Entscheidung fürs Besserfühlen

DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von DYS- »

Hallo Otterchen

Neee, war reine Pflichterfüllung. Und hinterher war ich total fertig. Aber auch etwas stolz! Und nun komme ich irgendwie nicht mehr runter. Bin total aufgedreht. War wohl doch etwas zuviel des Guten.
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Tonja
Beiträge: 214
Registriert: 15. Apr 2008, 08:57

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Tonja »

ich finde diesen treat wie er sich entwickelt hat total klasse,er ist unaufdringlich und beschreibt schön die fortschritte ohne dieses appelative und von wohlmeinenden dritten so oft eingesetzte aber total verletzende"wenn du nur die füße hochkriegen würdest ginge es dir auch besser".

weiter so.vg t.
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von otterchen »

Hallo Dys,

ok, Fehlversuch
(kann mir auch kaum vorstellen, dass ich mich besser fühlen würde, wenn man mich in den Hintern tritt )

Bitte nicht aufgeben, sondern nochmal probieren: "ich entscheide mich, dass ich jetzt nicht absacken möchte, sondern dass ich mich jetzt besser fühlen möchte".

WAS man dann dafür tut, ist eigentlich egal - es ist zumindest mit einer Hürde verbunden, und eigentlich steckt Arbeit dahinter, aber es muss nicht nur die "glorreiche" Arbeit sein (der Haushalt blitzt), sondern darf auch (an erster Stelle sogar) die Arbeit an und mit uns selbst sein:
eine Handlung, die zum Wohlfühlen führt
(eine Gesichtsmaske, ein Körperpeeling, Mani- oder Pediküre, ein Spaziergang, eine kleine Fotosafari, ein Bild malen, lesen, Musik hören oder eine Entspannungs-CD, etwas Yoga machen, sich mit Pflanzen beschäftigen...)

Da fehlt erstmal das sichtbare Ergebnis.

Und viele von uns haben wohl auch irgendwie ein Programm, dass sagt, dass wir an 2. Stelle kommen - "erst die Arbeit, dann das Vergnügen".
"Ich muss nur meine Arbeit erledigen, dann geht's mir besser" ist also wohl ein Trugschluss. Das führt uns ja nicht näher hin zu uns, sondern wieder weiter weg - und in uns entsteht wieder die Auflehnung gegen die Pflichterfüllung...
(au weh, das ist ein weites Feld)
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von flora80 »

Hallo Otterchen,

Und viele von uns haben wohl auch irgendwie ein Programm, dass sagt, dass wir an 2. Stelle kommen - "erst die Arbeit, dann das Vergnügen".
"Ich muss nur meine Arbeit erledigen, dann geht's mir besser" ist also wohl ein Trugschluss. Das führt uns ja nicht näher hin zu uns, sondern wieder weiter weg - und in uns entsteht wieder die Auflehnung gegen die Pflichterfüllung...


..Ohja. Genau so ist es. Leider ist es aber gesellschaftliche Maxime, dass nur diejenige wertvoll ist und Anerkennung bekommen kann die auch möglichst viel arbeitet. Daraus entwickelt sich dann eine ganz übler Wettbewerb, der dazu führt, dass jede, wenn sie darüber spricht, was sie gearbeitet hat, ein kleines bisschen übertreibt, um eben die Anerkennung und das verständnisvolle Kopfniscken der anderen zu bekommen. Gleichzeitig führt das aber auch zu einer jammerigen Grundhaltung auf nahezu allen Seiten. Die einen "jammern", weil sie "so viel" gearbeitet haben (in meinem Job kommt hinzu, dass man eh kaum Anerkennung bekommt und somit quasi gezwungen ist, zu übertreiben, was aber in einen Teufelskreis führt...), die anderen jammern, weil sie sich minderwertig fühlen, "nicht genug" zu tun (--> die anderen tun ja vieeel mehr als ich, ich bin nicht leistungsbereit genug!).

Gesünder und besser ist die Einstellung, eben nicht zu Arbeiten, damit man hinterher irgendwo "was vorweisen" kann (die Kollegen einen bewundern/bemitleiden können, der Mann lobt, etc.), sondern um für sich selbst sagen zu können, dass man vorangekommen ist. DAS ist allerdings super schwierig.

Ich versuche, mich weitestgehend an diese Haltung zu halten. Allerdings muss man vorsichtig sein, wo man diese kundtut. Ich ernte manchmal regelrecht abschätzige Blicke, wenn ich zugebe, nicht zu leben, um zu arbeiten, sondern umgekehrt und dass mein Wohlbefinden an allererster Stelle steht. Ich sehe einfach nicht ein, mich bis nachts an den PC zu setzen, da bin ich eben wenig perfektionistisch. Ich finde, dass alles, was man nicht mit einem innerlich angemessenen Aufwand bewältigen kann, eben einfach zu viel ist und ich diese Grenze auch nicht dauernd überschreiten muss (von einzelnen Ausnahmen natürlich immer abgesehen). Leider sind gerade in meinem Beruf gehäuft zwanghafte Persönlichkeiten anzutreffen, denen jegliches Verständnis dafür fehlt, dass man eben nicht immer und zu jeder Zeit total durchorganisiert sein muss und auch mal was später abheften kann und trotzdem gute Arbeit leisten kann. Für mich heißt das: Ich mache vermeintlich wenig, bin vermeintlich schlecht vorbereitet, bin meinetwegen auch eine schlechte Referendarin, weil ich nicht mein ganzes Leben nur nach dieser einen aktuellen beruflichen Aufgabe richte (auch wenn das unglaublicher Weise schon in der Einführungsveranstaltung offiziell von uns verlangt wurde!!!... ), aber ich schone dabei meine Kräfte, bin innerlich ausgeglichener, versuche, mir keinen Stress zu machen, der unnötig wäre, überlebe auch mal weniger gute Stunden, kann damit leben, auch mal an der ein oder anderen Stelle uneffektiv zu sein. Ich mag nicht davon abhängig sein, was man von außen an "Leistung" von mir sehen kann und mir widerstrebt die Grundhaltung, dass man gefälligt 100% zu geben hat, völlig. Ich gebe nicht 100% für andere. Ich finde es gesünder, mindestens 20% für MICH zu behalten. Wozu sollte ich sonst leben?

Bei der Hausarbeit ist es für mich so, dass ich es schon gerne aufgeräumt und sauber habe. Aber manchmal reicht die Kraft dafür nicht, dann bleibt es eben liegen. Irgendwann nervt es mich so, dass ich es eh mache. Und dann fühlt es sich auch ehrlich gut und zufrieden an und nicht nur völlig fertig. Hinzu kommt, dass ich alleine wohne und eh kein Lob von außen für sowas kriege.

Also, ich entscheide mich immer wieder, mich nicht dem allgemeinen Konsens, dass nur wer viel nach außen Sichtbares leistet, auch viel wert ist, anzuschließen, sondern ich versuche immer wieder aufs Neue anzuerkennen, was ich an nicht sichtbaren Dingen für mich erreiche.

Ohgott. So viel wollte ich gar nicht schreiben... Vielleicht wühlt sich trotzdem jemand durch. War hoffentlich nicht am Thema vorbei , es ist gerade ein aktuelles Thema von mir, wie viel ich bereit bin, für meine Arbeit zu geben und mich eben nicht dafür zu verurteilen, dass das nicht mein ganzer Lebensinhalt ist, wie es tatsächlich von mir verlangt wird. Ich wehre mich innerlich dagegen, weil ich denke, dass das der größte Quatsch überhaupt ist und ich keinerlei solcher "Anweisungen" brauche. In mir regt sich dann immer der Gedanke "Danke, ich bin erwachsen!".

Grüße von Flora
bine2
Beiträge: 141
Registriert: 21. Jul 2007, 21:37

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von bine2 »

Hallo Flora!

Mensch, das hast du toll geschrieben! Und ich bewundere dich dafür, dass du es schaffst, weitgehend nach dieser Einstellung zu leben. Ist genau das, was bei mir nicht klappt und mich immer wieder runter zieht. Ja, 20 % für mich, das wäre es! Ich habe leider immer das Gefühl, ich soll für meine Arbeit schon mindestens 150 % geben (zumindest gemessen an dem, was ich persönlich leisten kann).
Übrigens: So eine ähnliche Aussage wie bei dir gab es in meiner Einführungsveranstaltung auch...

Insgesamt finde ich den ganzen Thread super und lese von Anfang an darin mit, seit dem neuen Titel noch lieber. Es ist schon richtig, wir können uns immer wieder selbst dafür entscheiden, dass es uns besser geht. Klappt bei mir immerhin schon manchmal.

Liebe Grüße,
Curly
Chili
Beiträge: 55
Registriert: 29. Aug 2009, 20:03
Kontaktdaten:

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Chili »

So, ich schreib dann mal wieder was zum Thema:
Mir helfen in Down- Situationen bestimmte Lieder. Man muss aber aufpassen, dass man dabei wirklich nur "Gute- laune- Lieder" spielt und nicht noch ein Lied mit reinpackt, das einen sich schlecht fühlen lässt (z.B. Balladen o.ä.).
Malen tut auch gut, allerdings ist es schwer, den Pinsel in die hand zu nehmen, wenn man schon weit runter gerutscht ist. Wenn man aber in guten Zeiten (also wenn es einem gut geht) etwas malt und das dann in schlechten Zeiten wieder anschaut, dann zeigt das einem, dass es auch Tage ohne Depression geben kann und könnte daraus Hoffnung schöpfen.
Das mit dem Spazierengehen kam ja schon, da kann ich mich nur anschließen- allerdings dann auch erstmal die kraft oder Lust zu finden... Auf solchen Spaziergängen mache ich dann gerne Fotos von der Natur, man entdeckt jedes Mal etwas neues. Und man freut sich, wenn ein Foto gut gelungen ist.

Ich finde es persönlich hilfreich, sich eine Liste zu amchen mit Aktivitäten, die einen aufmuntern, denn gerade, wenn ich unten bin, fällt mir nichts ein was ich tun kann. Deswegen finde ich den Thread hier hilfreich (auch wenn viele Pro/Contra-Diskussionen stattgefunden haben, was ja aber auch jedermanns gutes Recht ist).
__________________________________



Auch Umwege erweitern unseren Horizont.
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von flora80 »

Hallo Curly ,

wie schön, mal wieder von dir zu lesen!

...wie gesagt, ich finde es auch seeehr schwer, diese Haltung durchzuziehen. Aber im Grunde genommen kann es ja gar nicht anders gehen. Außerdem habe ich auch schon oft die Erfahrung gemacht, dass ich dachte "das kann ja nicht reichen, weil es nicht perfekt genug war!" und es war letztlich total in Ordnung. Manchmal machen wir uns auch selbst den Stress, weil wir GLAUBEN, es reiche nicht, dabei stimmt das gar nicht. Ist echt ne Gratwanderung, die mir auch immer wieder schwer fällt... Aber ich versuche, mich immer wieder für mich zu entscheiden. Was mich eigentlich stört bei solchen Aussagen, wie in der Einführungsveranstaltung, ist die Grundannahme, die dahinter steckt: Referendare sind von natur aus faul und nicht leistungsbereit und deshalb muss man denen direkt Bescheid geben, dass sie sich gefälligst aufzuopfern haben... Das kommt der Haltung einiger Kollgen nahe, die Schüler auch per se für faul, unmotiviert, unwillig und boshaft halten.... Wenn das von mir erwartet wird, dann kann ich ja fast nicht anders, als das Klischee zu erfüllen, was?

Lieber Gruß an dich! Bist du schon wieder im Dienst, oder habt ihr noch Ferien? Ich bin schon wieder in der dritten Arbeitswoche...
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von otterchen »

Hallo Flora und alle anderen,

ja, mit Deinem Posting hast Du ins Schwarze getroffen: ich leiste, also bin ich (oder: ich leiste, also darf ich sein).

Ich strample auch gerade wieder an sowas herum:
Ich leiste im Haushalt wenig, und - zum Glück - nehme ich derzeit deutlich einige Glaubenssätze von mir wahr:
- ich führe meinen Haushalt nicht gut - das sollte ich in den Griff bekommen, sonst kann/darf ich keine Beziehung führen
- ich muss ein Ziel im Leben haben, sonst klappt eine Beziehung nicht
- ich langweile mich -> ich bin langweilig + habe nichts zu bieten
- ich bin antriebslos, und niemand möchte so jemanden um sich haben

Tja, damit setze ich mich gerade auseinander. Ich bin nicht würdig, ich bin es nicht wert, eine Beziehung einzugehen.
Naja, da steht auch im Moment nichts an, aber wenn das so ist, wie ich glaube, brauche ich mich ja gar nicht erst unter Menschen zu mischen.

Fatale Falle! Ich erkenne, dass ich mir diese Falle selbst stelle, dass ich mich selbst schachmatt setze.

Wie bekloppt ist das eigentlich??!!
Ich muss was leisten und gewisse Eigenschaften haben, damit ich geliebt werden darf, damit ich lieben darf?
Wie komme ich auf sowas?

Ok, ich kann bei mir anfangen - ich sage mir vor: *ich liebe mich, auch wenn ich das (momentan) nicht vorzuweisen habe*.
Tja, und weiter?
Will ich gerade den zweiten Schritt vor dem ersten machen?
Ich beginne gerade, mich mehr zu pflegen, mehr auf meine Kleidung zu achten. Das gibt mir schonmal eine gewisse Sicherheit, mein allgemeines Wohlgefühl ist ein wenig angestiegen. DAS tue ich für mich (ich entwickle gerade neue Gewohnheiten - dauert halt seine Zeit).

Faul sein - sowas dürfen wir Depressiven anscheinend nicht.
Ich möchte nicht dahin, dass ich mehr leiste - das ist eine Nuance anders, die aber den eigentlichen Sinn ausmacht:
Ich möchte soviel Kraft haben, dass ich gut für mich sorgen kann, dass ich nicht selbst manchmal kopfschüttelnd auf mein Chaos schaue und dass ich auch die Fronarbeit an mir selbst erledige (zwar lustlos und mühsam, aber mit dem Gefühl, dass ich es für mich tue).

Langsam neue Gewohnheiten aufbauen, jeden Tag einen Punkt auf meiner Liste durchstreichen. Gerade ist die Motivation dafür sehr groß - aber heute nach Feierabend wird es wieder anders aussehen, da bin ich erschöpft.
Kann mir dann bitte jemand die Motivation schicken, damit ich wenigstens einen kleinen Teil für mich erledige?

*seufz*


PS: oder ist das alles anders? Dass wir uns akzeptieren lernen mit unserer Antriebslosigkeit, mit unserem Haushalts-Chaos? Ich mag diese Seite an mir nicht - geht es nicht darum, diese Seite zu ändern, sondern zu akzeptieren??
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
manos
Beiträge: 31
Registriert: 29. Jul 2009, 16:42

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von manos »

Hallo Otterchen,

gern würde ich dir Motivation schicken.

Ja, das kenne ich auch.
Früh mit Schwung oder mit normalen Elan auf Arbeit und Plänen für den Feierabend im Kopf, aber dann erschöpft, lustlos wieder zu Hause das alte Lied.

Möglich du tust auf Arbeit zu viel? Du machst deine Arbeit gern und gut. Du kannst dort deine Antriebslosigkeit/Depression verbergen, weil es Spass macht oder weil es eben nicht geht, nix zu machen. Du vertust ev. Deine ganze Kraft dort? Auch die Kraft des Angespanntseins, weil du etwas leisten möchtest und es auch kannst. Dadurch verausgabst du dich und bist dann erschöpft.

Dann nach Hause: Du bist froh und zufrieden deine Arbeit gut erledigt zu haben. Bist jetzt allein zu Hause? Was nun?Gibt es etwas, was jetzt auf dich wartet? Außer Haushalt ? Du fühlst dich jetzt isoliert, allein in der Wohnung? Bist erschöpft?
Ich meine Kontakte, Kurse, Fitnessstudio, Sauna, Unternehmung, oder oder.. vor allem, wo du das Haus nochmals verlassen musst und wo du echt Interesse, Spass und Freude daran hast und möglichst nicht immer allein, denn da gibt man sich zu leicht eine Absage.
Du musst nicht gut und okay sein, um Kontakte zu pflegen.

Ach, alles, was ich schreibe, wirst du schon dich selber gefragt haben.

manos
Chili
Beiträge: 55
Registriert: 29. Aug 2009, 20:03
Kontaktdaten:

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Chili »

Hallo,

diese Liste hat mich gestern wirklich inspiriert. Ich habe zum ersten Mal in dieser Phase gegengesteuert und war fürchterlich froh, da es mir nach den Aktivitäten wirklich besser ging. Deshalb möchte ich hierfür einmal DANKE sagen. ich konnte gestern Abend mit einem stolzen Gefühl, etwas dagegen getan zu haben, einschlafen. Das ist für mich echt ein großer Schritt vorwärts.
__________________________________



Auch Umwege erweitern unseren Horizont.
Reve
Beiträge: 754
Registriert: 4. Jun 2008, 17:35

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Reve »

Hallo Otterchen, Hallo Manos, Hallo Alle

Manos, du hast natürlich recht mit den Vorschlägen wie Sauna, Kurse, Kontakte, wird wohl immer richtig sein, aber müssen es wirklich immer „Kontakte“ nach aussen sein? Genügt es nicht mal einfach als Unternehmung vorzuhaben, nach Feierabend einen Spaziergang zu machen an seiner Lieblingsstelle wo es etwas zu sehen gibt? Ich mache dass immer so gerne, in die anderen Gärten zu schauen, zu sehen wo ein neues Haus gebaut wird, ein bisschen Leben zu spüren, die Kinder schreien zu hören.

Oder noch mit dem Fahrrad zum Bäcker zu fahren und ein paar Brezen zu kaufen, ich weiß nicht warum, aber Bäckereien haben immer so einen tröstlichen Einfluss auf mich durch die Wärme und den nostalgischen Duft.

Oder einfach mal in einen italienischen Großhandel zu fahren, Grissinis zu kaufen, das italienische Flair zu spüren und ganz alleine an der Theke zum Eingang einen Espresso zu trinken.

Oder zu einer Ruderregatta zu fahren, dort ins Wasser zu gehen und mir einzubilden, ich wäre am Meer so schön blau wie das Wasser sich vor mir ausbreitet. Sich vor den Kanus in Sicherheit zu bringen und dann wieder nach Hause zu fahren mit dem guten Gefühl, wenigstens 1 x beim Baden gewesen zu sein.

Seit ich mir nicht mehr den Druck mache mit Kontakten und Zwangsunternehmungen wie Urlaub und (in meinen Augen) langweiligen Ausflügen geht es mir besser – nicht gut und ich fühle mich auch einsam und melancholisch – aber trotzdem besser. Irgendwie zufrieden mit dem Gefühl „etwas anderes“ geleistet zu haben.

LG Carin
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Babi »

Hallo,
also ich habe im Moment Urlaub und ich erlaube mir deshalb, mal das zu tun, was ich will oder auch gar nix zu tun.
Die meiste Zeit entspanne ich und tue gar nix, was mir im Moment auch gut tut.
Aber an die frische Luft gehen tue ich auch zwischendurch, ob Spazieren oder mal zum Briefkasten oder nur mal Einkaufen. Fühl mich danach auch oft besser. Leider ist das Wetter zur Zeit nicht so gut bei mir in der Gegend, daß ich oft keine Lust habe, nach draußen zu gehen.
Ich hatte mir trotz Urlaub einiges vorgenomnen, zu was ich sonst nicht komme, wenn ich arbeiten gehe, aber ich hab leider kaum was davon umgesetzt bisher und ich habe nur noch diese Woche Urlaub.
Aber ich finde es im Moment auch schön, mal in den Tag hineinzuleben und mir keinen Streß mit irgendwas zu machen, ich finde, dafür habe ich jetzt Urlaub und das genieße ich auch!
Liebe Grüße an euch alle!
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
manos
Beiträge: 31
Registriert: 29. Jul 2009, 16:42

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von manos »

Was jeder für sich herausfindet, was ihm gut tut, ist wohl sehr verschieden.
Es hängt auch davon ab, ob jemand in Familie oder mit Kind lebt und dort gefordert ist und Austausch hat.

Wer für sich allein lebt, zur Arbeit geht, sollte sich schon Kontakte, Gleichgesinnte suchen.
Es soll ja kein Zwang sein und kein Stress werden.
Mitunter lässt man sich losreißen, auch erst unwillig und dann war es ein schönes Erlebnis.
Und ich meinte gerade, weil otterchen schrieb, sie wäre nicht "gut genug" dazu, um Kontakte und Beziehung zu haben, wäre das schon ein Übungsfeld.
Im direkten Kontakt lernt man Kritik und auch Lob anzunehmen. Das kann schon fordernd und förderlich sein und zum Tun erleichternd anregen.
Und auch so ein Erlebnis trägt zum Besserfühlen bei.
Der Mensch braucht das Du, ohne natürlich in Abhängigkeit zu geraten.

Anderseits, manche Frau mit Familie ist auch geschafft, muss aber doch verschiedenes tun, sie wird es auch gern machen und es hat sich mit der Zeit so eingespielt.
Hier steht eine "Forderung".
Die gibt es aber nicht bei Alleinlebenden, die nur für sich selber sorgen müssen.

manos
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Gestern habe ich tatsächlich ein wenig hier gemacht - und damit etwas für meinen Selbstwert getan.

Ich glaube, es liegt auch einiges an so einem unterschwelligen Bewusstsein (widerspricht sich das jetzt?):
Wenn wir z.B. mit unserer Frisur nicht zufrieden sind und aussehen wie "rückwärts durch die Hecke gezogen", dann mag das nicht in jedem Moment des Tages vorne im Bewusstsein sitzen, aber irgendwie ist der ganze Tag dann überschattet (sooo wichtig isses ja nicht - aber zumindest die Frauen hier können bestimmt nachvollziehen, wie ich das meine).
Wer also in dem Bewusstsein aus dem Haus gehen kann "he, heute seh ich klasse aus", der kann den ganzen Tag direkt leichter angehen.

Capisce?

So, und für dieses "unterschwellig Bewusste" habe ich jetzt was getan - ich fange an, mich zu kümmern:
• Aussehen verbessern (nicht, dass es schlimm wäre, aber noch ein wenig mehr pflegen, etwas schminken)
• zumindest in den Werbepausen ein wenig im Haushalt erledigen: gestern habe ich so das halbe Bad geschafft und freue mich über den Fortschritt
• mich um eine Werkstatt bemüht für meine Autoreparatur (irgendwie problematisch zurzeit - wohne so im Abseits)
• meine Thera wegen eines Problems kontaktiert - und sie hat mir sofort einen Termin vorgeschlagen (obwohl die Therapie beendet ist!)

Ich KÜMMERE mich um mich... ich lege das ab, was ich in Bezug auf mich selbst früher mitbekommen habe:
die Gleichgültigkeit; das "in Ruhe lassen" (besser es passiert nichts, als dass was Schlechtes passiert); das "ich halte das aus" (menno, wieso sollte ich etwas aushalten, wenn ich die Situation doch verbessern könnte?!?!); das Nebensächliche/Unwichtige/Wertlose...



Ich glaube, wir sind Meister im Erdulden. Da ist irgendwo in uns die Frage "kann ich das aushalten", und eine andere Stimme antwortet "och joh... fühlt sich nicht gut an, aber es ist noch auszuhalten". Und dann verbleiben wir in der Situation, obwohl sie uns wieder etwas wegnimmt: Kraft, Selbstwert, Selbstverwirklichung etc. Das geht so weit, dass wir irgendwann NICHTS mehr aushalten können.

Ja, das "Gutsein" zu sich selbst beinhaltet Arbeit. Nicht Leistung (für andere), aber Arbeit an und für uns selbst. Verantwortung und Handlung.
Alles auf einmal geht gewiss nicht, dazu sind viele kleine Schritte nötig, und das dauert laaaange. Aber ich merke mit der Zeit, wie ich weiter wachse. Unmerklich für den Moment, aber in der Rückschau durchaus wahrnehmbar.



Noch zu Manos:
ja, ich lasse sehr viel Energie in der Arbeit, aber ich mache das gerne. Entsprechend KO bin ich allerdings, wenn ich nach Hause komme.
Ich lebe tatsächlich alleine, und da wartet keiner auf mich. Da bin ich also gefordert, mir mein eigenes Unterhaltungsprogramm zu machen. Phasenweise habe ich das richtig genossen, weil ich mich nur auf mich konzentrieren konnte, aber jetzt könnten es durchaus mehr Kontakte sein. Blöd: ich habe so gut wie keine Interessen, die mich rausführen würden. Mal eine Nachbarin zum Kaffee einladen? Geht nicht - so wie die Wohnung (noch) aussieht
Ja, aber ich möchte mir so langsam mal ein wenig mehr "Du" in mein Leben holen...

Kleine Schritte... einer nach dem anderen.


mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Liber »

Hallo Otterchen,

trifft alles zu, was du sagst, und doch möchte ich gern noch was zusätzliches ansprechen.

Warum sollte ich etwas für mich tun? Nur damit ich mich besser fühle? Oder auch noch aus einem anderen Grund?

Es gab da diesen Satz aus der Kosmetikwerbung: "weil ich es mir wert bin". Natürlich ist er in diesem Zusammenhang völlig deplaziert, er soll da ja nur dazu aufrufen, bestimmte Kosmetika zu kaufen, um damit "besser" auszusehen.

Der Satz selbst ist aber gar nicht so falsch, finde ich.

Warum sollte ich mir überhaupt etwas "wert" sein? Nichts Äußerliches. Nicht Aussehen, Erfolg usw. Sondern ich meine den inneren Wert. Freilich gibt es Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung des eigenen Wertes und dem Aussehen und dem Erfolg, und es bedingt einander auch. Aber der eigentliche Grund des Wertes liegt meiner Meinung nach tiefer. Er hat mit dieser Quelle zu tun, mit dem "Wasser", aus dem all die Schneemänner bestehen, die wir sind, was Ben in dem Thread über die Angst vorm Sterben so wunderbar erklärt hat . Ich übernehme das Bild jetzt einfach mal, weil ich es so gut finde! Ich hoffe, das ist ok?

Worum geht es: liegt der eigentliche Wert im Schneemann oder liegt er im Wasser? Oder: liegt mein Wert in meinem Äußeren oder in meiner Quelle?

Das Äußere ist vergänglich wie der Schneemann, die Quelle aber ist nicht vergänglich. Der wirkliche Wert des Schneemanns liegt darin, dass er aus dem Wasser der Quelle besteht!

Das heißt: der Wert ist völlig unabhängig vom Äußeren. Das Äußere, die Gestalt des Schneemanns kommt, ändert sich und vergeht auch wieder. Aber: weil der Wert in der Quelle selbst liegt, ist auch der Schneemann wertvoll, so lange er existiert! Und deshalb ist er es wert, gepflegt und wertgeschätzt zu werden.

Völlig verwirrend ??

Kanns im Moment nicht besser ausdrücken ...

Liebe Grüße!
Brittka
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Brittka,

hm, an Deinem Posting hatte ich zu kauen...

Warum sollte ich etwas für mich tun? Nur damit ich mich besser fühle? Oder auch noch aus einem anderen Grund?

Ich ahne, was Du meinst... vielleicht die unbewusste Grundhaltung, dass man kaum was Besseres verdient hat?

Es gab da diesen Satz aus der Kosmetikwerbung: "weil ich es mir wert bin"."

Nein, dieser Satz ist sogar prima! Mist nur, dass die Werbefuzzis diesen Satz für sich erobert haben. Wenn wir ihn mal von der Werbung trennen und uns selbst auf die Fahne schreiben (und hoffentlich nicht immer an die Produktmarke denken), dann könnte das durchaus sowas wie eine Affirmation sein

Warum sollte ich mir überhaupt etwas "wert" sein?

Da wird's schwierig, finde ich.
Zunächst einmal fing das bei mir mit dem WISSEN an: ich bin nicht weniger wert als andere - ich bin genausoviel wert
die können vielleicht Dinge, die ich nicht kann oder die besitzen vielleicht etwas, was ich nicht habe - aber das mindert meinen Wert nicht
mein innerer Kern ist Liebe

-------------------------------------------------------------

Hm, mit dem Beispiel vom Schneemann und dem Wasser kann ich allerdings jetzt weniger anfangen, da macht es bei mir nicht "klick".
Aber sei's drum:
wie bekommen wir das Bewusstsein des eigenen Wertes in uns hinein?

"Ich bin es wert, dass es mir gut geht"...

Für viele ja auch unbekanntes Terrain!
Kennst Du den Spruch "better the devil you know"?
Man arrangiert sich mit dem Leben, das man gerade führt - das ist vertraut, das kann man managen. Wie wäre es denn, wertvoll zu sein, sich gut zu fühlen?
Das könnten wir bestimmt nicht von einem Tag auf den anderen verkraften, weil wir mit den einzelnen Situationen gar nicht vertraut sind. Wir haben keine Erfahrung im Umgang damit; auch nicht mit den neuen Gefühlen, die dann auftauchen würden.
Wir wären dann vielleicht der "soziale Star", den viele gerne besuchen würden und den viele gerne in ihrer Nähe haben würden - könnten wir so ohne weiteres überhaupt damit umgehen?

Ich kann mir das wirklich nur über viele, viele kleine Schritte vorstellen, was insgesamt Jahre in Anspruch nimmt (auch wenn das jetzt demotivierend klingt).


-------------------------------------------------------------

Wie kommen wir also dahinter, unseren Wert zu erspüren? Uns immer etwas Besseres zu gönnen? Es uns gutgehen zu lassen, immer und jederzeit? Nicht nur, weil das aus der Depression raushilft, sondern weil wir es -verflucht noch eins- auch wirklich wert sind??!!?

Ich denke aber, das bedingt sich auch gegenseitig: ich muss nicht erst etwas wertschätzen können, um mich dann darum zu kümmern.
Es funktioniert auch anders herum!
Wenn ich mich um etwas lange und ausgiebig gekümmert habe, wird es für mich im Wert steigen (können)!
Ich habe mir mal mühsam einen Halogen-Seilzug gebastelt (ja, ich als Frau), und zwar diagonal unter die Decke. Ich habe die Länge ermittelt, die Löcher gebohrt, alles angeschlossen - und es funktionierte! Das Ding war jahrelang mein Stolz! Er war mir was wert - und zwar mehr wert, als wenn es jemand anders für mich angebracht hätte.

Ich glaube, mein Gefühl dafür, was etwas wert ist, steigt auch mit der Arbeit, die ich in etwas investiere.
(trifft nicht immer zu - z.B. wenn ich mich innerlich gegen etwas wehre, so dass ich froh wäre, diese Fronarbeit endlich aufgeben zu können - aber meine Bereitschaft, etwas für mich zu tun und meinen Wert wahrnehmen zu können, ist in diesem Punkt auf jeden Fall vorhanden)


Ich höre jetzt besser auf, sonst fällt mir noch mehr ein
Das Laber-Gen hat wieder zugeschlagen.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von otterchen »

Hallo,

heute früh habe ich eines gemerkt:
Meine Selbstachtung hängt davon ab.

Ich kann mich selbst mehr achten, wenn ich mich z.B. in meinem sauber geputzten Bad aufhalte.
Wenn ich mein Bad hingegen nicht regelmäßig pflege, dann sinkt auch meine Selbstachtung
(klar: zum einen möchte man sich nicht in einem ungepflegten Bad aufhalten, zum anderen macht man sich Vorwürfe, weil man selbst dafür verantwortlich ist)


Das hat Konsequenzen, zieht Kreise:
ich pflege mich nicht -> traue mich nicht unter Leute
ich mache meinen Haushalt nicht -> ich lasse keinen in die Wohnung
ich unterlasse xyz -> kann/möchte daher nicht abc machen


Ich möchte jetzt an meinem Selbstwert, an meiner Selbstachtung arbeiten.
Selbst wenn mich das Überwindung kostet, wenn ich keine Lust dazu habe, wenn ich antriebslos bin und denke "später...".
Ich tu's für mich. Weil ich mich besser fühlen möchte, weil ich es verdammt noch eins wert bin. Ich will ab jetzt mein Leben in die Hand nehmen und gut für mich sorgen.

Ich handle gerade mit mir: bis 11 Uhr mache ich noch etwas anderes - und dann fange ich an und mache mein Bad fertig.

Einen schönen Sonntag!
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Entscheidung fürs Besserfühlen

Beitrag von Babi »

Mesch otterchen,
du sprichst mir da total aus der Seele.
Es gibt auch bei mir Tage, machmal mehrere hintereinander, da bin ich so kraftlos, daß ich mich nicht mal duschen kann. Da liege ich nur da und bin zu nix in der Lage.
Und da mag ich mich dann auch nicht. In diesen Tagen gehe ich dann auch nicht unter die Leute, sondern bleibe daheim für mich, weil ich mich dann auch in meiner Haut nicht wohlfühle. Meine Selbstachtung wird dann auch sehr gering.
Genauso ist es mit dem Wohnung sauber halten auch. Jetzt in meiner heftigen Depressionsphase habe ich schon mal 2 Wochen nicht saubergemacht, aber das auch nur, weil ich eh allein war und mein Sohn bei seinem Dad war, sonst hätte ich das nicht so lange schleifen lassen.
Wenn ich richtig unten bin, hab ich einfach nicht die Kraft dazu.
Das schlime daran ist, daß ich dafür runtergemacht werde, sogar von meinem Sohn.
Leider!
Du siehst otterchen, mir geht es wie dir.
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Antworten