Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

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Anniroc
Beiträge: 42
Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von Anniroc »

Hallo miteinander,
ich weiß, der Titel klingt schon seltsam, aber ich bin in dieser neuen Situation irgendwie überfordert und will nichts falsch machen.
Seit einigen Wochen geht es mir zunehmend besser, die depressive Phase scheint nach kanpp einem Jahr endlich überstanden. Und so gehe ich dann zu meiner Therapiesitzung mit einem mordsmäßig schlechten Gewissen, weil ich ja einem anderen wirklch bedürftigen Menschen diesen Platz quasi wegnehme. Könnt ihr euch das vorstellen?
Ich denke dann, ich habe gar kein Recht (mehr)
auf "meine" Stunden und müsste mit dem ganzen Rest doch endlich auch ohne Thera klarkommen, wo es mir doch schon so gut geht.
Oh,verdammt,das klingt so --ich weiß auch nicht-- blöd?
Wenn ich hier so lese, dass einige von euch schon seit Jahren Therapie machen, dann bedeutet das ja vielleicht doch, dass es okay ist, nicht nur als menschliches Wrack da zu sitzen, oder? Oder geht es euch die ganze Zeit über immer nur schlecht? Kann man das überhaupt verkraften?
Oh je, wenn ich jetzt nicht gleich ganz schnell sende, lösche ich wieder alles... also, ab damit!!!
bee
Beiträge: 239
Registriert: 1. Jan 2004, 23:50

Re: Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von bee »

Hallo Schattenwesen,

ich bin schon seit rund einem Jahr (nach einigen schlechten Jahren) ziemlich stabil und hatte mir auch schon die Frage gestellt, ob ich überhaupt noch ein Recht auf Therapie habe, wenn ich mich doch eigentlich nicht mehr so richtig depressiv fühle.

Ich habe das dann in der Therapie thematisiert, mit dem Ergebnis:
solange ich ein Thema habe, solange ich an etwas arbeiten möchte, darf ich kommen.

Ich muss nicht erst wieder depressiv werden, damit ich meinen Therapieplatz behalte

Zur Zeit mache ich meine Termine allerdings in größeren Abständen, weil ich einfach nicht mehr so viel Unterstützung brauche.

Und damit wird ja auch wieder Kapazität frei für andere, die gerade dringenden Bedarf haben.

LG Bee
Betroffene für Betroffene
http://www.depressionsliga.de/
BeAk

Re: Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von BeAk »

Hallo ihr Lieben,

ich habe in den vergangen Tagen meinen Therapieverlängerungsantrag, der im Januar verfasst wurde, gelesen. Darin steht das meine Depression remitiert ist (sich zurückgebildet hat) und ich stabiel bin. Und mein Therapeut hiermit 30 weitere Sitzungen beantragt, weil noch so einges zu bearbeiten ist (Täterintojekt, ungünstige Verhaltensweise wie ungeschehn machen und einiges mehr). Zudem sind noch einige biographische Punkte zu explezieren.

Unmd das alles bei einer stabielen Patientin, der es ausgesprochen gut geht.

Die Therapie ist aber nicht nur dazu da, zu stabiliesieren, sondern sie sollte vor allem dafür genutzt werden, aufzuarbeiten warum man depressiv wurde, um die Ursachen zu verändern und das geht erst bei einem stabielen Patienten.

Genau aus diesem Gund hat der Gutachter der Krankenkasse auch dem Verlängerungsantrag meines Therapeuten zugestimmt.
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von flora80 »

Hallo!

Was Bea sagt, finde ich sehr wichtig: Therapie macht nicht nur in einer akuten Krise Sinn, sondern dient ja auch der Vor- und Nachsorge. Dazu muss es einem nicht die ganze Zeit wahnsinnig schlecht gehen.

Ich selbst habe im März eine neue Therapie angefangen, genau deswegen, um verbleibende Themen, die mich potenziell immer wieder depressiv machen können, zu klären. Ich bin mittlerweile aber auch nicht mehr wirkich depressiv. Dennoch habe ich aber noch viele Schwierigkeiten, die ich aus dem Weg räumen möchte. So lange es noch Klärungsbedarf gibt und du wichtige Dinge für und über dich lernen kannst, "darfst" du auch noch Therapie machen. Das dient doch nur deine zukünfigen Gesundheit!!!

Wie gesagt, mir geht es auch gut im Moment. Aber wenn ich so auf mein Leben blicke, dann weiß ich, dass es noch Themen gibt, die mich wieder in eine Depression befördern können. Das Zauberwort heißt "Stabilisierung". Und die Idee, du nähmest jemandem den Platz weg, die ist mal totaler Quatsch. Alleine für den Gedanken bekommst du von mir noch zehn Stunden extra "aufgebrummt" Das Gesundheitssystem ist nun einmal so, dass Psychotherapeuten ausgebucht und überlastet sind, es aber noich immensen BEdarf gibt. Das ist aber garantiert nicht deine Schuld.

Lieber Gruß, Flora
dark_bln
Beiträge: 58
Registriert: 25. Jan 2006, 20:08

Re: Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von dark_bln »

Liebes Schattenwesen,

Du weisst doch bestimmt dass man Penizillin weiternehmen muss auch wenn man das Gefühl hat man braucht es nicht mehr.
So ähnlich ist das bei Dir
Du bist vielleicht nicht mehr akut depressiv, aber nun gilt es die Rückfallgefahr zu verringern. Dich weiter zu stabilisieren.

Außerdem glaubst Du jemanden den Platz wegzunehmen, vielleicht kann man da noch etwas Dein Selbstwertgefühl aufbauen. Denn der Therapeut wird Dir schon sagen wann Du gesund bist und "einen Platz wegnimmst"
Solange hast Du dir den Platz verdient und Du bist es Wert dass er sich nur um Dich kümmert.
Alles Liebe
L
Anniroc
Beiträge: 42
Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Re: Mir gehts gut; was soll ich noch beim Therapeuten?

Beitrag von Anniroc »

Vielen Dank für eure Antworten!

Die zehn Stunden extra nehme ich dann wohl besser auch an *grins*.

Ja, es ist schon so, dass noch ganz vieles offen ist- aber ich habe auch Angst, genau dadurch (das Hervorholen)neue Löcher zu graben, in die ich dann hinein fallen könnte. Es scheint viel leichter und sicherer, nicht mehr an den Problemen zu rühren. Aber wahrscheinlich mache ich mich nur wieder selbst verrückt. Immerhin fühle ich mich bei meinem Thera gut aufgehoben; wenn ich den Mut finde,werde ich genau diese Ambivalenz morgen ansprechen.
Ich danke euch noch mal; es tut einfach gut, hier Rückmeldungen zu bekommen!
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