Verschieberiitis

1970
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von 1970 »

Hallo Otterchen!
Unangenehme Sachen anspr. ist wirkl. ein Graus. Fällt wohl niemanden wirkl. leicht.

> nämlich auf die Art und Weise, die MIR entspricht - würde es gehen.<

Dann mach es doch so! Warum grübelst du, wie es anders gehen könnte?

Was soll denn an deiner Art u. Weise nicht okay sein? Der 'gute Mann' wird doch dann sicherl. nicht u. sein Leben bangen müssen oder du um deine Wohnung.

Versuch es doch heute noch, dann musst du deshalb nicht länger rumgrübeln u. hast ein Problem weniger.

Viell. magst du uns ja hinterher mal berichten, wie es gelaufen ist. So etwas würde bei mir auf alle Fälle f. alle 3gDdT zählen!

Wünsche dir Mut u. viel Glück u. ein angenehmes und annehmendes (noch wichtiger) Gegenüber
Gr. Dori
otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Hallo,

bei mir ist ein Teil der Aufschieberitis gewiss, dass mir das WIE fehlt.
Und wenn ich noch nicht genau vor Augen habe, wie ich etwas wirklich machen möchte, dann schiebe ich.

Es hat bei mir also auch was mit dem verschütteten eigenen Willen zu tun:
wenn ich in einer Situation bin, die ich nicht will, verharre ich darin, bin also in der Defensive und werde nicht tätig; reagiere höchstens.
Ich weiß mittlerweile, dass mir Dinge leichterfallen, bei denen mir die Herangehensweise klar ist.
Bei meinem Vermieter überlege ich noch: anrufen, rübergehen, schreiben? Wortwahl?

Irgendwie hat es aber auch damit was zu tun, dass ich meinen Ärger nicht ganz zulassen kann... und dass ich Konsequenzen fürchte.
Statt mich aber groß zu machen und mir Respekt zu verschaffen, bin ich momentan ziemlich klein (naheliegend: Parallelen zur Kindheit).

Ich werde mal in mich gehen... und dort meine Größe suchen
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kormoran
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von kormoran »

hallo otterchen,

wo ich deine umschreibung vom aufschieben wegen fehlenden wissens ums WIE lese, habe ich folgende assoziation:

du bist nicht hier und im jetzt. du hältst dich jetzt mit deinen gedanken in der möglichen künftigen situation mit dem vermieter auf.

mich erinnert das sehr an ein grandioses posting von road-to-nowhere ( ?? !! ), als sie sehr plastisch die depressive handlungsunfähigkeit beschrieben hat: wie sie den ganzen nachmittag damit zubringt, alle möglichen szenarien zu wälzen, um dann eben doch nicht zum baumarkt zu fahren wegen irgendeinem trumm.

es ist natürlich und sinnvoll, dass wir uns bei manchen handlungen vorher ausmalen wie sie ablaufen könnten. so gewinnen ja angeblich die schirennfahrerInnen ihre rennen. aber irgendwo ist wohl der punkt wo mensch sich verliert, aus dem jetzt abdriftet und in der grübelspirale in der zukunft hängenbleibt.

mit diesem wegdriften zusammen hängt mE auch, dass man sich selbst nicht vertraut, in der situation richtig zu handeln.

wenn ich mir selbst vertraue, dann kann ich einfach losgehen und tun. ich weiß, dass ich in der situation richtig handeln kann. (fehler passieren, aber das ist normal.) wenn ich bei mir und im "jetzt" bleibe, dann ist auch der allfällige unangenehme moment nur ... ein moment!

wirr?
liebe grüße
kormoranin
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otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Hallo Kormoranin,

da hast Du sicher Recht!
Das ist so ein Mischmasch aus alten Ängsten, der Tatsache, dass ich sowas noch nie habe richtig üben können und dass ich mir mein Vorgehen auch nicht so richtig vorstellen kann.

Also Angst vor dem Scheitern, Angst vor möglichen Konsequenzen und keinen Plan, wie ich vorgehen soll

Aber ich will mich darauf vorbereiten. Ich möchte mich sammeln, imaginieren, wie ich am besten mein Anliegen zum Ausdruck bringe, Ruhe in mir finden und die Kompetenz, die ich auch in der Firma habe... dazu Tricks aus der VT... und letztendlich: mir Respekt verschaffen! Ohne dabei über die Stränge zu schlagen. Bestimmt, aber nicht unfreundlich - dennoch ernst und nicht bagatellisierend - verständnisvoll, aber meine Grenzen wahrend...
so was alles!

Und dann die Nervosität spüren und mich in die Situation hineinbegeben... achtsam sein... und mir hinterher Fehler verzeihen, weil noch kein Meister vom Himmel gefallen ist.

Au weh - da putze ich lieber alle Fenster!
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lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Kormoranin,

Du schreibst da was ganz richtiges mit dem Hier und Jetzt - aber wie schaffst Du es in der Realität? Leider habe ich immer nur das Gefühl, ja so könnte es gehen, mir fehlt aber der Zugang.

Zur Zeit hilft mir sehr der Weg über die Körperübungen und hypnosystemische Interventionen, Übersetzt: Ich spiele Was wäre wenn alles klar und eindeutig wäre, also mein Problem Urlaub hätte.
Das mache ich dann in meinem Zimmer ganz alleine und beobachte die Veränderungen meiner Haltung und an guten Tagen sogar die Veränderung in meiner "Haltung" und meinem Gefühl. Manchmal nehme ich mir dann einen imaginären "Helfer", der mich begleitet. Das kann ein Stein sein, aber auch eine Phantasiefigur.

Wenn ich mit diesem Erleben in die Situation gehe, bin ich oft erstaunt, dass ich genau das erreiche, was ich wollte und wenig Widerstand bekommen. (Klappt in ca. 10% der Fälle, war früher aber gar nicht denkbar)

Doch hat das etwas mit dem Hier und Jetzt zu tun? Eigentlich ja nicht, weil ich in meinem Spiel ja in die Annahme der Zukunft gehe - oder?

Abendliche Grüße
Anke
lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Otterchen,

wenn ich das so lese, würde ich auch lieber Fenster putzen wollen - was erwartest Du eigentlich alles von Dir? Wie perfekt willst Du es haben.

Bitte sei ein bisschen freundlicher und nachsichtiger mit Dir selbst, dann klappt es auch bestimmt mit Deinem Ziel und dem Vermieter.
Was ist eigentlich das Schlimmste was in dieser Situation passieren kann? Und könntest Du das Überleben?

Liebevolle Grüße und klärende, stärkende Träume
Anke
Babi
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von Babi »

otterchen...
du hast recht, jeder muß seinen Weg finden, mit allem umzugehen. In meiner ersten Therapie habe ich gelernt, mir eine Karteikarte mit Vorschlägen anzulegen, was bei mir funktionieren könnte und es auszuprobieren.....

anke....
mir ist aufgefallen, daß depressive Menschen Sachen viel viel länger aufschieben wie Normalos....ist jedenfalls bei mir so....
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
otterchen
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von otterchen »

Anke,

ich will es gar nicht "perfekt" haben - sondern MIR entsprechend.
Nicht "irgendwie" hinter mich bringen, sondern klar das formulieren können, was ich will. Und das gilt es erst einmal aus mir herauszukitzeln.

Ich merke aber auch gerade, dass dieses Thema recht komplex ist bei mir, weshalb ich mich morgen mal so richtig damit beschaffen möchte... schreibend, damit ich mir besser "zuhören" kann.

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kormoran
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von kormoran »

hallo anke, hallo otterchen,

naja, es ist natürlich viel theorie, was ich da verzapfe ... ich mach das jetzt schon viel weniger, dieses vorausgrübeln. wie mir das gelungen ist kann ich nicht so genau sagen, der mix aus vielem hier beschriebenen und in der therapie gelerntem. das verschieben - bei mir, wie es sich anfühlt, eher ein verweigern - ohne grübeln, das ist es, wo ich noch nicht so richtig konsequent drüberspringen kann. aber ich komme langsam dahin, manchmal mit einem "aufwachen"/bewusstwerden und dann: einfach tun.

anke, was du da beschreibst, klingt echt gut und nachahmenswert! was du machst, ist ja - wenn ich es richtig verstehe - dass du auch übst, wie es sich anfühlt, in der situation bei dir zu sein. du versetzt dich zwar in die künftige situation, aber bewusst zum üben des achtsamen zustands und nicht in einer grübelschleife!

das mit den imaginären helfern habe ich auch eine weile geübt. zuerst fand ich es ein bisschen doof, so, als würde ich mir da etwas einreden, was es doch gar nicht gibt; bis ich dann gemerkt habe, dass die imaginären helfer doch nichts anderes sind, als anteile von mir selbst (na klar, woher sollten sie denn sonst kommen?), die ich selbst noch nicht so ganz wahrnehme, oder denen ich noch nicht recht vertraue.

diese erkenntnis fand ich dann sehr hilfreich. es war sozusagen ein trick, um festzustellen, dass ich all diese ressourcen selbst habe und lernen kann, sie wieder zu aktivieren.

liebe grüße
kormoranin
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lukas-mobil
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Re: Verschieberiitis

Beitrag von lukas-mobil »

Hallo Kormoranin,

bei mir ist eine Form der Aufschieberitis ebenfalls eine Verweigungshaltung, ich denke immer, ein Verhalten wie ein kleines Kind oder Pupertierende. Allerdings wüsste ich gerne, was ich da verweigern will. Bin gespannt, ob ich jemals dahinter kommen werde.

Ein weiterer Aspekt ist noch viel absurder, wenn ich gefahrlaufe erfolgreich sein zu können, sorge ich durch das Verschieben dafür, dass dies nicht eintreten kann. Der Weg geht glaube ich hier über Selbstvertrauen und es mir auch erlauben.

Ja und dann habe ich noch die ganz normale, gesunde Aufschieberitis, die jeder Mensch so kennt - eben meinen Günther (den Schweinehund, der immer Spaß mit mir haben will und sehr intelligent ist, mich von meinen Aufgaben wegzulocken).

Euch ein wunderbares Wochenende
sonnige Grüße
Anke
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