Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

DieNeue
Beiträge: 5803
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

Beitrag von DieNeue »

Hallo Daydreamer,

so wie ich dich verstehe, fehlen dir manche Grundlagen, um überhaupt in bestimmte Themen einzusteigen.
Du sagst, dass du nicht mal deinen Charakter definieren kannst. Vielleicht wäre ein Ziel in der Therapie erstmal dich selbst besser kennenzulernen. Wer bin ich eigentlich? Welche Charakterzüge habe ich? Was sind Stärken/Schwächen? Wie sehe ich mich, wie sehen andere mich?
Ich denke, wenn man nicht mal einordnen kann, wie man eigentlich ist, ist es schwer, Problemen auf den Grund zu gehen. Man muss sich erstmal anschauen, was überhaupt da ist, bevor man gucken kann, wo es herkommt.
Wichtig wäre meines Erachtens, überhaupt erstmal "sprachfähig" zu werden. Wenn man sich selbst gar nicht greifen kann und einigermaßen in Worte fassen kann, ist der Rest irgendwie wie Haschen nach Wind. Man wird das nicht wirklich einfangen können.
Bei mir war es so, dass ich Gefühle nicht wirklich wahrnehmen konnte. Das wusste ich nicht mal, denn ich konnte Gefühle überhaupt nicht zuordnen. Es war immer so ein ungutes Wischiwaschi-Gefühl, aber nichts konkretes. Mir ging es schlecht, aber keine Ahnung warum. Damit kann man aber nichts anfangen.
Deshalb hat meineTherapeutin mit mir erstmal daran gearbeitet, dass ich meine Gefühle wahrnehmen kann, dass ich merke, wenn ich wütend bin oder Angst habe. Wenn man Gefühle nicht wahrnehmen kann, hat das ganz schöne Auswirkungen auf das Leben. Man tut sich schwer, Entscheidungen zu treffen oder lässt sich schlecht behandeln und merkt es nicht mal.
Vielleicht würde es dir helfen dich erstmal mit einem Therapeuten damit zu beschäftigen, wer und wie du bist. Erstmal die Grundlagen schaffen. Das hört sich jetzt vielleicht erstmal schlecht an, weil man nochmal einen Schritt zurück muss, da man irgendwas nicht kann, aber ich fand es einen sehr spannenden und guten Prozess. Und es hat sich gelohnt.
Ich wünsche dir auch, dass du bald herausfindest, wie dein Weg weitergehen ksnn.

Liebe Grüße,
DieNeue
Daydreamer0201
Beiträge: 15
Registriert: 17. Jun 2024, 17:36

Re: Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

Beitrag von Daydreamer0201 »

Hallo Senif.
Danke für deine umfassende Antwort. Du hilfst mir damit, weil du mir zeigst, das mein Therapeut richtig handelt. Und ich ihn nur falsch interpretiere. Das ist Teil meiner Persönlichkeitsstörung, dass ich von jedem Menschen erwarte abgelehnt zu werden. In der Therapie fällt es mir schwer meine Probleme in Worte zu fassen, weil es mir gut geht und ich die Probleme nicht sehen kann, sowie jemand sich für mich interessiert.
Es fühlt sich so an, als müsste ich einen Depressiven spielen. Sobald ich die Therapie verlasse, kehren meine Depressionen jedoch sofort zurück. Ich bin ratlos und weiß nicht, was ich bei der nächsten Therapiestunde erzählen soll. Und ich fürchte dass mein Therapeut dann wieder sagt ich würde nur Bullshit reden.
Der wöchentliche Besuch einer Selbsthilfegruppe wäre vielleicht hilfreicher als eine Therapie?
Senif
Beiträge: 1859
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

Beitrag von Senif »

Daydreamer0201 hat geschrieben: 29. Jul 2024, 07:00 Hallo Senif.
Danke für deine umfassende Antwort. Du hilfst mir damit, weil du mir zeigst, das mein Therapeut richtig handelt. Und ich ihn nur falsch interpretiere. Das ist Teil meiner Persönlichkeitsstörung, dass ich von jedem Menschen erwarte abgelehnt zu werden. In der Therapie fällt es mir schwer meine Probleme in Worte zu fassen, weil es mir gut geht und ich die Probleme nicht sehen kann, sowie jemand sich für mich interessiert.
Es fühlt sich so an, als müsste ich einen Depressiven spielen. Sobald ich die Therapie verlasse, kehren meine Depressionen jedoch sofort zurück. Ich bin ratlos und weiß nicht, was ich bei der nächsten Therapiestunde erzählen soll. Und ich fürchte dass mein Therapeut dann wieder sagt ich würde nur Bullshit reden.
Der wöchentliche Besuch einer Selbsthilfegruppe wäre vielleicht hilfreicher als eine Therapie?
Hallo DayDreamer,

es wird immer Menschen geben, die einen ablehnen, nicht mit einem können, aber es gibt auch die anderen, wo es passt. Aber ich weiß, was du meinst - ich habe Phasen gehabt, da hab ich alle von mir gestoßen, weil ich mich niemandem zumuten wollte, weil ich so ein schlechter Mensch war.
Ein Meilenstein war daher, als ich begann wohlwollender mit mir zu sein, dann ist man auch wohlwollender mit anderen.
Hast du denn mal probiert, genau diese Gedanken anzusprechen ? Dass es dir in der Stunde gut geht und du denkst, du müsstest die Depression spielen ? Oder versucht zu ergründen, warum es dir in der Stunde gut geht und sonst nicht ?
Das sind meiner Meinung nach alles Therapiethemen.

Mit SHG kam ich gar nicht klar. Meine Erfahrung war, dass dort meist jeder seins abkippt, alle nicken, wie schlecht es geht und es für mich aber wenig konstruktiv war. Neben der Überwindung jedes mal dort hinzugehen, wenn es mir schlecht ging. Also war ich dort nicht lange.
Ich kann dir aber nicht sagen, ob das oft so ist, oder ob es da auch konstruktivere Modelle gibt.

LG Senif :hello:
Mingo11
Beiträge: 27
Registriert: 2. Apr 2024, 11:21

Re: Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

Beitrag von Mingo11 »

Hallo Henni,
du hast jetzt schon eine Weile nicht geantwortet, aber ich habe mich gefragt, was das für eine Therapieform war.
Für mich klingt es zwar auch so, als ob die Therapeutin nicht zu dir gepasst hat, aber vielleicht spielt auch die Therapieform mit rein.
Viele Grüße
Gartenkobold
Beiträge: 2095
Registriert: 9. Jul 2020, 09:26

Re: Neu hier, depressiv und enttäuscht von Therapie

Beitrag von Gartenkobold »

Hallo Mingo,

Henni hatte mal geschrieben dass es sich um tiefenpsychologischfundierte Psychotherapie handelte. Meinem Gefühl nach sogar in Richtung Psychoanalyse (weiße Wand als Therapeut*in).
Mit diesen Verfahren komme ich auch nicht klar, finde aber man sollte das ansprechen können. Und versuche da mehr zu sagen als das hilft mir nicht. Es hilft mir nicht weil...ich empfinde dabei das...das ist für mich z.B. eine Grenzverletzung. Ich brauche...mir ist wichtig...bitte arbeiten Sie transparent, bitte klären Sie mich auf und gehen auf meine Fragen ein.
Mittlerweile halte ich von Richtlinientherapie nicht mehr viel (https://www.die-inkognito-philosophin.d ... n-therapie) und kann einige von Hennis Schilderungen Grenzverletzungen zuordnen z.B. "Du hast den Eindruck, dass Dir in der Therapie nicht richtig zugehört wird", " Du erfährst urteilende oder bewertende Aussagen gegenüber Deiner Person, Deinem Leben oder Deinen Handlungen" und "nimmst ihr/ sein Drängen auf eine bestimmte Erkenntnis oder Handlung wahr" und habe selber bevormundente (nein das ist nicht normal), invalidierende (das dürfen Sie jetzt nicht fühlen), manipulative (hinein manipulieren in das was der Therapeut für seinen Patienten für gut befindet, wo ich wieder bei Bevormundung bin und nein das ist nicht normal sondern grenzverletzend, offene Kommunikation wäre aus meiner Sicht besser) und ignoranten und intransparente Therapeuten kennen gelernt und ich versuche ein solches Verhalten zu konfrontieren und klar zu sagen was ich brauche und was ich nicht möchte. Wenn der Therapeut dann laut wird ...falsche Adresse, Zeit zu gehen.

LG Gartenkobold
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