Zurück ins Leben

Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Mein Gespräch bezüglich der Tagesklinik lief anders als erwartet.


Ich hatte das Gespräch mit der Oberärztin. Sie wollte wissen, warum ich zu ihr komme. Seit wann die Depression besteht, wie sie sich zeigte, wer die Diagnose stellte, bei wem ich in Behandlung bin ... Dann was passiert ist oder wie.

Mir viel das schwer das kurz und knapp und doch inhaltlich ausreichend zu berichten. Bei mir ist viel passiert, seit meiner Depression und ich wusste, dass das per Hand auf einem Blatt Papier nicht zu fassen ist. Die Ärztin sagte mir auch, dass das ganz schön viel Information ist.

Sie wollte auch wissen, was ich in meiner jetzigen Psychotherapie erreicht hätte. Puh, das zusammenzufassen ... Als ich auch von der Arbeit mit dem inneren Kind erzählte, wollte sie wissen, welche Gefühle da hoch kamen.
Mir kamen beim Erzählen fast die Tränen. Es wühlte mich schon auf.

Letzen Endes lief es wie das rückwärts Erzählen meines Lebenslaufes ab. Sie bat mich, alle Stationen meines Lebens für sie zum nächsten Mal zu dokumentieren.

Da ich zeitgleich zur Depression eine Essstörung entwickelte, sagte sie, dass beide Erkrankungen wahrscheinlich den selben Ursprung haben. Sozusagen eine Wurzel. Ich weiß, dass beides sich ab irgendeinem Punkt dann wechselseitig beeinflusste. Heute bin ich weit weg von der anderen Problematik und sehe da kein Problem.
Mir gefiel es aber nicht, dass sie meine Essensmenge ansprach und sich damit meine Kraftlosigkeiterklären könnte.

Wenn das so einfach wäre, mehr essen gleich mehr Energie. Ich habe das lange genug versucht und letztlich ging es mir damit noch schlechter. Ich will nach meinem Gefühl essen und das mache ich. Ich hasse es, wenn jemand von außen sagt oder andeutet, dass ich mehr essen müsste.

Damals wurde mir nahezu "gedroht" zunehmen zu müssen, sonst müsste ich zu einer "Aufpäppelungskur", hieß es. Und da ich mich damit auch noch unter Druck setzen ließ und noch andere Aspekte neben der Depression mit reinspielten, kam es zur Bulimie.
Das reaktivierte sozusagen meine alten Gefühle. So weit lasse ich das nicht nochmal kommen. Schließlich bin ich erwachsen und nur weil ich nicht so viel wiege wie xy oder ich optisch nach jemandes Geschmack mehr wiegen könnte, lasse ich mir da nicht reinreden. Ich weiß, was für mich gut ist und möchte neben meiner Seele auch einen gesunden Körper.

Jedenfalls kamen noch Fragen nach gewichtsreduzierenden Maßnahmen, die ich alle verneinen konnte.
Und sie hielt eine stationäre Therapie für eine gute Möglichkeit. Wohl weil dort neben Gruppentherapie auch Einzeltherapie möglich ist und das in der tagesklinischen Behandlung nur gruppenorientiert läuft.


Ich war bis jetzt doch reichlich aufgewühlt. Blödes Thema Essen, möchte keine stationäre Therapie und ich bezweifle, dass durch analytische Suche und Betrachtung "DIE Wurzel" gefunden wird und dann meine Depression verschwindet.


Jetzt bin ich erstmal ausgelaugt.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle,


bin ich froh, den gestrigen Feiertag hinter mir zu haben. An freien Tagen, an denen auch mein Freund bei mir ist, fällt mir meine fehlende Energie besonders auf. Der Tag dehnt sich und ich fühle mich von der Sonne verspottet. Ebenso wie an Sommertagen, wenn es erst spät dunkel wird.
An einem normalen Arbeitstag ist draußen so viel los und in Bewegung und irgendwie beruhigt mich das. Vielleicht falle ich so nicht auf mit meiner Lethargie.


Die Oberärztin hatte mich gefragt, ob ich denn auch Wut verspüre und ich antwortete, dass das kaum der Fall ist. Nur einmal war ich auf einmal sowas von wütend, dass ich am liebsten die Wände hätte hochlaufen können. Eine Situation mit meinem Freund war der Auslöser. Ich glaube, dass es alte Emotionen hoch rief.

Jedenfalls fragte sie mich, ob ich dabei Energie hatte und ich konnte es bejahen. Dann lächelte sie bestätigend.

Mich beschäftigt seit dem die Frage, ob ich nicht genug Wut habe? Oder ob meine Wut verdrängt ist? Ich sie nicht leben durfte? Muss meine Wut zur "Sprache" kommen und dann kommt meine Kraft wieder?

Wenn ich mich aufrege in meiner jetzigen Verfassung, dann bin ich sehr angespannt und vielleicht habe ich dann mehr Energie in dem Moment zur Verfügung. Jedoch bin ich danach sehr ausgelaugt. Ich habe eher den Eindruck, dass mir das Kraft nimmt und mich stresst.

Irgendwie erscheint mir diese psychoanalytische Betrachtungsweise der Ärztin zu einfach.


Heute fühle ich mich niedergeschlagen. Ist draußen so trübes Wetter, färbt das gleich auf meine Stimmung ab.


Liebe Grüße
Lotusblume
Primel
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Primel »

Hallo Lotusblüte,

Ich möchte mich bei dir bedanken, wie detailliert und offen du hier deine Probleme schilderst. Deine Art und Weise wie du dich mit deiner Problematik auseinandersetzt hilft mir sehr bei mir genauer hinzuschauen und vieles genauer zu sehen, was ich eigentlich weiß und nicht sehen möchte.

Auch bei mir wohnt "Ich kann nicht" in der "Ich will nicht Straße". Was für eine geniale Formulierung! Und diesen Sklaventreiber, der um jeden Preis das Funktionieren einfordert, den habe ich auch. Und die Erschöpfung ist mir ein treuer Begleiter...

Ich danke dir für deinen Thread.
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo Primel,


danke für dein Kompliment. Das freut mich sehr!.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

So, nun steht heute Nachmittag ein weiteres Gespräch mit der Oberärztin wegen der Tagesklinik an.

Für mich selbst steht fest, dass ich nicht stationär behandelt werden möchte, falls das wieder von der Ärztin vorgeschlagen werden sollte.

Ich besprach die Angelegenheit auch mit meiner Therapeutin. Ihre Worte und die Übereinstimmung meiner Ansicht lösten ein gutes Gefühl aus. Es tat gut zu hören, dass ich mich therapeutisch auf einem weiter fortgeschrittenem Level befinde und eine psychoanalytische Betrachtung meines ganzen Werdens mich zurückwerfen würde. Sie ist froh, dass ich soweit Stabilität erreicht habe, besonders in Bezug auf meine Essstörungsproblematik. Sie heißt es auch nicht gut, falls daran herumgedoktort werden sollte. Nach dem Motto einmal essgestört, immer essgestört.

Für mich liegt mein Fokus in der Gegenwart und nach vorn ausgerichtet. Mein inneres Kind möchte auch gar nicht in die Vergangenheit geschickt werden. Es ist mit mir verbunden und wird mir sagen, wenn vergangener Schmerz an ihm zerren sollte, damit ich mein inneres Kind im jetzigen Geschehen davon befreien kann.


Am Samstag fand nun die Hochzeit meiner besten Freundin statt. Mein Freund und ich machten uns zurecht und ich konnte mich selbst auch als schick gekleidet empfinden.
Ich war noch nie auf einer Hochzeit und war sehr erstaunt von diesem Ereignis.

Meine Freundin sah sehr schön aus in ihrem Kleid und wie glücklich! Dem Bräutigam liefen die Tränen, weil die ganze Anspannung von ihm abließ und selbst die Standesbeamtin musste sich kurz die Nase schnäuzen.
Bis vor kurzem konnte ich es schlecht nachvollziehen, dass jemand so viel plant, organisiert und so lange feiern möchte. Dass man sozusagen für dieses Ereignis so viel investiert und es einem sogar ein Bedürfnis sein kann.

Wir machten noch die unterhaltsame Stadtrundfahrt mit, doch danach verabschiedeten wir uns. Meiner Freundin war darüber verdutzt und etwas traurig. Es sollte doch gerade erst los gehen mit der Feier und wir würden das Beste verpassen. Leider richtet sich meine Depression nicht danach. Ich war an dem Punkt, wo ich sehr deutlich merkte, was mich von den anderen trennt und das Lächeln anstrengend wurde.
Wir hatten noch die Option später dazu zu kommen, aber versprechen konnte ich es ihr nicht. Ich hoffe, sie war nicht sehr enttäuscht.
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Ich hatte diese Woche noch einen weiteren Termin bei der Oberärztin der Tagesklinik. Sie meldet mich nun für die nächste Gruppe Ende Juni an. Die ersten zwei Wochen dienen zur Orientierung, ob die Behandlung für einen selbst geeignet ist. Die restlichen Wochen, insgesamt sind es 12, wird das nicht gerne gesehen, wenn jemand aus der Gruppe aussteigt. Ein Heft oder kleines Büchlein soll ich mir noch besorgen, damit man so eine Art Tagebuch führt. Dieses möchten die Therapeuten auch gerne lesen. Sehr persönlich wäre so ein Tagebuch für mich. Meine Gedanken, Gefühle, die ich nicht jedem mitteilen wollen würde.


Ansonsten hat mir die Ärztin viele Fragen gestellt. Ich bin froh, dass ich sie nicht als Therapeutin habe, sondern sie nur bei der Visite sehe. Sie ist zwar schon nett, aber ich habe den Eindruck, dass sie mich schnell in Schubladen versucht einzuordnen. Und einige psychoanalytische Deutungen gingen mir gegen den Strich.


Beim zweiten Termin sagte sie mir, dass ich einen Monat zu früh käme und fragte, ob ich das wüsste. Ich war der festen Meinung am 30.04. einen Termin bei ihr zu haben. Nachdem sie mir dies sagte, schaute ich zu Hause auf meine Einladung. Ich habe mich da in der Tat vertan. Mein Termin wäre erst am 30.05.
Ihre Frage, was könnte das wohl bedeuten ...? Keine Ahnung. Zufall, Schicksal, göttliche Fügung? Mir war das nicht bewusst, dass ich zu früh kam. Ihre Antwort darauf, es könnte ja durch mein Unterbewusstsein zustande gekommen sein. Ob es mir dringlich wäre?


Irgendwo war da auch die Frage, was mich zu irgendeinem Zeitpunkt gebremst hätte. Nicht für alles gibt es eine eindeutige Antwort. Ich hatte da gefühlsmäßig eben keine Motivation. Es funkte einfach nicht in meinem Kopf. Manchmal ist es einfach die Hirnchemie. Manchmal bin ich grundlos traurig. Nicht immer steckt da ein Gedanke oder Anlass dahinter.


Eine Gruppentherapeutin habe ich dann auch noch kurz getroffen und sie erschien mir sehr sympatisch. Dieser Eindruck und das dortige Konzept erschienen mir erstmal stimmig. Hätte ich die Oberärztin als Gruppentherapeutin, wäre es mir mit der Zustimmung nicht so leicht gefallen.



Mir selbst geht es nach einer weiteren Dosiserhöhung seit letzter Woche besser. Ich habe noch mal eine Portion mehr Haut- und Körpergefühl bekommen. Ich bin jetzt sogar wieder kitzelig. Auch wieder etwas mitlachen kann ich. Ich finde das sehr bemerkenswert. Was meine Erschöpfung anbelangt, kann ich noch nicht so viel sagen. Die ersten Tage war ich wieder sehr müde.


Das einzige, was mir missfällt ist, dass meine Neurologin sich zu sehr mit der Medikation zurück hält. Zweimal bat ich nun schon über die Arzthelferin um Erhöhung. Da meinte die Arzthelferin letztens zu mir, dass ich doch schon eine hohe Dosis Venlafaxin hätte und da ginge nichts mehr, außer zu wechseln. Ansonsten muss ich mich halt damit arrangieren und sie weiß auch nicht, ob da die Frau Doktor noch ambulant etwas macht. In der Tagesklinik hätten die Ärzte mehr Möglichkeiten.


Ich habe zusätzlich das Imipramin und ich wusste, dass das noch nicht die Höchstdosis war. Nachdem ich ihr das nochmal schilderte und meine depressiven Einschränkungen, gab es endlich das ok.


Ist das bei anderen/ euch auch so?


Ich selbst merke sehr gut, dass mir die Medikamente helfen und ohne sie, ginge es nicht bei mir. Und ich fühle auch noch, dass da was fehlt und bin auch der Meinung, dass ich mein Befinden sehr gut einschätzen kann. Ich will zwar auch nicht mit Medikamenten zugepumt werden, aber wenn es nicht anders geht? Wenn ich therapeutisch so viele Fortschritte mache, aber die Gefühle nicht mitziehen?



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Minderwertigkeitsgefühl

Beitrag von Handsan »

Heute in der Therapiestunde ist mir sehr deutlich mein mangelndes Selbstwertgefühl bewusst geworden.

Es ging um die Hochzeit meiner besten Freundin. Auf einem Foto stehe ich mit meinem Freund neben dem Brautpaar. Das erste, was ich sah und kritisierte waren meine Haare und mein Gesicht. Dieses Foto habe ich meiner Therapeutin gezeigt und sie fand es so schön und eben auch mich in meinem Kleid! Sie sagte, dass ich da sehr gut aussähe und ich auch sonst hübsch wäre.

Ich war sowas von erstaunt und ich merkte auch, dass ihre Aussagen ernst gemeint waren. Keine Lüge oder dergleichen.

Mir fällt es schwer mich gut und wohl in meinem Körper zu fühlen. Manchmal habe ich auch Momente, da möchte ich gar nicht in den Spiegel schauen.

Ich bin es mir wert gut mit mir selber umzugehen, aber bis hierhin brauchte ich auch erstmal selbst meine Erlaubnis. Die Erlaubnis mir etwas zu gönnen. Wahrscheinlich gelang mir das auch erst, seit ich den Kontakt zu meinem inneren Kind herstellen konnte.

Jedenfalls ist es noch sehr häufig so, dass ich mich klein und minderwertig fühle.

Ich möchte auf mich selber stolz sein können, mich selber für meine Stärke loben, aber es fällt mir schwer. Und es fällt mir schwer, meinen Selbstwert nicht nur aus Leistung zu ziehen. Das wäre mein altes Muster, das mich stürtzen ließ, je mehr ich nicht mehr schaffte.

Wie macht ihr das?


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle Lesenden,


gestern erhielt ich die Zusage der Tagesklinik mit dem Aufnahmetermin, Ende Juni. Ich bin froh, dass das ganze so zeitnah klappt und bin nach einigem Zögern nun neugierig gespannt.

Zum Thema Selbstwertgefühl habe ich noch ein ungelesenes Buch im Schrank gehabt. Ich werde es jetzt Stück für Stück durcharbeiten.


Meine glücklichsten Jahre hatte ich ungefähr im Alter von 13 bis 18. Ich habe überlegt, was genau zu dieser Zeit anders war und wie ich mich gefühlt habe. So kann ich mir vielleicht Ziele für meine Stabilität/ Genesung setzen.

Durch meinen jetzigen Therapieprozess habe ich mich wieder gefunden. Zugang zu meiner Person, meinen Gefühlen, meiner Identität, meiner Vergangenheit. Ich hatte mich verloren.


Im Gegensatz zu heute fühlte ich mich meinem Alter entsprechend erwachsen, vielleicht sogar noch etwas mehr. Selbstbestimmt, weil ich selber entschied, was ich anzog oder aß. Ich wurde von anderen akzeptiert und gemocht von meinen Freunden. Stolz war ich auf meine schulischen Leistungen, die plötzlich besser waren denn je. Ich konnte lernen und begreifen und meine guten Noten waren mein Lohn.
Ich zeichnete früher sehr gern, meine erste Leidenschaft. Später wurde es der Sport. Ich fühlte mich stärker und leistungsfähiger und konnte somit auf meinen Körper Einfluss nehmen.

Ich wusste, dass ich etwas kann und das andere Menschen mich mögen, dass ich liebenswert bin. Ich war selbstbewusster.


Mein Selbstwertgefühl war lange Zeit bei Null. Ich konnte nicht verstehen, dass mein Freund mich liebt. Glaubte überhaupt nicht, dass ich jemanden wichtig sein könnte und das jemals war. Ich fühlte mich wie Dreck auf der Straße. Liegengelassen und nichts wert.
Mein Freund schickte mir Rosen und ich zitterte und weinte. Da war jemand so lieb zu mir. Ich fühlte mich schuldig. Ich war doch eine Strafe für ihn, obwohl das jeder Logik widersprach.
Ich glaubte sogar für einen kurzen Moment, dass ich einen Autounfall verdient hätte. Warum? Ich hatte nichts schlimmes getan, kein Verbrechen begangen.

Langsam kann ich es glauben und annehmen, dass ich um meiner selbst willen gemocht werde. Langsam vertraue ich anderen Menschen.

Wer bin ich? Was macht mich aus? Wo will ich hin? Mir selbst bewusst sein.



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Heute war der Tag sehr von Müdigkeit und Antriebslosigkeit geprägt. Den Besuch bei meinem Vater, der für heute geplant war, habe ich auf Samstag verschoben. Mir war es draußen auch zu nass, um zu ihm zu fahren.


Ich konnte mich halbwegs gut beschäftigen, aber so um diese Zeit ist der Tag für mich schon gelaufen.

Die Energie und meine Stimmung gehen runter. Ich fühle mich gerade an die so vielen Tage erinnert, an denen ich am liebsten um 19 Uhr Dunkelheit und Schlaf wollte. Ich konnte nichts mehr weiter mit mir anfangen und fühlte mich so allein. Egal ob Radio oder Fernsehen, es lief an mir vorbei. Die Leere ließ sich nicht füllen.

Diese Traurigkeit fühle ich auch heute wie einen Stein im Magen. Ich bin dankbar, dass ich heute nicht alleine bin. Mein Freund dürfte bald kommen, heute mit Verspätung.


Was würde ich nur ohne ihn machen? Ich komme gut am Tag zurecht, aber kaum muss ich eine Stunde am Abend ungeplant warten, kommt die Traurigkeit und die Tränen. Ich würde so gerne laufen, einen Spaziergang bis zur Ermüdung machen und dann einfach ins Bett fallen. Aber es geht nicht!

Mir fehlt die Kraft, der Antrieb. Meine Beine wollen nicht laufen. Ich fühle mich so schwer und unbeweglich.


Ich bin gern spazieren gewesen, gern Fahrrad gefahren und durch den Park gejoggt. Ich musste nicht denken "linker Fuß, jetzt rechter Füß". Die Bewegungen liefen automatisch.

Ich fühle mich gefangen.

Abends denke ich an alle Aktivitäten, die gesunde Menschen jetzt machen, während ich versuche den Tag einfach rum
zukriegen.
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle!


Endlich wieder zu Hause!

Mit meinem Freund und mit meiner Katze bin ich letzten Freitag vor dem Hochwasser zu seinen Eltern geflüchtet. Ich wohne nah an der Elbe. Jetzt ist zwar noch nicht alles vorbei, aber der Pegel ist um fast 1,5m gesunken.


Ich kam soweit ganz gut zurecht mit dem kurzfristigen Umzug. Sowohl das Packen als auch die neuen Wohnsituation. Bloß die Appetitlosigkeit nahm zu und an einem Tag fühlte ich mich niedergeschlagen, sonst glücklicherweise keine Verschlechterung.
Dennoch war die Situation eine Herausforderung.


Am Dienstag hatte ich einen Termin bei meiner Neurologin. Ich bat sie um Hilfe bezüglich meiner Erschöpfung und es war zunächst nicht einfach, sie davon zu überzeugen, dass dieses Symptom nicht mit Therapie zu knacken ist. Ich habe mir innerlich gesagt, dass ich für mich und meine Wünsche/ Bedürfnisse einstehe. Dass ich für mich einfordern kann, auch wenn das für andere unbequem ist. Und so argumentierte ich.

Ich erzählte ihr, dass ich von einem Medikament hier im Forum etwas gelesen habe. Den Vorschlag fand sie gut. Ich sollte Ende der Woche anrufen, weil sie in Ruhe studieren wollte, ob das mit meiner bisherigen Medikation zusammen passt.

Jetzt wird umgestellt. Das Venlafaxin wird innerhalb 9 Tage ausgeschlichen, mein Imipramin bleibt bis dahin. Statt Venlafaxin kommt Elontril und dann geht es eventuell noch runter mit Imipramin.
Ein wenig Bedenken habe ich schon, weil ich von sehr vielen gelesen habe, wie schwierig das Absetzten sein kann. Hoffentlich dient mir das Imipramin als Stütze.

Und dann werde ich auch schon in der Tagesklinik sein und alles Medizinische wird dann dort geregelt.

Hoffentlich läuft alles glatt.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben

Beitrag von Handsan »

Hallo ihr Lieben,


im Moment läuft die Reduzierung meines Medikaments gut, keine besondere Auswirkungen.


Ich rief heute in der Praxis meiner Neurologin an und wollte schon mal einen Termin ausmachen, denn Mitte September habe ich voraussichtlich die tagesklinische Behandlung beendet. Die Arzthelferin meinte, sie müsse das mit Frau Doktor besprechen, ob das trotz des vollen Terminkalenders möglich sei. Sie würde mich anrufen. Sie wendete noch ein, dass es ja auch sein könnte, dass die TK verlängert wird oder es könnte mir so gut geht, dass ich erstmal keinen Termin brauchen würde.

Irgendwie löste das ein negatives Gefühl bei mir aus. Ich weiß nicht, ob im Sinne von "ich muss selber klar kommen" oder von "wir sind nicht mehr zuständig für Sie." Zudem hatte ich nicht erwartet, dass die Terminvereinbarung so schwierig sein würde.

Ich spürte ein aufkommendes Bedürfnis nach Sorgenlosigkeit. Nach dem Gefühl ich brauch mir keine Sorgen machen und alles läuft in ordentlichen Bahnen. Irgendwie auch nach Halt. Ich weiß gar nicht, ob ich das als Kind hatte. Unbeschwert und sorgenfrei zu sein.

Gleichzeitig gingen mir Gedanken durch den Kopf, dass ich ja beim Essen sparen kann. Dass ich mein Geld zusammenhalten muss und sparen. Dass ich ja auch gar nicht so viel brauche. Und dann wollte ich mich ja auch noch um eine Ausbildung bemühen. Da muss ich diesmal das richtige finden und meine Ausbildung schaffen und auch ausreichend Geld verdienen. Ich könnte ja auch erstmal versuchen einen Minijob zu bekommen. Überhaupt muss ich mal langsam in die Puschen kommen, am Besten schon gesten. Und ich fühle wieder, wie schwer finanzielle Sorgen wiegen und dass, ich nicht so funktioniere, wie ich möchte.


Liebe Grüße
Lotusblume
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