Trennung, Tod und Abschiede

elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Trennung, Tod und Abschiede

Beitrag von elas »

Liebe Lioness,


das war Gedankenübertragung, denn ich wollte eben auch diesen Thread wieder hervorholen und auf Deinen Beitrag verweisen.

Du hast meine Hochachtung, wie Du das gemacht hast in den letzten Wochen Deiner Mutter.

Und, es ist ja wirklich so, Trauer ist nicht Depression.
Und es braucht diese Trauerräume im Leben.


Herzlich
Selas
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Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Trennung, Tod und Abschiede

Beitrag von Lioness »

Hallo Selas,

danke, danke......

Ich glaube, ich hatte vieles, was Du mit Deiner Ma über Jahre erlebt hast, komprimiert innerhalb einiger Wochen. (Abgesehen mal von der Tatsache, dass sie seit -zig Jahren viel zuwenig trank und so ihre Nieren zum Schluss einfach freck waren). Ich sah seit Monaten, dass es alleine zu Hause nicht mehr ging. Sie hatte sich auch immer schön Hochglanzbroschüren von Alters- bzw. Pflegeheimen besorgt, auch schon mehrmals angekündigt, sie wolle sich zum betreuten Wohnen anmelden. Alles nur Lippenbekenntnisse!

Als sie jetzt im Oktober das erste Mal im KH landete - sie hatte fast 10 Tage Darmblutungen wegen des Marcumar und dies dem Hausarzt verschwiegen, der HB war dann noch 7,1 - sprach sie: "Kind, jetzt muss ich wohl ins Pflegeheim, und dann will ich in Haus xy!" Und Kind sprang und rannte artig durch die Gegend - es hatte gerade Herbstferien - machte und tat und telefonierte und machte Besichtigungstermin und meldete Mama an. Und was sprach Mama anschließend: "Ach nein, es geht mir ja wieder besser, und außerdem haben die Zimmer da keinen Balkon." AAAArrrrgh!

Einer Einstufung in eine Pflegestufe, die sie für das Pflegeheim bräuchte, hat sie sich erfolgreich widersetzt, indem sie auch im KH alles alleine machte und sich von den Schwestern nicht helfen ließ. "Kind, es geht schon...."

Einer Behandlungspflege, die auch ohne Einstufung vom Hausarzt verordnet werden kann zwecks Stellen ihrer zahlreichen Medikamente, die sie zum Schluss hoffnungslos durcheinanderschmiss, widersetzte sie sich gleichfalls: "Kind, das kann ich doch wohl noch selber!" "Nein, Mama, eben nicht!" "Doch, Kind, rede keinen Unsinn, und es kommt mir auch kein Fremder ins Haus!" "Mama!" usw. usw.

Ich bin zum Schluss echt am Krückstock gegangen! Auf Anraten des Stationsarztes bin ich noch zu ihrem Hausarzt gedackelt und habe dem mühsam ein Attest über eine beginnende Altersdemenz und eine daher notwendige Pflegestufe aus dem Kreuz geleiert. "Ihre Mutter ist doch nicht dement!" "Nun, das kommt auf die Definition an, diese Halsstarrigkeit und die Depression sind doch ein deutlicher Hinweis...." "Na gut, schreiben wir halt "beginnendens dementielles Syndrom...." Fine, whatever it takes, Doc!

Das Essen verweigerte sie am Schluss auch, sie wollte einfach nicht mehr.

Das war mit das Härteste: Zu sehen, wie sie den Bach runtergeht, aber aus freien Stücken, weil SIE es so will - und nichts tun zu können. Sie bei mir behalten zu wollen und doch zu akzeptieren, dass das nicht ihr Wille ist. Mit den Ärzten zu besprechen, dass wir jetzt nichts mehr veranlassen werden in Richtung Apparatemedizin und Medis - und sie damit dem sicheren baldigen Tod zu überantworten. Weil SIE es so wollte. Weil sie kein Pflegefall werden wollte. Weil sie des Lebens, so wie es sich für sie darstellte, einfach müde war. Weil sie ein Anrecht darauf hatte, dieses Leben dann auch nicht unnötig zu verlängern.

Aber wiederum: All dies - im Rahmen - natürliche Vorgänge am Ende eines langen, erfüllten Lebens. Und erstmal kein Grund, in eine Depression zu fallen.
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
ChristianeL.

Re: Trennung, Tod und Abschiede

Beitrag von ChristianeL. »

Liebe Lioness,

ich möchte Dir mein Beileid ausdrücken, es tut mir sehr leid, dass Du Deine Mama verloren hast.
Ich habe in der ersten Zeit nach dem Tod meines Vaters im September seelisch eigentlich nur ums Überleben gekämpft. Diesen Schmerz fast nicht ertragen und aus diesem Grund hier geschrieben.
Es ist auch ein körperlicher Schmerz, der beim Verlust aufritt. Das tut wahnsinnig weh und wird es noch eine Weile, bis der eigene Überlebenstrieb einsetzt und vielleicht sogar etwas Wut durchkommt, weil man so leiden muss.

Ich habe den Sinn des menschlichen Lebens und Sterbens bis heute nicht so richtig verstanden, ausser aus Sicht der Evolution, aber das nützt gar nichts. Es tut einfach nur weh. In der ersten Zeit nach dem Tod meines Vaters hatte ich oft nur den einen Gedanken, dass ich ja auch sterben werde irgendwann und dass das keine Option ist, sondern sicher. Und besser heute als morgen.
So krank dachte und fühlte ich, hin und wieder war ich mir nicht sicher, ob ich schwer depressiv bin oder was das alles gerade mit mir macht, losgelöst und innerlich einsam.
Nun, über drei Monate später, man glaubt es nicht, immer noch traurig und oft weinend über den Verlust, kommt die Sonne wieder durch. Du schaffst es, lass Dir Zeit.
Trauer fühlt sich wirklich völlig anders an als Depression, es gibt einen Grund zu trauern, und zwar ganz dolle.

Ich wünsche Dir, dass Du Deine Gefühle weiterhin zulässt, Du bist damit nicht allein.

Liebe Grüsse

Christiane
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