Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Haferblues
Beiträge: 1004
Registriert: 21. Okt 2012, 12:50

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von Haferblues »

Hallo Otterchen und alle anderen,

ich kann auch nix aus meiner „Kindheit“ erzählen. Ich sehe mich auch als immer schon erwachsen. Habe mich nie zugehörig zu meiner „Familie“ empfunden. Schon vor dem Schulalter wusste ich ganz genau, dass ich nur geduldet war und unter Umständen „rausfliege“. Dass mir gar nix zusteht und dass ich für dies und jenes „dankbar“ zu sein habe. Prügel waren für mich an der Tagesordnung, aber noch schlimmer war dieses niedermachende Geschwätz immer.

Ich bin dann auch rausgeflogen. Mit 15 in ein katholisches Erziehungsheim. Ich war nämlich nicht länger bereit, mich schlagen zu lassen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich eben NICHT tot umfalle ohne meine „Eltern“. Ich glaube, aus dieser Erfahrung heraus war ich fähig, mit ca. 24 dann den Kontakt total abzubrechen. Das war die beste Entscheidung meines Lebens!!!

Leider hab ich auch das Problem, dass ich oft meiner eigenen Wahrnehmung und meinen Gefühle nicht traue. Ich bin immer unsicher ob ich die Dinge richtig sehe oder das richtige fühle. Ich fühle mich „zuhause“ in Beziehungen, in denen ich nicht wirlich geachtet und gut behandelt werde. So kommt es manchmal, dass ich in Partnern oder Freundinnen plötzlich das Gesicht meiner „Mutter“ sehe. Dann beruhige ich mich eine Weile selbst „das bilde ich mir nur ein“, „der/die meint es nicht so“ usw., usw. - bis ich nach einem an sich banalen Anlass total explodiere und die ganze Beziehung auf den Müll schmeiße.

Ich kann mich auch nicht wirklich entspannen in Gegenwart anderer Menschen. Ich muss mich immer wieder zurückziehen. Am wohlsten fühle ich mich ganz für mich alleine.

Viele Grüße
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Erfahrungen mit Abbruch des Kontakts zu den Eltern

Beitrag von medusa »

hallo zusammen,

an dieser stelle möchte ich, obwohl ich mich hier eigentlich als angehörige registriert habe, als mensch melden, dessen thematik genau das ist und weswegen ich vor einigen jahren krank wurde und mich auch in behandlung begeben habe.
als zweite von zwei töchtern geboren - meine schwester ist 8,5 jahre älter - kann ich mich an meine frühe kindheit nur recht positiv erinnern.
schwierig wurde es, als ich älter wurde, es nicht mehr nur den einfluss der eltern, sondern auch der freunde, der schule, des äußeren umfeldes gab. ich habe immer, immer das gefühlt gehabt, irgendwie sein zu müssen, um geliebt zu werden von den eltern, besonders von der mutter. und doch war ich nie gut genug.

fühlt sich übrigens heute immer noch so an - meine vater ist inzwischen leider verstorben, die mutter 81.

und weil ich so sehr gefallen wollte, geliebt werden wollte, habe ich tag für tag die maske aufgesetzt und war die liebe tochter - den ersten freund geheiratet, zwei kinder bekommen - und dann, der gau - ich habe mich 2002 von meinem ersten mann getrennt.

das gehörte sich ja nun so ganz und gar nicht. außerdem haben meine eltern mich dafür verantwortlich gemacht, dass meine mutter erkrankte - ich weiß es noch wie heute: anlass war, dass ich mit 17 jahren zum ersten mal silvester außer haus bei einer freundin verbrachte - ganz seriös, lieb, nett - eben nur nicht daheim.

seitdem lebe ich mit dieser schuldzuweisung, zu der noch viele, viele andere hinzukamen.

als ich nach der trennung wieder mut fasst und ins leben zurückkehren wollte, mich wieder mit anderen männern traf, hieß es von seiten meiner mutter, ich würde mich wie eine läufige hündin benehmen.

wer sagt seinem kind so etwas?

immer wieder habe ich gedacht, es würde mir besser gehen, wenn ich keinen kontakt mehr zur mutter hätte.
habe mich nie getraut - ethische und moralische werte haben mich davon abgehalten - nun ist sie wirklich alt, einsam, alleine - und mir fällt es schwer, genau das in ihr zu sehen - eine alte, verbitterte, einsame, nörgelnde, nie zufriedene alte frau - die mich geboren hat.

höre erst mal auf - dieses thema könnte sonst hier für mich zum roman werden - habe echt schon darüber nachgedacht, mein leben zum buch zu machen.

herzlichst,
eiskristall
Antworten