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Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 13. Jul 2018, 01:24
von Gertrud Star
Liebe Philosophin,

schlimm ist eigentlich nix dran. Man analysiert auch nicht unbedingt den Therapeuten. Es passen halt beide gut auf dich auf, du und Therapeut. Mitdenken schult die Intelligenz. Intelligenz soll ja auch Spaß machen, egal ob hochbegabt (den Ausdruck finde ich bescheuert, der lädt geradezu ein, einen als Sonderling abzustempeln), oder nur fast so schlau. Bei mir ist es oft so, dass ich mich besser fühle, wenn ich wieder ins analytische gebracht werde, weil man da objektiver ist, und die Gefühle an Dramatik abnehmen.

Ein Therapeut für sehr intelligente Menschen sollte intelligente Patienten nicht fürchten, sondern mögen, und auch die Herausforderung daran, und den Spaß damit. Er sollte jemanden haben, der ihm dabei fachlich zur Seite steht. Nicht umsonst gibt es die Expertengruppe Hochbegabung im Psychologenverband.

Indem man darüber mit den Behandlern spricht, erfährt man, wie sie dazu stehen, oder ob sie damit zurecht kommen. Man sollte da auch auf sein Gefühl hören, nicht jeder kommt nämlich damit zurecht. Und ein einfaches "Ich behandle jeden gleich, unabhängig von...." ist nur oberflächliches Gequatsche, wie man mittlerweile aus Forschung über Therapie mit Minderheiten weiß (ausgehend von den Erfahrungen mit Queer-Menschen).

Psychotherapien sind dazu entwickelt worden, dass sie bei etwa 80% der Menschen funktionieren, oder vielleicht 70% (je nachdem, von was aus man das betrachtet). Berater beklagen schon lange, dass die gängigen Methoden bei geistig Behinderten versagen. Aber dass sie bei sehr schlauen Menschen unabgeädnert funktionieren sollen, davon geht man unhinterfragt weiterhin aus.
Andrea Brackmann, selbst hochbegabt, hat sämtliche ihrer Patienten mit Borderline-Diagnose einem Intelligenztest unterzogen, und siehe da, sie sind alle außergewöhnlich intelligent. Sie regte weiter an, zu forschen und die Therapiemethoden zu verändern.

James T. Webb schreibt, dass 3 hauptsächliche Fehler von seiten der Profis gemacht werden (ergänzt durch Aussagen von mir):
1. die Eigenschaften des Menschen, die der Hochbegabung zuzuschreiben sind, werden fälschlicherweise als Krankheitssymptome fehlinterpretiert. Der bekommt eine Krankheit angedichtet, obwohl in der Gesamtschau der Symptome das zu keinem Krankheitsbild recht passt.
2. Der Mensch bekommt nur eine Hochbegabung attestiert, aber keine Krankheit. Weil eine Hochbegabung keine Krankheit ist, kann der nicht krank sein. Der wird als Sonderling abgestempelt, aber keine Hilfsbedürftigkeit attestiert.
3. Es wird richtigerweise eine Krankheit festgestellt, aber weder Patient noch Therapeut (oder anderer Behandler o.ä. wie Pädagoge, Betreuer) ziehen eine Hochbegabung zusätzlich in Betracht. Da geht die Hilfe am Ziel und Thema vorbei, und es kann viel Unheil angerichtet werden, viele Jahre lang.
Man kann auch selbst mit dem sehr regen Kopf die Vergangenheit fälschlicherweise uminterpretieren auf der Suche nach Erklärungen und der Wahrheit, und keinem Profi fällt das je auf.
Das wieder gerade zu rücken, braucht dann gute Begleitung mit Fachwissen zu dem Thema. Ohne dem geht nix mehr einzurenken.

Ich selbst denke auch erst seit wenigen Jahren darüber nach, was das mit Begabung auf sich hat, bei mir.
Dauernde Behandlungsversuche über viele Jahre hinweg können einen dann fast mehr von sich selbst weg bringen als zu sich, und davon träume ich ständig.
Ich traue mich zu fragen und zu hinterfragen, ob die mir vor 25 Jahren attestierten Krankheiten so unbedingt stimmen. Aus einem kleineren gesundheitlichen Problem wurde ein riesengroßes.

Leider fehlt der Hochbegabtencommunity noch zu sehr der Stolz, um damit in die Öffentlichkeit zu gehen.
Interessant wird es erst, wenn man mehreren Minderheitengruppen zugleich angehört. Da wird ignoriert, gehackt, vertrieben, unter den Teppich gekehrt. Gilt allgemein, nicht nur für sehr schlaue Menschen mit psychischer Krankheit, sondern beispielsweise auch für schwule Muslime.

Und Frauen und Intelligenz ist sowieso nicht wirklich beachtet. Sagt eine, dass Mathe geil sein kann, bekommt sie das brauchbare Feedback immer noch eher von Männern.
Gerade die Therapeutinnen sollten besser mal ihr eigenes Rollenverständnis reflektieren, anstatt unkommentiert davon auszugehen, dass das für jede Frau so gilt.

Unterhschichtenherkunft ist nochmal ein Ding für sich, was es nicht einfacher macht.

Ich bin ja eine andere Generation, jetzt über 50, aus der DDR stammend.
In der Schule lernen (gutgut, ich war auch zu brav und unkritisch) hat mir oft über Lebensschwierigeiten hinweg geholfen. Abiwünsche wurden überhört, sowas gibs nich bei uns. Kinder sollen eine Lehre machen und dann ausziehen (typisch Arbeiterhaushalt eben). Alles was nicht hart körperlich arbeitet, ist Sesselfurzer, Faulenzer, Spinner.
Ich packte es bis zum Studium, was ich gut abschloss.
Dann kam wiedervereinigungsbedingt der sehr schnelle Zusmamenbruch der Branche, für die ich studierte.
Überschuldet durch einen dummen Fehler, musste ich lange Zeit Hilfsarbeiten machen.
Den Behandlern schien nix aufzufallen, dass ich darunter krank wurde. Sehr lange Zeit nicht.
Ich wurde auf der Suche nach Erklärunge meines "Versagens" selbst immer verquerer im Kopf, und keiner half zu überprüfen. Die Hintergründe dazu hätte man schon ausleuchten müssen um zu verstehen und das gerade zu rücken. Aber wie, wenn keiner Ahnung hat und weder vermutet, noch fragt oder testet?
Wie du habe ich Leben angepasst und zurück geschraubt aus dem Grund, in der Therapie aufzuarbeiten.
Tja was eigentlich? Testung und Aufklärung hätten das schnell klären können. Das hätte niemals 25 Jahre dauern dürfen!
Ich hoffe, dass das nur meine Generation noch betrifft, und die jetzt jungen Leuts, speziell die ostdeutschen Frauen, anders behandelt werden. (Bei mir fragte man nichtmal nach Schulnoten und Pubertätsproblemen im Westen, wie bei den Ausländern).

Meine spärlichen Kontakte zu psychisch Kranken mit Hochbegabung oder deren Vermutung sprechen alle davon, dass in den psychiatrischen und psychologischen Praxen (und Kliniken wohl auch) keiner Hochbegabte vermutet, die sind alle ganz woanders (so wie man es früher über Homosexuelle behauptete).
Und das ist ja (wie bei Homos auch) keine Krankheit und den Menschen darf man dann nicht behandeln, wäre ja schädlich (unabhängig davon, ob der behandlungsbedürftig ist oder nicht).
Stelle dir mal vor, ein Schwuler kommt zum Therapeuten mit Beziehungsproblemen und darf sein Schwulsein nichtmal für sich selbst wissen. Was soll die ganze Veranstaldung dann noch helfen?
Der kann sich das schenken!

Ich schreib dir so ausführlich darüber, weil ich nicht will, dass du als junge Frau in die gleiche Falle tappst.
Denn da kommt man nicht so schnell wieder heraus. Psychiatrie ist ein System, was dann im Zweifelsfall so funktioniert, dass man raus geschmissen wird, oder auf Ewigkeiten festgehalten wird (Männer wohl eher ersteres, Frauen zweiteres).

Ich habe vor einem halben Jahr beschlossen, mich dem so wenig wie möglich auszusetzen, nämlich fast gar nicht mehr, und mich um mein Leben zu kümmern, was schwer genug ist nach den vielen Jahren.
Keine Sorge, Aufklärung muss schon sein.
Und jede Frage ist erlaubt, auch falls sie schräg oder etwas provokativ sein sollte.

Hier laufen mehr solche Schlauköpfe im Forum herum.
Eigentlich, so wie die Verhältnisse sind, brauchte es einen geschützten Bereich im Forum-
Damit man mit seinesgleichen mal zur Ruhe kommen kann.

Bei Mensa gibt es in deren Forum den Underachiever-Bereich. Aber da komm ich mit meinem ermittelten IQ zeitlebens nicht rein.

Nächtliche Grüße
Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 14. Jul 2018, 14:35
von Philosophin
Hallo Gertrud,

danke für deinen langen Beitrag!
Mit einem hohen IQ und erfolgreich abgeschlossenem Studium lange auf Hilfsarbeiten angewiesen zu sein, stelle ich mir wirklich sehr quälend und psychisch belastend vor! Ich mit meinen 21 Jahren kann mich nur schlecht in die Zeit von damals hineinversetzen. Und ich hoffe sehr, dass du noch Tätigkeiten gefunden hast, die dich geistig auslasten und zufriedenstellen! Vom "Mensaverein" habe ich auch schon mal gehört. Aufnahmekriterium ist dort ja ein IQ von mindestens 130. Ich habe aber auch mal von anderen Vereinen gelesen, die bereits ab einem IQ von 120 aufnehmen.

Zurzeit spielt das Thema für mich persönlich aber nicht so eine große Rolle. Dadurch, dass ich aus der Schule raus bin und kaum Kontakt zu anderen habe, fehlt mir eine Vergleichsmöglichkeit. Ich werde so nicht mit meinem Anderssein konfrontiert, was mir auch mal ganz gut tut. Die Schulzeit war schlimm für mich, insbesondere die Zeit in der Oberstufe. Dein Text hat mich wieder an die Probleme von damals erinnert und in mir ist die Frage aufgetaucht, ob ich mir das wirklich nochmal antun will, eine Schule zu besuchen. Vielleicht doch lieber mein Fernabitur durchziehen? Ich weiß es nicht. Es ist schwierig. An der Uni habe ich mich definitv wohler gefühlt, war damals ja eine Ausnahmeregelung. Um das Abitur werde ich nicht drum herum kommen.

Ich glaube nicht, dass ich mich trauen würde, einen Therapeuten auf das Thema "Hochbegabung" anzusprechen. Meistens kommt der Punkt, an dem die Therapeuten mich darauf ansprechen. Aber mir ist es meistens unangenehm und bisher habe ich das Thema immer schnell abgewimmelt. In analytischen Therapien muss man auch noch aufpassen, dass man nicht gleich die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung angehangen bekommt.

Ich habe auch schon mal gelesen, dass Andrea Brackmann Menschen mit Borderline-Diagnose in den meisten Fällen für überdurchschnittlich intelligent hält. Dies kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Aus meiner Erfahrung als Angehörige heraus, muss ich immer wieder feststellen, dass Menschen mit Borderline extrem unreflektiert sind- und das finde ich, passt überhaupt nicht mit einer hohen Intelligenz zusammen. Was auf keinen Fall heißen soll, dass ich alle Borderliner über einen Kamm scheren will- Ausnahmen gibt es sicher! Aber ich persönlich würde Patienten mit dieser Erkrankung nicht automatisch mit Hochbegabung in Verbindung bringen. Die extrem hohe Sensibilität dieser Menschen würde ich eher mit dem Vorliegen schwerster Traumatisierungen erklären.

Und mein Hauptproblem ist glaube ich auch, das vorliegen einiger unverarbeiteter Traumata. Ich glaube, da muss man aufpassen, sich nicht allein in so eine "schöne" und nicht krankhafte Begründung wie die der Hochbegabung zu flüchten. Zu der Zeit als ich studiert habe, habe ich das zum Teil gemacht und damit mein ganzes psychisches Leiden begründet. Ich wollte nichts mehr von "Depressionen" wissen.

In den letzten Tagen ist es mir übrigens gelungen, endlich zwei Sprechstunden-Termine bei zwei tiefenpsychologisch fundierten Therapeutinnen zu organisieren. Ich bin erleichtert und zugleich fühlt es sich an, als hätte ich vor, "fremdzugehen".
Gestern habe ich in der Klinik angerufen, meine Aufnahme verzögert sich leider weiter- finde ich ziemlich ärgerlich, da mir eigentlich gesagt worden ist, dass ich sehr wahrscheinlich im Juli aufgenommen werden könnte. Nun kann ich mich eher auf September einstellen. Und allmählich geht mir auch die Kraft aus. Ich bekomme die Krise in dieser Stadt und muss dringend hier raus.

Liebe Grüße an alle
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 16. Jul 2018, 13:57
von Philosophin
Hm, eigentlich läuft bisher alles erfolgreich im Vorgehen gegen meine Therapeutin. Der Ethikverein und die Psychotherapeutenkammer sprachen von schwerwiegenden Verstößen gegen die Berufsordnung und dass es sehr wahrscheinlich zum Verfahren kommen wird. Meiner Therapeutin drohen empfindliche Strafen.
Und dennoch fühle ich mich so schlecht, und es wir mit jedem Tag schlechter.

Ich habe keine Motivation mehr für die Klinik, meine Mutter hat wieder Streit angefangen und den Kontakt abgebrochen- Borderline lässt grüßen. Das kann ich jetzt noch gebrauchen! Meine Freunde sind alle so weit weg und im Prüfungsstress. Bei den anstehenden Probatorischen Sitzungen habe ich ein mulmiges Gefühl... ich gehöre doch eigentlich in keinen anderen Praxisraum.

Selbst meine Laufstrecke erinnert mich an meine Therapeutin, weil ich während des Laufens so oft an die Therapie gedacht habe. Eine andere zu finden, ist gar nicht so leicht, da ich an einer hässlichen, lauten und furchtbar langen Schnellstraße wohne. Dazu kommt diese furchtbare Hitze und durch meinen Gewichtsverlust in den letzten Wochen fühle ich mich nur noch schlapp.

In meine Heimat fahren geht auch nicht, weil ich dann nirgendswo übernachten könnte und die Gefahr meinem Vater oder der Familie väterlicherseits über den Weg zu laufen, zu groß ist. Hier sein geht aber auch nicht mehr. Ich weiß nicht, wie ich das noch mehrere Wochen lang aushalten soll.

Wahrscheinlich sowieso alles egal, es geht immer so weiter. Kein Ende in Sicht.

LG Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 16. Jul 2018, 14:27
von Bittchen
Liebe Philosophin,

du liest dich nicht gut.
Die kreisenden Gedanke und deine körperliche Erschöpfung sind nicht gut.
Du hast so einige Belastungen,auch aus deiner Vergangenheit zu verkraften.
Es ist ganz wichtig jetzt in die Klinik zu gehen und auch weiterhin therapeutische Hilfe annehmen zu können.
Nicht jeder Therapeut/in sind so unfähig wie die , mit der du so spezielle Erfahrungen gemacht
hast.
Achte jetzt nur auf dich,überforder dich nicht und mache auch nur ganz moderat Sport.
Dein Post macht mir etwas Sorgen,aber du weißt wo es Hilfe gibt.
Um dich selbst zu schützen ist die nächste Akutklinik evtl. auch noch eine gute Alternative.
Da gibt es oft eine Institut Ambulanz die dich auch unterstützen kann.
Zur Medikamenteneinnahme kann dich keiner zwingen.

Liebe Grüße
Bittchen

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 16. Jul 2018, 15:04
von Lærke
Hallo Philosophin,

ich liste hier mal die Überbrückungsmöglichkeiten auf:

- Sozialpsychiatrischer Dienst (SPDI). Gibt es überall, schau im Internet, wer für Deine Wohngegend zuständig ist. Dort bekommt man auch kurzfristig Termine. Ich spreche einmal die Woche mit einer sehr berufserfahrenen Sozialpädagogin von einem SPDI. Mit der habe ich echt Glück gehabt. Die hilft besser, als so manche TherapeutIn.

- Psychiatrische Institutsambulanz (PIA). Findet man an psychiatrischen Kliniken. Für jede Region in Deutschland gibt es eine Psychiatrische Klinik, die eine Versorgungsauftrag hat (d.h. behandeln muss). In der PIA bekommt man zeitnahe Termine oder kann auch einfach so hingehen.

- Psychiatrische Tagesstätte. (Nicht zu verwechseln mit einer Tagesklinik). In der Tagesstätte sind meist psychisch sehr kranke Menschen (meist mit einer Psychoseproblematik), was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Aber man ist dort nicht alleine, hat Menschen um sich und kann sich unbehelligt in ein Sofa setzten und an die Wand schauen. Man kann auch an den Angeboten dort teilnehmen.

- Und dann gibt es noch die stationäre Aufnahme in einer psychiatrischen Akutklinik. Das geht immer.

Ich finde es prima, dass Du Deine Ex-Therapeutin gemeldet hast und sie nun Gelegenheit hat, über ihre Therapiemethoden zu reflektieren. Damit hast Du vielen Menschenetwas Gutes getan, Dir, der Therapeutin und allen zukünftigen Patienten der Therapeutin.

Eine Aspekt möchte ich noch benennen: Du/wir hast/haben als Kinder gelernt, dich/uns an Menschen (Eltern) zu binden, die Dir/uns schaden. Leider haben wir die Angewohnheit, solche Muster im Erwachsenenleben zu wiederholen. z.B. bei der Wahl des Lebenspartners oder eben auch bei der Wahl der Therapeutin. Wir binden uns an Therapeuten, die uns schaden, weil wir das so kennen.
Wenn wir uns das bewusst machen, ist es leichter, solche Bindungen wieder zu lösen.

Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass manche zweifelhafte Therapiekonzepte in zweifelhaften Kliniken nur scheinbar funktionieren, weil die traumatisierten Patienten es gewohnt sind, sich an Menschen zu binden, die ihnen schaden - aber das ist ein anderes Thema.

Mein Gerichtsprozess ist gut gelaufen. Mein Vermieter hat versucht, mich aus meiner Wohnung klagen. In der ersten Instanz hatte ich bereits gewonnen und in der zweiten Instanz sieht es auch so aus, dass ich gewinne. Ein solches Urteil (Fortsetzung des Mietvertrags auf unbestimmte Zeit trotz Eigenbedarfskündigung des Vermieters) wird nur sehr selten erreicht.

Liebe Grüße
Lærke

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 16. Jul 2018, 20:12
von Philosophin
Hallo Bittchen, Hallo Laerke,

ja, ich merke selbst, dass meine Entwicklung nicht gerade in die richtige Richtung geht. Es ist nicht gut, was ich über die Therapie und mögliche neue Therapeuten denke. In mir ist so viel Wut auf alles und jeden; vor allem das mit meiner Mutter hätte jetzt nicht auch noch sein müssen. Mir war schon die ganze Zeit klar, dass das nicht lange gut geht, weil es noch nie lange gut gegangen ist. Wir streiten uns immer wegen derselben Sachen.
Sie gibt sich viel Mühe, ist ständig für mich erreichbar und ich nörgle nur rum, sage, dass das alles sowieso keinen Sinn mehr hat. Sie wird wütend, wirft mir Undankbarkeit vor, sagt, ich sei schon als Kind schwierig gewesen... tja und spätestens da, setzt es bei mir aus.
Sie ist mir gegenüber sehr häufig gewalttätig gewesen. Körperlich hat sie mich nie ernsthaft verletzt, aber seelisch dafür umso mehr. Als Kleinkind habe ich mir oft vorgenommen, mich an ihr zu rächen, wenn ich eines Tages groß und stark sein werde. Natürlich habe ich diesen Rachegedanken nicht mehr, aber die Wut ist da und geht nicht weg. Manchmal schlummert sie tief im Untergrund, aber wennn meine Mutter dann wieder mit meiner Kindheit anfängt und meint mir Vorwürfe machen zu müssen, dann platzt mir der Kragen. Ich habe in solchen Situationen auch nicht wirklich Schuldgefühle, empfinde keine Reue.

In die Psychiatrie werde ich auf keinen Fall gehen. Das letzte mal, dass ich stationär in einer war, war vor drei Jahren. Ich bin froh, dass diese Zeit vorbei ist! Neulich habe ich erfahren, dass eine Patientin, die damals mit mir auf der Station war, heute immer noch da ist! Durchgehend, seit ich entlassen worden bin! Das hat mich ziemlich fassungslos gemacht.
Da muss ich Gertrud schon Recht geben, vor allem was das mit der Aufbewahrung in der Psychiatrie angeht. Natürlich heißt das nicht, dass ich auch so lange da sein würde, aber ich finde Psychiatrien ganz schrecklich! Da würde ich eher freiwillig ins Gefängnis spazieren! Geholfen hat mir so ein Aufenthalt auch noch nie, im Gegenteil. Wenn man dann mitbekommt, wie andere völlig durchdrehen und sich 20 Pfleger auf einen Patienten stürzen, hat man als sensibler Mensch direkt das nächste Trauma.

Beim ambulanten Krisendienst nehme ich noch Termine wahr und zur Selbsthilfegruppe gehe ich. Alles sehr widerwillig, aber da werde ich mich auch weiter hinschleppen. Alles, was mich aber irgendwie auch nur ansatzweise meiner Selbstbestimmung und Freiheit berauben will (Psychiatrie, Wohngruppe, irgendwelche Betreuer vom SPZ) können mir schön fernbleiben. Das ist das einzige, was ich noch habe, meine Selbstbestimmtheit und Freiheit!

Trotzdem lieben Dank für die Auflistung an Möglichkeiten!
Freut mich, dass dein Gerichtsverfahren wahrscheinlich gut ausgeht, Laerke!

Und das mit der Therapeutenwahl/Partnerwahl, die durch frühere Bindungen geprägt wird, kann ich auch nur bestätigen! Ich glaube, da hat bei mir tatsächlich so eine Art "Wiederholungszwang" gegriffen. Zugleich hatte meine Therapeutin etwas sehr kompensatorisches- sie war so selbstsicher und stark, wusste immer genau, was zu tun ist. Es tat gut, eine Zeit lang einfach nach ihren Vorgaben zu handeln, ohne groß nachdenken zu müssen. Ich war überzeugt, es würde schon das Richtige sein.

Ganz viele liebe Grüße
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 16. Jul 2018, 21:40
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,

du klingst ratlos und deprimiert, und einsam.

Die anderen haben ja schon geschrieben, was du tun könnetest, so als Möglichkeit ohne Zwang.

Vielleicht gibt es ja einen Platz, den du gerne für dich aufsuchen möchtest. Ein Lieblingscafe, oder eine Lieblingsparkbank oder ähnliches.

Da du von Abnehmen schreibst, wäre ich mit Sport nicht so begeistert. Ich würde nur moderate Bewegung ausüben, also mal nen Spaziergang und etwas im Wasser planschen bei der Wärme. Oder langsam Fahrrad fahren und nicht weit.

Kannst du dich etwas ablenken, mit Musik, rätseln, spazieren gehen, Film gucken oder so? Muss ja nichts großes oder zielgerichtetes sein.
Ich rätsel öfters, und hab nen Narren an einem bestimmten einfachen Typ Matheaufgaben gefressen derzeit (völlig sinnlos, aber genau deshalb mach ichs).

Gibt es jemanden, mit dem du wenigstens ein paar Worte wechseln kannst, oder mal einen Kaffee trinken?

Zu deiner Inspiration, nicht als Pflicht:
https://www.fragen-therapie.de/uploads/ ... taeten.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;

Der Mutter würde ich meine Gefühle nicht mitteilen, wenn sie immer so darauf reagiert.
Lasse dir da von einem Profi helfen, bitte.

Was machst du heute abend als letztes Schönes, damit du das mit in den Schlaf nehmen kannst? Damit dir das etwas helfen kann?

Jede Krise ist einmal zuende, sagte mir mal ein schlauer Mensch! :)

Dir auch einen schönen Restabend.
LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 17. Jul 2018, 00:50
von Lærke
Hallo Philosophin,

warum gibst Du Dir den Text, den Deine Mutter von sich gibt? Hast Du schon mal an einen endgültigen Kontaktabbruch gedacht? Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre ich heute tot oder komplett irre.

Wieso schränken die "Betreuer" vom SPZ Deine Freiheit ein? Und was sind in diesem Zusammenhang "Betreuer". Zum SPDI geht man halt hin, oder, wenn es nicht passt, lässt man es bleiben. Genauso in der PIA.
Das Problem ist, dass man nur durch glückliche Zufallstreffer an Menschen gerät, die einem helfen können und wollen. Man weiß vorher nicht, wo sich dieser Zufallstreffer finden wird. Wenn man aber keine Helfer aufsucht, hat man auch nicht die Chance darauf.

Gleiches gilt für die stationäre Psychiatrie/Psychosomatik. Ich habe dort viele schlecht Erfahrungen gemacht (weswegen ich dort auch nicht mehr hin will). Aber es waren auch ein paar gute dabei.
Was man auch nicht unterschätzen darf, ist das Zusammensein mit den Mitpatienten.
Ich saß am Samstag bei einer Einladung aus meinem neuen nicht-psychiatrischen Bekanntenkreis. Alles nette Leute, aber ich hatte fast etwas Heimweh nach dem Zusammensein mit den Mitpatienten in der Psychiatrie. Dieses gemeinsame Abhängen unter Seinesgleichen. Das Verstehen ohne Worte, das hab ich nur dort erlebt. Und nicht zu vergessen: der Humor!

Ich denke, was uns biographisch unterscheidet, ist, dass Du schon als Kind/Jugendliche im "Helfer-System" warst und dort schlechte Erfahrungen gemacht hast. Ich bin immer erschüttert, wenn ich in Foren lese, dass an Kindern/Jugendlichen herumgedoktert/herumtherapiert wird, sie aber gleichzeitig in dem krankmachenden familiären Milieu belassen werden. D.h. die Ursachen der Erkrankung werden belassen. Grauenhaft.

Ich war junge Erwachsene in den 80-er Jahren des vorherigen Jahrhunderts. D.h. ich war in den 60-ern, 70-ern Kind/Jugendliche. Damals gab es noch kein Internet, in dem man sich informieren und um Rat fragen konnte. Wenn damals der bürgerliche Schein gewahrt blieb, hat es keinen interessiert, dass die Eltern Psychopathen waren.
D.h., man hatte keine, absolut keine Hilfe. Aber auch keine Gelegenheit, mit Helfern schlechte Erfahrungen zu machen.

Vielleicht gelingt es Dir, das Helfer-System nun FÜR DICH und IN DEINEM SINNE zu nutzen. Solange man nicht mit richterlichem Beschluss irgendwo zwangseingewiesen ist, hat man alle Freiheiten. Man kann sich jederzeit umdrehen und durch die Tür gehen.

LG Lærke

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 17. Jul 2018, 08:08
von Bittchen
Liebe Philosophin,

genau wie Laerke sehe ich den Aufenthalt in der Psychiatrie auch.
Ich habe zwar keine schlechte Erfahrungen gemacht,aber das erste mal war es nicht so einfach.
Zumal alle Krankheitsbilder damals auf einer Station zusammen waren.
Da wollte ich sofort auf eigene Verantwortung wieder raus.
Das wäre auch kein Problem gewesen,wer weiß wie das geendet hätte ?
Eine sehr nette Schwester hat dann sehr lange mit mir gesprochen und ich konnte einsehen:"Jeder der da ist,ist auch "nur" krank.
Als ich mich eingewöhnt hatte,konnte ich da sehr gute Gespräche führen mit den Mitpatienten.
Auch gemeinsame Unternehmungen,ja die gab es auch oft,haben mir geholfen.

Beim zweiten mal,war ich dann auf der Depressionsstation.
Es ist hier eine moderne Psychiatrie,die Krankheitsbilder sind mitlerweile auf getrennten Stationen.
Suchtstation ist extra,ist ja auch was ganz anderes,obwohl es auch da Gemeinsamkeiten gibt.
Was war eher da,das Huhn oder das Ei?
Suchtkranke entwickeln ja auch oft eine Depression,da steht dann der Entzug im Vordergrund und dann erst die Ursachenforschung.
Da war ich ja doppelt betroffen,obwohl ich nie einen stationären Entzug machen musste.
Das habe ich ambulant mit der Hilfe von AA hin bekommen.
Da bin ich sehr stolz drauf und schon viele Jahre trocken.
Die Therapien haben mir in der Psychiatrie auch da wieder gut getan,natürlich waren die Gesprächstherapien sehr dünn gesät,nur kurz einmal in der Woche.
Aber es gab ja auch andere Angebote,die ich wahr nehmen konnte.
Nach dem Aufenthalt dort, habe ich mir einen Therapeuten gesucht.
Vorher hätte ich den Gesprächen gar nicht so folgen können.
In medizinischer Behandlung war ich nach der Entlassung weiter in der Instituts Ambulanz.
Bis heute ist da der Arzt meines Vertrauens.
Jetzt habe ich dir nur meinen Weg geschildert,auch um dir deine Ängste zu nehmen.
Da gibt es ganz verschiedene Ursachen und auch Herangehensweisen bei psychischen Krankheiten.
Nur das Ziel ist immer gleich,es soll uns besser gehen und dafür solltest du Hilfe annehmen können.
Mit jungen Menschen hatte ich da auch guten Kontakt,wir sitzen ja alle in einem Boot.
Jeder Austausch und jede Erfahrung von Betroffenen aber auch von professionellen Helfern,
kann uns weiter bringen.
Alleine eine depressive Störung zu bewältigen geht nach meiner Erfahrung nicht.
Die Akzeptanz erkrankt zu sein und auch dass Psychiater die richtige Diagnose stellen,
ist eine wichtige Voraussetzung sich auch wieder besser fühlen zu können.

Passe gut auf dich auf!!!
Wenn es dir wieder gut geht, hast du noch so viele Möglichkeiten ein gutes und erfülltes Leben zu führen.
Das es immer leicht wird,hat uns Niemand versprochen.

Liebe Grüße
Bittchen

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 17. Jul 2018, 12:45
von Philosophin
Hallo zusammen,

danke für eure Antworten!

Hier ist es heute schon wieder so heiß, dass ich mich allein deshalb schon nicht aufraffen kann, irgendetwas draußen zu unternehmen- dabei wäre so ein Spaziergang bestimmt gut. Leider gibt es in meiner Stadt auch nicht wirklich Wald, wo man ein bisschen vor der Sonne geschützt ist. In den Weinbergen ist es jetzt unerträglich. Zum Schwimmen fehlt mir die Kraft, wahrscheinlich würde ich mich gerade nur auf den Grund sinken lassen und Wasserleiche spielen...

Habe mir nun aber endlich einen Neoprenanzug gekauft. Die Klinik für die ich mich angemeldet habe, liegt direkt an einem See, nur bin ich immer so kältempfindlich. So werde ich mich wahrscheinlich aufraffen können, regelmäßig in den See zu springen, wenn es so weit ist. Das ist gerade auch das einzige, worauf ich mich ein bisschen freuen kann...

Die PTK wollte mir eigentlich längst eine Schweigepflichtentbindung zugeschickt haben, damit es endlich weitergehen kann, aber bisher ist noch nichts bei mir angekommen. Diese Wartezeiten nerven mich. Ist doch nicht so schwer, einen Zettel in einen Umschlag zu stecken und ihn an die richtige Adresse abzuschicken!

Weiß jemand von euch zufällig, ob ich meine Beschwerde an die PTK auch an das Psychoanalyseinstitut weiterleiten darf, in dem meine Therapeutin ja Mitglied ist? Oder kann sie mich hinterher noch wegen Rufmordes anzeigen o.Ä.? Bearbeiten die solche Beschwerden überhaupt, oder leitet die PTK die Beschwerde automatisch weiter?

Danke, Gertrud für deine Liste mit angenehmen Aktivitäten! Ich werde sie mir mal ausdrucken. Habe ein total schlechtes Gewissen, wenn ich immer nur drinnen rumhänge und mich so zurückziehe. Meine nächsten Termine sind erst am Donnerstag und Freitag.

Ich glaube auch nicht, dass man alleine aus einer Depression rausfinden kann, aber es ist so verdammt schwer, zu vertrauen nach diesen Erfahrungen!

Euch allen einen schönen Tag,
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 17. Jul 2018, 12:53
von Philosophin
Meinen aller größten Respekt an dich Bittchen, dass du es geschafft hast, deine Sucht zu besiegen! Meine Oma ist leider auch alkoholkrank, aber sieht es absolut nicht ein. Ich habe sie nie anders kennengelernt, als mit der Sucht. Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander- am Telefon. Es fällt mir immer so schwer, das mit ansehen zu müssen. Habe sie schon lange nicht mehr gesehen.
In meiner Familie ist wirklich keiner gesund.

In der Institutsambulanz meiner Heimatstadt hatte ich auch mal eine sehr gute Psychiaterin. Aber sie ist irgendwann selbst krank geworden und war einfach verschwunden. Man wollte mir auch keine Auskunft geben, ob sie wiederkommen wird oder ich mir jemand Neues suchen muss. Das war dann im Endeffekt auch wieder eine schlechte Erfahrung. Meine Therapeutin davor ist auch krank geworden und die Behandlung musste deshalb unerwartet beendet werden.

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 17. Jul 2018, 15:34
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,

danke für das Danke :)
Manche hängen sich solch eine Liste (gibts wohl auch kürzere) in die Nähe der Toilette,
denn da muss ja jeder öfters mal hin und auch manchmal eine Weile bleiben.
Auch wenn nicht viel geht, die ständige Erinnerung verfehlt ihre Wirkung nicht.
Ich bemerke auch öfters die angenehmen Sachen im Leben, das hilft wirklich etwas über sehr schwere Zeiten und Erlebnisse hinweg. Glaubt man bloß anfangs nicht.
Auf alle Fälle ist es nicht verkehrt.
Tja neue Erfahrungen machen und verarbeiten dauert öfters etwas länger wie das Lösen einer Matheaufgabe. Die Gefühle, die da entstehen, sind normal.

Das mit den schwer erkrankten Psychiatern und Therapeuten kenn ich leider auch, 2mal passiert.
Das Leben ist nie ohne Risiko, auch in dieser Hinsicht.
Wichtig ist meiner Erfahrung nach ein Ansprechpartner, der einen versteht. Meinen hab ich übrigens vorhin erst kontaktiert, und der braucht ab und an auch mal jemanden.

Mir selbst kommt es oft so vor, als ob sehr schlaue Menschen die Herausforderungen des Lebens etwas später und auch schwerer nehmen müssen, bzw. das Gefühl, dass etwas herausfordernd ist, erst später bekommen. Eben weil es in der Schule zu leicht war.
Und auch weil manche Dinge erst später im Leben relevant werden, ausbildungsbedingt (weil die länger dauert).

Hab in einigen deiner älteren Postings gestöbert.
Bin da oft über das Wort Pflichtbewusstsein gestolpert: Die Pflicht, alles zu tun...
Ich las da vor Monaten mal einen Artikel im Internet. Da ging es darum, wieso sehr schlaue Menschen zu oft in den Pflichtbewusstseins"modus" kommen. Das soll etwas damit zu tun haben, dass als Kind und Jugendliche man sich in der Schule nicht wirklich anstrengen musste und alles mehr eine Pflichtübung war. Im Gegensatz zu den meisten Menschen kommt (wegen der geringen Anstrengung) das Belohnungszentrum im Gehirn deshalb nicht zum Zuge.
Also müsste logischerweise dieses trainiert werden, oder?
Erfolg oder die schönen Dinge des Lebens genießen, müsste man auch üben.
Nicht nur krankheitsbedingt, sondern auch wegen Schlausein.
Keine Ahnung, ob ich den Artikel noch finden würde.

LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 18. Jul 2018, 17:42
von Philosophin
Hallo Gertrud,

hm... ich glaube, ich habe mein Pflichtbewusstsein, das tatsächlich früher sehr stark war, weitgehend verloren. Seit meinem Schulabbruch vor 2 1/2 Jahren bin ich in eine völlig resignierte Haltung abgerutscht und denke schnell "ist mir doch egal", wenn mich etwas überfordert. Und mich überfordert so gut wie alles.

Ich denke immer, da kommt nichts mehr, das mein Leben schön oder auch nur erträglich machen würde. Warum soll ich mich also noch zusätzlich quälen und anstrengen?
Manchmal versuche ich es noch, aber das ging bisher jedes Mal schief. Bei jeder kleinsten Herausforderung erleide ich Nervenzusammenbrüche und bin zu nichts mehr zu gebrauchen.

Nebenjob, Schule, Führerschein kann ich alles vergessen. Meine Welt besteht nur noch aus meinem 21qm großen Apartment, in dem nicht mal meine eigenen Möbel stehen. Nach über sieben Monaten hier weiß ich immer noch nicht, wer rechts und links neben mir wohnt und ob es noch dieselben wie zum Zeitpunkt meines Einzuges sind.

Ich sehe jetzt schon, dass der Klinikaufenthalt ein Desaster wird. So unmotivierte, resignierte Menschen wie mich will keine Psychosomatische Klinik haben. Verständlich! Deshalb überlege ich, den Aufenthalt nicht anzutreten. Noch eine schlechte Erfahrung, noch einen Abbruch könnte ich nicht ertragen.

Seit meine Therapeutin die Therapie abgebrochen hat, habe ich gar keine Motivation mehr. Die Frau vom Krisendienst tut mir jetzt schon leid, wenn sie mir morgen wieder gegenübersitzen muss.

Mir ist früher nie etwas zugeflogen; ich habe mir die Dinge komplizierter gemacht, als sie sind. Von daher glaube ich, dass mein Belohnungszentrum funktionieren müsste... rein theoretisch. Ich weiß auch nicht so recht, wo mein Problem liegt. Manchmal stehe ich auf und denke, ich gehe die Herausforderungen jetzt einfach an, ohne weiter darüber nachzudenken... und dann tue ich es doch nicht, weil ich das schon zu oft gemacht habe und gescheitert bin. Meine Psyche macht das nicht mit. Ich weiß nicht warum.

Ich kann dem Leben einfach nichts abgewinnen. Glück wäre jetzt, wenn ich eine Therapeutin finden würde, die mich widererwarten trotz meiner resignierten Haltung akzeptieren würde und erstmal nichts von mir verlangt. Das gab es noch nie; ich glaube, das würde helfen. Einfach mal da sein dürfen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Nur ein einziges mal.

Nun fange ich schon an, zu phantasieren... so ein Blödsinn, das gibt es gar nicht. Man muss immer eine Gegenleistung erbringen, Erfolge aufweisen. Sonst ist das auch für einen Therapeuten viel zu frustrierend.

Liebe Grüße
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 18. Jul 2018, 21:10
von Zarra
Liebe Philosophin,
Ich sehe jetzt schon, dass der Klinikaufenthalt ein Desaster wird.
Nein, der Klinikaufenthalt wird kein Desaster!! Und Du bist auch nicht demotiviert. (Du gehtst da hin (!! ... egal was wird), hast die Klinik hoffentlich gut gewählt; und dort läßt Du Dich auf das Behandlungskonzept ein, - es wird wahrscheinlich nicht alles superoptimal sein, doch dann pick' Dir das raus, was paßt, was Dir hilft, was Dir gut tut, was Dir eine Perspektive gibt.) Du hast nur eine Menge schlechter Erfahrungen gemacht. Und es gibt leider wenig "Anhaltepunkte" in Deinem Leben (Eltern gleich Problem etc. etc.).
Einfach mal da sein dürfen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Nur ein einziges mal.
Ich wünsche Dir, daß es passiert. Ja, das gibt es - zumindest so, wie ich Dir hier wahrnehme, kann ich mir das bei einem passenden Gegenüber auch vorstellen!

Ich wollte mehr schreiben. Ich hatte auch immer wieder mal reingelesen, doch ich packe das gerade nicht, sorry.

Gib nicht auf! Es gibt, auch nach vielen unschönen Erfahrungen, andere. Hinsichtlich Therapeuten selbst erlebt (!) - leider ist es Zufall, wie man auf jemand Passendes stossen kann.

Herzlich, Zarra

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 18. Jul 2018, 21:30
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,

wäre es möglich, dass du (wieder) lernen solltest, einfach mal alle Viere gerade sein zu lassen?
Niemandem etwas beweisen, relaxed gucken. Eine Katze streicheln, ein Kind anlächeln oder so?
Schöne Momente, dich dabei fühlen?

Ein guter Therapeut nimmt dich immer so, wie du bist und gerade drauf bist.
Der lehrt dich eher, Gedanken, Wünsche und Gefühle von Realität zu unterscheiden.
Der mag dich auch mit dunklen Gedanken, schlechter Stimmung, manipuliert aber auch etwas.
Dem musst du gar nix beweisen, nicht wie gut du drauf bist und auch nicht, wie schlau du bist.

Du bist du, nix anderes. Du bist auf der Welt, um mit dir gut auszukommen.

Und wenn dich etwas rührt, traurig macht oder erleichtert und du weinen musst, ist das so.
Zuerst einmal ist das nur so. Als Fakt.
Wenn ich Hunger habe und der weg gehen soll, sollte ich etwas essen. Sonst bleibt der vermutlich.
Wenn das so wäre, wäre das auch zunächst einmal so. Das wäre weder gut noch schlecht, und keine Aussage über irgendwelche Qualitäten des gerade Hungernden, lediglich ein momentaner Zustand.
Und was kann man mit momentanen Zuständen so machen?
So lassen, jetzt ändern oder später.
Das nennt sich auch Leben, und nicht Moral. Für mich zumindest.

Fakt ist auch, dass es dir einmal besser gehen wird. Denn motiviert genug bist du. Vielleicht bist du nur etwas übereifrig und vergisst die Entspannung.
Therapie kann man auch so pflichtbewusst machen, dass man alles drumrum vergisst. Ehrgeizig eben, damit sich etwas ändert.
Für manche ist der Hauptteil der Therapie aber, sich entspannen zu lernen, und dann lange nichts, dann reflektieren (was dann besser funktioniert).
Da dran ist nix komisch, sondern das ist manchmal eine Notwendigkeit für manche Menschen.
Dann klappt das auch wieder mit der Anstrengung für Schule und co. Bis dahin geht nur vereinzelt mal was angucken, wenns Spaß macht.

Nächster Punkt: Spaß.
Ja! Auch du hast ein Recht darauf. Wie jeder andere Mensch auch.
Viele müssen den wieder entdecken, manche packen es nicht.

Bei Nervenzusammenbrüchen hilft immer Entspannung oder schlafen. Manchmal mit einem Medikament.

Verwechsel bitte nicht Pflichtbewusstsein bzw. Ehrgeiz mit dem Ergebnis.
Das eine ist Geisteshaltung bzw. Verhalten, das andere das Ergebnis.

Und wenn momentan alles schwer fällt, wäre es besser, sich zu belohnen auch für Kleinigkeiten. Sich einfach mal sagen: "Gut gemacht Philosophin!"
Auch wenn die Kluft zwischen dem was sonst ging und was jetzt geht noch viel größer ist als bei anderen Leuten. Vielleicht auch gerade deswegen.

Therapieerfolge fallen ebenfalls unter die Kategorie Ergebnisse. Die kann niemand erzwingen.
Hattest du vielleicht die falschen Ziele, oder die falsche Reihenfolge?

Ich gehe auch nicht viel raus. Aber wenn, ist oft ein kleines Schwätzchen drin. Heute mit dem Busfahrer.
Und ein großer Eisbecher, nur für mich. Anfangs in Gesellschaft mit einer Biene.
Wenn nicht viel geht, ist das ebenfalls lediglich so, und weder gut noch schlecht. Es sagt auch nichts über den Wert dieses Menschen aus oder seine Moral.

Menschen, die sich viel mit der Welt beschäftigen, brauchen einen Gegenpol.
Den Blick auf die kleinen angenehmen Dinge richten.
Wissen, worauf man sich freut, wenn man an morgen denkt.

Das lässt sich alles wieder trainieren.
Auch bei dir, da bin ich mir sicher.

:)

Soviel für heute.
Es wartet noch viel Kleinkram auf mich.

LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 18. Jul 2018, 21:31
von Gertrud Star
Hallo Zarra,
da haben sich unsere Beiträge überkreuzt.
Ihr sagt ja alle etwas zu Therapien, da kann ich mich ja raus halten ;)
LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 20. Jul 2018, 16:10
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,
wie geht es dir denn?
LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 20. Jul 2018, 16:37
von Philosophin
Hallo Gertrud,

lieb, dass du nachfragst!
Ich bin ziemlich erschöpft, kann aber auch nicht schlafen oder zur Ruhe finden. Gerade komme ich von der Post und habe eine offizielle Schweigepflichtentbindung für die PTK per Einschreiben unterschrieben zurückgeschickt.

Heute morgen hatte ich eine probatorische Sitzung, das hat mich viel Kraft gekostet. Ich musste die ganze Zeit an meine alte Therapeutin denken, während ich erzählt habe. Meine Gedanken waren völlig durcheinander. Es war so merkwürdig, in einem fremden Praxisraum zu sitzen und es hat sich nach einem Verrat angefühlt, obwohl ich weiß, dass es keiner ist. Ich habe sogar eine kleine Holzeule in meinem Rucksack dabei gehabt, die meine alte Therapeutin mir mal geschenkt hatte. Ich hatte das Gefühl, sie symbolisch mitnehmen zu müssen.

Die neue Therapeutin, die es wohl nicht werden wird, war eine klassische Analytikerin. Ich habe erklärt, dass ich keine Analyse mehr machen möchte, sondern eine tiefenpsychologische Therapie. Aber sie war der Meinung, dass eine Analyse das richtige für mich sei. Einen festen Therapieplatz konnte sie mir ab sofort anbieten, aber irgendwie mag ich nicht. Ich weiß nicht genau, woran es liegt. Vielleicht war mir diese Analytikerin zu konservativ. Hat direkt meine Haltung gespiegelt, meine Aussagen kaum kommentiert. Es entstand unangenehme Stille, in der ich mich gezwungen gefühlt habe, weiter zu reden, obwohl ich das eigentlich nicht wollte. Ein bisschen merkwürdig fand ich sie auch, irgendwie von einem anderen Planenten. Klassische Psychoanalytikerin eben.

Nächste Woche habe ich noch eine probatorische Sitzung bei einer anderen Therapeutin. Sie hat sehr gute Rezensionen erhalten- ich bin gespannt. Es wäre schön, wenn es dann klappt, denn ich habe keine Kraft mehr.

In der Selbsthilfegruppe gestern habe ich nur geschwiegen. Am Ende sind die anderen noch etwas trinken gegangen, aber ich war zu erschöpft, um noch mitzugehen.

Ich fühle mich so schlecht, wenn ich ständig gefragt werde, was ich schulisch/beruflich mache und weshalb ich in diese Stadt gezogen bin. Mittlerweile kommt es mir selbst absurd vor, wegen einer Psychotherapie her gezogen zu sein.

Hinzu kommt, dass mein Vater mir nun Druck macht, weil die Kindergeldbehörde nicht mehr für mich zahlen will. Ich soll Atteste organisieren, ihm schreiben, was ich jetzt schulisch-/beruflich mache. Ich habe ihm vor einigen Wochen geschrieben, wie verzweifelt ich bin- er hat nicht geantwortet. Und jetzt schreibt er mir sachlich, kurz und knapp, um mir mitzuteilen, dass er kein Kindergeld mehr für mich bekommt. Keine Nachfragen, wie es mir geht, ob ich klar komme, ob ich Unterstützung habe etc.. Das tut so unglaublich weh und ist eine zusätzliche Ohrfeige für die Seele.

Mir wächst alles über den Kopf...

Ganz liebe Grüße
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 21. Jul 2018, 12:54
von Philosophin
Hallo LaLeLu123,

vielen herzlichen Dank für deine Beiträge- ich habe sie zum Glück noch gelesen, kam nur noch nicht zum Antworten. Da du sie gelöscht hast, weil sie dir zu persönlich waren, werde ich hier auch nicht weiter darauf eingehen. Ich bin aber sehr froh, dass du geschrieben hattest!

Liebe Grüße
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 21. Jul 2018, 13:06
von Philosophin
Liebe Zarra,

auch für deinen Beitrag möchte ich mich bedanken!
Danke, dass du noch Hoffnung hast, dass mein Klinikaufenthalt kein Desaster wird! Die Klinik habe ich, glaube ich, ganz gut gewählt. Die Therapie dort ist psychodynamisch ausgerichtet, das passt zu mir. Und sie ist nicht so groß, wie die letzte Klinik, in der ich war. Dafür muss ich ein bisschen länger warten, bis ich aufgenommen werden kann.
Die Therapeutensuche kostet wirklich Nerven! Und ich bin extrem kritisch geworden! Blöderweise stehen mir hier nicht mehr viele tiefenpsychologische Therapeuten zur Verfügung. Ich werde auch keine weite Anreise mehr in Kauf nehmen. Einen Termin habe ich nächste Woche noch- wenn das auch nichts ist, beginnt meine Suche von vorne. Dann kann ich eigentlich nur nochmal die Therapeuten anrufen, die ich schon angerufen hatte (weiß nicht, ob das so viel Sinn macht) oder muss mich tatsächlich erneut an das Institut für Psychoanalyse wenden.

...irgendwie fände ich es auch fair, wenn das Institut mich therapeutisch auffangen würde- schließlich hat mir meine ehemalige Therapeutin als Mitglied dieses Institutes diesen Schaden zugefügt...

Ganz viele liebe Grüße
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 22. Jul 2018, 16:12
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,

ich wünschte, ich könnte dich irgendwie aufheitern. Selbst bin ich darin nicht unbedingt eine Meisterin.
Auch in schweren Zeiten hilft es, sich gelegentlich ins Bewusstsein zu rufen, dass jede Krise sich zuerst abschwächt und dann bestenfalls vorbei ist.
Auch bewusst das Augenmerk auf ein paar angenehme Sachen richten und etwas Schönes machen, kann sehr hilfreich sein. Man muss ja nicht gleich übertreiben damit *Humor wieder aus*

Die Analytikerin scheint nicht zu dir zu passen. Ob Analyse bei dir richtig ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht solltest du beachten, dass man für eine Analyse mehr Stunden bekommen kann, was für dich nicht schlecht sein muss.
Sofort anfangen zu können, da werde ich immer etwas skeptisch und würde fragen, wieso denn das so ist (weil eben nicht üblich bei normal viel Wartezeit).
Ich bevorzuge immer jemanden, der schonmal etwas sehr intelligenten Menschen gehört hat, noch besser damit gut umgehen kann oder das selbst ist. Liegt aber bei mir in meiner Biografie begründet. Ich kann nicht mehr anders, fühle mich sonst nur noch veräppelt, nach diesen vielen Jahren.
Mein Gesprächs- und Mailpartner hat mich erstmal nur zum Lachen gebracht, das ging sehr lange so. Erst nachdem in meiner Familie jemand als hochbegabt festsgestellt wurde, fing ich mal an, mich zu informieren und nachzudenken.
Vielleicht solltest du da nochmal drüber nachdenken. Siehe auch das Buch von Webb, im Vorwort. Je schneller das zwischen dir und Therapeut klar ist, umso besser. Meine ich mit meiner Erfahrung, bei dir kann das durchaus anders sein.
Auch sollte derjenige den Bürokratiekram so ernst nehmen, dass zumindest drüber gesprochen werden kann, weil der dich eben betrifft, momentan dazu gehört, dich belastet. Da sollte ein Therapeut auch lebensnah sein.

Jedenfalls wünsche ich dir von Herzen, dass du jemand Passenden findest.
Vielleicht wäre das der/die, wo du die Eule auspacken könntest? (nur so eine Idee).

Dass dein Vater so unemotinal reagiert, tut mir sehr leid. Vielleicht fällt dir das erst jetzt richtig auf, und du bist enttäuscht. War das schon immer so? Hast du von ihm mehr erwartet, weil du es mit deiner Mutter so schwer hattest? Einfach immer wieder gehofft oder angenommen, er wäre da anders?
Sicher, er muss das mit dem Kindergeld geklärt kriegen, dazu braucht er deine Mitarbeit. Die Infos, die er angefragt hat, braucht er einfach für die Behörde. Sonst gibts kein Kindergeld.
Wem fließt eigentlich das Kindergeld zu? Bekommst du das? Solltest du, weil du alleine wohnst (Weiterleitung, da gibs so einen amtsdeutsch korrekten Ausdruck dafür).
Wovon lebst du momentan, ist dein Lebensunterhalt gesichert oder gibts da Sorgen?

Versuche bitte, auch etwas Schönes zu machen, dich etwas abzulenken, an Schönes zu denken. Es ist alles schwierig und belastend genug. Es muss nichts Großes sein, oft hilft da ein Rätsel, oder Katze streicheln, ein Lied singen oder anderes. Was dir eben gefällt.

Wünsche dir noch einen schönen Restsonntag.
LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 22. Jul 2018, 18:01
von Zarra
Liebe LaLeLu,

ich habe Deine Beiträge nicht gelesen, ich kann mir aber gut vorstellen, daß sie Philosophin irgendwie helfen könnten und ich finde es sehr gut, daß Du ihr sie per PN geschrieben hast.


Liebe Gertrud,

auch Du gingst mir mit Deiner Geschichte neben Philosophin in den letzten Tagen öfters mal im Kopf rum. Mir fehlten und fehlen aber zum Teil die Formulierungen für "Herumwaberndes".

Ich probiere es mal kurz, obwohl es dann wohl erst recht falsch wird: Ein bißchen das Gefühl (nur Gefühl, kann ich nicht erklären!), daß Du Dich ein bißchen hinsichtlich der Hochbegabung "verrennst", selbst wenn sie einen Beitrag geleistet haben könnte oder hat. - Vor allem: Ich glaube nicht, daß es so leicht eine spezielle und nah-örtlich (!) zugängliche Hochbegabten-Psychotherapie gibt, vielleicht auch: geben kann. Das Wichtigste ist immer noch, daß Patient/in und Therapeut/in gut miteinander kommunizieren können und sich eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen. Du willst als Patientin nicht für doof verkauft werden. Doch nur weil jemand schnell denkt, muß er emotional nicht superkompetent sein. Und es geht in einer Therapie ja nicht um intellektuellen Schlagabtausch - wenn das beiden am Rande Spaß macht, darf auch das sein, doch meines Erachtens geht es - neben ein paar platten Erkenntnissen, die nicht zu verachten sind! - eher um die emotionale Ebene.

Liebe Philosophin,

nach Deinem letzten Bericht von dieser Analytikerin glaube ich, daß Du ein ganz gutes Gespür hast. Folge dem!
Dann kann ich eigentlich nur nochmal die Therapeuten anrufen, die ich schon angerufen hatte (weiß nicht, ob das so viel Sinn macht)
... ich hatte eher den Eindruck, daß fast alle diesen Beweis der Beharrlichkeit ;) "herausfordern", es gern sehen. **roll**

Ich würde dir eher von diesem Institut und auch von Frisch-Absolventen abraten. Und ich würde Dir raten, nicht alle (!) Verhaltenstherapeuten von vorneherein auszuschließen.

Platt: Ich rate zu einer Therapie bei einer/m erfahrenen Therapeuti/en, zu der Du persönlich einen Draht hast, die/der Dir etwas vermittelt, was Dir weiterhilft, was Dir vorher zumindest nicht so klar war, was ... - ... finden ist wohl das Schwierigere.
Verhaltenstherapie kommt für mich nicht infrage. Psychoanalyse nach meiner Erfahrung und dem Buch "Blumen auf Granit" auch nicht mehr. Es bleibt eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie.
Das klingt superlogisch. Aber: Ich hatte Erstgespräche bei VerhaltenstherapeutInnen, die zu dem passen, daß das für Dich nicht in Frage kommt. Ich erinnere mich aber auch an mein eigenes UNWISSEN (!) und VORURTEILE (nach dem Motto: Aufzugfahren kann ich, also brauche ich keine VT. **roll** im nachhinein; es war in den 1990ern aber auch der Zeit und den Informationsmöglichkeiten geschuldet). Der erste ambulante (!) Therapeut (meine Kliniken waren da besser; sogar die erste, "schlechte" hat mir unterm Strich nicht geschadet, war nicht ausreichend, aber besser als manches Erstgespräch und mehr mit ambulanten Psychotherapeuten), dem ich echt Verbesserung verdanke, war aber eine Verhaltenstherapeut; vielleicht ein untypischer. Jedenfalls gibt es das - und es kann helfen! (Richtig verhaltenstherapeutische wurde er nur, wenn wir irgendwo theoretisch landeten; da schlug dann auch klar die Ausbildung etc. durch; inkl. Nebenschläge auf die andere Richtung. - Ich habe aber nie ein stures Programm absolviert; nicht einmal je "Hausaufgaben" bekommen - wobei das ab und zu vielleicht sogar sinnvoll gewesen wäre, ... kann sein, daß er darauf vertraute, daß man das dann schon tut. (Ich kann mir nicht vorstellen, daß er bei "faulen Jugendlichen" ganz anders drauf ist; doch vielleicht ist er das ja??!?) - "Blumen auf Granit" ist alt - und hoffentlich überholt. Ich habe eine GANZ PERSÖNLICHE Aversion gegen einen bestimmte Schule von Psychoanalyse; ich habe aber auch schon von Psychotherapien anderer gehört, die auch unter Psychoanalyse liefen, die aber schon mal ganz andere Rahmenbedingungen hatten (niedrigere Frequenzen, so daß sie besser in einen Alltag zu integrieren waren; kein Hinlegen gefordert - ich hatte das schließlich kaum je getan, eigentlich hätte es aber so sein sollen).

Meine ersten Therapieversuche/Therapien waren bei Therapeuten doch noch in Ausbildung oder ganz kurz danach. Und meine letzte Therapie war aus ähnlichen Gründen auch so ähnlich. Ganz ehrlich: Ich würde NICHT dazu raten! Meinen allerersten Therapieversuch habe ich nach wenigen Malen abgebrochen. Das andere lief ziemlich schief, auch wenn - im Gegenzusatz zu bei Dir - alles vermutlich sehr korrekt ablief, - außer mangelnder Empathie und ggf. mangelndem normalem Verhalten könnte ich dem Therapeuten nichts vorwerfen. Eine ggf. pure Wiederholung heilt nichts, kann nichts heilen.
Meine letzte Therapie: Es war sicher eine besondere Konstellation, weshalb es irgendwie paßte. Die Therapeutin hat nie "etwas Falsches" gesagt, was ich beachtlich finde. Und ich hatte nie den Gedanken abzubrechen, was ich auch beachtlich finde. TROTZDEM: So sehr ich das Erstgenannte zu würdigen weiß und schätze: Sie war nicht wagemutig genug, um bei mir wirklich etwas zu verändern. Vielleicht kann man das auch nur, wenn man Erfahrungen hat. (Sie ging auf Nummer sicher, hat mir nicht geschadet. Trotzdem war ich manchmal enttäuscht. - Ich hätte da auch ein gutes Beispiel dafür, doch das ginge jetzt zu weit.)

Herzlich, Zarra

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 22. Jul 2018, 20:20
von Philosophin
Liebe Zarra, liebe Gertrud,

herzlichen Dank für eure Beiträge!

Mit der Verhaltenstherapie- sowohl ambulant als auch stationär- habe ich leider nur Misserfolge erlebt, obwohl mir die ambulante Therapeutin sehr sympathisch war. Eine erneute Psychoanalyse ist mir zu riskant- ich möchte nie, nie wieder diese emotionale Abhängigkeit erleben! Ich konnte ja die ganzen letzten 1 1/2 Jahre an nichts anderes mehr denken, als an meine Therapie und die Therapeutin! Ich hoffe, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Ich werde mich auch nicht "auf die Couch" legen, noch jemals wieder ein 3 stündiges Setting pro Woche akzeptieren. Alles, was mich irgendwie in eine erneute (krankhafte und schädliche) Abhängigkeit bringen könnte, möchte ich vermeiden.

Ich habe auch gesehen, dass das Buch "Blumen auf Granit" schon alt ist (Ersterscheinung im Jahre 1980), aber leider kommt mir so vieles, das die Autorin darin beschreibt, bekannt vor. Alleine schon die ganze chaotische Art, wie sie über ihre Analyse schreibt, die ganzen Selbstzweifel, der Verlust des eigenen Selbst, der eigenen Urteilskraft schreckt mich doch sehr ab. So ähnlich habe ich es auch erlebt- ein zunehmender Entfremdungsprozess von sich selbst weg. Das eigene Leben bricht über der fortschreitenden Analyse zusammen und man toleriert es auch noch und sieht es als Teil des Prozesses. Der Therapeut hat natürlich Hoheitsrecht und wenn man nicht seiner Meinung ist, seine Deutungen nicht anzunehmen bereit ist, dann liegt das an der eigenen neurotischen Störung und an nichts sonst... alles wird auf einmal in Frage gestellt, das Leben und man selbst verlieren völlig an Selbstverständlichkeit und die eigentliche Neurose wird bald die Psychoanalyse selbst.

Was mir auch aufgefallen ist, dass sich eine analytische Therapie für Jugendliche doch deutlich von der analytischen Therapie für Erwachsene unterscheidet. Kinder- und Jugendtherapeuten schweigen meist nicht (zumindest die, die ich kennengelernt habe) und greifen viel mehr in den Prozess ein. Wenn ich bei einem Analytiker für Erwachsene sitze, 10 Minuten geredet habe und dann mit einer Antwort rechne, kommt nur ein Nicken, ein kurzer Satz und manchmal auch gar nichts. Dann fühle ich mich gezwungen, weiter zu reden und bin genervt von der Künstlichkeit dieses Gespräches. Mittlerweile erscheint mir die Psychoanalyse mehr Religion als Wissenschaft zu sein. Natürlich ist mir die "freie Assoziation" ein Begriff, weiß ich mittlerweile, wie das mit der Übertragung und Gegenübertragung läuft... aber was ich erfahren habe ist, dass diese Stille manchmal noch tiefer in die Verzweiflung stürzt.

Vielleicht bin ich auch schon längst "austherapiert" und sollte meine Krankheit und Erwerbsunfähigkeit akzeptieren. Seit 2 1/2 Jahren- eigentlich 5 Jahren, kämpfe ich darum, wieder schulfähig zu werden, ein normales Leben zu führen, und schaffe es nicht. Ich weiß nicht genau, wer oder was mich so zerstört hat. Es waren viele Erlebnisse. Meine Persönlichkeit hat sich über die letzten Jahre verändert, ich fühle mich geschädigt und dauerhaft zerstört.

Ich habe gerade nicht einmal die Kraft, die Atteste für meinen Vater bzw. die Kindergeldbehörde zu organisieren. Es wird so kommen, dass er einfach weniger an mich zahlen wird, bis ich mich um die Unterlagen gekümmert habe. Er wird nicht verstehen, dass ich es momentan nicht aushalte, stundenlang bei meiner Psychiaterin zu sitzen und mich offiziell arbeitsunfähig schreiben zu lassen. Geld spielt für ihn keine Rolle, ob er das Kindergeld bekommt, oder nicht macht keinen großen Unterschied. Bisher ist mein Unterhalt durch ihn gesichert und finanziell gibt es zum Glück keine Probleme.

Zu der Sache mit der Hochbegabung in Bezug zur Psychotherapie- ich glaube, dass man unter den Analytikerin bzw. Tiefenpsychologen überwiegend sehr intelligente Menschen findet. Ein weniger intelligenter Mensch würde sich einen solchen Beruf wohl kaum antun wollen und die Ausbildung wahrscheinlich auch gar nicht schaffen. Analysieren, ständiges hinterfragen, eine hohe Sensibilität, die Liebe zum abstrakten Denken sind ja gerade Eigenschaften überdurchschnittliche intelligenter Personen. Begriffsstutzige Verhaltenstherapeuten und Berater sind mir schon viele begegnet, aber noch nie ein dummer Analytiker bzw. Tiefenpsychologe. Deshalb glaube ich, braucht es da keinen Experten.

Ganz viele liebe Grüße und noch einen schönen Abend,
Philosophin

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 24. Jul 2018, 17:11
von Gertrud Star
Hallo Philosophin,
habe deinen Beitrag gelesen.
Mir fällt momentan nicht viel dazu ein, ich schreibe aber denke ich zeitnah noch etwas dazu.
Ich hoffe, dir geht es so eingermaßen gut.
LG Gertrud

Re: Wut der Therapeutin- noch im Rahmen?

Verfasst: 24. Jul 2018, 18:21
von Philosophin
Da gehe ich zum Krisendienst, in der Hoffnung, mich ein bisschen stabilisieren zu können und erleide danach einen Nervenzusammenbruch... tolle Hilfe! Wäre ich besser nicht hingegangen, hat alles nur noch schlimmer gemacht. Ich vermisse meine Therapeutin, auch wenn sie mir zum Schluss geschadet hat. Sie hat immer an mich geglaubt, nie einen furchtbar kranken Menschen in mir gesehen. In dieser Anfangszeit mit ihr hatte ich zum ersten Mal so etwas wie Optimismus und Hoffnung. Es war nicht wirklich mein Optimismus und meine Hoffnung, sondern ihre. Aber es hat in mir gewirkt. Jetzt ist sie weg und ich fühle mich den vielen "Fachmenschen" in ihren negativen Prognosen und mangelndem Glauben an mich ausgeliefert. Niemand mehr da, der für mich dagegen spricht und die entstandene Unruhe in mir wieder zu beruhigen weiß.

Hätte ich meine Wut in der Therapie doch lieber nie geäußert und alles wäre nicht passiert...

Liebe Grüße
eine verzweifelte Philosophin