Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Denker
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Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Denker »

Meine Frau wirft mir manchmal vor, dass ich mich zu viel mit meiner Krankheit beschäftige.

Ich bin in 2 Selbsthilfegruppen, bin in mehreren Foren aktiv, mache Therapie, habe Facharzttermine und lese eine Menge Bücher zum Thema.

Meine Meinung zum Thema findet sich ganz gut in folgendem Spruch wieder:
Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Wenn man aufhört, treibt man zurück.

Ich denke, seitens meiner Frau ist dort eine gute Portion Eifersucht dabei. Eifersucht auf meine neuen Kontakte, von denen sie in der Regel ausgeschlossen ist, Eifersucht auf die Zeit, die ich ohne sie verbringe, Eifersucht auf Menschen, die meine Krankheit besser verstehen, als sie das kann.

Was sind euere Meinungen oder Erfahrungen?

Liebe Grüße
Denker
Dendrit
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Dendrit »

Hallo Denker,

ich informier mich teils auch ziemlich intensiv, aber über eine andere Erkrankung und kann Dich in Bezug auf Wissensdurst gut verstehen.

Im Prinzip bist Du schon selbst zu dem Schluß gekommen und die Antwort geschrieben:

Ich denke, seitens meiner Frau ist dort eine gute Portion Eifersucht dabei.

Was Du dann so aufzählst ist meines Gefühls nach die Eifersucht schon berechtigt. Ich weiß, es ist schwer, aber was ist, etwas kürzer zu treten? Manche Sachen "gehen" einfach nicht, um am Ball zu bleiben, wie SHG, Termine ... Aber in der Forentätigkeit etwas einschränken. Klar, man verliert leichter den Faden. Besonders aber im Lesen kann man sich einschränken. Wie wär's, statt 3 Kapitel zu lesen, Deine Frau zum Essen ausführen? Muss ja nicht gleich Nobelessen sein, vllt. ein Eis beim Italiener um die Ecke? Ich weiß, kostet zwar was - aber Du hast ja auch was "gutzumachen". Verstehst Du, was/wie ich das mein?

Ach ja, kleiner Tipp: bestimmte Termine nicht vergessen, wie Hochzeitstag!

LG, Manuela
rm
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von rm »

Hallo Denker,

>Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Wenn man aufhört, treibt man zurück.<

Möchte ich grundsätzlich zustimmen, wenn Du damit meinst, daß man auch LERNEN kann, mal NICHT zu lernen und sich deshalb aber nicht gleich bis in's Bodenlose verdammt, sondern diese 'Schwäche' auch lernt , zu akzeptieren....

Was Deine Frau betrifft, möchte ich mir kein Urteil erlauben, ich kenne sie nicht.
MEINE Exfrau ist mit meinen oft komplizierten Gedankengängen und übersensiblen Reaktionen meinerseits oft schlicht und ergreifend überfordert gewesen..

..wenn ich mich mit anderen ausgetauscht habe, die ähnlich wie ich gelagert waren, war sie nicht eifersüchtig, sondern eher besorgt, daß ich dadurch noch TIEFER in die Depression rutsche...

IHR Verständnis von der Krankheit hält/ hielt sich in Grenzen und das kann ich ihr nicht verübeln, wenn sie z.B. sagte: geh unter Leute, aber unter 'Gesunde'... naja, Ansichtssache...

Gruß, Reinhart (bin in Eile..)
Chiron
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Chiron »

Lieber Denker,

zu Beginn meiner Diagnose war ich genauso wie Du damit beschäftigt, mich dieser Krankheit zu stellen und alles über sie zu erfahren.

Mittlerweile kann ich bei allen Depri-Symptomen mitreden, denn ich durfte sie alle erleben.

Fazit: Die Wunderpille gibt es nicht, die Wundertherapie......? (schön wär`s)

Von den Selbsthilfegruppen distanzierte ich mich ein wenig, denn die wissen auch keine Patentrezepte für meine Probleme....

Momentan bin ich leer und habe festgestellt:
Es ist alles getan. Medis "perfekt" eingestellt, Therapie läuft....

Den Rest wird die Zeit mit sich bringen.

Du wirst sehen, auch Dein Interesse an der Krankheit.... wird nachlassen, sobald Du satt mit Infos bist und merkst, letztendlich muss jeder selbst damit klar kommen.

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
Sunshine77
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Sunshine77 »

Ich denke informieren und auseinandersetzen ist gut und wichtig. Auch daß du neue Kontakte durch deine Aktivitäten gefunden hast ist prima. Aber meineserachtens darf man sich nicht jeden Tag und immer wieder damit auseinandersetzen, denn somit holt man sich seine Erkrankung immer wieder in den Vordergrund. Ja, ich denke sogar wenn man sich "zuviel" mit dem Thema täglich auseinandersetzt kann man sie unbewußt "benutzen" um sich mit andere, wichtige Themen im Alltag nicht beschäftigen zu müssen! Alles muß im Maß bleiben.

Man muß seine Gefühle/Sorgen wahrnehmen aber sie nicht zum Mittelpunkt des Alltages machen.

Wenn deine Frau wirklich eifersüchtig sein sollte, vielleicht kannst du sie ja etwas mit einbinden in deine Dinge? Oder eben bestimmte Zeitsparten am Tag hierfür "reservieren" damit sie/ihr als Paar nicht zu kurz kommt?
Bleib dir selbst stets treu

maggy
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von maggy »

Hallo Denker,

>Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Wenn man aufhört, treibt man zurück.<

Dieser Meinung war ich auch sehr lange, aber irgendwann wurde mir bewußt, dass dieses gegen den Strom rudern eigentlich ein "zur Quelle zurück" beinhaltet.
Wenn ich aufhöre zu rundern läßt die Anstrengung nach, ich treibe nicht zurück sondern kann mich im Loslassen treiben lassen.

Ich kann Dir aus meiner Warte versichern:
Ein saugutes Gefühl .

Liebe Grüße
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
flocke
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von flocke »

nun ich denke so lange man sich konstruktiv damit beschäftigt ists doch ok. ich denke nur die depression sollte nicht zu viel raum bekommen.
zwar sollte man lernen mit der krankheit umzugehen und sie auch (zum teil) akzeptieren, nur sehe ich halt die gefahr, dass man sich so sehr, in rein e deprikontakte und themen verstricken kann, das "normale" leben aus den augen verliert...


erinnert mich an meinen klinikaufenthalt, da "schwelgten" ne ganze menge in ihrer depression.... jeder naahm rücksicht, jeder half... verständnis, zeit, vorgekochtes essen, zeitlich begrenze besuche, begleitete ektivitäten... schutzglocke pur...
so funktioniert das leben aber nicht....


bei borderlinern kursiert oft der satz "radikale akzeptanz", klingt gut, klingt logisch ist aber gefährlich (nicht nur für bordeliner) je mehr man akzeptiert je mehr raum reine deprikontakte und themen bekommen desto mehr verliert man sich selber.
mir ging es schon immer darum alles zu integrieren, zwar als teil meiner selbst zu akzeptieren, aber mich nicht darauf zu reduzieren....



ach ja, trotz allem denke ich dass deine frau ein wenig eifersüchtig sein könnte...Nur, warum bist du nicht eifersüchtig auf andere? gibt es nichts ausser deiner depriwelt?


lg, flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Lioness
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Denker et al,

dies finde ich eine sehr wichtige Frage! Vieles von dem, was hier bereits gepostet wurde, kann ich so unterschreiben.

Die Phase, sich alles einer Laiin verfügbare und verständliche Wissen über die Krankheit anzueignen, habe ich, wie so viele hier, auch durchlebt. Es ist meiner Erfahrung nach megawichtig, dies zu tun! In allererster Linie, weil man dadurch - jedenfalls ein gutes Stück weit - das Gefühl bekommt, der Krankheit nicht macht- und schutzlos ausgeliefert zu sein. Sondern statt dessen auch Bewältigungs- und Veränderungsmechanismen an die Hand bekommt. Nichts anderes passiert ja in der VT, ob ambulant oder Klinik.

Und der Austausch mit Mitbetroffenen ist ebenfalls unschätzbar wertvoll bei einer Krankheit, die bei Nichtbetroffenen bestenfalls Mitleid, in der Regel Verständnislosigkeit und oftmals leider auch Ablehnung und Geringschätzung hervorruft, und zu deren Hauptsymptomen nun mal auch der Rückzug von zwischenmenschlichen Kontakten zählt.

Aber wie Ihr schon schriebt: Auf die Balance kommt es an! Ich erfreue mich nach wie vor an den Kontakten, die ich hier über's KND-Forum und auch über meine SHG geknüpft habe. (Und die sich im Übrigen beileibe nicht auf den Austausch und das Jammern über die Depression beschränken...). Ebenso wichtig sind mir aber meine sozialen Beziehungen, die absolut nichts mit meiner Krankheit zu tun haben.

Manchmal komme ich mir dabei ein bisschen vor wie eine Hexe in der Welt der Muggels: Zwei parallel existierende Welten, die einander kaum berühren. Und wo die eine - Muggels/Nicht-Erkrankte - nicht weiß, dass ich auch in die andere - Zauberwelt / Depri-Gemeinde - gehöre.

@ Flocke:

Der Begriff "Radikale Akzeptanz" beinhaltet meines Wissens nur, dass man die gegenwärtige Situation als absolut gegeben akzeptiert, und dass man daran für den Moment auch nichts ändern können wird. Er soll einen im Gegenteil davor bewahren, Zeit und Energien darauf zu verändern, entweder mit seinem Schicksal zu hadern oder sich völlig dagegen aufzulehnen.

Wieviel Zeit und Energie mensch dann darauf verwendet, sich nicht nur mit der Situation - in unserem Fall: mit der Diagnose Depression - abzufinden, sondern auch aktiv auseinanderzusetzen, bleibt jedem und jeder selbst überlassen. Radikale Akzeptanz bedeutet nicht, sich nur noch und ausschließlich über die Krankheit zu definieren, nur noch Kontakte zu Mitbetroffenen zu pflegen etc.

Ansonsten kann ich Deinen Ausführungen nur voll und ganz zustimmen!
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Ilka
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Registriert: 29. Nov 2005, 21:07

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Ilka »

Hallo an alle,

da auch mein "Supermann" immer meint, ich hätte/habe ja nur noch die Krankheit im Kopf und er meine Depri-Kontakte, sowie das schreiben und lesen im Forum fast nur mit Kopfschütteln kommentiert - gebe ich meine Sempf auch dazu.-....
Und mein Problem ist in der Tat eine gute Balance, oder vielleicht auch erst mal nur eine "schlechte" Balance hinzubekommen.
Wobei das Thema "Balance" in sehr vielen Dingen ein Problem, eine Baustelle von mir ist.-

Liebe Lioness, auch was Du zum Thema "Radikale Akzeptanz" geschrieben hast, habe ich so auch in der Klinik gelernt!

Irgendwie bin ich aber auch versucht zu sagen, daß mich die Krankheit aber auch sehr viel in ihren Fängen, Krallen oder was auch immer hat!!! Wie befreit man sich????

Lieber Denker, wünsche Dir, den anderen und mir auch n bißchen auch mir, daß wir alle eine gesunde? Balance finden.....!!!!!

Paßt hier zwar nicht so wirklich rein, aber wünsche Euch ein wunderschönes, guttuendes Sauerlandtreffen, und sehne das nächste D-dorf treffen herbei!!!!

Lieben Gruß
Ilka
Joy

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Joy »

Hallo Denker,

es ist gut sich zu informieren. Es ist gut sich auszutauschen.
Aber irgendwann muss auch schluss sein.
Ich denke, du bist jetzt genug aufgeklärt über die Krankheit und kannst die Zeit nutzen um Gesund zu werden und sie auch mit deiner Frau zu verbringen.

Sonst hast du bald weniger als jetzt.

Joy
flocke
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von flocke »

@lioness,

ich weiß schon was radikale akzeptanz bedeutet und wie sie gedacht ist... nur ist das nicht bei jedem der fall, das wollte ich damit sagen.

flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Liber
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Liber »

Hallo Denker,

auch ich empfinde es so, wie etliche andere es schon geschrieben haben.

Es ist sehr wichtig, sich mit der Krankheit, die man hat, auseinanderzusetzen. Sich zu informieren, zu lesen, sich Hilfe zu suchen, mit anderen in Austausch zu stehen.

Eventuell kann dies alles dabei helfen, bisherige Abhängigkeiten und Grenzen (z.B. in der Partnerschaft) in Frage zu stellen und sie zu überschreiten. Wenn die Partner bisher z.B. eine zu enge Klammerbeziehung hatten, ist der alleinige Besuch einer SH-Gruppe oder der Austausch mit anderen in einem Forum ein großer und wichtiger Schritt nach "draußen", der dann auch wieder andere Veränderungen nach sich ziehen wird.

Wenn dieses "Draußen" aber nur in Tätigkeiten und Kontakten besteht, die mit der eigenen Krankheit zu tun haben, könnte die Gefahr bestehen, sich in dieser Krankheit ein Stück weit "einzurichten".

Eine Zeitlang habe auch ich z.B. nur Bücher psychologischen Inhalts gelesen. Ich wollte immer mehr und mehr darüber wissen, glaubte, allein das würde mir schon helfen können.

Auch heute noch habe ich großes Interesse an psychologischer Literatur. Aber ich lese auch wieder viele andere Literatur, die mir einfach "nur" Freude macht.

Und vielleicht geht es genau darum: die Beschäftigung mit der Depression soll ja zu dem Ziel führen, sich nicht mehr dauernd damit beschäftigen zu müssen . Sondern dahin, ein eigenes selbstbestimmtes Leben führen zu können. Diese Beschäftigung soll kein "Selbstzweck" werden.

Deshalb wird es meiner Meinung nach irgendwann Zeit, das Augenmerk auch wieder auf die Dinge zu richten, die mit der Krankheit mal nichts zu tun haben. Auf eine neue Gestaltung der Partnerbeziehung, auf Tätigkeiten oder Hobbys, die Freude machen, auf Themen, die einen darüberhinaus interessieren, auf Menschen, mit denen man nicht das gemeinsame Thema Depression hat usw.

Eine ausgewogene Balance wäre das beste. Die Verbindung zur Krankheit im positiven Sinne behalten, weil das achtsam macht - aber sich auch dem Leben außerhalb wieder zuwenden.

Liebe Grüße

Brittka
Sieglinde1964
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Registriert: 30. Dez 2006, 19:31

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Sieglinde1964 »

Ich bekomme des öfteren diesen Satz von meiner Mutter zu hören, ich würde zu sehr an meine Krankheit denken, dass ich mich gar nicht mehr traue, über meine Depression bei ihr zu reden. Ich gebe der Depression im Alltag so wenig Raum wie möglich, bei der Medikamneteneinnahme und in den Therapiestunden oder durch Nachfragen von Freunden und Bekannten wird sie mir wieder bewusst. Abends vorm Einschlafen, da wird sie mir manchmal auch wieder bewusst, weil dann das Gedankenkreisen anfängt. Ich habe Angst dass ich das Einschlafen wieder nicht in Griff bekomme und ich werde dieses mal bei meinem Neurologen ansprechen.
912318798
Beiträge: 1590
Registriert: 28. Jul 2007, 13:39

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von 912318798 »

Ich bin auch der Ansicht, daß man der Krankheit mehr Platz schafft, je mehr man sich damit beschäftigt. Nach dem anfänglichen Erforschungsdrang, in dem ich erfahren habe, was die Krankheit macht und daß man eigentlich nicht viel dagegen tun kann, habe ich mich eher aus dem Genre zurückgezogen, weil ich zum einen durch das Ansammeln von Informationen, von denen ich als Nichtmediziner ohnehin kaum etwas in fachlicher Hinsicht anfangen konnte und zum anderen durch ständige Konfrontation mit den Problemen auch anderer Menschen permanent in Trauerstimmung gehalten wurde. So gesehen sehe ich SHGs als kontraproduktiv, es sei denn, man leide zusätzlich unter "Politikersyndrom" (=hört sich gerne selber reden).
Daß man aber von Zeit zu Zeit zum Thema zurückgezogen wird, wer weiß warum? -schließlich ist man krank und mitteilungsbedürftig - wird mir dann umso massiver klar und da sind Foren wie das hier ein gutes Ventil.
(Die um uns sind, sind sowieso schon strapaziert genug.)
Das habe ich als einzigen Zeitaufwand für die Krankheit reserviert. Das ist ohnehin schon ausreichend.
Die Zeit, die ich gewonnen habe, weil ich nicht mehr zu Gesprächstherapien gehe, im WEB herumsurfe oder sonstige Aktivitäten im Thema setze, verbringe ich mit den Kindern, der Arbeit und oft genug auch mit gar nichts.
Abstand, nicht verdrängen finde ich gut - wenn man es schafft!

Alles Gute an alle
Jojo 1
rm
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von rm »

Hallo Jojo I,

>Nach dem anfänglichen Erforschungsdrang, in dem ich erfahren habe, was die Krankheit macht und daß man eigentlich nicht viel dagegen tun kann,.....<



...ich habe den Eindruck, da hast Du etwas mißverstanden. Ich weiß zwar nicht, was DU für ein Krankheitsbild hast, aber:

...mir z.B. haben eine Selbshilfegruppe, Gespräche mit ebenfalls betroffenen Menschen, Kontakt - auch - mit 'Gesunden', Gespräche mit Medizinern (auch über deren manchmal etwas zweifelhaften Diagnosen'), Selbststudien etc.und nicht zuletzt der Aufenthalt hier im Forum SEHR geholfen, weiter zu kommen..

alles zu seiner Zeit und in Maßen (soweit ich das erkannt habe)..

Aber so unterschiedlich wie die Krankheitsbilder sind wohl auch die Ansätze des Einzelnen, Linderung oder gar Heilung zu erfahren.

Gruß, Reinhart

P.S.:

>Abstand, nicht verdrängen finde ich gut - wenn man es schafft!<
Und wenn man es NICHT schafft?
912318798
Beiträge: 1590
Registriert: 28. Jul 2007, 13:39

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von 912318798 »

Hallo Reinhard!
Zur Klarstellung: Alles was zur Besserung unserer Zustände beiträgt, kann nur gut sein.
Wenn Du Erfolg hast mit intensiver Auseinandersetzung mit der Problematik, freue ich mich für Dich darüber. Das Individual macht sich hier offenbar deutlich und ich wollte auch kein Rezept abgeben;
Die Kompetenz der Ärzte, da können wir alle hier bestimmt gemeinsam ein Lied singen, reicht von purer, sehr einträglicher Scharlatanerie ( absolute Mehrheit) bis zu wirklich guten Medizinern, die die Zusammenhänge erkennen und darauf eingehen.
Jedoch schränke ich ein - weil ich es aus mittlerweile sehr zahlreichen Erfahrungsberichten weiß, nicht nur von mir selbst - daß es die Heilbaren unter uns gibt, und leider auch diejenigen, die Jahrzehnte, und somit ihr ganzes Leben unter diesem Elend - und das meine ich so - leiden müssen. Und deshalb empfinde ich die Aussage von der "guten Behandelbarkeit" als nicht seriös.
Würde ich, wie Du, Erfolge erzielen, ich würde das Tempo meiner Anstrengungen ebenso ständig vorantreiben, denn jede produktive Aktion führte mich zu meiner lebensfrohen Natur zurück, die mir einst zuteil war!
Nachdem ich jedoch über so lange Zeit ständig auf dem absteigenden Ast unterwegs bin, beginne ich, meine Zeit einzuteilen und es ist fürwahr mein Ziel, den Abstand zu gewinnen, angesichts der Erwartungen, die ich in mein weiteres Leben setze. Ich habe übrigens nie behauptet, daß ich das auch immer schaffe.
Die Foren sind gut, wie alles, was man richtig verwendet. (Sähe ich das nicht so, ich hätte hier nicht gepostet.)
Für viele unter uns bestimmt auch SHGs.
Ich habe nur für mich herausgefunden, daß ich mich zu sehr mit der Materie auseinandergesetzt habe und dadurch eher betrübter wurde - siehe mein Beitrag vorher.
So habe ich es auch für "Denker" empfunden, als ich seinen Beitrag gelesen habe.
Ich wünsche Dir weiterhin gute Erfolge und allen hier, daß sie den richtigen Weg für sich herausfinden, der Depression Paroli zu bieten.
Sorry übrigens, wenn wir zu weit vom Thema weg sind!!

Liebe Grüße an alle

Jojo 1
landei
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von landei »

Hallo Denker!

Möchte mich hier auch mal zu dem Thema zu Wort melden.

Schwimme heute mal nicht gegen den Strom, es ist Sonntag und da geht es mir meistens nicht so gut.

Du weißt, das ich, wie Du, sehr wissensdurstig bin und natürlich alles über die Krankheit wissen möchte und mich viel damit beschäftige aber ich glaube auch, das ein Funken Wahrheit in dem steckt, was Deine Frau sagt.

Denn wenn man sich nur noch mit dem Thema beschäftigt, verliert man andere Dinge aus den Augen.
Es war gut, mein Wissen über die Krankheit zu erweitern und auch das Forum hier tut mir gut aber ich versuche auch mit etwas von der Krankheit und dem ganzen drum und dran zu distanzieren, denn ich möchte nicht, das die Krankheit mein Leben immer und überall kontrolliert.

Verstehst du, was ich meine?

Die Depressionen sind ein Teil von mir, aber eben nur ein Teil.

Es ist schwer zu erklären aber ich kann Deine Frau schon verstehen. Überlege doch mal, wie es anders herum wäre!
Wie würde es dir gehen, wenn sie eine Krankheit hätte und sich nur damit beschäftigen würde, alleine zu Arztterminen ginge, ihre Gedanken und Gefühle mit anderen bespricht als mit Dir und ihre Krankheit die Beziehung dominieren würde?

So hört es sich für mich an, wenn du davon schilders. Als gäbe es nur die Depressionen und die Tatsache, das Deine Frau das nicht versteht.

Klar steht es mir nicht zu als Singel über Beziehungskrisen zu spekulieren aber ich sage es aus meiner Sicht und wertneutral.

Ich wäre nicht eifersüchtig an ihrer Stelle, ich wäre einfach gekränkt, das ich nicht die Hilfe sein kann, die ich gerne wäre. Und was ich besonders schlimm empfinden würde, ist, das es keine Phase ist, in der Du die Termine hast, sondern, das es schon zu einer langfristigen Sache wird und ich hätte Angst, das ich auf der Strecke bleiben könnte, weil ich Dir nicht helfen kann.

So sehe ich das aus meinem Blickwinkel.

Wäre es nicht möglich, das ihr beide eine Art festes Ritual einführt? Eine bestimmte Zeit, oder einen bestimmten Tag, den ihr mit etwas verbringt, was dich von der Krankheit ablenkt, wo ihr beide Zeit verbringt - ohne die Krankheit?
Einfach wo eure Ehe an Platz 1 steht und nicht die Depression?

Wäre das nciht einen Versuch wert?

Wahrscheinlich ist das alles Quatsch, was ich so schreibe. Wie gesagt, ich lebe in keiner Beziehung und wer weiß, wie ich handeln, denken und fühlen würde, wenn ich in Deiner Lage wäre.

Liebe Grüße vom Schattenspiel
Dass mir der Hund das Liebste sei, o Mensch, sagst Du sei Sünde. Ein Hund bleibt Dir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde!

( Franz v. Assisi )
Denker
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Registriert: 11. Apr 2005, 13:55

Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Denker »

Vielen Dank für eure zahl- und hilfreichen Antworten. Und bitte entschuldigt, dass ich mich erst jetzt zu Wort melde. Mir geht im Moment sehr viel durch den Kopf und ich weiß nicht, ob ich eine halbwegs vernünftige Antwort zustande bringe.

Mittlerweile stehen die Zeichen in meiner Ehe auf ziemlich heftigen Sturm. Erzähle ich meiner Frau nichts, heißt es, ich ziehe mich zurück, erzähle ich etwas (z.B. vom letzten Treffen), trete ich früher oder später ins nächste Fettnäpfchen und sie ist wieder tierisch eifersüchtig. Ich habe das Gefühl, in der Falle zu stecken, kann es eigentlich so oder so nur falsch machen (und diesmal hat das Gefühl nicht mal was mit der Depri zu tun! Toll was?). Fühle mich verletzt und spüre das intensive Bedürfnis, mich selbst zu schützen!

Werde versuchen, eine neue Balance zu finden und vermutlich auch meine Tätigkeit hier im Forum einschränken, zumal meine Frau hier mittlerweile im Angehörigenteil selber schreibt.

Liebe Grüße
Denker
Chiron
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Chiron »

Lieber Denker,

gerade las ich das Posting Deiner Frau.
Ehrlich gesagt, auch sie kann ich verstehen.
Beatrix hat eine gute Ansicht dazu geschrieben.
Nur - ob es Euch helfen kann?

Habt Ihr schon mal an eine Eheberatung gedacht?
Ich glaube, die Kommunikation zwischen Euch beiden ist momentan aus dem Ruder gelaufen.

Alles Liebe und Gute für Euch,

Chiron

P.S.: Vielleicht kannst Du mal mit Deinem Arzt über das Problem sprechen?
Deine Frau könnte eventuell zu einem Paargespräch mitkommen.
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
flocke
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von flocke »

finde ich auch. es bringt nix wenn du darüber grübelst wie du etwas wieder ins gelichgewicht bringst, oder dir gedanken darüber machst was deine frau denkt, wie sie reagiert... du musst mit ihr reden, sie fragen.... ihr erklären was du brauchst, zuhören wenn sie sagt was sie braucht...

ihr müsst euch in der mitte treffen...

vielleicht bringt es ja was wenn du mehr zeit nur mit ihr verbingst und deine depriaktivitäten (foren, selbsthilfe usw) ein wenig einschränkst...


0flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Denker
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Denker »

Danke für eure Antworten. In den letzten 3 Wochen habe ich sehr viele sehr intensive Gespräche mit meiner Frau gehabt. Sie waren geprägt von Streit, sehr vielen Tränen, sich wieder versöhnen, Nähe und plötzlich wieder Unverständnis, Verunsicherung...

Unsere Ehe ist im Moment irgendwie total bipolar. Es gibt nur toll oder würg. Der Wechsel vollzieht sich innerhalb von 1 Sekunde. Nach 3 Wochen in diesem Zustand kann ich da einfach nicht mehr mit und fühle mich nur noch verunsichert und abgrundtief traurig (aber nicht depressiv!).

Ich werde die Eifersucht meiner Frau nicht auch noch dadurch belohnen, dass ich ihr mehr Zeit widme. Eher habe ich schon das Bedürfnis, mich abzugrenzen, mich nicht so vereinnahmen zu lassen. Und wie ich oben schon geschrieben habe, möchte ich mich auch irgendwie vor dieser emotionalen Achterbahn schützen.

Wir waren übrigens bereits vor Jahren bei einer Eheberatung, meine Frau war bereits 2 mal mit mir beim Facharzt und ich habe ihr auch angeboten, mal mit zur Therapie zu gehen. Und zu einem der Düsseldorfer Forentreffen hab ich sie auch mal mitgenommen, damit sie weiß, was da abgeht. Was soll ich denn noch tun?

Gruß
Denker
Clown
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Clown »

Hallo Denker,

«Wir waren übrigens bereits vor Jahren bei einer Eheberatung, ... »

Du meinst aber jetzt nicht, dass das reichen müsste?

Welche Erfahrungen hast du denn damals gemacht damit?

Ich finde eure Krise sehr spannend, ist es doch eine tolle Chance, dass jede/r sich selbst von neuen Seiten kennenlernen kann und dadurch auch eure Beziehung neue Impulse bekommt. Mit einer professionellen Begleitung wird dieser Prozess sicher effektiver und wahrscheinlich auch angenehmer, stelle ich mir vor.

Darf ich fragen, wie lang ihr schon miteinander verheiratet seid?

Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Denker
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Denker »

Hallo clown,
wir sind seit 16 Jahren verheiratet.

Mit der Eheberatung haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Wartezeiten fast so lang sind, wie auf einen Therapieplatz. Folglich hatten wir uns schon wieder zusammengerauft, als wir den ersten und einzigen Termin hatten.

Gruß
Denker
Clown
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von Clown »

Und das hält euch jetzt von einem neuen Versuch ab?

Gruß, Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
rm
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Re: Wie viel Raum und Zeit gebt ihr der Depression?

Beitrag von rm »

Hallo Denker,

>Folglich hatten wir uns schon wieder zusammengerauft, als wir den ersten und einzigen Termin hatten.<

Habe ähnliche Erfahrungen gemacht, was Paargespräche anging. Nach meinen Erfahrungen sollten u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit Erfolge/ 'Lösungen' kommen können:

1. Therapeut muß absolut neutral sein.

1a. Beide sollten der Überzeugung sein, daß Paargespräche sinnvoll sind.

2. Beide Partner sollten aus tiefstem Wunsch heraus bereit sein wollen, Klärung in die Beziehung bringen zu wollen, das Beste für den anderen/ die Familie und für sich selbst zu wollen...

2a. das beeinhaltet AUCH die Option zur Trennung (im extremsten Fall), auch wenn sie evtl. nur zeitweise erfolgt.

3.Bereitschaft, im 'Abstand' zueinander/ miteinander zu reden.

4.Neue Sichtweisen zuzulassen

5.Nicht bei den ersten 'Schwierigkeiten'/ Unstimmigkeiten in alte Fahrwasser verfallen und lieber zu flüchten, als zu reden, aber auch nicht..

6. meinen, daß nach ersten Erfolgen man alles nun zu zweit/ allein hinbekommt..

So, daß ist nun längst nicht vollständig, aber eins sollst Du noch von mir wissen: Bis auf Punkt zwei (anfänglich), haben wir alle anderen Punkte nicht beherzigt, nicht wirklich ernst genommen und sind dann auch lieber einen 'Schoppen' trinken gegangen...

Das Verdrängen war somit vorprogrammiert...

Gruß, Reinhart und: macht's vielleicht besser, als wir
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