Alleinsein: wie geht ihr damit um?

rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

>Reinhart, fühlst Du Dich heute denn auch alleine und einsam?<

Guten Morgen und Otterchen,

Nun,um kurz Deine Frage zu beantworten (will dann mit Emma raus): ich habe die letzten Tage ein wenig mehr unternehmen können und da hat das Einsamkeitsgefühl weniger Chancen, sich breit zu machen. Ich habe außerdem den Eindruck, daß MEIN Gefühl der Einsamkeit stark davon abhängt, ob ich mich gebraucht und angenommen fühle oder nicht, ob ich mich überflüssig fühle oder nicht.

Im Moment kümmere ich mich verstärkt um meine Exschwiegermutter, die vor ein paar Tagen ins Pflegeheim eingeliefert wurde und bringe ihr dadurch ein wenig Abwechslung.
Außerdem gehe ich - ob ich gerade will oder nicht - seit ein paar Tagen relativ regelmäßig ins Fitness-Studio. Auch da bleibt bei intensiver 'Muskelarbeit' wenig Zeit zum Grübeln.

Ich versuche also, dem Gedanken der Einsamkeit nicht zuviel Raum zu geben und lasse, so gut es geht, die Zeit ein wenig 'heilend' wirken und dem 'Zufall'seine Chance.

Laß Dir den Kaffee schmecken und hab einen schönen Tag (bei uns war gerade ein beeindruckender Sonnenaufgang).

Liebe Grüße, Reinhart
deary
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von deary »

Hallo Otterchen, hallo Reinhart,

Vielen Dank für Eure Beiträge, es hat mir echt geholfen, Eure Gedanken dazu zu lesen.

Gestern abend ist mein Freund von sich aus auf mich zugekommen und wir haben uns ausgesprochen, ich habe vieles überinterpretiert und insgesamt durch meine dünne Haut überreagiert.

Ich kann es nicht näher beschreiben, da ich dann zu viel von der Beziehung erzählen müßte.
Er brauchte diese Zeit dringend, um Kraft zu tanken, und ich habe es jetzt auch verstanden.

Glücklicherweise fühle ich mich jetzt nicht mehr allein und auch nicht mehr einsam.

Aber völlig schwach, weil der Eklat so viel Kraft gekostet hat.
Trotzdem war es wichtig für mich, dass ich diese Gefühle aufgeschrieben habe.

Und mich damit beschäftigt habe.
Früher hätte ich mich gar nicht getraut, offen über so etwas zu reden, und hätte einfach still vor mich hingelitten.

Also , genug Stoff für meine morgige Therapiestunde...

euch nochmal vielen Dank für Eure Gedanken und einen guten Wochenanfang
wünscht

deary
rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

Hallo Deary,

diese Aussprache mit Deinem Mann, von der Du uns berichtest, gibt doch Anlaß zur Hoffnung und freut mich persönlich für Dich. Ich nehme an, Otterchen würde solche Momente in ihr 'Schmuckkästchen 'packen.

Viel Erfolg bei Deinem Therapeuten wünscht Dir Reinhart
otterchen
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von otterchen »

Hallo Reinhart,

oh ja, der Sonnenaufgang heute war traumhaft!
Ich habe mir direkt meine Kamera geschnappt und geknipst.
Hier hab ich das Bild mal hochgeladen:
http://666kb.com/i/av8piuqqddupqodb1.jpg

Ansonsten: irgendwie hab ich keine Lust mehr auf diese Gefühlshänger, und ich drehe jetzt verstärkt daran, meinen Tag zu gestalten. Und siehe da: es geht besser.

Gestern noch was Gutes gelesen:
es ist wie ein Muskel, den man trainieren muss. Zunächst ist keine Kraft da, aber durch zunächst kleine, maßvolle Bewegungen baut sich so langsam die Kraft auf. Und so geht es auch mit unserem Gefühlsleben. Es ist wirklich wahr, dass wir etwas TUN müssen. Wenig, klein - aber immer wieder.

Hallo Deary,

schön, dass sich das in Wohlgefallen aufgelöst hat und dass das gegenseitige Verständnis da ist.

Nochmal Reinhart:
ja klar, ab ins Schmuckkästchen damit!
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

>oh ja, der Sonnenaufgang heute war traumhaft!<

Hallo Otterchen,

da hast Du ja ein wunderschönes Bild gemacht!So vielseitig ist die Natur vor unserer Nase: einmal grau in grau, andererseits so strahlend. Erinnert mich an meine Stimmungsphasen....

Heut im Fitness - Studio hatte ich wieder mal so ein Aha-Erlebnis: Ich am Oberarmtrainer packte mir mal 15 Kg drauf und hatte als Anfänger so meine liebe Not, diese Kg zu stemmen....
Kam so ein 'junges, schmales Mädchen' an das gegenüberliegende gleiche Gerät und stemmte mal ganz locker ihre 30 Kg !Hab ich mir zuerst gedacht, das gibt es doch garnicht, um dann zu der 'Erleuchtung' zu kommen, daß erst konstante und der Kraft angemessene Übung den 'Meister' macht.

Die Situation erinnerte mich daran, LANGSAM an die Bewältigung der depresiven Phase zu gehen, etwas zu tun, zu handeln, aber klein und bescheiden, meiner Kraft angemessen.... (schriebst Du oben ähnlich).

Hab auch noch was gelesen heute, was zum Thema passt:

ALLEIN SEIN ZU MÜSSEN IST DAS SCHWERSTE,
ALLEIN SEIN ZU KÖNNEN DAS SCHÖNSTE.
H.Krailslaimer

LG und gute Nacht, Reinhart
otterchen
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von otterchen »

Hallo Reinhart,

ja, das greife ich gerne auf:
ALLEIN SEIN ZU MÜSSEN IST DAS SCHWERSTE,
ALLEIN SEIN ZU KÖNNEN DAS SCHÖNSTE.

Genau... es kommt auf den Standpunkt an. Und auf das "Müssen". Wenn ich merke, es "muss" etwas sein, dann sträubt sich direkt alles in mir.

Oder stell Dir umgekehrt etwas vor:
Du willst irgendwas nicht machen bzw. hast es gar nicht vor.
Da kommt jemand und verbietet es Dir, und zwar vehement! Du DARFST es jetzt nicht machen!
Und auf einmal regt sich in Dir leise der Wunsch, es zumindest zu DÜRFEN - egal ob Du es machen willst oder nicht.

Ist es vielleicht ähnlich mit dem Alleinsein?
Na gut, das hat primär nichts mit Dürfen und Verbieten zu tun...
aber mit Wollen, Müssen und Können.
Was, wenn Du immer mit anderen zusammen sein MÜSSTEST? Wenn Du nie alleine sein DÜRFTEST?
Dann wäre das Alleinsein ja quasi ein Aufatmen, ein Privileg.

Aber: die Mischung macht's wohl! Dauernd allein ist genauso schlecht wie dauernd von Leuten belagert.

Aber genug geschwafelt... es freut mich jedenfalls, dass Du heute so ein kleines Aha-Erlebnis hattest. Denn es stimmt wohl: Kraft (auch die innere) kommt von der Tätigkeit, von Wiederholungen, von langsamen - und anstrengenden - kleinen Schritten.

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

Nachdem wir seit mehreren Tagen auf der Suche nach einem neuen Seniorenheim für meine Schwiegermutter waren, rückte bei mir noch verstärkter der Gedanke des Allein/Einsamseins in den Vordergrund, indem ich viele ältere Menschen sah, die in solchen Einrichtungen ihre Zeit 'abzusitzen' schienen und auf Gedeih und Verderb von Besuchen und Zuwendung ihrer Verwandten abzuhängen schienen (wenn überhaupt noch Verwandte lebten).

Schon macht sich der Gedanke breit: und wo stehst Du? Wie lange noch, bis Du auch so weit bist? Bist Du mehr eine Last und Verpflichtung JETZT schon und verstärkt in der Zukunft? Wie wird das Finanzielle aussehen, da es jetzt schon schwierig ist?

Die gedankliche Mühle dreht sich wieder und ich tue mir schwer, da mich immer wieder rauszuwühlen. Ich sage mir immer wieder, in's 'Hier und Jetzt' zurückkehren zu wollen und doch hängt da diese Zukunftsangst in der Gegenwart und scheint untrennbar damit verbunden.

Sorry, hab lange überlegt, ob ich mich nochmal in 'meinem' thread melde oder nicht, da Ihr ja von mir in letzter Zeit NUR noch Gejammer gehört habt, aber es hilft schon ein wenig, 'stille' Zuhörer zu haben und dafür bin ich dankbar.

Abendliche Grüße
Reinhart
Clown
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von Clown »

Oh, oh lieber Reinhart,

deine deprimierenden Gedanken und Fantasien über deine Zukunft, dein Alter haben es in sich. Ich kann mir vorstellen, dass du ihnen kaum etwas entgegensetzen kannst - nun, ich kann es auch nicht, einfach schon deswegen, weil ich nicht in deinem Kopf stecke.

Wie kommst du wieder raus aus diesem Negativsog?
Energien gehören dazu, seelische und körperliche, so kenne ich es von mir. Wie kannst du die bekommen? Hast du eine Idee?

Lieben Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
rajo1
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rajo1 »

Ja, Reinhart, das ist ein trauriger Zustand in den Heimen.
Aber, es gibt auch die Möglichkeit,anders zu denken (---> kognit. Verhaltenstherapie nach Aaron Beck).

Jetzt, jetzt hast du noch die Möglichkeit "etwas" zu verändern und dein Leben zu leben und schön zu gestalten.
Was nützt es, wenn du jetzt schon daran denkst?
Was bringt es mir, wenn ich die Leute bedaure?
Kann ich es vermeiden, indem ich leide?
Kann ich meine Zeit für positive Erlebnisse nutzen, um bei Besuchen positiv auf die Heimbewohner wirken zu können und aktiv etwas mit ihnen zu tun?
Wie kann ich mich stärken, um die Besuche besser zu bewältigen?

Ich spreche aus eigener Erfahrung. Es war eine schwere Zeit für mich. Ich habe abwechselnd mit meiner Schwester die Besuche im Heim durchgeführt, sodass meine Mutter jeden Tag Besuch hatte und wir etwas mit ihr unternommen haben und das hat ihr geholfen.

Dein Erleben bei der Heimplatzsuche könnte dich auch in gerade die andere Richtung motivieren.
Es ist nicht einfach. Ich weiß es, wie schwer das ist.
Es ist nie zu spät.

rajo1
rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

>Wie kommst du wieder raus aus diesem Negativsog? Energien gehören dazu, seelische und körperliche, so kenne ich es von mir. Wie kannst du die bekommen? Hast du eine Idee?<

Liebe Clown,

ich weiß, bin mal wieder (schon wieder) in einer Negativschleife und weiß auch nicht so recht, wie ich mich wieder daraus befreien kann. Eigentlich habe ich immer mehr den Eindruck, meisterlich im Verdrängen und damit im Nichtverarbeiten geworden zu sein.

Verdrängen ist mittlerweile gängiges Konzept bei mir geworden als Ersatz für schlüssiges Denken. Eingemeißelt haben sich Begriffe wie: ich kann das nicht, ich verstehe das nicht, ich behalte das nicht, ich schaffe das nicht etc. und kommen mittlerweile immer öfter und hindern mich am 'Leben'. Der Klinikaufenthalt hat da auch nichts mehr geändert.

Wenn Du mich nach einer Idee fragst, seelisch und körperlich Energie zu bekommen, so bin ich auch etwas ratlos. Was ich wohl für mein körperliches Befinden tue, ist der fast tgl. Besuch in einem Fitness-Studio u. Sauna plus Spaziergang mit meinem Hund.
Zum seelischen Befinden fällt mir eigentlich nur ein Wechsel zu einem anderen Therapeuten ein. Aber so wirklich überzeugend und mit Hoffnung verbunden ist das alles für mich nicht.

Danke, daß Du mir zugehört hast! Eine gute Nacht verbunden mit lieben Grüßen wünsche ich Dir.

Reinhart
otterchen
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von otterchen »

Hallo Reinhart,

eine spontane Idee, vielleicht ultrablöd, aber ich schreibe es trotzdem mal auf.

Kennst Du die Golden Girls?
So möchte ich im Alter mal leben.

Und wenn ich diese Leute heute noch nicht kenne - was hindert mich daran, die irgendwann später im Altersheim mal kennenzulernen?
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
rm
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Re: Alleinsein: wie geht ihr damit um?

Beitrag von rm »

>Jetzt, jetzt hast du noch die Möglichkeit "etwas" zu verändern und dein Leben zu leben und schön zu gestalten.<

Hallo rajo 1,

neben dem, daß mir die Menschen in den Heimen leid tun (ich versuche, mir dies bei dem Besuch meiner Schwiegermutter nicht anmerken zu lassen) projeziere ich dieses Alleinsein der Menschen auf mich und meine Zukunft. Es hat sich quasi zu einem Automatismus bei mir entwickelt.

Ja, Du hast recht: Möglichkeit, das Leben zu leben und: es ist nie zu spät, das sind Worte, die ich mit Leben füllen müsste, dringend... und es fällt mir doch so schwer im Moment, so planlos wie ich durch mein Leben stolpere.

Danke für Deine Antwort und auch Dir eine gute Nacht.
Reinhart

>Kennst Du die Golden Girls? So möchte ich im Alter mal leben.<
30.Januar 2008

Hallo Otterchen, ich wollte den Thread nicht mehr hochholen, deshalb kurz hier:
Nein, die Golden Girls kenne ich nicht, wenn Du Lust hast, erzähl doch mal kurz, was es mit diesen auf sich hat, ja !?

Wenn ich mir meine letzten Beiträge hier so durchlese, fällt mir auf: eigentlich habe ich NICHTS dazugelernt, das macht mich zusätzlich ziemlich fertig und ich frage mich, warum ich anscheinend nicht lernfähig bin..

LG Reinhart
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