Hallo ihr alle.
Sonnen :)blume und
anna
Ja, liebe Sonnenblume,
auch ich habe manchmal vor Dingen sehr viel Angst, oder fühle mich überfordert.
Aber meistens gehe ich die Sachen irgendwann an. In meinem Tempo.
Was ein paar Tage nicht geht, geht eben nicht so gut, aber das legt sich wieder.
Irgendwo ist da eine Kämpfernatur in mir.
Du schreibst davon, dass es ja nur eine kleine Phase meines Lebens sei, in der ich so sehr gefordert bin mit meiner Mutter.
Das stimmt so nicht. Meine Mutter hat nach dem Ableben meines Vaters vor gut 25 Jahren eine Psychose entwickelt.
Da war schon ein ewiges Hin und Her......und mein Bruder und ich in ganz anderen Städten als sie.
Und dann vor 15 Jahren kam sie hier in die Nähe in ein Seniorenstift/Betreutes Wohnen.
Uns seither löst ein Drama ein anderes ab.
Einmal wegen ihrer Psychose, die sie nie behandeln ließ.
Dauernd musste ich vermitteln im Betreuten Wohnen, habe sozusagen meine gütende Hand über sie gelegt, damit man sie trotzdem gut behandelt etc. etc.
Weil eine Psychose ja eine Seelische Erkrankung ist, in der die Realität so sehr verzerrt ist, und man sich eigentlich selber nicht mehr helfen kann.
Dann kamen die vielen Krankenhausaufenthalte hinzu, mindestens 13, ich krieg sie alle gar nicht mehr zusammen, darunter auch schwere Wirbelsäulenoperationen, der Hüftbruch vor ein paar Jahren.
Aber ich konnte mich immer recht gut erholen zwischen den einzelnen Dramen, die sich da abgespielt haben.
Und jetzt ist es halt heftig.
Ich war gestern im Krankenhaus. Es war wohl nicht so eine gute IDEE für mich selber, mir war dauernd schwindelig, und ich dachte , ich kippe um. Das kenne ich bei viel Stress, ist aber auch eine Nebenwirkung der Tropfen, die ich nehme.
Meiner Mutter hat es gut getan, dass ich da war, als ich das Zimmer betrat, hat eine Schwester sie gerade umgelagert, ich konnte das ganze Elend sehen. Und ich dachte nur, es ist definitiv Endzeit, ihr Leben neigt sich dem Ende zu.
Sie sagte, ach, wie gut, dass jemand aus der Familie da ist.
Momentan erkennt sie mich ganz gut. Aber es ist kein guter Draht mehr zwischen uns.
Sie ist ziemlich dement, und damit weit weg, mit dem, was sie sagt oder erzählt.
Auch anfassen geht nicht, das kommt ihr fremd vor, das kann sie nicht lange aushalten.
Freude bereite ich ihr, wenn ich ihr Lieblingsblümchen mitbringe, Süßigkeiten, die sie isst.
Und die isst sie mit einem enormen Appetit. Sie isst gierig.
Ein Entlasstermin nach mittlerweile 4 Wochen Krankenhaus , steht noch nicht an, laut Bezugspfleger.
Da sie immer wieder Durchfall hat, wird die Wunde immer wieder verunreinigt. Es ist ein ungemeines Leid. Wirklich. Wirklich.
Nach einer Stunde konnte ich nur noch "fliehen", weil ich es schier nicht mehr ausgehalten habe.
Eine neue Zimmernachbarin ist mit ihren 90 Jahren dem Tode noch näher, so scheint es mir.
Getröstet habe ich mich mit einem feinen Gericht. Falscher Hase (Hackbraten mit hartgekochtem ganzen Ei), Backkartoffeln und Kräuterquark mit Radieschen und rotem Paprika.
War das lecker.
Liebe, liebe anna ,
ich hab dir auch in deinem eigenen Thread geantwortet.
Ja, irgendwo leben wir in einer unseligen Zeit, finde ich, jedenfalls was das Thema "Zeit" anbelangt, sich Zeit lassen, einer Situation Zeit geben, kommt Zeit kommt Rat.....
Alles muss schnell gehen.
Sogar Trauer, ist sie nach 3 Wochen nicht verschwunden, gilt jedenfalls in den USA mittlerweile als behandlungsbedürftige Erkrankung.
Dabei hat die Tradition in den meisten europäischen Ländern das Trauerjahr vorgesehen.
Sogar Schwarz wurde getragen. Als Hinweis und Signal. Vorsicht, da hat ein Mensch einen Menschen verloren und trauert. So konnte man freundlicher achtsamer umgehen mit diesem Menschen.
Und wie ist es heute , alles nur hopp hopp.
Auch in den Krankenhäusern, die sind ja kleine Unternehmen, die Gewinn bringen müssen.
Fallpauschalen zeigen das, unrentable Krankenhäuser werden geschlossen.
Niemand darf mehr bleiben, so lange wie es nötig ist, schnell muss ambulant weitergemacht werden.
Nichts darf mehr seine Zeit "brauchen".
Es ist ein trauriger Teil unserer Gesellschaft in ihrem Geschwindigkeitswahn. In ihrem Machbarkeitswahn. In ihrer Geldgier.
Es ist traurig, was du da von deinem Schwiegervater erzählst.
Umso mehr gilt, dass Angehörige sich eben auf die Hinterfüße stellen, was Ärzte und Krankenhauspersonal anbelangt.
Aber wieviel Kraft das ja die Angehörigen kostet, die , die ja auch von der schweren Erkrankung eines Ehemannes, einer Mutter etc. betroffen sind.
Oder vom nahenden Tod eines Angehörigen.
Und oft auch selber schon in einem Alter, wo die eigene Gesundheit angeschlagen ist.
Ich bin froh, dass mein Bruder und ich uns auf die Hinterfüße gestellt haben, und nun eine etwas sanftere Behandlung ermöglich haben.
Jetzt geb ich mir Krankenhaus_frei bis Dienstag. Das ist der 94. Geburtstag meiner Mutter.
Den feiern wir ein Stündchen dort. Sie kriegt ihre Lieblingsblumen, ihre Lieblingspralinen,
ich hab mit dem Arzt gesprochen, gegen ein Schlückchen Sekt ist nichts einzuwenden, und ich bringe ihre schönen Gläser mit, und mir stoßen dann wohl das letzte Mal auf sie an.
Ganz so, wie wir es immer gemacht haben.
Nun habe ich ja den 3. Abend die Atosil_Tropfen genommen. Etwas ruhiger bin ich, schlaf etwas besser. Manchmal ist diese Chemie ein Segen.
Aber ich spür es, auf der anderen Seite tut es mir nicht gut. Ich bin nicht ich, wenn ich so unkonzentriert werde durch die Medis und so benommen.
Aber es ist gut zu wissen, dass ich so eine Art Emotions_Feuerwehr in der Tasche habe, eben die Atosil_Tropfen.
Und die brauch ich jetzt und das mach ich so.
Eine gute Bekannte von mir, deren Mutter ist noch 2 Jahre älter als die meinige, ist im Juli im Krankenhaus gestorben, war auch mindestens 5 Jahre im Pflegeheim.
Und sie schrieb mir gestern, dass sie jetzt so allmählich sich erholt, und auch erleichtert ist, dass endlich alles vorbei ist.
Es habe sie ungemein Kraft gekostet, die viele Autofahrerei ins Pflegeheim, ihre ewig unzufriedene , schwierige und nörgelnde Mutter, .......sie sei jetzt befreit.
Die Bekannte war Lehrperson, so wie ich. Und die Nichte meiner sehr sehr liebenswerten Nachbarin, die wie eine Ersatzmutter oder Tante für mich war, die vor 2 Jahren im Pflegeheim gestorben ist.
Mir hat der Brief gut getan. WEIL ich jetzt bei all den Anspannungen und dem ganzen Leid komplett vergessen habe, dass ich mich, wenn alles vorbei ist, wieder besser und auch glücklicher fühlen kann und wahrscheinlich auch werde.
Auch habe ich bei all dem Leid vergessen, dass es auch für meine Mutter eine Erlösung ist, wenn sie sterben darf.
Dazu habt ihr mir hier im Forum verholfen.
Als junge Frau verstand ich oft nicht, warum der Tod als eine Art Erlösung angesehen werden konnte.
Jetzt verstehe ich es.
Manche Dinge des Lebens versteht man erst in einem bestimmten Alter.
Das ist normal und nicht besorgniserregend. *lach*
Und so gehen wir in unserem Alter einer jüngeren Generation voraus. Können vielleicht der jüngeren Generation etwas weitergeben, wie umzugehen mit Tod und Krankheit und Endlichkeit und mit Krisen.
Wir Menschen dürfen uns das in unserer schnell-lebigen Zeit nicht wegnehmen lassen, dass das Leben nicht nur easy und locker ist, sondern dass in Krisen, in schweren Zeiten sehr sehr hefitge Emotionen auftauchen können, Trauer, Wut, Liebe, alles purzelt durcheinander.
Und auch alles seine Zeit braucht.
Und dass es so sein darf.
Und Jeder trauert anders im Leben, auch Jeder/ Jede geht anders voran, geht Dinge anders an.
Hauptsache, wir Menschen bleiben lebendig und uns selber treu.
Und bleiben nicht dauerhaft in Verzweiflung und Lebensunlust stecken.
Soweit meine Nachtgedanken zu einem schweren Thema.
Herzlich
Eure Selea