragen.

Ich hör jetzt mal auf, will ja hier nicht wieder total abdriften.

Dir auch alles Gute, Tine!!!

Sadness
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