Hallo Secret,
Secret hat geschrieben:
Eine Nachbarin habe ich zufällig vor 10 Tagen getroffen und sie hat sich bei mir beschwert dass man nicht ins Eiskaffee gehen kann oder mal mit Bekannten walken in der Gruppe und ausgegehen.
Da habe ich gesagt das ich das aus meiner Jugendzeit in den 80ern schon kenne, nur das da der Unterschied war dass es nur mich aus finanziellen Gründen traf, meine Eltern waren arbeitslos und ich konnte zusehen wie andere in meinen Alter Hobbies hatten und es bezahlt bekamen...
Da fühlte ich mich noch für die Corona - Krise gewappnet weil ich das erlebt habe.
Aber seit gestern kippt bei mir die Stimmung.
Ich denke, dass das vielleicht nur auf den ersten Blick oder nur zum Teil ähnliche Situationen sind. Damals fielen ja nur die "besonderen" Sachen weg. Jetzt fehlen auch noch die alltäglichen Kontakte und das Unter-Menschen-sein wie beim Einkaufen, was man sonst gar nicht als so wichtig wahrnimmt. Ich hätte auch nicht gedacht, dass sowas so wichtig ist.
Ich war jetzt seit der Ausgangssperre auch nicht mehr einkaufen. Manchmal fehlt mir das, manchmal sehe ich es als Luxus, dass das meine Betreuerin macht.
Ich glaube, Corona schlägt vielen auf die Stimmung, auch Gesunden. Jeder kriegt irgendwann mal den Lagerkoller, das kriege ich auch von Bekannten mit.
Wegen dem blöden Verhalten der Leute... mich würde es auch nerven, wenn Leute sich so offensichtlich nicht dran halten. Dass die Leute im Supermarkt so genervt sind, hat meine Betreuerin noch nicht erzählt. Geht scheinbar noch recht gesittet zu bei uns. Aber ich weiß auch nur das, was andere mir erzählen.
Ich habe mir bei den ganzen schlechten Nachrichten irgendwann mal bewusst die guten Nachrichten rausgesucht. Von meiner Zeitung gibt es einen Corona-Liveticker, da hab ich mir mal Screenshots von den guten Nachrichten gemacht und in meinen WhatsApp-Status gepostet. Zum Beispiel, dass es jetzt Initiativen gibt, wo Leute für andere einkaufen gehen, Umfragen, dass die meisten Leute die Regeln gut finden, Leute von den Stadtwerken freiwillig im Gebäude der Stadtwerke in Quarantäne gehen, damit die Energieversorgung sichergestellt wird, Unternehmen plötzlich zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen wie z.B. McDonalds und Aldi usw. Es gibt viele solcher Nachrichten. Vielleicht kannst du mal bewusst nach sowas schauen?
Ich finde es voll in Ordnung, hier mal den ganzen Frust und die Sorgen rauszulassen, mache ich ja auch.
Ich denke mir nur oft, dass es oft nichts ändert, wenn man "nur" jammert und hofft, dass die Anderen sich ändern. Wenn nicht einer anfängt, was anders zu machen, wird sich nichts ändern.
Ich habe immer wieder mal wieder die Erfahrung gemacht, dass man wenn man unerwartet freundlich zu anderen Leuten ist, man auch eher Freundlichkeit zurückbekommt. (Natürlich nicht immer, gegen manche muss man sich auch wehren und mal auf den Tisch hauen.)
Meine Oma im Altersheim hat das auch mal gemerkt. Sie hatte dort eine Putzfrau, die immer schlecht drauf war. Meine Oma hat das immer genervt. Irgendwer aus meiner Familie hat ihr dann mal den Tipp gegeben, doch mal freundlich zu ihr zu sein und sich für das Putzen zu bedanken. Hat sie dann auch gemacht - seitdem war die Putzfrau immer viel freundlicher zu ihr und meine Oma hat es nicht mehr so genervt, wenn sie kam.
Vielleicht kann dein Mann beim Einkaufen ja mal auch bewusst drauf achten, was es dort Gutes gibt.
Ich denke, man kann auch selbst was dazu beitragen, dass die Stimmung besser wird.
Bevor ich z.B. jemandem die letzte Packung Klopapier vor der Nase wegschnappe, könnte ich anbieten, sie mit dem Anderen zu teilen. Ist zwar unkonventionell, aber bevor der Andere mir an den Kragen geht
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Dein Mann hätte die genervte Dame beim Einkaufen auch einfach vorlassen können, anstatt extra langsam zu machen. Damit hätte sie bestimmt nicht gerechnet und man hätte ihr vielleicht den Wind aus den Segeln nehmen können.
Ich denke, man kann auch von zuhause aus die Welt ein Stückchen besser machen.
Man könnte zum Beispiel Fensterbilder für die Leute im Altenheim basteln und hinschicken, nachdem sie jetzt schon keinen Besuch mehr bekommen.
Man könnte einen Leserbrief schreiben und die Leute auffordern, mehr Rücksicht zu nehmen oder zu sonstigen Themen seine Meinung schreiben.
Man könnte Inhabern von Läden, die man mag und die jetzt schließen mussten, schreiben, dass man auch nach der Corona-Krise bei ihnen einkaufen wird - einfach als Mutmacher.
Man könnte einem Geschäft, das jetzt einen Lieferservice anbietet, um noch überleben zu können, einen Tankgutschein schenken, als Unterstützung beim Spritgeld, das sie jetzt zusätzlich haben.
Man könnte einen Blumenstrauß kaufen und ihn der Kassiererin schenken.
Man könnte sich von Leuten mit kleinen Kindern Bilderbücher abfotografieren und schicken lassen und dann den Kindern am Telefon vorlesen, während sie mitblättern können.
Man könnte dem Küchenteam von einem Krankenhaus eine Dankeskarte schicken. Die werden oft vergessen, wenn es darum geht, wer den Patienten grade am meisten hilft. Aber ohne Essen geht auch nichts im Krankenhaus.
Wenn man ein sicheres Einkommen hat, kann man seinem Vermieter sagen, dass man auch trotz Corona seine Miete weiterzahlen kann.
Das sind alles kleine Dinge, aber mir geht es so, dass man sich dadurch nicht ganz so ohnmächtig fühlt und es auch schön ist anderen mal eine Freude zu machen.
Vielleicht hilft dir das ja ein bisschen weiter.
Liebe Grüße,
DieNeue