Neuanfang I

geborgenheit
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Re: Neuanfang I

Beitrag von geborgenheit »

Hallo Xenia

nein, nicht mehr hoffnungslos! Das wäre doch zu schade. Neubeginn, das passt wohl eher. Und es versteht sich von selbst, dass auch bei einem Neubeginn wieder Zweifel kommen können, Tage, an denen es Dir schlecht geht. Dieses Auf und Ab ist in einem gewissen Masse normal und erfolderlich. Die ganz starken Ausschläge werden sich hoffentlich mit der Zeit ein wenig einpendeln. Aber wenn Du bedenkst, welchen Weg Du gegangen bist, verwundert es nicht, dass es seine Zeit braucht, bis Du Dich sicher fühlst in Deinem Neubeginn.

In der Tat staune ich, wie Du alles anpackst und weiter gehst. Immer wieder! Toll.

E gueti Ziit und herzliche Grüsse
Geborgneheit
igel
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Re: Neuanfang I

Beitrag von igel »

Xenia, geht es Dir gut??

Bloss nicht hoffnungslos werden!



Vielleicht kannst Du mit den Schizophrenie-Kranken so umgehen, wie Dir gerade danach ist! Du weisst ja, dass meine Tante auch darunter leidet (jetzt wissen es auch alle anderen) und ich habe im Umgang mit ihr das eigentlich immer vergessen. Sie ist sehr klug. Weihnachten vor drei Jahren war sie bei meinen Eltern und sie wusste zu dem Zeitpunkt nicht, was mit mir los ist. Allen hat sie "normale" Pralinen geschenkt, aber mir Mon Chérie. Mit Alkohol. Und ihr Kommentar war "Du brauchst das jetzt."

Keine Ahnung, warum mir das jetzt einfällt.

Mach´auf jeden Fall weiter so!

Ich drück´Dich mal ganz fest - ist ja aus der Entfernung -
igel
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Hallo Ihr Lieben!

Danke für die Fern-Umarmung, Igel. So kann ich es ganz gut ertragen, wenn mich jemand umarmt !

Jetzt ist die erste Woche meines Praktikums vorbei und ich bin mir zwischenzeitlich relativ sicher, daß ich nie mehr Patientin auf einer psychiatrischen Station sein kann... Es ist einfach irgendwie entzaubert, wie das Personal so denkt und handelt. Jetzt, wo ich alle so aus der Nähe mitkriege und auch den OA als Mensch erkennen konnte ist es echt seltsam für mich, wenn ich überlege, was die auf "meiner" Station wohl so über mich gedacht und gesprochen haben. Ich will es lieber nicht wissen

Was Du zum Umgang mit Schizophrenie-Kranken schreibst, Igel, das versuche ich schon irgendwie umzusetzen. Das meinte ich auch gar nicht so doll mit meiner Unsicherheit ihnen gegenüber. Es ist mehr der Umgang mit ihrem Delikt, was mich verunsichert. Wenn einer halt steif und fest behauptet, es ist in Ordnung, Polizisten anzugreifen, wenn diese rote Hosen tragen und ihn so bedrohen. Oder daß es in Ordnung ist, einer Hundehalterin mal eben einen Zahn auszuschlagen, weil deren Hund ihn angeblich angreifen wollte. Das ist es, was mich verunsichert. Aber ich habe für mich beschlossen, einfach so zu reagieren, wie ich es in diesem Moment für richtig halte. Ich werde natürlich keine Diskussion beginnen und den Patienten auch nicht provozieren. Ich werde meine Meinung klar äußern und versuchen, authentisch zu bleiben. Wenn ich nicht mehr authentisch bin, dann spürt mein Gegenüber das sofort. Ich habe es ja auch immer gespürt, wenn irgendjemand mir gegenüber nicht mehr authentisch war. Ich denke, daß ich so ganz gut fahre.

Interessant ist es für mich zu sehen, wie schnell die Patienten sich verändern. In der einen Minute kann man sich noch relativ normal mit einem Patienten unterhalten und in der nächsten Minute ist das nicht mehr möglich, weil er wieder vollkommen in seinem Wahn gefangen ist.

Wenn ich im direkten Kontakt mit einem Patienten bin, dann denke ich eigentlich nicht daran, was ihn in die Forensik gebracht hat. Das kommt dann erst später wieder in meinen Kopf, wenn ich mit irgendjemandem über diesen Patienten spreche. Dann komme ich manchmal echt ins Grübeln. Denn ich frage mich schon, was passieren muß, damit man eine Schizophrenie bekommt. Eigentlich sind die Patienten allesamt auch Opfer. Das finde ich wirklich. Auch ein Pädophiler ist Opfer irgendwie. Ich will damit jedoch gar nichts entschuldigen oder rechtfertigen. Aber es ist schon richtig, daß es psychiatrische Sachverständige gibt, die beim Verdacht des Vorliegens einer psychischen Störung einen Angeklagten begutachten. Ich würde das für mich auch so wollen, wenn ich eine Straftat begangen hätte (wie z.B. meinen Ex umbringen )

So, das wars jetzt erstmal, vielleicht schreibe ich nachher noch weiter.

Liebe Grüße, Eure

Xenia

P.S. anscheinend hilft es, wenn ich öfter mal damit drohe, den thread wieder umzunennen - äußerst interessant, das muß ich mir merken
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
igel
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Re: Neuanfang I

Beitrag von igel »

Xenia, mache weiter so! Das sind alles Menschen. Du kannst Dich auf Dich verlassen! Du hast ganz feine Antennen und wer hat die schon? Was ist passiert, das Menschen so "werden"? Meine Tante ist vergewaltigt worden und hat "deshalb" ein Kind. Das ist so schlimm, ich will gar nicht weiter darüber nachdenken.

Ich freu´mich für Dich, dass es bei Dir weitergeht. Wie Du das alles machst......
igel
flora80
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Re: Neuanfang I

Beitrag von flora80 »

Hallo Xenia!

Du klingst wirklich um einiges besser, seit du das Praktikum machst und das freut mich sehr. Bei mir ist auch einiges in Bewegung. Ich werde gleich mal etwas putzen und dann lernen, damit ich morgen frei habe. Ich hoffe, dass mein Gehirn heute ein wenig aufnahmefähiger als in den letzten Wochen ist... Komme mir echt schon zu dämlich für diese Welt vor.... Ansonsten ersehne ich endlich den Mittwoch, wenn ich erst einmal Ferien machen kann. Ich werde eine Auszeit nehmen, vielleicht eine Woche, vielleicht zwei... mal sehen.

Ich wollte mich nur mal wieder gemeldet haben und aus meinem momentanen Deprileben berichten. Lieber Gruß,

Flora
winnie
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Re: Neuanfang I

Beitrag von winnie »

Liebe Xenia,

ich wollte auch noch was zu dieser ambivalenten Einstellung, die Du zu Deinen Patienten hast, sagen.

Ich habe, glaube ich, bereits mehrmals hier erzählt, daß ich seit viele Jahren schon bei Amnesty International bin. Wie Du wahrscheinlich weißt, setzt sich ai unter anderem für halbwegs menschliche Behandlung von Menschen im Strafvollzug ein.
Und im Rahmen dieser Arbeit bin ich seit langem auch in persönlichem Kontakt mit Straftätern. Habe jahrelang unter anderem mit Insassen US-amerikanischer Todeszellen korrespondiert - und mir dabei immer wieder Fragen von "Außenstehenden" anhören müssen à la "Wie KANNST du das nur tun??? Das sind MÖRDER!!! Was würdest DU tun, wenn Dein Kind umgebracht worden wäre???"

Ja, wie kann ich das tun?
Einfach indem ich das eine vom anderen trenne. Natürlich sind es Verbrecher - Mörder, Terroristen, psychisch Kranke, keine Frage. Aber außerdem sind es auch Menschen. Indem ich mich mit ihnen unterhalte, heiße ich ja nicht gut, was sie getan haben. Sondern ich behandle sie einfach immer noch als die Menschen, die sie trotz allem sind. Und so manches Mal habe ich dabei wirklich interessante, wertvolle und sogar liebenswerte Persönlichkeiten kennengelernt. Habe die Geschichte dieser Menschen erfahren, und nicht selten hätte ich wirklich heulen mögen angesichts solcher Biografien.

Es geht nicht darum, die Taten zu entschuldigen oder zu rechtfertigen - aber man hat es in der Hand, sie nicht auf die gleiche Weise zu beantworten. Die Konsequenzen ihrer Taten müssen sie ohnehin aushalten - Psychiatrie, Knast, bis hin zur Hinrichtung. Das reicht schon. Und was ist daran verkehrt, wenn man sie dabei trotzdem noch als Mensch behandelt, und ihnen vielleicht zum ersten Mal im Leben zuhört...

Niemand ist nur gut, oder nur schlecht, das darf man nie vergessen. Und nur weil jemand etwas Schlimmes getan hat, oder weil er vielleicht für seine Mitmenschen eine Gefahr darstellt - das alles ist ja nicht die ganze Persönlichkeit.

Ich finde es großartig, was Du machst, Xenia, und ich wünsche Dir, daß Du ganz viel persönliche Kraft daraus schöpfen kannst.

Liebe Grüße von Winnie
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Liebe Winnie (und natürlich auch alle anderen)!

So wie Du es beschreibst, liebe Winnie, sehe ich es auch und habe es in der Kanzlei eigentlich auch praktiziert: ich entschuldige natürlich keine kriminelle Tat, aber ich denke, daß die (vermeintlichen) Täter immer auch Menschen sind, die anspruch auf einen fairen Prozeß haben. Und die Auge-um-Auge-Mentalität kann ich ohnehin nicht leiden. Gerade vorhin habe ich einen Bericht im Radio gehört, in Texas (wo auch sonst?) sitzt einer in der Todeszelle, bei dem wohl inzwischen ganz klar feststeht, daß es genügend Entlastungsbeweise gibt. Aber trotzdem hat er ganz schlechte Karten, was die Aussetzung der Todesstrafe betrifft. Das finde ich ganz besonders schrecklich. Aber man soll gar nicht erst so tun, als ob das ein amerikanisches Problem ist. Auch wir hier in Europa haben gravierende Mängel, was die Wahrung der Menschenrechte von Gefangenen betrifft. Ganz besonders deutlich sind hier Frankreich und auch die Schweiz zu nennen... aber auch in Deutschland geht es oftmals nicht mit rechten Dingen zu. So fand ich es ein Unding in diesem Frankfurter Kindesentführungsprozeß, daß der Ruf nach einer Legalisierung von Folter ganz offen durch alle Medien ging. Aber auch in der Fachliteratur gibt es Meinungen, die eine Folteranwendung in einem gewissen Grad für vertretbar hält. Das muß man sich mal vorstellen, ich meine, es ist zwischenzeitlich ja wohl jedem klar, daß ein Mensch, der gefoltert wird, irgendwann alles unterschreibt, nur um aus dieser Hölle zu entkommen. Und wer will denn festsetzen, welche Foltermethoden noch legitim sind und welche nicht???

Ich denke auch, daß es wichtig ist, hinter dem jeweiligen Patienten auch den Menschen zu sehen. Es ist wohl auch so, daß die delikts- und täterorientierte Psychotherapie den Patienten irgendwann auf vorsichtige Weise mit dem von ihm begangenen Delikt konfrontiert. Gerade bei schizophrenen Patienten ist dies nicht ungefährlich. Denn wenn die Patienten in der Lage sind, ihre Delikte wirklich zu "kapieren", kommt es nicht selten zu schweren suizidalen Krisen. Ich kann mir das gut vorstellen. Natürlich ist dies mit Sicherheit nicht bei allen Patienten möglich.

Leider muß ich jetzt Schluß machen, ich muß gleich weg. Aber ich melde mich wieder.

Herzliche Grüße an alle

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Hallo Ihr Lieben!

Leider geht es mir jetzt gar nicht mehr gut... Ich habe einen ziemlichen Husten und Kopfweh. Dazu kommen noch die psychischen Gebrechen, die ich so immer mit mir herumtrage.

Ich bin mal wieder sehr traurig, daß mein Krisentherapeut bald weg ist. Nein, traurig ist irgendwie das falsche Wort, ich habe Panik, es alleine nicht zu schaffen.

Hinzu kommt, daß ich in der Klinik einen Patienten habe, der mich sehr stark an meinen Ex-Mann erinnert. Das ist in den letzten Tagen immer schlimmer geworden und ein Problem daran ist, daß er mich offensichtlich ganz gerne hat, ich schaffe es eigentlich immer, ihn zu motivieren, etwas zu tun. Das ist meinen Kollegen auch schon aufgefallen... Okay, mein Ex-Mann hat keine Schizophrenie, aber sie ähneln sich, dieser Patient hat auch (wie mein Ex) eine Epilepsie und kommt aus Serbien (mein Ex-Mann stammt aus Bulgarien und die beiden Sprachen sind sich sehr ähnlich). Naja, vielleicht kann ich durch diesen Patienten ja lernen, noch mehr Distanz zu meiner eigenen Geschichte zu bekommen, das wäre ja ganz gut.

Ich habe heute auch noch eine e-mail von meiner unglücklichen Liebe bekommen. Das hat mich auch nochmal runtergezogen. Er ist Schweizer und durch meinen Aufenthalt in der Schweiz bin ich sowieso jeden Tag an ihn erinnert und jetzt hat er mir noch eine e-mail geschrieben und nochmal wiederholt, daß er mir die Daumen drückt, daß ich jetzt endlich mal einen Studienplatz bekomme (ich hatte ihm eine mail geschickt und ihm von meiner ersten Woche berichtet und daß sich mir zwei Fragen aufgetan haben). Diese Unerreichbarkeit macht mich natürlich sehr traurig. Aber auch in dieser Beziehung muß ich sehen, daß ich mehr Distanz bekomme. Denn das ist unbedingt nötig. Klar, er mag mich schon irgendwie, aber halt auf eine andere Art als ich ihn mag...

Ich denke, daß ich bald ins Bett gehen werde, ich hänge hier sowieso nur rum und warte auf irgendetwas, das nicht kommen wird.

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Mist, Mist, Mist!!!

Mir geht es gerade total schlecht und ich weiß nicht, was ich machen soll. Irgendwie ist gerade alles, was ich die Woche über weggeschoben habe, auf mich niedergeprasselt. Ich habe Panik, daß ich mein Leben ohne meinen Krisentherapeuten wegschmeiße. Ja, davor habe ich richtig Panik. Und dann ist da ja noch die Geschichte mit dem Verfahren, die mich jetzt auch wieder eingeholt hat.

Ich versuche, mich funktional zu verhalten, aber ich befürchte, daß ich das heute nicht so ganz schaffe. Meine innere Anspannung ist fast nicht mehr auszuhalten und ich weiß nicht, was ich tun soll. Naja, Ihr wißt es wahrscheinlich auch nicht. Und deshalb höre ich jetzt auch wieder auf, hier herumzumonologisieren. Wenn es in ein paar Stunden nicht besser ist, werde ich mal in der Klinik anrufen und dann ggf. zum Diensthabenden Arzt gehen. Wenn einer Dienst hat, den ich kenne. Denn ich habe wirklich keine Lust, heute in die Psychiatrie eingewiesen zu werden. Ich muß ja schließlich morgen wieder in die Psychiatrie in Basel zu meinen Straftätern.

Oh Mann, warum kann es mir nicht gut gehen??

Naja, das fragt Ihr Euch wohl auch und wahrscheinlich nerve ich sowieso mit meiner ewigen Depression und dem fast immerwährenden Drang, mich selbst zu verletzen.

Tut mir leid.
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Milena
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Milena »

Liebe Xenia,

unsere Beziehung ist etwas asymmetrisch – du kennst mich nicht, ich verfolge den Austausch hier im Forum schon seit ca. einem halben Jahr. Unter „Beziehungen im Forum“ habe ich mich kurz vorgestellt.

Ich habe auch deine ganzen Threads verfolgt – fast von Anfang an. Und ich fürchte, ich kann dir keine große Hilfe sein, denn das sind Dimensionen, in denen ich mich nicht mehr auskenne. Aber ich möchte dir wenigstens sagen, dass ich – auch wenn ich nicht gerade am Computer sitze – oft an dich denke und an dem, was du hier schreibst, stark Anteil nehme. Entgegen dem, wir du dich (verständlicherweise) oft fühlst, habe ich hier eine sehr starke und einfühlsame Frau kennen gelernt.

Ich weiß nicht, ob ich eine typische stille Leserin bin und wie viele es sonst noch so gibt, aber wenn ich es bin, Xenia, hast du vielmehr (innere) Unterstützung, als du ahnen kannst.

Viele Grüße
Milena
mautzihh
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Re: Neuanfang I

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

dass jetzt am Wochenende Deine alten Gefühle wieder voll auf Dich einprasseln, scheint mir ziemlich logisch. Immerhin kann innerhalb einer Woche "Pause" nicht alles anders werden, was vor Deiner so positiven Anspannung beim Praktikum Dich belastet hat.

Aber sicher wird es im Laufe der Zeit immer leichter werden. Wie ist das mit Deinem Krisentherapeuten - hast Du gar keine Gespräche mehr mit ihm oder doch noch kurze Zeit?

Weißt Du, ich hab grad nochmal über Deine Situation nachgedacht. Ich weiß zwar, dass es immer Angst und Mut bedeutet, sich jemand Fremden zu öffnen, aber trotzdem sehe ich es fast wie eine Vorsehung für Dich, dass Du von Deinem vertrauten Krisentherapeuten wechselst zu einem Menschen, der jetzt ab Deinem Neuanfang für Dich da sein wird. Ich könnte mir vorstellen, dass Deine Gefühle vor der Aussage anders waren als jetzt. Eine neue Bezugsperson kann Dich vielleicht in neuen, anderen Gefühlen auch bestärken?

Du hast schon recht, bevor Du Quatsch machst, gönn Dir ein Gespräch in der Klinik, dann hast Du für die neue Woche wieder Kraft. Abgesehen davon, bist Du ohnehin sehr sehr stark, wie Deine Vergangenheit beweist und woran Milena Dich auch schon erinnert hat. Ich weiß, Du fühlst Dich jetzt nicht so, aber trotzdem bist Du es und Du wirst heute auch überstehen und morgen hast Du wieder Gelegenheit neue Kraft zu schöpfen, weil Du für andere da sein kannst, die wirklich schwach sind.

Meine Gedanken wandern oft zu Dir und versuchen, Dich zu stützen.

Ganz liebe Grüsse

Deine Mautz
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Liebe Milena,
liebe Mautz,

vielen Dank für Eure Anteilnahme. Ich kann bloß im Moment nicht glauben, daß ich stark bin... Ja, das soll vorkommen.

Ich habe vorhin in der Klinik angerufen und leider hat ein Arzt Dienst, den ich überhaupt nicht kenne. Seinen Namen habe ich noch nie gehört. Also hat es sich mit einem Gespräch auch erledigt... Denn die Gefahr, in der Psychiatrie - als Patientin - zu landen, ist mir einfach zu groß. Soll ich vielleicht morgen in Basel anrufen und sagen, "tut mir leid, ich kann nicht kommen, weil ich in der Psychiatrie bin"?? Das kann ich wohl nicht bringen. Nein, ich werde das Praktikum auf jeden Fall zu Ende bringen. Ich möchte auch noch die Gelegenheit haben, mich wenigstens ein bißchen von meinem Krisentherapeuten zu verabschieden, ich habe jetzt noch zwei Termine bei ihm.

Das Problem ist, jemanden zu finden, der mir weiterhelfen kann. In der Klinik kenne ich niemanden, der einigermaßen kompetent ist, mein Psychiater hat meistens keine Zeit und mit meiner Therapeutin komme ich irgendwie nicht zurecht. Ich habe mir schon öfter überlegt, die Therapie bei ihr abzubrechen. Ich habe auch Angst, jetzt einem neuen Arzt zu vertrauen, nur um dann irgendwann wieder alleine dazustehen. Ich bin einfach noch nicht so weit, als daß ich mein Leben alleine auf die Reihe kriegen könnte. Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch besser, wenn ich einen Therapeuten habe und nicht zwei. Vielleicht komme ich ja doch noch irgendwie mit meiner Therapeutin zurecht. Ich glaube es aber ehrlich gesagt nicht..

Ich weiß ehrlich nicht, wie es das alles schaffen soll.

Vielleicht gehe ich wirklich nach dem Praktikum erstmal in die Klinik, bis meine Rahmenbedingungen geklärt sind und ein neues AD angesetzt ist. Mein Psychiater meint nämlich, daß ich die jetzigen ADs wieder absetzen soll und ein anderes Präparat versuchen soll. Ich habe keine Lust mehr darauf, ehrlich nicht. Dann wirkt das neue AD vielleicht und irgendwann hört die Wirkung wieder auf - so war es bisher immer in den letzten sieben Jahren. Vielleicht sollte man jetzt wirklich mal mit EKT anfangen. Das ist ja kein Leben, was ich da habe.

Mist, irgendwie geht es mir nur schlechter und überhaupt nicht besser heute.

Herzliche Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
mautzihh
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Re: Neuanfang I

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

Deine Angst vor einem AD-Wechsel kann ich gut nachvollziehen.Das ist für mich auch immer ein Horror. Einmal bekam ich am ganzen Körper solchen Juckreiz, dass ich mich an den verschiedensten Stellen blutig gekratzt hatte und nach 1 Woche wieder wechseln musste. Ansonsten hatte ich aber einigermassen Glück.

Sag mal, Du hast doch noch Kontakt zu Deiner früheren Therapeutin, die auch Dein Vertrauen hat. Ich weiß nicht, ob das realistisch ist, aber vielleicht kennt sie den Kollegenkreis so weit, dass sie Dir einen Tipp geben kann, wer die gleiche oder zumindest eine ähnliche Arbeitsweise und Einstellung zu seinen Patienten hat wie Dein jetziger Krisentherapeut. Eigentlich müssten die Leute in der Klinik das doch auch einschätzen können, da bei ihnen ja die Patienten von den verschiedensten Psychiatern bzw. Therapeuten eingewiesen werden. Die Kassen dürfen ja nur trockene Listen raus geben.

Die Therapeutin, die die Traumaarbeit mit dir machen will, würde ich nicht jetzt gleichzeitig verlassen. Wie Du schon sagst, allein dazustehen wäre wirklich ein wenig viel für Dich. So sehr zuwider ist sie Dir doch sicher nicht und hast wenigstens eine halbseidene Anlaufstelle. Sowie Du einen Krisentherapeuten gefunden hast, zu dem Du Vertrauen entwickeln kannst, ist immer noch Zeit, diesen Wechsel anzugehen.

Xenia, in Deinem letzten Satz find ich gut, dass Du schreibst: überhaupt nicht besser h e u t e . Ich meine, raus zu hören, dass es Dir insgesamt vom Gefühl her aber schon besser geht und das find ich schön. Zwischendurch schlechtere Tage sind doch für jeden Menschen normal. Und ab morgen hast Du wieder eine ausgefüllte Woche vor Dir mit Abwechslung und starken Anforderungen an Dich, was Dich wieder ein Stückchen mehr stärken wird.

Was machst Du jetzt? Ein wenig fernsehen oder magst Du Dir nicht mal ein Bad mit gutem Öl zwischendurch gönnen?

Ich wünsch Dir noch was

liebe Grüsse

Mautz
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Liebe Mautz,

Dein Optimismus ist ja wirklich nicht kleinzukriegen, könnte das sein ?

Ach Mensch, ich würde so gerne an diesem Optimismus partizipieren. Aber es geht irgendwie nicht, Phasen, die von Optimismus geprägt sind, sind kurz und werden immer wieder von meinem pessimistischen Denken vergrault...

Weil mir so langweilig ist, habe ich - übrigens zum ersten Mal - den Selbsttest auf der Startseite gemacht: ich soll möglichst schnell meinen Arzt konsultieren, meine Angaben weisen auf eine ausgeprägte und behandlungsbedürftige Depression hin, stand da in fetten roten Lettern. Depression? Ich? Nö, das muß wohl eine Verwechslung sein. Ich weiß überhaupt nicht, was eine Depression ist...

Jetzt habe ich gerade noch einen anderen Selbsttest gemacht, der ungefähr das gleiche aussagt.

Ich weiß auch nicht, wie ich mich fühle. Einerseits denke ich, daß ich unbedingt Hilfe brauche, andererseits denke ich, daß mir ohnehin niemand helfen kann, weil ich mir nur selbst helfen kann...

Depressive Kognitionen sind mir ja völlig fremd...

Ich weiß nicht, was ich machen soll, es geht mir immer nur schlechter und der Tag ist noch nicht einmal vorüber. Wo soll das enden? Klar, morgen werde ich wieder nach Basel zum Praktikum fahren. Aber um welchen Preis ziehe ich das wieder durch? Daß ich wieder alles so verdränge, bis es dann doppelt und dreifach zurückschlägt? Ist das der richtige Weg? Oder soll ich mein Praktikum einfach abbrechen, zum Arzt gehen bzw. in die Klinik? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, daß ich es mir überhaupt nicht vorstellen kann, in zwei Wochen wieder zu arbeiten in der Kanzlei. Ich will nicht mehr dort arbeiten. Ich will endlich wieder studieren, aber das wird wohl wieder nicht klappen. Das frustriert mich ungemein...

Mit meiner ehemaligen Therapeutin habe ich momentan keinen Kontakt mehr. Ich habe ihr nach der Verhandlung eine mail geschickt, die sie mir nicht beantwortet hat. Also hat sie wohl keine Lust mehr auf mich, was ich verstehen kann. Hier in der Klinik werden die Patienten entweder in die Klinik-Ambulanz geschickt oder zu zwei niedergelassenen Psychiatern. Einer von diesen beiden ist mein Psychiater. Und in der Ambulanz arbeiten bis auf den Oberarzt derzeit nur ganz junge Ärzte, die noch keine Erfahrung haben. Davon haben sie mir alle abgeraten. Und ich habe auch echt keine Lust darauf, meinem Arzt irgendetwas erklären zu müssen. Das war halt bei meinem Krisentherapeuten das gute: er hat schon einmal etwas über Traumata bzw. deren psychotherapeutische Bearbeitung und emotional instabile Persönlichkeitsstörungen gehört und konnte daher gut mit mir umgehen. Ich auch mit ihm, er hat mich meistens gut verstanden, ohne daß ich groß erklären mußte. Ich habe so etwas zuvor noch fast nie erlebt. Nur bei meinem Psychiater. Aber der kennt mich auch schon lange genug (seit 1997) und hat auch meine schlimmsten Phasen miterlebt. Leider hat der eben nicht die Zeit, mich regelmäßig für eine längere Zeit zu sehen. Klar, im Notfall kann ich immer zu ihm kommen und dann nimmt er sich auch Zeit, aber halt nicht regelmäßig.

Deshalb ist meine Verzweiflung auch relativ groß. Weil ich Angst habe, niemanden zu finden, mit dem ich gut sprechen kann und der mich auch versteht. Hier gibt es zwar die meisten Psychiater pro Einwohner (angeblich mehr als in New York) aber die Wartezeiten sind enorm. Und was die Therapeutensuche betrifft, sieht es leider ganz ähnlich aus. Es gibt viele, aber leider auch viele schlechte und bei den guten muß man sehr lange warten auf einen Platz. Ich hatte mit meiner Traumatherapeutin insofern Glück, als daß sich die Klinik für mich eingesetzt hat (bzw. der Chef).

Ach, irgendwie ist mal wieder alles scheiße. Ich sehe keine Zukunft und die Vergangenheit ist auch schwarz. Die Gegenwart läßt sich noch ertragen, aber wirklich leben tue ich immer noch nicht.

Die Therapeutensuche gestaltet sich u.a. auch deshalb schwierig bei mir, als daß es die Kombination zwischen Borderline-Persönlichkeitsstörung und bipolarer affektiver Störung nicht so häufig gibt. Da winken viele gleich ab. Das habe ich vor drei Jahren erlebt, da wollte mich keiner haben... Okay, ich bin heute viel weiter als damals, aber ich bin und bleibe sogar in der Psychoszene ein Exot (worauf ich allerdings gut verzichten könnte). Am besten wäre es wohl, wenn ich morgen meinen Schlüssel und mein Namensschild abgebe und mich einweisen ließe... Nein, das wäre natürlich nicht das beste, meine Krankenkasse würde das wohl eher nicht bezahlen und die Basler Klinik würde mich wohl auch nicht aufnehmen. Außerdem muß ich mir ja eine Klinik warmhalten für evtl. noch anstehende Praktika. Da kann ich nämlich die hiesige Uni-Klinik und das hiesige Zentrum für Psychiatrie gleich vergessen, die kennen mich ja schon als Patientin. Und da ich einen relativ exotischen Namen habe, werde ich auch niemals vergessen (was auch Vorteile hat).

Oh je, ich hasse es, wenn ich alles nur noch schwarz sehen kann...

Hoffentlich geht es mir jetzt nicht immer schlechter. Ich will wenigstens mein Praktikum zu einem vernünftigen Ende bringen und meine verbleibenden beiden Termine bei meinem Krisentherapeuten nutzen, um mich zu verabschieden...

Herzliche Grüße trotzdem

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
flora80
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Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Neuanfang I

Beitrag von flora80 »

Liebe Xenia!

Was du beschreibst, diese ewige Schwarzseherei etc. kann ich ziemlich gut verstehen. Trotzdem möchte ich dir mit auf den Weg geben, dass es sehr oft hilft, auch negative Dinge erst einmal positiv zu formulieren. Ich weiß, ich weiß, das klingt nach einem abgelutschten VT Trick... Aber es hilft tatsächlich! Zum Beispiel statt: "Hoffentlich wird es nicht wieder immer schlimmer!" einmal ein "Hoffentlich wird es besser!" Ich verfalle auch sehr schnell in sehr negative Formulierungen, weil ich denke, dass sonst niemand verstehen kann, wie schlecht es mir geht, aber das stimmt eigentlich gar nicht. Jeder hier glaubt dir, dass es dir wirklich nicht gut geht.
Sieh es einmal so: Bisher gab es oft wieder Rückschläge und auf eine kurze optimistische Phase folge in der Vergangenheit häufig eine schlechte. Aber in dieser Situation muss das doch gar nicht wieder so sein. Angenommen, dieses Mal wäre es anders.... Wie könnte es sein? Ich versuche manchmal, wenn es mir sehr schlecht geht, mir vorzustellen, wie es sein könnte, wenn ich nicht so depressiv wäre. Spiel das doch einfach mal ganz "unverbindlich" in Gedanken durch. Kann ja nix dabei passieren. Nur weil es bisher häufig so war, heißt das NICHT, dass das bis in alle Ewigkeiten so weitergehen muss, auch wenn es dir vielleicht so vorkommt.
Nur so ein Tipp in's Blaue: Gehörst du auch zu der Sorte von Mensch (wie ich), die sich sehr gerne einfach überfordern und alles möglichst sofort und in Perfektion erledigen wollen? Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass dein Praktikum zwar sehr spannend ist und es dir auch Spaß macht, es dich aber trotzdem ein bisschen überfordert. Wieder ein Gedankenspiel: Was wäre, wenn du das Praktikum wegen Krankheit abbrichst (du musst ja nicht sagen, dass es wegen psychischer Krankheit ist) und du dir stattdessen ein paar Wochen absolute Ruhe gönnen würdest mit Dingen, die dir gut tun, etc.? Klar ist es immer gut, wenn man Praktika aufweisen kann, aber du kannst das doch jederzeit wiederholen. Zu diesem Zeitpunkt ist es bloß vielleicht ein bisschen viel...???
Und zum Wintersemester kannst du doch bestimmt auch wieder studieren gehen, oder? Die Zeit bis dahin kannst du dann in Vorfreude verbringen!

Das waren jetzt bloß ein paar Gedanken von mir. Ich weiß nicht, was du damit anfängst, aber durchspielen könntest du es ja versuchsweise einfach mal!
Lieber Gruß und so,

Flora
SRT
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Registriert: 1. Apr 2003, 19:24

Re: Neuanfang I

Beitrag von SRT »

Liebe Xenia,
deine Praktikumswoche ist soweit ich alles richtig mitbekommen habe gut gelaufen.
Und ich hoffe das du dich nicht unterfordert gefühlt hast.Jedenfalls war die Woche mit einer Menge Action gefüllt.
Und dann das Wochenende.Und nicht soviel los.
Da finde ich es sehr normal das du in ein grosses Loch fallen kannst.
Klar,bei dir,(bei uns)ist das immer etwas anders,aber das Langeweileloch ist auch ein bisschen was Normales (was immer auch Normal sein mag)und morgen gehts doch weiter.
Und jetzt möchte ich Flora widersprechen und
dir raten dich durchzukämpfen.Wenn ich es richtig empfinde hast du schon Bindung,zu Patienten und Kollegen,aufgebaut und weisst auch das du diese Fähigkeit hast.Und da darfst du stolz drauf sein.

Also wünsch ich dir jetzt eine schöne Praktikumswoche.

LG
INUIT
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Liebe Flora,

das mit dem Positiv-/Negativsehen ist leider nicht so einfach. Ich kann meine negativen Gedankenspiralen nicht so einfach verlassen und schon gar nicht, wenn es mir sehr schlecht geht. Und darauf zu hoffen, daß es irgendwann besser wird, das habe ich schon vor langer Zeit aufgehört. Es wurde nämlich nie besser, sondern immer schlechter. Klar, würde ich jetzt schon wieder studieren und wäre dieses Praktikum "nur" ein Praktikum unter vielen, dann würde ich es vielleicht abbrechen. Aber dieses Praktikum ist eben nicht bloß eines unter vielen. Und ich werde es eben auch nicht jederzeit wiederholen können. Ich habe dieses Praktikum nur aufgrund meiner Persönlichkeit bekommen. Im Grunde bin ich überhaupt nicht qualifiziert dafür. Ich werde das Praktikum auf keinen Fall abbrechen. Denn in der Zeit, die ich dann für mich hätte, würde ich garantiert noch weiter nach unten fallen. Etwas tun, was mir gut tut? Dazu müßte ich erstmal wissen, was das sein könnte... Ich habe keine Ahnung mehr, was das sein könnte, aber ich weiß, daß ich in der freien Zeit jetzt nur grübeln würde.

Das Praktikum ist ja auch nicht der Auslöser für meine schlechte Stimmung. Es ist das drumherum, das mich mal wieder fertigmacht. Daß mein Krisentherapeut bald weg sein wird. Daß ich wieder arbeiten gehen muß. Daß die ADs mal wieder nicht helfen. Daß ich vielleicht wieder stationär muß. Daß meine Traumatherapeutin noch immer nicht begonnen hat, mit mir Traumaarbeit zu machen. Ach, es gibt so vieles, was mir im Moment mal wieder im Weg steht. Auch das mit dem Studium steht mir im Weg, da die Chancen auf einen Studienplatz auch zum kommenden WS sehr schlecht sind... Ich brauche dieses Praktikum übrigens gar nicht für einen Studienplatz in Psychologie. Und für einen Platz in Kriminologie ist es auch nicht vorgeschrieben. Für Kriminologie kann ich allerdings meine Chancen mit diesem Praktikum verbessern. Und Kriminologie kann man - wie Psychologie auch - nur zum WS beginnen...

Ich werde das Praktikum durchziehen. Damit fülle ich meine Zeit sinnvoll.

Ach, ich weiß doch auch nicht, was ich tun soll. Ich weiß nur, daß es in der Vergangenheit jedesmal schlecht ausgegangen ist, wenn ich zuviel Zeit für mich hatte, nachdem ich irgendwelche schlechten Nachrichten erhalten hatte.

Inuit hat demnach recht, wenn er sagt, daß mich das Praktikum eher stabilisiert hat. Und ich habe tatsächlich schon so "meine" Patienten. Da wäre es nicht ratsam, jetzt aufzuhören. Ich würde mir damit mit Sicherheit keinen Gefallen tun. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, daß ich eben nicht so ohne weiteres wieder einen Platz bekommen würde. Inzwischen habe ich nämlich herausbekommen, daß es durchaus viele Interessenten gibt...

Wahrscheinlich ist es einfach normal, daß ich jetzt in ein Loch gefallen bin. In der vergangenen Woche war einfach viel zu viel Action, da konnte ich gar nicht ins Grübeln verfallen. Das ist jetzt halt alles am Wochenende über mich hereingebrochen. Wahrscheinlich wäre es seltsam, wenn es mir gut gehen würde. Ich meine, meine Situation ist nun einmal scheiße momentan.

Herzliche Grüße

Xenia, die morgen um 05.30 Uhr aufstehen darf und sich schon total darauf freut...
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
flora80
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Re: Neuanfang I

Beitrag von flora80 »

Hi Xenia!

Naja, Inuit hat schon recht, wenn er sagt, dass es gut ist, dass du schon solche bindungen aufgebaut hast, etc. Und wenn du es schaffst, dann kämpfe weiter, ja! Aber wenn du das Gefühl haben solltest, dass dir alles zu viel wird, dann solltest du dich nicht scheuen, eine pause einzulegen. So meinte ich es eher.

Lieber Gruß mal wieder!

Flora
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Lieber Inuit,

danke für Deine Wünsche. Ich hoffe, es geht Dir gut und Du hast Deine Brille doch noch wieder gefunden...

Ich kann übrigens die Deutsche Bahn verstehen, daß sie in Deinem Fall einen Kinderfahrschein für Laszlo verlangt. Ich meine, er ist ja nicht gerade handlich, oder?!

Herzliche Grüße

Xenia
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ТЪПАЦИ!!!
geborgenheit
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Re: Neuanfang I

Beitrag von geborgenheit »

Liebe Xenia

Du hast Deinen Beiträgen ja den Satz von Antoine de Saint-Exupery angehängt:

"Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen,
sondern sie möglich machen"

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass gerade dieser Satz Dir jetzt weiterhelfen könnte. Du weisst nicht, wie es weitergehen wird mit Dir. Aber, wohl ganz automatisch, laufen da ganz viele Ängste in Dir ab, welche Dir einreden wollen, wie schwarz Deine Zukunft ist, und die Dir weismachen wollen, dass unter diesen Umständen auch die Gegenwart in Frage gestellt wird. Von der Vergangenheit gar nicht zu sprechen…

Die Zukunft möglich machen. Was heisst das für mich? Für mich heisst das, dass ich immer wieder versuche, loszulassen, zu Vertrauen, dass es einen Weg für mich geben wird. Auch zu vertrauen, dass ich diesen Weg überleben werde, gerade in dem Wissen, was ich schon alles in der Vergangenheit überlebt habe. Loslassen, die Angst loslassen. hm. Das ist schwierig. Ich weiss. Was ist, wenn ich die Angst loslasse? Was bleibt dann noch? Immerhin kenne ich die Angst. Aber kann ich die Ungewissheit ertragen, ohne diese Angst zu sein?

Es ist normal, dass man sich sorgt, was morgen sein wird, oder auch in einer Woche. Und gerade in Deiner Lebensphase ist es sehr nahe liegend, dass die Panik hochkommt im Gedanken, was ist, wenn… Aber es hilft, darauf zu vertrauen, dass der Weg weitergehen wird, egal, wie viel Angst ich davor habe oder wie viel Vertrauen ich darin habe. Meine Angst ändert nichts daran, wie mein Weg weitergeht. Aber sie verunmöglicht mir, das Hier und Jetzt an mich heran zu lassen.

Die Zukunft wirst Du nicht voraus leben können, die Zukunft bleibt immer die Zukunft. Aber es wird in dieser Zukunft einen Weg für Dich geben, Du hast schon so viel überlebt und das hat Dich stark gemacht. Dass es Dir jetzt schlecht geht, tut mir sehr leid. Aber irgendwie kann ich es auch verstehen. Du hast so viele Schritte gemacht in den letzten Wochen. Und Du hast es geschafft, eine Woche Praktikum zu machen auf einer sicher nicht einfachen Abteilung! Das kostet Kraft und wenn dann ein wenig Luft kommt, oder leerer Raum, dann kann es schon sein, dass alles wieder hereinbricht. Deswegen musst Du nicht alles in Frage stellen. Du darfst es annehmen, dass Du ausgepumpt bist, aber Du darfst auch gleichzeitig wissen, dass es vorüber geht.

Hm. Jetzt habe ich ein wenig viel geschrieben und ich hoffe, dass Du mit meinen Gedanken etwas beginnen kannst. Ich wünsche Dir einfach wieder einmal: Trage Sorge zu Dir und gebe Dir die Zeit, die Deine Seele braucht. Du hast es verdient.

Herzliche Grüsse
Geborgenheit

P.S. Schlafe ganz gut, liebe Xenia!
SRT
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Re: Neuanfang I

Beitrag von SRT »

Liebe Xenia,
also die Brille ist weg.Macht aber nichts.
Im Supermarkt habe ich den Schnelltest bei den Ersatzbilligbrillen gemacht und musste festsellen das ich jetzt 2 Promille habe oder wie das heisst.Da hab ich mir eine für 2.99neues Geld gekauft und lass das demnächst vom Augenarzt checken.

Naja,Laszlo wiegt ca.48KG aber er ist trotzdem handlich....jedenfalls für mich.
Und ich glaube das er Menschen mit Depressionen und sonstigen psychischen Sachen mag und irgendwie auch versteht........

Gute Nacht

INUIT
flora80
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Re: Neuanfang I

Beitrag von flora80 »

Ach ja:

Und dass man seine Gedankenspiralen nicht "einfach" verlassen kann, ist klar... sonst wären wir alle nicht hier...
Aber ich versuche eben immer, irgendeine Lösung anzustreben, auch wenn ich das Gefühl habe, dass alles aussichtslos ist. Fühl dich bitte nicht missverstanden von mir, ich kapiere schon, dass man da tief drin steckt und glaubt, dass es kaum anders werden kann, weil es in der Vergangenheit eben oft so war. Naja, aber Veränderungen kann es trotzdem immer geben und gibt es auch. Wenn es mir sehr schlecht geht, dann sehe ich das oft auch nicht, aber hinterher wird mir das dann meistens wieder klar.

Und noch mal liebe Grüße, *g*

Flora
mautzihh
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Re: Neuanfang I

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

in meinem ganzen Leben war ich eigentlich nie optimistisch, immer zweifelnd, skeptisch, vorsichtig. Wo ich den letzten Monaten oder fast im letzten Jahr diese Haltung hernehme, kann ich selbst nicht erklären. Ich denke, dass es Selbsterhaltungstrieb ist, sonst würd ich wirklich ganz unten liegen, weil ich von den Fakten her kaum realistische Zukunftschancen herleiten kann.

Kurz nach meinem letzten Zusammenbruch vor anderthalb Jahren war ich durch den Infarkt von meinem Partner gezwungen, von heut auf morgen alles firmenmäßig selbst in die Hand zu nehmen. Voller Riesenängst musste ich Entscheidungen treffen, die auch seine Bereiche betraf. Trotz schlechter Voraussetzungen und mehr und mehr einsetzendes Mobbing von unseren 3 Junioren, die mir keinerlei Hilfestellung gaben, hab ich es geschafft, das geschäftliche Aus bis heute zu verhindern.

Nach den ersten Erfolgen bei meinen Verzögerungstaktiken z.B. bei Banken hab ich mir immer wieder vorgebetet, dass es das letzte Mal geklappt hat, also warum jetzt nicht auch. Ich hab keine andere Wahl als das, was ich geschafft hab, anzuschauen und nicht so sehr das, was ich hätte schaffen müssen, damit es uns besser geht.

Inzwischen sind die Junioren weg, der Betriebsteil, den wir ihnen übertragen hatten, den wir seit 25 Jahren aufgebaut hatten, ist kaputt. Mein neues Konzept auf die Beine zu stellen, fällt mir unheimlich schwer nach all den Belastungen - meine Kraft ist natürlich auch nicht mehr so groß.
Aber da wir nicht untergehen wollen, muss ich weitermachen - nein verkehrt - ich will weiter machen, weil ich nochmal was Vernünftiges und Erfolgreiches auf die Beine stellen will.

Na ja, und so versuch ich mich von Tag zu Tag zu motivieren und nicht den Mut zu verlieren. Mal wirklich obenauf, mal auch recht verzweifelt - aber bis heute haben wir durch gehalten und das zählt.

Liebe Xenia, wirklich helfen kannst Du Dir nur allein, das ist schon richtig, aber trotzdem kannst Du Dir dabei helfen lassen, denn von außen kann man einfach objektiv die Dinge betrachten und vielleicht mal drauf hinweisen, dass die eine oder andere Sichtweise nicht so glücklich ist.

Tatsache ist doch eins - dass es Dir unvergleichlich besser geht als vor einem Jahr z.B. und auch schon eine ganze Ecke besser als vor dem Prozess. Gib Dir doch Zeit, dass sich ganz allmählich Deine Seele erholen kann, das geht nicht von heut auf morgen. Schau Dir doch mal die bisherigen Erfolge an und dann Dein heutiges Tief im Vergleich zu früheren Verzweiflungen. Nein, Blödsinn, schau Dir lieber an, wie gut Du Dich in der letzten Woche gefühlt hast.Und nächste Woche hast Du diese Chance wieder!

Verdrängst Du während der Woche die Probleme wirklich oder ist es nicht eher so, dass Du eine Pause vom Nachdenken hast, weil Du Dich einfach der Anforderung wegen auf anderes konzentrierst und am Abend einfach zu müde bist und das zu Recht.Ich glaub nicht, dass das wirklich als Verdrängung zu werten ist.

Ich bin eigentlich wie Inuit der Meinung, dass Dich die Erfahrungen und auch schon die bisherigen Erfolge bei Patienten eher aufbauen und Dir gut tun. Ich bin fest davon überzeugt, dass Du es schaffst und hinterher selbst sagen wirst: toll, ich habs geschafft und das war ganz allein meine Leistung - jetzt kann mich so leicht das andere auch nicht mehr umschmeissen, denn ich weiß ja wieder ein Stück mehr, was ich s c h a f f e und w e r t b i n.

Also, glaub bitte nicht, dass bei mir alles rosig wäre, aber irgendwie schaffen wir doch jeden Tag und wir sind doch wirklich dabei, dass es jeden Tag ein ganz ganz klein wenig besser wird - von Ausrutschern abgesehen!

In diesem Sinne möcht ich Dir ganz viel Kraft schicken und viel Freude in der nächsten Woche wünschen

ganz liebe Grüsse

Deine Mautz
Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen Ihr Lieben!

Ich habe es geschafft, aufzustehen und mich anzuziehen, eine Leistung... Mir geht es natürlich immer noch nicht besser, aber wenn ich zu Hause bliebe, würde es nur schlimmer werden und daher fahre ich halt doch nach Basel. Obwohl ich echt keine Lust habe. Aber vielleicht wird es ja ganz gut. Ich möchte heute zwei Krankengeschichten lesen und schauen, wie vorgegangen wird in der Psychotherapie. Vielleicht habe ich ja auch Ideen, die ich einbringen kann. Für einen Patienten ist heute Standortbestimmung, da sind immer alle da: Oberärztin (Abteilungsleiterin), Oberarzt, Arzt, Psychologe, Sozialarbeiter, Ergotherapeut, BEzugspersonen aus der Pflege und halt ich. Ich weiß noch gar nicht, wer von den Schäfchen heute "dran" ist. Standortbestimmung findet alle drei Monate statt, dort wird geschaut, wo der Patient gerade steht und wie die Therapie weitergehen soll.

Heute muß ich wieder "meinen" einen Patienten dazu bringen, sich 45 Minuten mit etwas zu beschäftigen. Darauf habe ich echt keine Lust, weil ich ihm nämlich Sachen vorschlagen muß. Und mir fällt ja selbst nichts ein, außerdem bastle und spiele ich überhaupt nicht gern. Das ist sozusagen auch eine Expositionsübung für mich

Ich hatte übrigens Kontakt zu U., der anderen Ex meines Ex'. Sie hat mir geschrieben, daß meine Schwiegermutter sauer ist, daß sie ausgesagt hat. Es sei doch alles schon so lange her (bei ihr sind es drei Jahre) und er hätte sich doch geändert und ob sie die alten Geschichten nicht vergessen könne und bla bla bla. Das hat uns beide natürlich sehr wütend gemacht. Vergessen? Schön wär's... So etwas kann man nicht vergessen. Wir haben uns überlegt, daß wir finden, daß die Eltern ruhig eine Kopie der "abschließenden Beurteilung" des psychiatrischen Sachverständigen bekommen sollten. Darin steht nämlich, daß er gefährlich ist und weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind... Ich werde ihnen das Gutachten zukommen lassen und zwar mit meinem Namen. die werden sich nicht bei mir melden, denke ich, weil mein Vater vor zwei Jahren mal bei ihnen angerufen hat und ganz unmißverständlich klar gemacht hat, daß sie mich in Ruhe lassen sollen. Und wenn sie anrufen ist es mir auch egal - dann sage ich eben meinen Eltern wieder Bescheid.

Jetzt muß ich los.

Bis heute abend

Xenia
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Xenia
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Re: Neuanfang I

Beitrag von Xenia »

Guten Abend allerseits!

Bin erst vor kurzem nach Hause gekommen und bin jetzt total müde. Wahrscheinlich gehe ich gleich schlafen.

Heute war ich bei einem Therapiegespräch dabei. Das war sehr seltsam für mich, ich bin nämlich sofort in die Patientenrolle gerutscht. Und das, obwohl ich ein Namensschild, einen Piepser und einen Schlüssel habe ... Aber es ist wirklich seltsam, wenn man den Ablauf einer Therapiestunde genau kennt aus der Patientensicht und dann auf einmal in der Therapeutenrolle sitzt. Muß ich noch üben .

Ich denke, daß ich morgen mal eine Fortsetzung mache.

Gut's Nächtle, Eure

Xenia
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