Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von DYS- »

Das Lied von Herman ist wirklich passend!

Ich verfolge diesen Thread so gut es meine Grauen Zellen zulassen würde auch gerne etwas Produktives dazu schreiben, vieles berührt mich immens, aber mir fehlen die Worte.
Dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Emriye2 »

Lieber Andreas,

meine Schuldgefühle kommen wieder so stark durch seit ich depressiv bin und das ist irgendwie auch ein "Rückschritt" für mich. Das sind alte Gefühle unter denen ich mal sehr sehr stark gelitten habe, aber durch die Therapie wurde es viel besser. Und jetzt fühle ich mich wieder so zurückgeworfen, so als ob, diese kleine schuldige Kind in mir wieder ganz laut schreit und für alles die Schuld bekommt...

Und ich versuch jetzt mal eine gute Erwachsene für mich zu sein und nicht in den Niedermachchor einstimme, der früher in mir herrschte. Das ist auch wieder eine neue Erfahrung für mich.

Mit meinen Schuldgefühlen und Ekelgefühlen mir gegenüber war es vor der Therapie mal so schlimm, dass ich immer dachte, alle müssen sich für mich schämen. Meine Freundinnen sind die Jahre über, alle in "unser" Stadtteil gezogen und wenn ich sie dann mal zufällig auf der Straße taf und sie sich über "mich" freuten und mich dann auch noch vor anderen Menschen umarmten, war ich immer so überrascht und fast zu Tränen gerührt, weil ich dachte, eigentlich müßten sie sich doch jetzt schämen mich zu kennen und ganz reserviert sein...

Puhh, davon war ich echt mal überzeugt und darüber bin ich jetzt voll hinweg.

Ich kam als Jugendliche in ein Heim, davor gab es eine Gerichtsverhandlung und meine Mutter erhielt ein Schreiben. Ich weiß nur noch, dass darin irgendwas mit Verwahrlosung stand... Meine Mutter machte ein riesen Drama und vermittelte mir ich bin der Dreck und mit mir müßte man sich nur schämen.

So habe ich mich bei der Anhörung auch wie auf der Anklagebank gefühlt, dreckig, schuldig und ekelhaft!! Dass man mir helfen wollte und ich die am wenig Angeklagteste bin - wurde mir erst so richtig in der Therapie bewußt.

Das Heim war dann für mich eine super Sache, es war so schön dort - die Erzieher waren für mich die absoluten Vorbilder und ich fühlte mich dort rund um wohl!! Es war für mich ein ganz wichtiger Lebensabschnitt. Aber in meinem Selbstbild war halt schon so viel kaputt gemacht.

Und jetzt diesmal, in meiner jetzigen Krise, will ich einfach gut für mich sorgen. Ich habe ja schon wieder die Ablehnungs- und Niedermachtendenzen. Sie sind mir aber bewußt und ich will versuchen mich anzunehmen und für mich zu sorgen (hab jetzt schon wieder ein Gefühl egoistisch zu sein, wenn ich das schreibe - aber ich versuche im Hier und Jetzt zu bleiben).

Ich danke dir für deine Worte und lass klaro den dicken, roten, glänzenden Apfel für Datalino übrig

Ich grüße dich ganz lieb
emriye
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Emriye2 »

Lieber Thomas,

zu deinen 2 letzten Postings geistert mich auch noch ganz viel im Kopf herum, aber ich glaube ich brauch noch eine Weile, das in Worte zu verfassen...

Dir einen schönen Abend
emriye
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Diary,

ich glaube ich hab dein "Sauerkraut" schon verstanden. Ich habe jetzt grad dem Anderl geantwortet und ich denke darin steht auch schon geschrieben, warum ich mich immer so schnell schuldig fühle. Und ich glaube auch, dass, wenn es mir nicht so gut geht, falle ich wieder ein Stückchen in mein altes Selbstwertgefühl zurück.

Es freut mich, dass es für euch auch bereichernd ist... mir gibt es hier unglaublich viel!! Danke
emriye
oktober

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von oktober »

Lieber Thomas,

vielen Dank für deine Antwort an mich.
Das Lied hat auch mich sehr berührt... Danke.

Dass das Beispiel der streitenden Kinder nicht vergleichbar ist mit der Situation eines Kindes zuhause, stimmt natürlich völlig. Was ich damit wollte, war ein alltägliches, normales und GESUNDES Beispiel dafür anzuführen, wie wichtig das Ausleben bzw. "Haben-dürfen" von Gefühlen auch im "kleinen" Rahmen ist... Ich wollte das nicht gleichsetzen mit der viel wichtigeren (bzw. unausgewogenen, abhängigen) Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern.

Ich habe diesen Satz ("Du bist eine Last...") bzw. vergleichbare auch oft von meiner Mutter hören müssen. Ich weiß noch, dass ich schon als Kind einmal zu ihr sagte, ich hätte sie nicht darum gebeten, auf die Welt kommen zu dürfen...

Lieber Thomas - was mich interessieren würde: Hilft dir deine Reflexion, deine Klarheit dabei, dass es dir besser geht?
Ich habe nämlich ganz oft das Gefühl, dass all die Erkenntnisse zwar manchmal erleichternd sind, sie mich aber im Prinzip eben nicht weiterbringen...
Dass ich zwar theoretisch weiß, warum dies und jenes so ist, wie es ist, und ich darum manchmal sogar versöhnlicher mit mir selbst umgehen kann (immerhin ), dass es mir aber nicht das passende Gefühl vermittelt. Und ich mich zwar weiterentwickle, aber eben doch nicht zu mir finde, weil das Fundament fehlt.
Auch habe ich für mich noch nicht entdecken können, dass meine "Krankheit" irgendeinen Gewinn mit sich brächte.
Auf eventuelle Reife im Kopf würde ich zugunsten eines reiferen Umgangs mit mir selbst gerne verzichten... Was meine eigenen Gefühle betrifft, bin ich extrem "unterentwickelt"..., und neige dazu, Gedanken und Gefühle zu verwechseln.
Kann man das verstehen?

Liebe Grüße an dich und alle Mitleser,

Petra
oktober

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von oktober »

P.S.: Klar (...?) ist da bei mir eine Verunsicherung, wenn jemand so brilliante Beiträge schreiben kann wie du, Thomas bzw. ne Hemmschwelle, selbst etwas beizusteuern.
Aber betrachte deine Begabung doch mal als Bereicherung. Auch für die, die mitlesen.

Und wenn ich mich dadurch davon abhalten lasse, selbst etwas zu schreiben, ist das doch einzig und allein "mein Ding"...
Trotzdem fand ich´s schön, dass du dich dazu geäußert hast

Petra
Acedia
Beiträge: 400
Registriert: 12. Jun 2003, 10:47

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Acedia »

Lieber Thomas!

Es ist gut, was du schreibst und ich werde mich weiter in den Gedanken vertiefen, dass ich nicht gemeint war. Im Moment gibt es für mich noch zu viele Aber und es fällt mir schwer einzugestehen, dass meine Eltern mich gar nicht wahr genommen haben. Vielleicht weil es ja zu hundert Prozent stimmt und weil ich das immer so gefühlt habe. Deshalb auch mein leises Aufschreien, mein kindlich-trotziger Protest. Damals!

Für mich heute ist wichtig herauszufinden, was ich als junge Mutter eventuell doch an meine Kinder weitergegeben habe, wo ich ihnen weh getan habe, nicht aufmerksam genug hingehört habe. Mir fällt auf, wie schnell ich mit Entschuldigungen für mein eigenes Verhalten zur Hand bin und wie gerne man auf Ausflüchte zurückgreift wie: Ich habe es doch nicht besser gewusst. Oder Ich habe doch nur das Beste für sie gewollt. Aber das ist eine Falle. So nach und nach versuche ich, auf mein Kind zuzugehen und es auf einzelne Ereignisse anzusprechen, im Nachhinein zu erfragen, was es damals in bestimmten Situationen gefühlt hat. Für jeden kleinen Erfolg bin ich sehr dankbar, aber es ist ein sehr schweres Stück meines Weges.

Du fragst nach dem Verzeihen und Entschuldigen. Darüber habe ich viel nachgedacht. Ich kann meinen Eltern insoweit verzeihen, dass ich sage, gut, ihr habt es nicht besser gewusst und auch nicht wissen wollen, weil eure eigene Kindheit grausam war. Ansonsten gibt es für mich nichts zu verzeihen, da sich ja bei mir niemand entschuldigt hat. Ich bin Christ und mein einziger Trost war oftmals, alles an Gott abzugeben... Das wird hier nicht jeder verstehen, aber es kann sehr hilfreich sein.

Was meine eigene Schuld betrifft, versuche ich, diese zu erkennen und mich dann zu entschuldigen. Das ist kein oberflächliches Entschuldigen, sondern folgt einer tiefen und aufrichtigen Erkenntnis. Das versuche ich, meiner Tochter zu vermitteln. Bei meinem Sohn steht es mir noch bevor. Da ist es viel schwieriger, weil er in mir die vollkommene Mutter sieht und es nicht nur ihm weh tun wird, diesen Schleier zu entfernen...

Ich finde es wichtig, sich zu entschuldigen, aber ich muss auch offen lassen, ob das "Opfer" bereit ist, diese Entschuldigung anzunehmen. Ich muss warten, bis es soweit ist, ich selbst kann nichts verlangen. Das heißt aber nicht, dass ich mir demütig Asche aufs Haupt streue, sondern dass ich aktiv bin. Denn es ist ja oft so, dass das Opfer in der Defensive bleibt, aus Angst und Schuldgefühl. Und das ist meine Aufgabe, dieses Verhängnis aufzulösen. Ich weiss nicht, ob das jetzt verständlich ist?

Falsch ist meiner Meinung zu sagen, du musst mir verzeihen, das sei eine Christenpflicht! Das ist Unsinn und soll nur von einem schlechten Gewissen des Täters befreien.

Danke, Thomas, und liebe Grüße! Acedia



Hallo Kroki,

du schreibst:

<<<Was mich selbst angeht, so habe ich das Gefühl, dass diese Krankheit mein ganzes Leben in einen Scherbenhaufen verwandelt hat, vor dem ich nun hilf- und hoffnungslos überfordert stehe. Mir fehlt die Kraft, die Bruchstücke zu sortieren und zu einem neuen Ganzen zusammenzukitten.
Ich frage voll Bewunderung, wie ihr das trotz aller Fehlversuche und Irrtümer geschafft habt, ohne irgendwann verzweifelt aufzugeben.>>>

Zum einen ist es so, dass ich mehr als einmal an einem Abgrund gestanden bin und (leider) das letzte Wort diesbezüglich noch nicht gesprochen ist.
Zum anderen frage ich mich (besorgt), warum willst du die „Bruchstücke sortieren und zu einem neuen Ganzen zusammensetzen“? Diesen so genannten Scherbenhaufen kannst du nur beseitigen und versuchen, neu anzufangen. Das geht. Man kann tatsächlich eine Zeitlang sein Leben neu aufbauen, alles Schmerzliche vergessen und sich immer wieder sagen: Jetzt bestimme ich ganz alleine, wohin ich gehe. Leider ist es so, dass mancher Schmerz sich nicht auf Dauer verleugnen lässt und das Leben immer wieder Parallelen zulässt, die genau an das erinnern, was man längst vergessen glaubte. Doch wenn man schon ein tragfähiges Fundament errichtet hat, haut einen das nicht mehr um, sondern die Auseinandersetzung damit gibt neuen Mut. Manchmal genügt schon ein Freund oder ein Partner, der das ins Schwanken geratene Gebäude mit stützt. Das sind so meine Vorstellungen und Träume von einem möglichen Leben..., aber nichts ist so hart wie die Wirklichkeit.

Liebe Grüße
Acedia
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

.

Beitrag von Kroki »

Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

.

Beitrag von Kroki »

Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

>für mich zu sorgen (hab jetzt schon wieder ein Gefühl egoistisch zu sein, wenn ich das schreibe - aber ich versuche im Hier und Jetzt zu bleiben).

Liebe Emriye,
womit wir wieder wunderbar am Ausgangspunkt dieses immes wichtigen Threads angekommen sind. FÜR MICH SORGEN = EGOISMUS; NICHT FÜR MICH SORGEN = U.A. AUCH DEPRESSION.
Kannst Du wertschätzen, dass auch Dein Beispiel zum Verständnis der Ursprungsfrage hier beiträgt?

Herzliche Grüße
Andreas
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

>Ganz häufig stehe ich vor dem Problem, dass ich etwas, was ich theoretisch als gut und hilfreich erkannt habe, nicht in die Praxis umsetzen kann. Ebenso kann ich Dinge, die mir vom Verstand her klar sind, oft nicht gefühlsmäßig nachvollziehen; die Gefühle folgen den Gedanken nicht.

Liebe Kroki, liebe Acedia,

oder anders herum: Wir können Bücherwände von einschlägiger Psycholiteratur (na, wieviel habt Ihr?) lesen, was aber nicht gleichermaßen zur Heilung führt. Heilung, Reifung das haben wir hier ja schon diskutiert, läuft über tiefe emotionale Einsichten, ja, meist über Schmerz. (Verhaltens)Veränderung entsteht durch Leidensdruck, nicht durch Sätze.
Ganz entscheidend dabei ist nach meiner Erfahrung, dass wir alle immer DRANBLEIBEN müssen; wir dürfen es nicht zulassen, dass die "bösen Kräfte" in uns siegreich sind. Und das ist eine Entscheidung, deren Wahl wir treffen. Wir dürfen innere Niederlagen hinnehmen, aber wir müssen auch für innere Siege sorgen.
Nach meinem Standpunkt sind die wirklichen Veränderungen in uns ohnehin autogen. Sie kommen von allein, wenn WIR die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. (z.B. durch Therapie und sicher auch durch verstandesmäßige Einsichten). Die Seele -was immer das auch sein mag - lässt soviel zu, wie wir (er)tragen können; ohne diese Sicherung würden wir schlicht durchknallen.

Thomas und ich waren uns in einem anderen Thread sehr einig, dass ausgeprägte Intelligenz, -vielleicht sogar auch ausgeprägtes (Kopf)Wissen- der Heilung einer Depression und/oder psychischen Instabilität eher entgegensteht.

Oder, wie ein deutscher Literaturnobelpreisträger vor einigen Jahrzehnten sagte:
"Wir haben erfahren, dass wir unseren Verstand zu den erstaunlichsten Dingen kultivieren können; aber werden wir deswegen unserer Seele Herr?"

Einen wunderbaren Sonntag für Euch alle!
Andreas
Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Clown »

Das nehme ich jetzt als Wort zum Sonntag, danke Andreas!

Schön, dass du so dranbleibst, bist auch ein bisschen Vorbild für mich.

Lieben Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von deary »

Liebe Petra, liebe Kroki!

ich kann Eure Fragen sehr gut nachvollziehen,
bin auch so ein totaler Kopfmensch, jemand der in der Berufsschule lauter 1´sen schreibt und dann im Unternehmen in der Praxis feststellt, ui, hier muß man ja mit ganz anderen Waffen kämpfen...

Aber diese Einsichten, die hier zu Tage treten, (OK; wenn auch in der Theorie) helfen mir SEHR. So verliere ich die ANGST, wenn ich zb. Panik in mir aufwallen spüre, dann weiß ich, was in meinem Körper abläuft und brauche das nicht als bedrohlich emfpinden.

Meine Psychotherapeutin verbrachte auch die ersten Stunden unserer Therapie mit "Theorie", d. h. sie erklärte mir an einem Flip-Chart stehend mit Folien usw., was zb. im Körper vor sich geht,wenn ich weiche Knie bekomme, das Gefühl habe (-Vor Angst-) nicht mehr klar denken zu können, und eben alle Sypmtome einer Panikattacke.

Auch über den berühmten Teufelskreis der Angst klärte sie mich auf.
Was in meinem Körper abläuft, wenn der Serotonin-Haushalt gestört ist , was mit Noradrenalin ist, was im Hypothalamus, im präfortalen Cortex usw.abläuft ,das wußte ich schon aus Fachbüchern, und wer hier nicht???

Mir hat das Wissen sehr geholfen, Panikattacken habe ich schon seit fast 1 Jahr nicht mehr gehabt.

Die Umsetzung in der Praxis wird bei mir- ganz grob und ganz einfach ausgedrückt- vor allem durch ANGST verhindert.

Man wüßte in der und der Situation schon, wie es jetzt lehrbuchmäßg richtig wäre zu reagieren, aber KANN man es auch???
Kann man negative Gefühle durch positive ersetzten, kann man sich freundlich aber bestimmt durchsetzten, wenn der Chef einen ungerechtfertigt "zusammenfaltet"...

All diese Alltagsdinge muß ich täglich üben, ich schreibe mir die Dinge auf, die ich geschafft habe, und die noch im argen liegen.
Dann mache ich mir selber "Risikoübungen" ,kontrolliere mich jetzt zunehmend selbst oder -wie früher -meine Therapeutin kontrolliert mich.

Ich selber habe schon festgestellt, dass es mir dadurch besser geht.

Risikoübungen können ganz klein anfangen, nach einer schweren Depression ist es sicher ein Risiko, allein einkaufen zu gehn....
So wird das immer weiter gesteigert, bis zb. zu dem Risiko, einen Vortrag vor einer Gruppe von Kollegen oä. zu halten.

Für mich ein ganz wichtiger Aspekt , um die Angst ENDLICH!!! in ihre Schranken zu weisen und der Angst ihre normale Funktion zurückzugeben.

Ich konnte dieses schwierige Thema hier nur anreißen, weil ich jetzt gleich weg muß, hoffe aber, dass ihr doch (ein bißchen) was damit anfangen könnt ....

Schönen Sonntag auch von mir.
Liebe Grüße

deary
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von deary »

Hallo Petra, hallo Kroki, hallo Mitleser!

P.S:

Noch ein Nachtrag, um es vielleicht deutlicher zu machen, über die zwei manchmal sich umschlingenden , manchmal jedoch miteinander kämpfenden Gedanken und Gefühle...

ein Beispiel:
Wenn man es gewohnt ist , hier in Deutschland Auto zu fahren, wird man in England sicher umdenken müssen:

Wir wissen (GEDANKEN!!!), dass es richtig ist, in England links zu fahren. Anderereits haben wir aber die erste Zeit ein "dummes und ungutes GEFÜHL (!!!), auf der falschen Straßenseite zu fahren. Wir waren es schon so lange gewohnt, rechts zu fahren, dass es uns nun unnatürlich vorkommt , gerade das Gegenteil davon zu tun.
Die erste Zeit hat man ständig den Drang, rechts zu fahren, obwohl der Verstand sagt, dass es falsch wäre...

Wie verhält man sich in so einer Situation? Man hört auf seinen VERSTAND , der einem sagt, dass man in England links fährt und IGNORIERT das ungute Gefühl-

Je länger man das tut, desto sicherer wird man.
Mit der Zeit wird es ganz normal . Man hat umgelernt,...

So ist es auch mit anderen eingefahrenen negativen Denkgewohnheiten, die wir ablegen wollen.
Vom Verstand her wissen wir, dass es uns nicht hilft, wenn wir uns etwas einreden, dass nicht mit den Tatsachen übereinstimmt. Wir wissen , dass wir uns damit nur schaden.
Andererseits haben wir immernoch das ungute und negative Gefühl, dass uns zu sagen scheint, wir haben allen Grund, ängstlich , deprimiert oder was auch immer zu sein.

Genau wie in England kommt es nun darauf an, dass wir uns genau an das halten, von dem wir wissen dass es stimmt, und dass wir unser GEFÜHL (kurzzeitig!) IGNORIEREN!!!!
Es ist lediglich ein Signal für alte Gedanken.
Wir müssen es jedes Mal ignorieren, wenn es auftaucht und uns entsprechend der neu gewonnenen Erkenntnis verhalten.

Wenn wir das oft und lange genug tun, dann werden wir zu der neuen Art des DENKENS auch die entsprechend GUTEN GEFÜHLE bekommen.
Die GEFÜHLE ändern sich zuletzt!!!!!
Zuerst muß man die Art des Denkens ändern.
Es ist dabei normal (sagt auch meine Therapeutin), dass man sich zunächst dabei so vorkommt, als ob man sich etwas vormacht oder schauspielert. Dieses Gefühl wird mit der Zeit aber verschwinden....

So habe ich es immer wieder versucht hinzukriegen, und mehr und mehr klappt es,
Rückschritte, in großem und kleinem Maße eingeschlossen...

einen schönen Sonntag noch

so long
deary
Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Clown »

Noch ein Wort zum Sonntag, klasse, Deary, my dear!

dankbare Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Liebe Deary,

Die GEFÜHLE ändern sich zuletzt!!!!!
Zuerst muß man die Art des Denkens ändern.


Da sagst du etwas zweifellos Wahres! Und es ist ganz einfach zu begründen durch Beobachtung. Wir können jederzeit einen Gedanken fassen und uns in etwas hineindenken. Wir können aber nicht auf die gleiche Weise ein Gefühl in uns erzeugen- da bleiben wir viel stärker die Reagierenden als beim Denken. Wenn wir auch Fühlen und Denken als 2 unterschiedliche Instanzen in uns wahrnehmen, sind doch beide miteinander verwoben. Emotion löst Gedanken aus, aber auf eine mehr automatische Weise, indem dem Gefühl zwangsläufig eine Gedankenkette folgt. Jeder kennt das ja von sich. Jemand ärgert mich und schon denke ich Gedanken, die sich um Verletztsein, "Zurückschlagen", um Wut und andere aufwühlende Dinge drehen, die allesamt vollkommen nutzlos sind und mich nicht 1 mm voranbringen. Die Gefühle scheinen eine größere Selbständigkeit zu haben, sie sind nicht so leicht zu kontrollieren wie Gedanken.

Aber auch Gedanken können Gefühle auslösen und beeinflussen, allerdings meist nicht unmittelbar, sondern als zeitversetzter Prozess oder besser gesagt als ordnende Kraft gegenüber dem Gefühl.

Wenn man das einmal verstanden und erlebt hat, wird der Gedanke zu einem mächtigen Instrument. Und es ist wirklich möglich, in einer Situation, die sich irgendwie mechanisch immer wieder ergibt und die mit starken Gefühlen verbunden ist - ein Gefühl von Ärger oder Verletztheit z.B. - durch einen Gedanken das automatische Gefühlsgeschehen zu unterbrechen. Es wird immer wieder eingewendet, dass dadurch angeblich eine "Verkopfung" droht und das nichts anderes sei als das Unterdrücken von Gefühlen. Dieser Einwand beruht aber auf einer falschen Beobachtung, die einen unfreiwilligen Schwerpunkt im Denken, verbunden mit einer gehemmten Gefühlswelt, mit einer gewollten Begrenzung und Kontrolle von Gefühl verwechselt. Jeder, der sich darüber im Klaren ist, was für furchtbare Dinge unkontrollierte Gefühle anrichten können, kann nicht daran zweifeln, dass ein reifer Mensch über Möglichkeiten verfügen muss, sich der Macht seiner Gefühle zu entziehen. Und diese Möglichkeit liegt im Denken.

Genau wie in England kommt es nun darauf an, dass wir uns genau an das halten, von dem wir wissen dass es stimmt, und dass wir unser GEFÜHL (kurzzeitig!) IGNORIEREN!!!!
Es ist lediglich ein Signal für alte Gedanken.
Wir müssen es jedes Mal ignorieren, wenn es auftaucht und uns entsprechend der neu gewonnenen Erkenntnis verhalten.

Auch hier 100%ige Zustimmung! Da möchte ich noch einen Gedanken anfügen. Damit das Ignorieren schlechter Gefühle möglich wird müssen wir es dahin bringen, uns selbst gegenüber ständig aufmerksam (bewusst) zu sein. Denn schlechte Gefühle haben eine sehr unangenehme Eigenart, die darin besteht, dass sie uns regelrecht überschwemmen und uns zwingen, uns mit ihnen zu identifizieren. Sowohl Fühlen als auch Denken sind dann völlig unter dem Einfluss des negativen Gefühls- wir SIND dann das schlechte Gefühl. Mit ausreichender Aufmerksamkeit können wir aber erkennen, wann sich diese Situation anbahnt so a la "Achtung, gleich werde ich mich ärgern!" und mit einem Stop-Gedanken die Ausbreitung verhindern. Das ist eine gewisse Anstrengung, aber genau diese Anstrengung gibt uns ein Stück Macht über uns selber. Deshalb gehört für mich zum Thema seelische Gesundheit unbedingt das Training von Selbst-Aufmerksamkeit dazu.

Es gab hier mal eine sehr interessante Diskussion über negative Gefühle, vielleicht kann das jemand finden, sonst schaue ich später mal danach. Aber jetzt muss ich kochen (Nicht ärgern, Thomas!)




Herzliche Sonntagsgrüße!

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Caroline1 »

Lieber Andreas

Ein Satz von dir stach mir doch jetzt sofort ins Auge, nämlich "Thomas und ich waren uns in einem anderen Thread sehr einig, dass ausgeprägte Intelligenz, -vielleicht sogar auch ausgeprägtes (Kopf)Wissen- der Heilung einer Depression und/oder psychischen Instabilität eher entgegensteht."

Glaubst du das wirklich? Ich sehe es eher umgekehrt. Ich habe leider jetzt keine Zeit, näher darauf einzugehen, vielleicht ergibt sich demnächst aber eine Gelegenheit, diese Frage näher zu beleuchten.

Dir und allen andern Egoisten einen rutschfreien Sonntag

Caroline
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

.

Beitrag von Kroki »

Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Clown »

Danke, Kroki, für die Links!

Thomas schreibt in 'Du bist die Depri...', dass Heilung (er spricht von erfolgreichen Therapien) mit dem Einsetzen der Selbstwahrnehmung zu tun hat.

Deary, mich tät interessieren, wie es dir inzwischen mit deinem Anfangsproblem geht? Was macht der Vorwurf, du seist egoistisch, nun mit dir, im Vergleich zu vorher?

Erwartungsvolle Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

Kroki: Danke für den alten "Schatz"! Stimmt genau.

>Glaubst du das wirklich?

Ja, Caroline, ganz und gar. Ich bin nicht religiös im kirchlichen Sinne, aber ich darf trotzdem einen Satz zitieren: Denn selig sind die geistig Armen...
Wenn ich hier im Forum lese, dann bekomme ich oft den Eindruck einer Versammlung hochkomplexer Wesen... (ich meine das sehr respektvoll) Allein dieser Thread, den Deary ( ) angestoßen hat, birgt nach meinem Empfinden ungeheure Potenz. Diese Kraft resultiert zum einen aus einem großen kollektiven Erfahrungsschatz (erlebt Ihr das hier eigentlich auch so mit so einem starken Zugehörigkeitsgefühl?) und sie resultiert auch aus einer Menge Intelligenz. Das wird wohl kaum jemand ernsthaft bestreiten. Und alle haben mit Angst und Depression zu tun....
Zufall? Ich glaube nicht!
Vielleicht ist es heilsam, sich manchmal keinen "Kopp zu machen"....
Nochwas: Wissen und Intelligenz speist auch die inneren Abwehrraketen, die den Erfolg einer Therapie durchaus gefährden können. Es ist nicht der Intellekt, der erkrankt zum Behandler geht, es ist das Gefühlsleben.

Wie hieß es so schön über den schizophrenen Wirtschaftprofessor Nash in "a beautiful Mind": "meine Mutter sagte immer zu mir, ich hätte zwar 2 Gehirne mitbekommen, aber nur ein halbes Herz...."

Tja, mehr weiß ich jetzt auch nicht außer herzlichen Grüßen an Euch alle!
Andreas
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

>Schön, dass du so dranbleibst, bist auch ein bisschen Vorbild für mich.

Du auch für mich, Clownie, weil ich weiß, dass Du mit Deinen klugen, kurzen Botschaften auf mich aufpasst und ich bin ein bißchen traurig, dass wir noch keinen weiteren Kontakt haben konnten.
Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Clown »

Andreas, komm doch mal in Data's chat, so richtig Blödsinn reden ist oft das Beste

Forums-Chat: http://people.freenet.de/cmdr.data/chat/


Und stell mich bitte nicht auf ein Podest, da zieht's nur und das Herunterfallen ist so schmerzhaft.

Ich passe auf gar niemanden auf, außer auf mich selbst!

Verkopfte Grüße
Clown...iiiieeeeeeee
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von DYS- »

Hallo Andreas

Ich zähle mich nun weniger zu den hochkomplexen Wesen. Habe arge Schwierigkeiten die Texte zu lesen, geschweige ordentlich zu antworten. (War mal anders). Der Zeit-Artikel reizt mich enorm, begreife ihn aber einfach nicht. *schäm*. Also Intelligenz steht meiner Heilung nicht im Wege. Mir fällt so wahnsinnig viel zu den Themen ein, ich bekomme es einfach nicht „auf Papier“. Und würde so gerne mitdiskutieren.
Den Bibeltext, den du zitiertest, stammt aus der Bergpredigt und lautet: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. Damit ist aber nicht die mangelnde Intelligenz gemeint.
Liebe Grüße
Dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von deary »

Lieber /liebe Clown,

Auf gar niemanden achten außer auf Dich selbst????

Das klingt in meinen z. zt sehr aufgerichteten (Hasen)ohren (hihi ) sehr sehr traurig.....

Auf jemanden (anderen) aufpassen, das ist etwas sehr Schönes, womit wir wieder beim Thema dieses Threads wären....

Zu Deiner anderen Frage, lieber später, das ist nämlich eine sehr gute Frage!!!! (wie ich finde!)
( ich habe das Gefühl, wir haben uns zwar ausführlich auf das Thema zubewegt, erstmal kreisend, wirbelnd, auf direktem Wege und dann auch wieder sehr umständlich & vorsichtig, haben uns mehr und mehr - auch kontrovers- an das Thema herangetastet...von allen Seiten umschlichen, aber irgendwie fehlt mir noch was, leider weiß ich jetzt so spontan nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber es hängt mit meinem Eingangsposting und dem ursprünglichen Gefühl zusammen, das ich beim Eröffnen dieser Fragestellung hatte...)

Und ich könnte wetten, Clownie, Du bist bereit, mir diese Zeit noch zuzugestehen....

liebe Grüße
deary

P.S. Bin auch eine "Chatterin", vielleicht sehn wir uns da ja mal , wär schön
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Zur Intelligenz:

Da glaube ich sowohl an ihre Hinderlichkeit beim Lösen innerer Konflikte als auch an ihre unbestreitbaren Vorteile dabei. Ersteres weil, wie Andreas trefflich bemerkte <em> "Wissen und Intelligenz speist auch die inneren Abwehrraketen, die den Erfolg einer Therapie durchaus gefährden können." </em> Intelligente Menschen kommen vielleicht nicht so schnell ans Eingemachte, weil sie mehr Möglichkeiten haben sich zu maskieren.

Aber andererseits bietet sie ja auch ein höheres Potential im Erkenntnisbereich, also beim denkenden Verstehen, das ich nicht unterbewerten würde. Und letzten Endes nützt auch die Vorstellung gar nichts, wie es wäre, wenn ich nicht der wäre, der ich bin- also weniger oder mehr intelligent. Das Problem muss mit den Voraussetzungen angegangen werden, die da sind. Und jeder Mensch trägt solche Fähigkeiten in sich, genau mit dem heil zu werden, was er hat und ist. Deshalb hat jeder andere Wege.

@Clown
Zieh doch nen Schal an auf dem Sockel und leg unten Matratzen hin! Siehste, es geht. Bist nur zu schamisch, um Lob anzunehmen, das ist es


@ Dys
Wenn du nicht klar formulieren kannst, dann stammele doch einfach. Hier sind genügend Menschen, die auch zwischen den Zeilen lesen können. Aber schämen darfst dich halt nicht.

Grüße

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Antworten