der langsame Abschied ist nun endgültig

Selea

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Beitrag von Selea »

:hello: Guten Tag Birko.


Das darfst du hier so erzählen. Es ist deine Geschichte, da bin ich keineswegs böse.

Vorhin hat mein Bruder angerufen.
Unsere Mutter wurde heute aus dem KH entlassen aufgrund der guten Wundheilung. Na,___ging doch ____auch ohne erneute OP.
Was mich aber wieder wundert, das Pflegeheim wurde nicht informiert darüber, auch nicht wir als Bevollmächtigte. Na, ja.

Sie sei schon sehr schwach und erschöpft.

Ich für meinen Teil hoffe jetzt endlich, dass wieder Ruhe einkehrt, ich selber wieder gut ins Gleichgewicht komme.
Auf jeden Fall werden mir Besuche im Pflegeheim leichter fallen als im Krankenhaus.


Und jetzt hab ich nur noch Sehnsucht nach Normalität, nach Leben, nach Gutem.....



Herzlich
Selea
Sonnenblume14
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Selea,

wenn das Leben nicht zu dir kommt, geh du zum Leben! Ich habe gerade ein Bild vor Augen: die Herbstsonne, ein Cafè in einer Fußgängerzone und Selea, wie sie genüßlich einen Kaffee schlürft, sich ein dickes Stück Torte gönnt und gemütlich die Menschen beobachtet. Die Gedanken schweifen lässt, wo sie herkommen, woran sie denken ... Wenn es dir gut tut, tauche doch einmal ein ins Leben.

Ich brauchte gestern das Gegenteil. Ich war in der PIA, ging zurück durch den Park und sah einen Liegestuhl in der Sonne stehen. Fast eine halbe Stunde habe ich dort gelegen, zurücksinniert in die Tagesklinikzeit, auf das leise Rauschen des Verkehrs gehört und die weißen Wolken am Himmel verfolgt. Das hat SO gut getan. Diese halbe Stunde ht mir den anstrengenden Tag gerettet.

Das Verhalten deines Bruders ... du, das kann man so oder so sehen. Sieh es einfach einmal als Abgrenzung. Ich könnte das auch nicht, aber ein wenig Bewunderung hege ich für diese Menschen auch. Sie achten erst einmal auf sich - ich brauchte länger um zu begreifen, dass das der Liebe (zu deiner Mutter zB) keinen Abbruch tut. Aber sie sagen sich: wenn sie in dieser Zeit sterben sollte, kann ich es (bei dieser Entfernugn) auch nicht ändern, alles zu seiner Zeit. Ich persönlich hätte diese Ungewissheit nicht ertragen und mich weniger wohlgefühlt als mit Handy - aber so ist jeder anders gestrickt.
Von hier aus finde ichdieses Verhalten also nicht wirklich dramatisch - und es bedeutet auch nicht, dass ihm die Feier wichtiger ist als die Mutter. Er hat lediglich sachlich abgewogen und entschieden.

Lebensgefährten sehen die Situation oft nüchterner. Ich erlebe das hier auch oft so. Sie sind nicht in das Mutter-Tochter (Mutter-Sohn) Verhältnis verstrickt und das macht eine ganze Menge aus. sie sehen und beurteilen völlig anders.

Es scheint mir, als könne dein Bruder sich in dieser Situation (auch bedingt durch die Entfernung) weitaus besser abgrenzen. klar, du bist mehr gefordert, du gibst aber auch mehr. Und machst dir soooo viele Gedanken darüber, ob andere in dir eine gute Tochter sehen. Schaffst du es, auchda ein wenig Abstand hineinzulegen? Die anderen interessieren eigentlich nicht, denn sie haben nur einen so kurzen Eindruck von Eurem Miteinander, sie können das gar nicht wirklcih beurteilen. Es gibt nur zwei Dinge, die wirklcih wichtig sind: 1. dass du mit dir im Reinen bist und das tust, was dir momentan möglich ist, ohne unachtsam dir selbst gegenüber zu sein. 2. dass deine Mutter dich als gute Tochter sieht - und das tut sie sowieso, denn sie ist deine Mutter.

Alles ist gut, liebe Selea, gönn dir einen Tag in der Saunalandschaft, ein Wellnesswochenende oder den besagten Kaffee in der Fußgängerzone.

lG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
johanna73
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Selea,

von Zeit zu Zeit lese ich, wie es Dir geht. Ich bin nun seit einem Jahr durch eine schnell fortschreitende Krankheit meiner Mutter (Mitte 70) gezwungen, mich auf den Abschied vorzubereiten. Einiges, was Du vom Pflegeheim schreibst, und auch manches wie z.B. andere Reaktionen der Geschwister erlebe ich ähnlich.

Auch die Entscheidungs-Konflikte, die einem niemand abnehmen kann, lerne ich kennen. Meine Mutter ist trotz aller Müdigkeit vom Kopf her noch sehr klar, bei ihr ist es - abgesehen von ihren psychischen Leiden, die sie ein Leben lang begleiten – "nur" der Körper, der nicht mehr mitspielt. Im Prinzip entscheidet sie alles bei vollem Bewusstsein selbst. Sie probiert z.B. derzeit verschiedene Pflegeheime in Form von Kurzzeitpflege selbst aus. Aber letztlich sehe ich, dass kein Heim den nötigen Betreuungsschlüssel bieten kann, um brenzlige Situationen abzufangen. Ganz zu schweigen von der Bereitsstellung des Trinkwassers, der Erreichbarkeit des roten Knopfes oder anderen Dingen. Unzählige ähnliche Geschichten aus dem Bekanntenkreis - egal, ob es sich um betuchtere oder weniger betuchte Freunde und Verwandte handelt, bestätigen einem diesen Eindruck. Häusliche Versorgung hat aber auch so ihre Tücken. Es gibt keine Ideallösung. Für gar nichts. Auch ich als Angehörige bin sicher keine Ideallösung für meine Mutter (ich bin längst nicht immer so geduldig mit ihr, wie ich es sein sollte oder gerne wäre, wie ich im Nachhinein feststelle, wenn ich wieder wegfahre).

Du thematisierst die Frage, wann der Tod wohl eintreten könnte, wie lange Deine Mutter schon leidet. Mich hat das zum Nachdenken darüber veranlasst, ob es eigentlich so etwas wie eine ideale Zeit für das Sterben der nahen Angehörigen gibt im Sinne von Zeit, sich auf den Tod vorzubereiten. Ich wüsste es nicht. Einerseits ist es für mich eine "luxuriöse" Situation, dass ich mich auf den Tod meiner Mutter vorbereiten kann und die Chance erhalte, noch einiges mit ihr zu besprechen. Auch wenn ich diese Chance bei meiner Mutter nicht nutzen kann. Dazu sind wir beide zu wenig in der Lage, eine wirkliche Beziehung auszuhalten. Andererseits, wenn ich mir vorstelle, ihre Krankheit würde auf dem jetzigen Niveau stagnieren und sie noch ein Jahr lang quälen ... Gerade die letzten Tage, wo mich neue Hiobsbotschaften von ihrem Körper erreichen, fange ich an, ihr - und wohl auch uns Angehörigen - baldige Erlösung zu wünschen.

Wenn man dann abends oder nachts ein wenig zur Besinnung kommt und einem klar wird, dass möglicherweise alles doch viel schneller vonstatten geht, als man noch vor wenigen Wochen angenommen hat, wird einem auch wieder ganz anders. Und ich fürchte, ich werde hinterher auch nicht schlauer sein als vorher. Von wegen Weitergabe der eigenen Erfahrung an die nächste Generation. Mir fällt immer nur Walter Benjamin ein, auch wenn dieser Vergleich hinkt: Erfahrung und Armut. Ich fühle mich überwiegend den Geschehnissen, die von außen auf mich hereinbrechen, ausgesetzt. Der Gedanke, dass irgendetwas von diesen Ereignissen zu einer Erfahrung gerinnen könnte, die sich weitergeben lässt, ist mir fremd. Ich könnte höchstens Wissen über Hilfsmittel, Umgang mit Behörden und Einrichtungen und Informationsquellen weitergeben. Aber dieses Wissen veraltet bekanntlich schnell und die dafür zuständigen Berater und Firmen können das viel besser.

Warum schreibe ich Dir so viele Dinge, die Du auch schon weißt und viel länger erfahren hast? Vielleicht nur, um die Einsamkeit ein wenig zu mildern ...

Aus dem fernen Nordosten der Republik alles Gute
j.
Sonnenblume14
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo liebe johanna,

Du hast viele Dinge thematisiert, die wichtig sind, die denjenigen, die diesen Weg zukünftig gehen müssen, eine Hilfe sein werden. Gefühle auf den Punkt gebracht und auch die Gefühlskonflikte - für mich ist dein Beitrag treffend und hilfreich.

Denn ich wurde gerade am Wochenende darauf aufmerksam gemacht, dass die Heimsituation ganz anders ist als ich dachte. Diese Idee, die Eltern gut versorgt zu wissen, habe ich nach einem Gespräch mit meiner besten Freundin, die vor der Entscheidung steht: weiterpflegen oder Heim, verworfen. Kurz gesagt: ich war entsetzt, als ich hörte, was in vier Tagen "Probewohnen" bzw Kurzzeitpflege abgelaufen ist und wir sprachen von einem Heim mit einem sehr guten Ruf, das zu den besseren gehört. Klar, das Personal ist überfordert - aber wenn sämtliche Leistungen (abgesehen von Essen und Schlafen) zusätzlich bezahlt werden müssen, wo bleibt das Geld, das ein Heimplatz kostet.

sorry, ich gehe jetzt grad aus dem Thema raus mit meinen Gedanken. Meine Eltern sind noch fit, haben aber beide geäußert, dass sie einen Heimplatz meiner Pflege vorziehen werden (was nicht mit unserem Verhältnis zu tun hat, sondern mit dem Wunsch, keine Belastung zu sein). Es ist iher Entscheidung und die werde ich respektieren. Ich kann auch so für sie da sein. Jetzt zweifle ich: Ist es wirklich der bessere Weg oder machen wir uns etwas vor? Vielleicht kommt alles anders, aber dennoch berühren mich eure Beiträge und machen mich nachdenklich.

Abgesehen davon, dass es dir hilft, Johanna, hilfst du mit den Gedanken vermutlich allen, die mitlesen. Ich habe es übrigens in meiner Jugend mit meinem Opa mitgemacht, was es bedeutet, wenn der Kopf klar ist und der Körper verfällt. Es ist eine extrem harte Situation für den Betroffnen. Mein Opa konnte keinen Schritt mehr tun, war halbseitig gelähmt und konnte bis zu seinem Tod noch mit den Besuchern Diskussionen zum gesamten weltgeschehen führen. Er hat enorm gelitten - psychisch. Und da das alles schon fast 40 Jahre her ist, gab es auch wenig psychologische Unterstützung. Ich drücke dir und vor allem deiner Mama die Daumen, dass sie diese Bürde einigermaßen tragen kann.

lG Sonnenblume
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anna54
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
liebe Selea
inzwische lese ich wieder hier und da--so wie ich es kann.
Gestern hab ich einen halben Tag bei den Eltern verbracht---und war erschlagen,was man alles regeln muss,auch wenn man glaubt----es ist alles geregelt.

Ich hab versucht ein Notfallhandy zu kaufen,einzurichten und bin beim dritten Anlauf auch noch gescheitert,und das obwohl es gerade einfach sein sollte, für den Notfall bei älteren Menschen.

Geduld sollte ich üben---mit mir und den Warteschlangen in der Kommunikationsabteilung,der Post,bei der Bank---einfach insgesamt.
Aber ich halte wenig aus----wenn plötzlicher Stress entsteht.

Ich bewundere hier im Thread immer wieder,wie wir auch über Überforderungen ehrlich schreiben können.
Keiner macht das nebenbei,es gibt keine idealen Beziehungen---eher haben einige Menschen die Gabe,sich geschickt aus vielem rau zu ziehen.

Mein Bruder leitet ein Altenheim---bei den Behördensachen wegen meiner Eltern bitte ich um seine Unterstützung,er teilt mir mit,es wäre ehe "unproduktiv",wenn mehrere Personen,eine Sache begleiten.
Immer die gleiche Masche----seine Masche----trotzdem steht er in der ersten Reihe----wirkungsvoll.

Liebe Selea,Kraft tanken,Auszeiten---zu sich selbst finden---alles die immer gleichen Sachen---um im Gleichgewicht zu bleiben.

Liebe Grüße
anna54
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

:hello: Guten Abend ihr alle.

Vorallem ein hallo für :) :) :) Sonnenblume, :) johanna73 und :) Anna

In der Tat_____REGENERATION ist möglich, sogar recht schnell. :)
Habe ich jetzt wieder festgestellt.
Die Belastungssituation ist abgemildert, schon geht es mir besser.

Kein ATOSIL mehr. Gott sei Dank, schlaf wieder besser, kann mich wieder von ganzem Herzen freuen, u.s.w.

Natürlich_____die Situation ist traurig, auch im Pflegeheim. Meine Mutter ist wirklich nur noch ein Häuflein Elend. Und sie kann schon wieder "richtig böse" sein.
DAS ist ja ihr lebenslanges Markenzeichen. :roll:

Auch jetzt gibt es viel zu regeln, viele Gespräche sind zu führen , mit dem Pflegedienst, jetzt erst noch Brief an Hausarzt etc. etc.
Einzelheiten erspare ich euch .

Ich möchte und ich muss das regeln für meine Mutter. Egal, welche Art von Mutter sie war oder ist.
Aber gleichzeitig hat mich das Leben auch wieder.
Das ist so wichtig.


Johanna :) dein Beitrag hat mich so berührt.
Du fragst dich, warum du mir in diesem Thread alles schreibst, was ich eh selber kenne????

WARUM


Weil dieser Thread kein BLOG ist, in dem ich regelmäßig meine Befindlichkeit reinstelle, es eventuell mal kleine Kommentare gibt, gut oder schlecht.........und das wars, sonst nichts.

SONDERN, es ist ein Thread, in dem jeder User, jede Userin auch den eigenen Kummer mit einer ähnlichen Situation thematisieren darf.

Einsamkeit lindert sich, wenn wir uns hier im Forum austauschen. Auch im realen Leben austauschen, wenn Menschen Anteil nehmen, wir uns nicht nur verschließen etc. etc.

Liebe, liebe anna :)
Schön, dass du aus deinem tiefen Tal wieder aufgetaucht bist, und hier wieder liest und schreibst.
Aber pass bitte, bitte auf dich auf. :!:
Dun musst soviel regeln für deine alten Eltern.

Unschön, wie dein Bruder reagiert hat. Das tut mir beim Lesen weh.



Mein Thread heißt ja, DER LANGSAME ABSCHIED

Bisher habe ich alle Menschen bedauert in meinem realen Leben, die einen plötzlichen Todesfall zu erdauern hatten, also eine plötzlichen Abschied.
Da war ich ganz auf deren Seite, dass man da alle möglichen Symptome entwickeln darf, sich
therapeutische Unterstützung holen darf.

Ich empfand mich auf der besseren Seite mit meiner Mutter, mit diesem allmählichen Abschied.

Und nun_____________________muss ich feststellen, dass so ein endloser und quälender Abschied wie bei und mit meiner Mutter auch ein TRAUMA ist____ein TRAUMA in Raten .

Da ist nichts besser oder schlechter, ob plötzlich oder quälend langsam.

Nun ist uns ja eins gewiss im Leben.
Wir wissen nicht, wie wir sterben werden.
Sterben sucht sich niemand selber aus.
Es geschieht.
So wie es eben geschieht.


Es ist Schicksal. Und da muss Mensch durch.


Doch, ich meine schon, man kann der nachfolgenden Generation diesbezüglich was weitergeben.
Nicht in dem Sinne von Fachwissen. etc.
Das ist alles schnell veraltet. Auch ín der Pflege.

Ich meine, die Haltung zu dem Thema Abschied, Trauer, Trennung, Tod.
Den unschönen Seiten eines jeden Lebens.
Die Haltung zu den unschönen Seiten des Lebens.

Ich meine, wir ältere Generation können möglicherweise weitergeben, wie man umgehen kann mit diesem unglaublich schmerzhaften Thema der "Endlichkeit".

Was meint ihr???


Dieses sind so meine Nachtgedanken.


Herzlich
eure Selea
Jamba
Beiträge: 563
Registriert: 5. Dez 2014, 21:44

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Jamba »

Guten Morgen liebe Selea und alle anderen,

Es freut mich, von dir zu hören. Vor allem, dass es dir besser geht und du wieder schlafen kannst. Dass sich die Situation entspannt hat. Auch wenn dann der lange Abschied noch länger wird. Ich weiß nicht, was ich mir für dich wünschen soll.

Ist es einfacher für dich, wenn deine Mutter nun wieder "richtig böse" ist? Fällt es dir dann leichter mit ihr, ist es schwerer für dich, wenn du ihr emotional näher bist, weil sie "lieb" zu dir ist (mir fällt grad keine andere Bezeichnung ein)?
Kommt rüber, wie ich das meine?

Sterben ist nie schön. Selbst wenn es eine Erlösung ist. Ich dachte auch immer, so wie du Selea, dass ein langsamer Abschied irgendwie einfacher ist als wenn jemand plötzlich und unerwartet stirbt. Aber durch dich und deine Geschichte weiß ich nun, dass das genauso schlimm ist. Es ist nie schön, wenn jemand stirbt, der einem nahe steht. Und jeder geht damit anders um.
Danke dir und euch, dass ich die Erkenntnis gewonnen habe, weil ich nicht weiß, mit welcher Art zu sterben ich mal konfrontiert werde, bei meinen Elter, meinen Großeltern, evtl. Freunden...

Ich bekam mal die Frage gestellt "Wie möchtest du einmal sterben?" Und ich machte mr lange, lange Gedanken drüber. Schließlich kam ich für mich zu der Antwort: Glücklich.
Auch wenn es sich im ersten Moment blöd anhört. Jeder definiert glücklich sein wahrscheinlich anders. Ich für mich dachte mir, glücklich im Sinne von, ich komme damit klar und weiß auch, dass de Mensch um mich rum einigermaßen damit klar kommen werde. Glücklich, im Reinen mit mir zu sein.
Habt ihr auch eine Antwort auf diese Frage, für euch?

Liebe Grüße an euch und trotz dieses Themas einen schönen Tag ohne Grübeleien hierüber.

Mir gibt dieser Thread sehr viel und ich bin froh, dass es ihn gibt.

Eure Jamba
Nach Regen kommt Sonne. Grün ist die Hoffnung.
Pummelchen
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Registriert: 2. Sep 2015, 17:21

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Pummelchen »

Guten Morgen Selea,
freut mich das es dir wieder besser geht. Ich fand deinen Beitrag sehr schön geschrieben. Ich habe für mich überlegt, ich hatte beide Situationen mein Vater ist ganz plötzlich verstorben, das ist wirklich ein Schock u. ich war so froh das wir 2 Stunden vorher noch ein schönes Gespräch miteinander hatten, vondem ich die Worte heute noch ganz genau weiß (ist jetzt schon 22 Jahre her). Aber der fehlende Abschied war für mich damals sehr schlimm. Meine Mutter ist vor einem Jahr gestorben, es war ein langer Abschied den ich nicht wahrhaben wollte, weil ich mit ein Leben ohne meine Mutter nicht vorstellen wollte. Ich habe meine Mutter jahrelang versorgt da sie schwer krank war. Ich hatte schon immer ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Mutter, das sich durch ihre Krankheit noch verstärkte. Meine Mutter war für uns alle, auch für meine Familie die gute Seele ich u. wir haben sie sehr geliebt. Da habe ich großes Glück gehabt mit meinen Eltern. Was für mich furchtbar war, die letzten Tage mußte meine Mutter im Krankenhaus verbringen, ich konnte es fast nicht mehr mit ansehen diesen letzten Kampf. Für mich war es immer ganz wichtig bei meiner Mutter zu sein um bei ihr zu sein wenn sie geht. Die Situation war ich war auf dem Weg ins Krankenhaus in Begleitung einer sehr guten Freundin u. auf halber Strecke hat mein Handy geklingelt, meine Freundin hat den Anruf entgegengenommen, es war die Mitteilung das meine Mutter soeben gestorben ist. Ich habe geweint u. geschrieen es war für mich schrecklich nicht dabei gewesen zu sein. Meine Freundin u. ich waren noch 2 Stunden bei meiner Mutter u. haben jeder eine Hand gehalten, ich habe auch noch einen Pater angerufen der mit sehr einfühlsamen Worten meine Mutter verabschiedet hat. Ich habe heute noch ein Problem damit, der fehlende Abschied in der letzten Stunde. Ich habe schon mit vielen Menschen gesprochen, die mich trösten wollten z.B. mit den Worten meine Mutter wollte nicht das ich da bin, weil sie gewußt hat wie sehr ich an ihr hänge, oder beim Übergang in eine hoffentlich schönere Welt möchte man vielleicht alleine sein u. braucht niemand der einen an der Hand festhält. Ich vermisse meine Mutter immer noch sehr! Selea ich kann mir vorstellen wie es dir geht wenn du deine Mutter so daliegen siehst. Ich glaube dir das du viel zu tun hast mit allem zu regeln u. dich zu kümmern, schade das dein Bruder dich damit alleine läßt. Aber ist so schön zu lesen das dich das Leben wieder hat. Ich denke deine Mutter sei sie wie ist liebt dich bestimmt auch sehr u. ist dir dankbar das du dich so kümmerst. Entschuldigung das ich jetzt so viel von mir geschrieben habe es ist so rausgesprudelt aus mir. Also Selea ganz viel Kraft u. alles Gute für dich.
Viele liebe Grüße Pummelchen
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: der langsame Abschied

Beitrag von anna54 »

Hallo liebe Selea
oft empfinde ich die Tatsache,dass niemand die Stunde seines Todes weiß,als einzige Gerechtigkeit,die es gibt auf dieser Erde.

Ein Sterben auf Raten ist, wie bei deiner Mutter besonders für die Angehörigen schlimm---das beschreibst du ja auch.
Daher mußt du schon gut für dich sorgen,deine Mutter macht das nicht,auch das kennst du nur zu gut.

Letztlich sind es auch immer wieder die Worte meiner Freundin,die in der Todesstunde ihrer Mutter nicht da sein konnte----das würde man immer wieder vermissen,dass man da nicht da war.
Das ist auch ein Grund,dass ich meine alten Eltern jetzt mehr umsorge,aber auch die anderen Geschwister machen das mehr oder weniger.
Manchmal wächst man rein,in eine neue Anforderung,wenn der Abschied----auch der lange Abschied ansteht.
Sicher lernen wir für uns selbst,wie gehen wir später mit unserer Endlichkeit um.
Wie lassen wir das in unserem Alltag zu,oft zwingt uns das Leben,weil es einfach geschieht.
Ganz liebe Grüße
anna54
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Sonnenblume, liebe anna54, liebe Jamba, liebe Pummelchen,
liebe Selea,

danke für Eure Worte und Schilderungen. Ich hatte mich erst einige Zeit nicht getraut, hier mitzuschreiben, weil ich nicht wusste, ob das so in dieser Form angemessen ist.

Selea, Du schreibst, dass wir vielleicht etwas weitergeben könnten über die Art, wie wir selbst mit dem Abschiednehmen umgehen. Ja, das wäre wohl der Kern, den wir weitergeben könten. Aber gerade da hapert es eben bei mir, merke ich.

Heute morgen dachte ich, aus dem langsamen Abschied würde ein schneller - allzu schneller - Abschied werden (halb 8 morgens der Anruf, dass meine Mutter gerade wiederbelebt wird und auf eine Intensivstation verlegt wird). Ich bin dann rübergefahren, war erst abends da, weil ich weiter weg wohne. Lage halbwegs stabil, wahrscheinlich sind die Hirnfunktionen noch nicht beeinträchtigt worden.

Mein Bruder war sogar schon vor mir am Krankenbett. Da standen wir dann zu zweit an ihrem Bett, Bruder rang mit seinen Gefühlen. Ich habe mich relativ schnell wieder gefasst, weil ich die letzten Tage schon gerechnet hatte, dass so etwas passiert. Hatte mit befreundeten Ärzten genau über dieses Szenario gesprochen. Sogar dem Hausarzt meine Sorge mitgeteilt. Der Hausarzt war auch am Mittwochabend auf Hausbesuch dagewesen. Heute Vormittag hat er mich angerufen. Ich habe ihn direkt gefragt, warum wir sehenden Auges diese Situation haben kommen lassen. Er sagte, die Symptomatik sei am Mittwochabend noch nicht da gewesen. Ich habe nun eher Schuldgefühle, dass ich nicht vorher mehr darauf gedrängt habe, etwas prophylaktisch zu unternehmen? Klar, das Symptom selbst war noch nicht da am Mittwochabend. Aber dass so etwas in der nächsten ZEit passieren würde, war relativ wahrscheinlich und ich hatte die ganze Zeit schon so ein dumpfes Gefühl. Eigentlich hätte ich Ende Oktober meine Mutter für einen Beusch in einer Spezialklinik in einer anderen Stadt begleiten wollen und war gerade dabei, einen Krankentransport für meine Mutter zu organisieren, weil ich immer das Szenario vor Augen hatte, dass uns dieser Fall in der Bahn passieren würde. Nun ist es heute früh schon passiert.

Weiß jemand von Euch, wie das ist mit Rezepten, die der Prophylaxe dienen sollen? Konnte der Arzt evtl. ein Rezept zur Prophylaxe ausstellen, weil die Kasse das nicht hätte durchgehen lassen? In diesem Fall ging es nicht um ein Medikament, sondern um eine Vorkehrung, die oberen Atemwege von Sekret zu befreien.

Ich merke, dass ich immer wieder mit der Frage beschäftigt bin, was man verhindern kann, ob man wirklich alles getan hat. In diesem Fall bin ich mir nicht sicher. Ich werde morgen mal die Ärztin auf der Intensivstation ansprechen.

Als heute tagsüber Anrufe kamen wg. meiner Mutter, hatte ich zwischenzeitlich die Angst, sie könnte es doch nicht geschafft haben. Da merke ich, dass ich noch nicht in der Lage bin, den Abschied zu realisieren - oder die Angst ist das Zeichen, dass man den Abschied realisiert?

Schlafende Mütter an Schläuchen sehen ja sooo friedlich aus. Als ich sie im Sommer zwei Wochen lang rund um die Uhr gepflegt habe, war meine Empfindung noch ganz anders ...

Nun ja, das ist so eine Momentaufnahme. Immerhin stehe ich das Ganze momentan ganz gut ohne Tabletten durch (nehme nur Ibuprofen gegen Erkältung). Habe vor 2 Wochen mein AD ausgeschlichen und es fühlt sich alles "normal" an.

Ich denke, wenn ich mich jetzt schlecht fühle, dann darf ich das ja auch, also wozu ein AD nehmen? Angst habe ich im Moment eher vor dem Job, weil ich darin verdammt schlecht funktioniere, weil die Orga und Koordination der Hilfsmittel für Mutter, besonders die Orga für die Fahrt, die ja nun doch nicht stattfindet, so viel Zeit kosten.

Momentaufnahme.

Selea, ich wünsche Dir, dass Du ein wenig zur Ruhe kommst - ich merke, dass man - egal wie schnell oder langsam eine Krankheit voranschreitet - immer nur naträglich agieren kann. Die richtige Vorsorge zur rechten Zeit ist wohl immer nur ein Ideal. Die Realität ist so komplex, der Teufel steckt immer im Detail. Bei meiner Mutter war das Detail, dass die Rezepte für Sauerstoffgeräte schon unterwegs waren, aber die entscheidende Vorkehrung, auch für das Absaugen des Sekret zu sorgen, dafür war keine Vorsorge getroffen. Man bedenkt die Komplikationen, liegt dann aber ganz knapp daneben ...

Jetzt stelle ich mich auf die nächsten Eventualitäten ein und werde am Ende wieder feststellen, dass ich leider ganz knapp daneben gelegen habe mit den Vorkehrungen.

LG j.
Pummelchen
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von Pummelchen »

Liebe Johanna,
ich kann dich wirklich sehr gut verstehen. Ich wünsche für deine Mutter ganz gute Besserung u. dir ganz viel Kraft. Du tust was du kannst u. in deiner Macht steht. Die Situation ist sehr belastend u. ich bin damals bei meiner Mama öfters an meine Grenzen gekommen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich alles so gemacht habe, aber wie du evtl. gelesen hast, das ich es nicht mehr rechtzeitig ins KH geschafft habe, als sie gestorben ist, da mache ich mir jetzt noch viel Gedanken. Aber man kann eben nicht alles planen u. voraussehen. Also alles Gute für dich, wir sind nur Menschen u. können nicht perfekt sein!
Viele liebe Grüße Pummelchen
johanna73
Beiträge: 293
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Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Pummelchen,

danke für Deine Worte - ja ich habe Deine letzten EInträge hier gelesen und fühle mit Dir. Mir war das mit meinem Vater passiert, dass ich nicht dabei war, als er starb. Meine Mutter war bei ihm damals.

Heute ist meine Mutter auf der Intensivstation zweimal aufgewacht - das erste Mal mit Tubus im Hals, da war sie natürlich sehr gequält. Die Intensivschwester hat sie aber ganz ruhig angeleitet, zu versuchen, selbst die Atmung zu übernehmen. Ich hatte das Gefühl, dass unsere Anwesenheit meine Mutter in dieser schweren Phase des Wiederaufwachens überfordert hat. Die Schwester konnte diesen Moment mit ihrer klaren und ruhigen Ansprache viel besser begleiten. Ich habe mich dann zurückgezogen. Heute Abend hat sie dann die Schwelle zum eigenen Atmen anscheined genommen nach einigen schwierigen Anläufen. Sie hat immer noch sehr häufig Panik, bittet mich, ihr zu helfen, sagt, sie bekomme keine Luft, obwohl sie 99 % Sauerstoffsättigung hat. Es ist wohl ein langsamer Weg zurück ins Leben. Aber sie ist halbwegs klar im Kopf und hat wohl keine Hirnschäden davongetragen. Reagiert sehr gut auf alle Ansprachen. Nur hat sie wohl starke Angst. Was ja auch verständlich ist in ihrem Zustand.

Ich war noch über zwei Stunden da, das Personal ist sehr kulant mit den Besuchszeiten für Angehörige. Die SChwester hatte gesagt, dass sich nun, als ich dabei war, ihr Zustand etwas verbessert hat. Dann blieb ich noch eine ganze Weile. Meine Mutter wollte nicht, dass ich ging. Der Pfleger hat ihr aber unmissverständlich gesagt, dass er meine Anwesenheit über Nacht nicht duldet und dass kein Anlass besteht, dass ich da bleibe. ICh war nicht sicher, ob es ihre Angst nicht irgendwann verstärkt, je länger ich bleibe (nach dem Motto: Wenn die Tochter schon über Nacht bleibt, muss es schlimm um mich stehen). Also war es vllcht. ganz gut, dass ich gehen musste. Andererseits hatte ich schon Angst, dass sie die Nacht nicht übersteht. Habe dann den Arzt gefragt, der mir versicherte, dass sie ganz sicher alles übersteht ...

Ich weiß nicht, was eher meiner Mutter gut tut oder was eher mir gut tut. ISt schwer auszuloten. Daher ist es ganz gut, dass man dieses professionelle Personal hat. Die fangen einiges an Panik ganz gut ab.

Liebe Grüße j.
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

:hello: Guten Tag ihr :roll: alle miteinander.


Vor allem ein Hallo für :) Jamba
anna :) Pummelchen :) und für johanna73 :) /


Hier bei mir nimmt alles einen ganz gemäßigten Gang. Gott sei Dank.
Gott sei Dank für die Regeneration.

Ich lebe noch, ich darf mich noch selber ganz gut fühlen.
Und endlich ist meine süße kleine Wohnung wieder ganz off top.
Hab Freunde getroffen, das tut soooooooo gut.

Heute hat mich ein Herbst_Schnief gut im Griff :roll: und ein Essen mit ganz lieben Nachbarn hab ich verschieben müssen.



:) Jamba.
Ich freu mich, wenn du schreibst, dass dir dieser so schwere und traurige Thread etwas gibt.
So in etwa, wie du es machen kannst und wirst mit deinen alten Eltern.
Das ist ja schon etwas. Finde ich. :)

:) Anna.
Ja, wann und wie wir sterben, das ist in der Tat in der Hand des "Schöpfers" oder in der Hand einer "Höheren Macht", so denn wir daran glauben.

Ich bin ja nun nicht seeeehr gläubig, aber daran glaube ich auch, dass wir NICHT alles machen und regeln können. Auch nicht unseren eigenen Abgang, unser eigenen Sterben.
Ich selber hoffe auf gnädige und gute Mächte dabei ______bei mir.

Und komisch, es macht mich bescheiden, all das ganze Thema macht mich bescheiden......für mein restliches Leben.......



:) Pummelchen


:) Johanna



Das ist derart traurig, was du schreibst.

Aber es soll ja einen Platz haben hier in diesem Thread.


Ich staune nur. :) Da fährst du stundenlang zu deiner Mutter , um ins Krankenhaus zu kommen.
Ich selber war in der letzten Krise schon mit 45 Minuten Autofahrt einfache Strecke überfordert.
(Das Pflegepersonal ist mich dementsprechend angegangen. :roll: )

Und bist noch voll am Arbeiten.
Meine Hochachtung.

Dein Nick Name sagt ja ,so schätze ich einmal, dein Geburtsjahr, da bist du fast 20 Jahre jünger als ich.......und du bist vielleicht einfach noch kraftvoller.........


Du schreibst von den Entscheidungen und den Ängsten in der Intensivstation.

Hat deine Mutter eigentlich eine Patientenverfügung?
Bitte nicht böse sein, wenn ich das so direkt frage.


Richtig ist, in solchen Extrem_Situationen, also , wo es um Leben und Tod geht.......geht es auch um Ängste.
Ängste deiner Mutter. Und um deine Ängste.

Es ist richtig, dass Beides gewürdigt werden muss. Sonst ist keine Kommunikation möglich.

Wenn du vor lauter Ängsten zusammen brichst, ist auch deiner Mutter NICHT gedient.
Das mag vielleicht hart klingen, aber es IST so.



Liebe Pummelchen :) und auch ihr Anderen.


Ist es WIRKLICH wichtig, bei einem Elternteil, also Mutter oder Vater, oder einem Geschwister, einer guten Freundin__________ist es WIRKLICH wichtig, deren Hand im Moment des Sterbens zu halten.


Das frage ich mich derzeit nämlich sehr sehr oft.

Oder ist es nicht vielmehr wichtig, im Vorfeld das ganze Gefühls_Kuddel_Muddel miteinander auszuhalten, da zu sein etc.
Und dass der Sterbende auch über sein Sterben reden darf.


Das frag ich euch .

Manchmal, vielleicht weil ich auch so überfordert bin , hoffe ich , dass mich das Pflegeheim eines Morgens anruft, sagt, Frau Selea, Ihre Mutter ist heute Nacht sanft entschlafen.....
jeden Morgen gucke ich auf meinen AB .......

Meine harte Mutter, die bei ihrem eigenen Ehemann auch kein Händchen halten wollte in der Todesstunde.......ich soll ihr nun Händchen halten?????


Leider ist es so. Genau so.
Es sind alte Bilder da. Und die tun weh.


Gleichzeitig denke ich so, es wird kommen , wie es kommt. Entweder bin ich stark oder schwach.
Es wird so sein , wie es sein wird.

Und ich habe auch ein eigenes Leben.
Auch mit einer 94jährigen Mutter.


Ich hoffe sehr, dass ich nicht allzuviele Schuldgefühle haben werde.



Dieses so meine Gedanken an einem schönen Herbst_Sonntag.


Pummelchen, darf ich eine Bitte äußern :?: :!:

Bitte, bitte, mach doch mehr Absätze und Leerzeilen in deinen Beiträgen.
Es ist anstrengend, so alles in einem Block zu lesen.



Alles Gute für euch alle,
die ihr mit dem Thema "Abschied" und "langem und langsamen Abschied" zu tun habt.



Herzlich
eure Selea
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Selea, liebe Mitschreiberinnen in diesem Thread,

Selea, die Frage, ob es wichtig ist, dass ich meiner Mutter die Hand beim Sterben halte, beschäftigt mich auch gerade sehr. Sicher ist diese Frage auch für andere von Euch wichtig. Ich denke nicht, dass es entscheidend ist, wer die Hand einer sterbenden Person hält, aber ich finde, es sollte jeder sterbenden Person vergönnt sein, in dieser schweren Situation - insbesondere, wenn absehbar ist, dass eine Person nicht unbedingt friedlich einschläft, sondern dass es ein schwerer Todeskampf werden könnte - eine haltende Hand zu haben, die ihr den Übergang so erleichtert, wie es eben geht. Man muss nicht immer selbst die Person sein, aber man kann vielleicht im Hintergrund die Dinge so organisieren, dass genügend andere Personen da sind, die nicht überfordert sind und die ein gutes Verhältnis zur Mutter haben. Es ist ja auch nicht zwingend so, dass man selbst diese BEgleitung am besten macht. Vielleicht gibt es andere Bezugspersonen, die auch in Frage kommen? Bei über 90-Jährigen ist das natürlich nicht einfach, aber möglicherweise gibt es auch hier Möglichkeiten (Ehrenamts-Netzwerke ausprobieren, Kontakte über länegere Zeit anbahnen. Das ist natürlich kompliziert, kostet Zeit und hat je nach Persönlichkeit Grenzen, aber manchmal hat man aber auch Glück, und das braucht es immer in solchen Situationen).

Ich bin mir gerade nicht sicher, wie ich es mache mit meinem Job und der Begleitung meiner Mutter (am Donnerstag beginnt mein Seminar, eigentlich freue ich mich darauf und denke, dass ich eben auch andere Verpflichtungen habe, die ich nicht vernachlässigen sollte, der Job hat schon genug gelitten in letzter Zeit). Bei meiner Mutter ist es so, dass sie ihren Lebenspartner hat, wobei die Beziehung sehr ambivalent ist. Aber daneben gibt es wie gesagt auch Möglichkeiten wie Hospiz, Freunde, Verwandte, die man fragen kann, Netzwerke für Ehrenamtliche.

Da ich bei meinem Vater, der im Krankenhaus an Krebs starb, erleben durfte, wie er elendig und unwürdig starb, weil nicht genügend Personal zur Verfügung stand, das Morphium verabreichen durfte, wollen mein Bruder und ich diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen (wir sind beide zu gleichen Teilen mit der Vorsorgevollmacht in allen Fragen ausgestattet, die Binnenregelgung besagt, dass wir uns nicht gegenseitig widerrufen dürfen).

Ich bin in Absprache mit dem Lebenspartner meiner Mutter und mit meinem Bruder gerade dabei, die Möglichkeit eines Hospizplatzes für meine Mutter auszuloten. Wenn sie wieder zu sich kommt und anerkennen muss, dass es nun mit großen Schritten aufs Ende zugeht (sie wird sehr wahrscheinlich nicht mehr selbst atmen können und künstlich ernährt werden, sagte man uns heute), dann werden wir mit unserer Mutter diese Möglichkeit besprechen (sie bräuchte wohl ohnehin wahrscheilich ein spezielles Pflegeheim, eine Pflege zuhause kommt wohl nicht mehr in Frage). In jedem Fall werde ich - entweder nur mit meinem Bruder oder mit meiner Mutter, wenn sie in der Lage ist - so viele Beratungsmöglichkeiten wie möglich ausschöpfen, um auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, ihr ihre letzte Zeit ein wenig zu erleichtern.

Ein Hospiz, das den Angehörigen die größtmögliche Freiheit gibt, die letzte Zeit zu gestalten, wäre in meinen AUgen auch aus einem anderen Grund sinnvoll. Gestern Abend, als meine Mutter mich in ihrer Atemnot um Hilfe anflehte, hatte ich das Gefühl, dass sie noch nicht akzeptiert hat, dass sie möglicherweise bald sterben wird. Sie hat in der letzten Zeit sehr viel davon gesprochen, dass sie weiter nach Hilfsmöglichkeiten gegen ihre Krankheit suchen will, die leider unheilbar ist. Sie ist anscheinend vom Kopf her, der noch sehr klar funktioniert, noch nicht so weit, loszulassen. Diesen EIndruck bestätigten mir ihr Lebenspartner und enge Freundinnen. Ein Hospiz könnte im günstigsten Fall durch Gespräche o.Ä. meiner Mutter heilfen, ihr wahrscheinlich baldiges Sterben zu akzeptieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass die geistige Haltung gegenüber dem Sterben sich auch darauf auswirkt, wie das Sterben körperlich vor sich geht. Jemand, der noch nicht mit dem Leben abgeschlossen hat, wird vielleicht einen schwereren Todeskampf erleben als jemand, für den der Tod einen Teil des Schreckens verloren hat. Das muss nicht so sein, ich halte das aber für eher wahrscheinlich. Nach meiner Einschätzung könnte hier ein Hospiz von Vorteil sein. Wie gesagt könnte. ...

Und: Ja, Patientenverfügung existiert. Als ich heute Abend meiner Mutter, die wieder ins künstliche Koma versetzt wurde, weil sie das Atmen doch nicht mehr selbst packt, die Wange gestreichelt habe, sprach mich beim Schichtwechsel der Arzt an, der ans Krankenbett getreten war: Was machen wir eigentlich bei Herzstillstand? (Meine Mutter hatte ja schon Herzstillstand und heute leider wieder ein Vorhofflimmern). Ich habe dann auf die Patientenverfügung verwiesen, die ich kurz nach der Einlieferung hingemailt hatte. Der Arzt meine, dass mache Patientenverfügungen ja ziemlich kompliziert geschrieben seien. Ich war froh, dass dieser Arzt anscheinend nicht die Frühschicht hatte, als meine Mutter eingeliefert wurde. Wir haben eine Standard-Fassung verwendet, die sehr verbreitet ist und die - ich ich als Laie finde - sehr übersichtlich gestaltet ist. Sowohl textlich als auch optisch. Hoffen wir, dass auch Mediziner diese Texte lesen und verstehen. ...

Wie denkt IHr anderen über das Thema Sterbegleitung?

LG - und Danke, Selea, für diese wichtige Frage - j.
Pummelchen
Beiträge: 1629
Registriert: 2. Sep 2015, 17:21

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Johanna,
tut mir sehr leid für deine Mutter ihr jetztiger Zustand. Ich kann das gut nachfühlen, wie schwer das für dich u. die Angehörigen ist. Meine Mutter war auch 24 Stunden auf Sauerstoff angewiesen. Diese Atemnot ist wirklich schrecklich. Wenn ihr einen Hospizplatz bekommen könntet, wäre das sicher sehr hilfreich. Der Ehemann von einer Freundin war auf einer Palliativstation, dort wurde er sehr gut versorgt, medizinisch, seelsorgerisch, aber auch mit Wohlfühldüften auf Wunsch mit Harfenmusik. Ich persönlich halte Sterbebegleitung für sehr wichtig, einfach da sein soweit möglich, Ängste bekämpfen. Ein Krankenhaussseelsorger hat mal gesagt: Gute Erfahrungen beim Abschied nehmen können sich als bedeutsame "Trittsteine" auf dem Trauerweg erweisen.
Johanna es ist immer so schwierig den Job mit allem zu vereinbaren. Da bist du so unter Streß. Bei uns gibt es einen Hospizdienst ,die ins Krankenhaus kommen um Angehörige zu entlasten. Vielleicht gibt es diese Möglichkeit bei euch auch?
Ich weiß jetzt nicht ob deine Mutter gläubig ist u. ob ihr es was helfen würde wenn der Krankenhausseelsorger sie besuchen dürfte. Aber vielleicht macht es ihr aber auch Angst wenn der Pfarrer kommt??
Johanna ich wünsche dir alles Gute u. viel Kraft u. schaue auch auf dich, das es dir nicht zuviel wird.
Herzliche Grüße Pummelchen
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Pummelchen,

ja, das mit dem Atmen ist nicht schön. Aber im Moment ist meine Mutter ja wieder im künstlichen Koma. Ich weiß nicht, ob ihr/mir wünsche, dass sie wieder aufwacht und sich ihrer Lage voll bewusst wird oder ob ich ihr eher wünsche, dass sie nicht mehr viel merkt und einschläft. Zumindest sieht sie so etwas friedlicher aus.

Allerdings waren heute ihre Hände und Füße sehr kalt. Als ich dann weg war, habe ich noch einmal dort angerufen, ob man noch einmal schauen könnte. Habe Sorge, dass sie sich noch eine Erkältung, Infekt etc. wegholt, wenn sie so auskühlt. Das wäre dann das Ende. Vllcht. bin ich auch noch nicht so weit, sie gehen zu lassen. Keine Ahnung, was ich mir wünsche.

Gläubig ist meine Mutter nicht. Über einen Pfarrer würde sie sich also nicht unbedingt freuen (aber wer weiß schon, wie sie das nun in ihrer veränderten Situation erleben würde). Es gibt aber auch Angebote nicht-konfessioneller Hospize. Ein ambulanter Hospizdienst tatsächlich ein Thema.
Ich denke mittlerweile, dass der Sozialdienst des KH diese Fragen von sich aus thematisieren wird, weil absehbar ist, dass es mit ihr aufs Ende zugeht. Ich hole mir nur im Vorfeld Informationen - für den Fall, dass es noch Wahlmöglichkeiten geben sollte.

Heute habe ich meiner Mutter die Füße massiert mit Lavendel-Rosen-Öl. Die Arme bekamen auch etwas ab und unter die Nase habe ich ihr auch ein wenig davon gerieben. Vielleicht wirken Düfte ja.

Liebe Selea, ich hoffe, bei Dir ist die Lage stabil?

LG j.
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

:hello: Guten Morgen ihr alle.

:) Liebe Johanna.

Das ist nun sehr traurig, was du da alles berichtest.
Deine Mutter wird nicht mehr alleine atmen können, so die sichere Diagnose für deine Mutter.
Schwerstpflegefall also.

Ein Hospiz einzuschalten , das ist eine gute Idee.
Hospize haben zwar wohl oft Kirchliche Träger, arbeiten aber alle überkonfessionell.
Und stehen also für alle Bürger und Bürgerinnen offen.

Es gibt auch den ambulanten Hospizdienst. Die kommen in Privathäuser, Pflegeheime, Krankenhäuser------müssen aber "gerufen" werden, also von Angehörigen.....etc.

Im Februar hatte ich das Hospiz der Kreisstadt meiner Mutter eingeschaltet, in der Hoffnung, gut begleitet zu werden.
Da meine Mutter aber noch nicht in einer akuten Sterbephase war, und mir die Begleiterin zuviele Fässer meiner Biographie aufgemacht hat, habe ich diese Begleitung wieder auf Eis gelegt.

Ich geb dir zur Info trotzdem mal den Link
https://www.hospiz-esslingen.de/ambulanter-bereich

Ich an deiner Stelle würde nicht warten, bis der Sozialdienst des Krankenhauses auf dich zukommt. Da kannst du schon jetzt selber aktiv werden, nachfragen, organisieren.
Den Hospizdienst der Stadt deiner Mutter kontaktieren etc. etc.

Ich selber wusste bis Januar auch nicht, dass es einen ambulanten Hospizdienst gibt.
Für mich war das immer eine Stationäre Angelegenheit gewesen.
Aber unsere Userin anna :) und auch andere :) haben mich hier in diesem Thread darauf aufmerksam gemacht.




Alles Gute für dich
Selea
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: der langsame Abschied

Beitrag von anna54 »

Liebe Johanna
liebe Selea
es ist schon so,dass man die Hilfe anfordern muss.
Ich weiß nicht,was die Klinik von sich aus machen würde.

Liebe Johanna,ich lese mit Bewunderung,was du leisten mußt,das ist schwer.
Luftnot gehört sicher mit zu den schlimmen Zuständen,vor denen sich alle fürchten.

So ist das künstl.Koma sicher eine Erleichterung.

Wie schön,dass du deiner Mutter mit einer so zärtlichen Geste die Füße massieren konntest,das hat mich angerührt.

Die Hilfe geben,die man gut leisten kann---das ist der Wunsch,den auch ich habe.
Besonders jetzt,wo es bei meinen alten Eltern deutlich schwerer wird,ich viel mehr dort sein muss.
Immer hoffe ich,dass ich mich nicht überfordere,dass es nicht immer wieder einen Nachhall gibt,der mich dann umhaut.

Im richtigen Moment da sein können,ohne das Gefühl zu haben----immer da sein zu müssen,das wünsche ich uns allen.
Liebe Grüße
anna54
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Selea, liebe Anna,
danke für Euren Zuspruch. Heute habe ich endlich noch einmal telefonieren können mit einem Hospiz, dass sich in Zu-Fuß-Entfernung von meiner einen Whg. (ich pendle zw. zwei Städen) befindet. Für ihren Lebenspartner wäre das Heim ebenfalls sehr gut zu erreichen. Sie sagten mir, dass es wohl prinzipiell kein Problem sein dürfte, wenn meine Mutter dort mit einem Maschinenpark einziehen würde. Sie haben sogar schon Patienten aus dem Krankenhaus aufgenommen, wo meine Mutter jetzt noch auf der Intensivstation liegt.
Mit dem Partner meiner Mutter, der immer mehr realisiert, dass wir wahrscheinlich bald Abschied nehmen müssen von ihr, habe ich schon darüber gesprochen. Wahrscheinlich wäre es sogar möglich, ab und an ihre Hunde dort mitzubringen.
Als ich das Thema Hospiz letztens auf der INtensivstation offen angsesprochen habe, sagte man mir, für dieses Thema sei die Intensivstation nicht zuständig, das könne man erst im Zuge der Früh-Reha bzw. Verlegung auf eine normale Station besprechen. Wir wissen nicht, wie lange sie noch auf der Intensivstation im Koma bleibt. Morgen fahre ich wieder rüber und der Neurologe berichtet uns, was er für Wege sieht. Da werden wir das Thema Hospiz sofort ansprechen. MEin Gefühl sagt mir, dass es doch relativ schnell gehen könnte. Wenn es irgend geht, würde ich sie gerne aus dem KH rausholen in eine andere Umgebung. Aber wenn die ÄRzte sagen, dass sie noch längere Zeit im KH bleiben muss, würde ich mich nach einem ambulanten Hospiz-Dienst umschauen ...

Heute gibt es auf 90,3 im Radio eine Sendung über Sterben im Pflegeheim ab 20:15 Uhr (weiß nicht, welcher Sender das ist, in jedem Fall ist in Hamburg wohl auch gerade Hospizwoche, einfach mal nachschauen, viele Sendungen sind ja auch als Podcast hinterher zum Nachhören verfügbar).

Seit ich mit dem Hospiz heute telefoniert habe, bin ich ein wenig erleichtert. Aber mir ist schon etwas bange vor dem Moment, wo meine Mutter noch einmal aufwachen wird und nun endgültig realisieren muss, wie es um sie steht. Sie hat sicher in der letzten Zeit keine Illusionen gehabt über das rasche Fortschreiten ihrer Krankheit, aber sie konnte es durch "Aktionismus", wie ich es nenne, immer noch vertuschen. Es gab ja so viel zu organisieren, dann waren da noch ihre Hunde, ihr Haus, das Essen ... Jetzt, wo sie an Schläuchen hängt und ihre vertraute Umgebung nicht mehr hat und für sie selbst nichts mehr zu organisieren ist, weil sie es nicht mehr kann, wird das Nachdenken über ihre neue Situation unausweichlich. Und es werden lange Stunden für sie, in denen niemand von uns da ist. Da ist Unterstützung wichtig. ....

Ich wünsche auch Euch viel Kraft - es ist ja auch furchtbar, wenn ein Siechtum so lange dauert wie bei Deiner Mutter, Selea. Das zehrt auch auf eine andere Weise. Bei uns ist es im Moment ja so, dass wir immer nur der neuen Situation hinterherlaufen können.

Hier noch den Link zur SEndung rausgefischt:
https://www.ndr.de/903/sendungen/treffp ... 36342.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Liebe Grüße
j.
Sonnenblume14
Beiträge: 1038
Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Sonnenblume14 »

Ihr lieben,

ich habe Eure Beiträge verfolgt, allein, das Real Life hatte mich voll im Griff.

Zu den Seelsorgern wollte ich noch etwas sagen. Ich finde ein Pastor ist durchaus ein Ansprechpartner, selbst wenn man nicht zu den Gläubigen gehört. Die Kirche (ich beziehe das mal auf "meine" evangelische) ist in vielen dingen inzwischen weltoffener und viele Pastoren reden nicht nur in Bibelzitaten, sondern haben ganz weltliche Ansichten . Und genau da sehe ich auch die Aufgabe der Kirche: in derartigen Situationen beizustehen, Hilfe zu bieten.

Das Leid, das ihr beschreibt, ach, es ist traurig, dass manche Menschen am Lebensende ein solches Leid ertragen müssen. Noch schwerer ist es für die Angehörigen, Entscheidungen zu treffen in einer auch für sie grenzwertigen Situation. Patientenverfügung ist das eine - aber irgendwie sind konflikte selbst damit nicht zu vermeiden. Was will Mutter wirklich - ist die Situationtatsächlich die, an die sie beim Verfassen der Verfügung gedacht hat. Und letztlich: wie ist meine eigene Einstellung dazu. Egal, welche Entscheidung man trifft: man muss damit leben. Deshalb habe ich das Einsetzen als Bevollmächtigte bei meiner Mutter verweigert. Unsere Einstellungen sind zu unterschiedlich, ich kann nicht garantieren, in ihrem interesse handeln zu können. Es gab furchtbaren Streit, denn ich habe keine Geschwister, die diese Bürde tragen könnten.

ich wünsche euch weiterhin viel kraft, schöne Momente, aus denen ihr Energie schöpfen könnt. Wenn ich mich auch nicht so oft melde, ich lese im Hintergrund mit.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

:hello: Hallo ihr alle miteinander.

Heute war ich nach 12 Tagen einmal wieder im Pflegeheim meiner Mutter.
Vormittags gegen elf Uhr.

Meine Mutter IST in einem guten Pflegezustand, Wohnung war schön aufgeräumt. Sie ist immer gut angezogen, gepflegt.
Sie saß noch beim Frühstück.
Auch eine andere demente Frau an einem anderen Tisch.

Mir gefällt, dass die neue Pflegedienstleitung die Alten in ihrem Tempo essen und trinken lässt.
Auch wenn das Frühstück bis zum Mittagessen dauern sollte.
Sogar die Medikamente hat meine Mutter eigenständig einnehmen können.

Irgendwie war ich beruhigt.

Und ich dachte, sie ist wieder in einem stabilen, allerdings tiefen Niveau, und sie wird uns noch bis nach Weihachten erhalten bleiben.
Mir graut schon vor Weihnachten mit ihr. :roll:

Richtig traurig und schlimm ist, dass sie __mal wieder____nur noch bösartig ist im Moment. Mit den Pflegerinnen,
was das für Kanallien seien, wie bös die seien, bös redet sie über die Mitbewohnerin, hat mich angeherrscht, weil ich immer so freundlich mit allen umgehe.
Bis ich laut geworden bin.

Unsere Mutter bleibt bösartig, bis sie die Augen schließt.

Es gab in unseren gemeinsamen 61 Jahren immer wieder mal die kleinen Intermezzi, wo sie auf einmal mich für eine besonders hübsche und liebevolle Tochter hält. Alle Jubeljahre mal.
Dann, wie auf Knopfdruck verändert sich das wieder.

Ich habe es ziemlich satt.

Und heute habe ich eine Entscheidung getroffen, die ich meinem Bruder mitgeteilt habe.

Ich gehe meine Mutter nur noch alle 14 Tage im Pflegeheim besuchen. Das reicht. Sie ist dort gut aufgehoben.
Und in den 14 Tagen rufe ich einmal auf Station beim Pflegedienst an, und lass mir berichten.

Mehr nicht.

Im Hintergrund mache ich ja eh sehr sehr viel, wie ihr ja immer wieder angemerkt habt.
Ihr mangelt es an NICHTS. Ich mache wirklich alles.

Meine Mutter hat so eine nette Tischnachbarin, die aus einem Ort in der Nähe meiner Mutter im ehemaligen Polen kommt.
Die liebe ich, und die mich.
Die ist genauso dement wie meine Mutter. Aber die freut sich immer so, wenn sie mich sieht.
Und ich freue mich auch immer so, wenn ich die sehe. Ich mag die richtig.
Und immer sagt sie was Liebes zu mir.
Schade, dass die nicht meine Mutter ist.

Die hat heute mit meiner Mutter geschimpft. Sie solle nicht immer so böse zu mir sein. Sie solle doch froh sein, dass ich da bin, und dankbar, was ich ihr alles mitbringen würde.


Na, ja, nur damit ihr auf dem Laufenden seid.


Danke fürs Lesen.
Und bis bald wieder.
Selea
johanna73
Beiträge: 293
Registriert: 11. Okt 2011, 20:22

Re: der langsame Abschied

Beitrag von johanna73 »

Liebe Selea,

muss schmunzeln, wenn ich Deinen Beitrag lese - Du schreibst so erfrischend über diese Dinge. Ich kann kann mir die Situationen, die Du beschreibst, richtig gut vor Augen führen. Macht doch mal einen Müttertausch (falls Du noch andere Angehörige findest). :) Nein Scherz beiseite, aber es ist wirklich erfrischend, vielleicht gerade deshalb, weil Du kein Blatt vor den Mund nimmst und Deine Mutter nicht idealisierst, sondern neben ihrer Schönheit auch ihre Biestigkeit benennst. DIe Schöne und das Biest in einer Person, das hat man nicht oft. Ich entwickle gerade wieder Galgenhumor, sorry.

Ich neige im Moment dazu, aus meiner Mutter eine Heilige zu machen - wenn ich so an ihrem Bett stehe, dann sehe ich nur ihr Leid und ihre langsamen Bewegungen. Heute war sie wieder einige Zeit (ein paar Minuten) bei Bewusstsein, hat uns sofort erkannt. Leider bei allem, was ich sie fragte oder sagte, den Kopf geschüttelt. Sie kann mit Tubus nicht sprechen und wird auch später nie wieder sprechen können ... Da wird noch vie Kreativität gefragt sein für den Austausch.

Liebe Sonnenblume,

zum Thema, Seelsorger - ich hole immer wieder die Patientenverfügung meiner Mutter hervor, datiert von August. Dort hat sie sogar ausdrücklich angekreuzt, dass sie weder Pastor noch Hospiz als Beistand wünscht. Also muss ich sogar meinen Plan mit dem Hospiz noch einmal überdenken. Ansonsten hast Du natürlich recht - für mich selbst würde ich auch ein Gesprächsangebot von einem Geistlichen schätzen, wenn gerade niemand anderes da ist und wenn dieser Geistliche ein guter Gesprächspartner ist. Aber wie die Ärzte meinem Bruder und mir als Bevollmächtigte immer wieder sagen: Es geht bei allen Entscheidungen immer ganz allein darum, zu rekonstruieren, was der Wille des Kranken ist. Die eigenen Ideen und Vorstellungen sollten keine Rolle spielen. Bei uns ist es leider so, dass die Patientenverfügung die derzeitige Situation leider nicht abbildet und daher eigentlich nicht hilft, wie die Ärzte betonen. Wir müssen nun auf Basis unserer Erinnungen und Gespräche mit ihr rekonstruieren, wie unsere Mutter mit der jetzigen Situation umgehen würde. Mein Brunder und ich haben unterschiedliche EIndrücke bzw. Erinnerungen über den Willen meiner Mutter. Das macht Entscheidungen nicht unbedingt einfacher. Aber wenigstens geben wir uns Zeit, reden viel miteinander und kommen im Moment gerade zu einer gemeinsamen ENtscheidung über die Zukunft meiner Mutter.

Herzlichst j.
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

:hello: Schönen Guten Morgen ihr alle.

:) Liebe Johanna.
Danke für die Zeilen an mich, hab selber schmunzeln müssen über "Die Schöne und das Biest".
Das passt sooooo zu meiner Mutter. Die war eine sooooo ungemein schöne Frau. Aber soooooo ein Biest. Immer.....*lach*

Auch mit deinem Begriff Raben_Klagen in meinem anderen Thread.

Gleich sind mir mal Wortspielereien eingefallen:

Raben_KLagen

klagen Raben ?
Raben klagen!

Können Raben klagen?
Haben Raben Klagen?

Können, dürfen , müssen Raben klagen?

Alle Wesen dürfen klagen wie die Raben.
rabenklagend
und schwer schwarz tragend

manchmal am Dasein und seiner Last.

(Selea)

Johanna, es berührt mich, was du von deiner Mutter schreibst. Das Ende ist sooo greifbar.
Sehr schade empfinde ich dabei, dass deine Mutter in ihrer Patientenverfügung ein Hospiz abgelehnt hat.
Ein Hospiz oder eine Palliativstation scheint mir immer noch der letzte Hort an Menschlichkeit, wenn es an den letzten Weg geht.

Erschwerend kommt nun hinzu, dass du dich mit deinem Bruder nicht einigen kannst, weil ihr Zwei ganz unterschiedliche Erinnerungen über den Willen eurer Mutter habt.

Aber_____wenn ihr Zwei gut miteinander reden und diskutieren könnt, vielleicht findet sich eine gangbare Lösung.
Eine Lösung, mit der ihr Drei alle zufrieden sein könnt.
Vielleicht.

Ich wünsch es dir von Herzen.


Na, ja, hier bei mir hört der Trouble NICHT auf. :roll: :roll:

Seit 3 Wochen ist Muttern jetzt zurück im Pflegeheim, wie ich schon schrieb , in stabilem aber niedrigem Niveau.
Alle nötigen Gespräche mit Wundmanagerin, mit PDS , mit Pflegepersonal, mit dem Hausarzt habe ich geführt.
Leider bleibt jetzt ihr Katheter als Dauerkatheter.
Aber, ist o.k. so.

Jetzt hat mich wieder der Schlag getroffen.
Krieg ich als Bevollmächtigte POST von der BARMER GEK, der Krankenkasse meiner Mutter.
Wegen ihres Krankenhausaufenthaltes.

Eine Aufforderung zur Schweigepflichtsentbindung und Herausnahmegenehmigung.
Die wollen dies zur Begründung von Ersatzansprüchen.

Ich dachte, mich laust der Affe.
Hab dann gestern Vormittag gleich dort angerufen. Ja, ein Dekubitus dürfe im Pflegeheim NICHT vorkommen. Deswegen solle/müsse ich zur Prüfung dies unterschreiben.
Ich erklärte der Dame am Telefon, dass meine Mutter schon mit einem Dekubitus ins Pflegeheim gekommen ist, dass sie den schon Jahre hatte im Betreuten Wohnen, eine Rötung, die immer wieder Schorf bildete, gegen Ende eine kleine Öffnung, die sich immer wieder schließen ließ.

Trotzdem meinte die Dame, man wolle prüfen, ob alles nachvollziebar sei.


Nun habe ich mich im Netz schlau gemacht. Dekubitus_Bedandlungen sind wahnsinnig teuer.
Und Dekubitus gilt als Pflegefehler im Heim.

Fairerweise habe ich dann die neue PDL angerufen, ihr alles berichtet, und ihr auch gesagt, dass mein Bruder und ich in diesem Punkt voll hinter ihr stehen würden.
Muttern IST MIT einem Dekubitus gekommen. Da wurde dauernd drauf geguckt, von der Wundmanagerin, mal ging er zu, mal öffnete er sich, sie hat eine Antidekubitusmatratze bekommen, hat seit Monaten diese Wechseldruckmatratze, wird gelagert..........

ich weiß auch nicht, was die von der Krankenkasse noch wollen. Meine Mutter ist 94.
Mit vielen Erkrankungen. Sie ist untergewichtig. Am Ende ihres Lebens.

Wer in ein Pflegeheim kommt, wird da nicht als "praller" 30ig oder 40ig Jähriger eingeliefert, und auf einmal im Pflegeheim entstehen Krankheiten oder werden nicht richtig behandelt_______und die Krankenkasse prüft deswegen Regress.

Ich falle wirklich vom Glauben ab.
Geht es nur noch um Geld, Geld,Geld.
Und vorallem darum______wem kann man die Verantwortung anhängen, und der soll dann bitte blechen.

Was da "Menschen angetan" wird.
Also zum Einen den Angehörigen, den Bevollmächtigten, die sich mit allen möglichen organisatorischen Konflikten herumärgern müssen.
Was wird da den Pflegern und Pflegerinnen angetan_______die sind keine Ärzte und können nicht jedes Wimpernzucken eines Höchstbetagten richtig deuten.
Und an irgendwas sterben die Höchstbetagten oder anderen Schwerkranken im Pflegeheim eben.

Will da die Krankenkasse auch jedes Mal Regress fordern???? Weil die Pflegeheime NICHT genügend getan haben?


Vor allem für das Atmosphärische im Pflegeheim und zwischen Personal, Ärzten und Angehörigen ist so etwas definitiv suboptimal.
Es werden Ängste geschürt, Misstrauen gesät, unnötiger Stress und Verunsicherung verursacht.
Kein Wunder, dass statistisch gesehen nach 10 Jahren zwei Drittel der Pfleger und Pflegerinnen in anderen Berufen arbeitet.

Tja, all diese Erfahrungen hätte ich mir doch gerne erspart. Ich dachte lange, in Pflegeheimen ließe es sich auch noch gut leben, man sei aufgehoben________Pustekuchen.
Knallharter Kampf um Finanzen und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.

Jetzt sag ich es doch negativ:
Ich hoffe, mir bleibt ein Pflegeheim erspart.
Gut______das wir alle nicht in unsere Zukunft blicken können.


Dieses so meine Morgengedanken.
Selea
Selea

Re: der langsame Abschied

Beitrag von Selea »

Guten Morgen. :) :)

Noch einmal in eigener Sache.


Derzeit bin ich FAST dabei, der Mitarbeiterin der BARMER GEK, die mir diesen Brief mit der Aufforderung der Schweigepflichtsentbindung hat zukommen lassen, eine ausführliche E_Mail zu schreiben.

Ich hatte die ja gestern angerufen, aber nur eine Vertreterin an der Strippe gehabt. Die sagte, man müsse, prüfen, ob alles nachvollziehbar sei, und auch deswegen habe ich ihr meine Einwilligung geschickt.
Und die PDL informiert.

Mir geht es sehr schlecht damit.
Jahrelanges, und immer wieder errungenes Vertrauen in der Betreuung meiner Mutter wird mit so einem Brief und "Prüfungen und Untersuchungen erschüttert".
Meine Mutter ist in ihrer Demenz und in ihrer damaligen Psychose so ein schwieriger Patient.
Wieviel Kraft mich dieses Vertrauensstiftende gekostet hat.

Ich meine also____Pflegeheim und Hausarzt schützen zu müssen.


Ich bin nah dran, eine E_Mail zu verfassen, in der ich ganz genau den Ablauf der Entwicklung vom Ekzem zum Dekubitus über mindestens 5 Jahre beschreibe.
Und mit der Bitte, diese Untersuchung zu unterlassen.
Und mit der Bereitschaft, meine Aussagen eidesstattlich zu behandeln.

Was meint ihr?????


Mir macht das Angst, dass meine Mutter nur noch schlecht behandelt wird, wenn es so eine weitgreifende Untersuchung im Pflegeheim und unter Ärzten gibt.


edit:


ich wäre ja NICHT Selea, hätte ich jetzt nicht doch der Bearbeiterin des Falles eine lange, lange Mail via Anhang geschickt.
Mal mit der Auflistung von Anfang an, vor vielen, mehr als Jahren, mit diesem Ekzem, aus dem dann ein Dekubitus wurde, jetzt vor ein paar Wochen.

Ich will NICHT, dass Mitarbeiter des Pflegeheimes, die oft ihr Bestes geben, und auch Ärzte, mit denen ich im guten Kontakt stehe, einem solchen Verfahren ausgesetzt sehen.

Mit meinem Bruder hatte ich auch telefoniert.
Weil der Jahrzehnte in der Industrie gearbeitet hat, hat der oft einen sachlicheren Blick auf Zusammenhänge.
Und gibt gar nicht sooo schlechte Tipps.


Totzdem, wieder fast ein verlorener TAG.

Selea


Reichlich nachdenklich
Selea
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: der langsame Abschied

Beitrag von anna54 »

Liebe Selea
langsam,mach nicht so viel.
Ein Dekubitus läßt sich nicht immer verhindern---das ist auch Alltag in den Pflegeheimen.
Wenn die Krankenkassen da war prüfen will,lass sie doch,die Pflegeheime werden damit umgehen können.

Ich kenne verschiedene Pflegeheime,da sind inzwischen Fachleute notwendig,um die Verwaltungsflut abzuarbeiten.

Deine Mutter wird nicht mehr in der Lage sein ihr Verhalten zu ändern,also versuche dich weiter zu schützen.
Sie weniger zu besuchen, mag ein Weg dazu sein.

Abstand ist oft der einzig mögliche Weg,aber dennoch bleibt es dir erhalten,du bekommst es nicht aus dem Kopf.
Lansam werd ich neugierig wer deine Mutter sonst noch war,ohne die Psychose.
Du schreibst,dass sie so schön war.

Ich habe eine Mutter,die zu mir sehr fordernd und ungerecht ist.
Inzwischen muss ich viel an Hilfe bringen,da sie nur noch wenig Sehfähigkeit hat.
Ich versuche gnädig mit ihr umzugehen,nicht aufzurechnen,wie sie sich verhalten hat oder sich verhält.

Immer hab ich die vielen Berichte vor Augen,wie leidend die letzte Zeit auch sein,wie auch hier Johanna schreibt.
Ich bewundere,wie sie damit umgeht,ein ganz herzlicher Gruß und ganz viel Kraft!
anna54
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