Herz ausschütten

Aurelia Belinda
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Aurelia Belinda »

Lieber Peter,
Eine bewegende Geschichte von dir.
Hat bei mir wieder mal einen "Gänsehaut Moment" ausgelöst...
Das Gänseblümchen betrachten löst eine Gänsehaut aus, wie schööon :)

Dankeschön auch an euch anderen alle. Sind wirklich lesenswerte Beiträge...

LG Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
AnnaD
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Noch mal ein paar Beiträge zurück zu Todeswunsch als Kind.
Liebe Aurelia,
lieber Winfried
lieber Peter,
danke für eure Beiträge.
Das Kind fühlt sich verstanden und getröstet.

Seither gehen mir viele Gedanken im Kopf herum.
Was muss passieren, damit ein 8/9 jähriges Kind nicht mehr leben will?
Klar, meine Eltern hatten keinerlei Elternqualitäten.
Doch, um es mal salopp auszudrücken: es gibt Schlimmeres was einem Kind in seinem Zuhause zustoßen kann.

Warum war ich so verzweifelt und unglücklich?
War ich schon als so junges Kind depressiv??????
Das scheint mir immer wahrscheinlicher.

Kann man depressiv geboren werden?????

Meine Eltern waren beide traumatisiert durch ihre Kriegserlebnisse.
Wie die meisten Eltern der Menschen meiner Generation (geb. 1955).
Haben die alle depressive Kinder hervorgebracht?
Alle meine Geschwister sind ebenfalls von Depression betroffen.

Oder lag die Krankheit schon immer in meiner Familie?

Mein analytischer Verstand möchte darauf Antworten, damit sich die Gedanken wieder ordnen.
Wieder einen Ort finden.

Peter, wie war das bei dir?
Konntest du sagen, warum du nicht mehr Leben wolltest?
Deine Mutter hat immerhin reagiert, auch wenn es nicht zum Erfolg geführt hat.
Ich habe niemandem auch nur irgendetwas erzählt, was in mir vor ging. Niemals.

Irgendwie bin ich ganz aufgewühlt.

LG Anna

PS: mein Sohn hat die Gänseblümchen heute wieder abgemäht.
Sie kommen aber immer wieder.
Allegretto
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Allegretto »

.
Zuletzt geändert von Allegretto am 28. Sep 2023, 14:09, insgesamt 1-mal geändert.
AnnaD
Beiträge: 163
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo Allegretto,
das Buch habe ich gelesen und vieles, was die Betroffenen da schildern, kam mir sehr bekannt vor.
Die totale emotionale Abwesenheit meines Vaters, zum Beispiel.
Außer wenn er seine Wutausbrüche hatte.

Ich glaube, ich war ein sehr empfindsames Kind und habe alle negativen Strömungen und Unterströmungen aufgesogen wie ein Schwamm. Und war damit dann alleine.

Trotzdem:
In vielen Familien gab es viel mehr körperliche Gewalt, Alkoholismus, sexuelle Übergriffe, Tod von Elternteilen oder Geschwistern, Scheidung und Stiefväter.

Ich kann mich in ein kleines Wesen hineinversetzen, das versuchte mit der Tapete zu verschmelzen, mit großen Augen beobachtete und nichts verstand.
Das Nicht-Verstehen macht mich bis heute oft kribbelig.
Als könnte ich alles ändern, wenn ich es nur endlich verstehen würde.

LG Anna
Sunshine5678
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Sunshine5678 »

Liebe AnnaD,

Auch ich wollte als Kind nicht mehr aufwachen und ich wurde nicht verprügelt, misshandelt o.ä.
Bei mir ist es die nicht erhaltene Liebe meiner Eltern das mich so geprägt. In meiner Therapie habe ich gelernt, dass dies sehr wohl schlimm war und ist.
Hast du mal mit deinen Geschwistern gesprochen war sie von ihrer Depressionen halten?
LG Claudia
:hello:
Sanne-
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Sanne- »

Hallo Peter, danke für deine kleine Geschichte. Sie hat mich zum lächeln gebracht, wie dich das Gänseblümchen :) ich finde es auch wirklich sehr schön, wie aufmerksam dein Arzt in der Klinik war... hier gibt es ja auch eine Gruppe zu dem Thema "3 gute Dinge am Tag" oder ähnlich... das passt, finde ich, auch zu deiner Geschichte... das nutze ich gerne ab und an und es hilft mir tatsächlich :) damals fiel es dir bestimmt noch schwer dich selbst zu loben, oder? Mir fällt es manchmal schwer... aber ich denke ich werde es versuchen... ist auf jeden Fall mal eine andere Denkweise als meine bisherige :D
Liebe Anna,
Ich hatte in der Kindheit ähnliche Gedanken und in meiner Familie leiden viele Menschen an psychischen Erkrankungen... ich würde tatsächlich vermuten, dass es genetisch bedingt ist... vielleicht hattest du auch wenig Möglichkeiten um Schutzfaktoren aufzubauen, weshalb solche Gedanken und Wünsche früh ein Teil von dir waren... aber ich kenn diese Gedanken "so schlimm war meine Kindheit auch nicht"... aber leicht war es ja auch nicht und mit der möglicherweise genetischen Veranlagung... naja, deshalb würde ich dir in deinen Ideen dazu weitestgehend zustimmen... habe ähnliche Ideen...
Liebe Grüße
malu60
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Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

Guten morgen Zusammen,liebe Leute hier :hello:
Seit gestern ist das Thema Elterhaus (auch 55 geboren)wieder sehr belastend,traurig.
Meine Eltern 20 geboren sind lange verstorben (Mutter schon 40 Jahre.)
Heute würde man sagen dysfunktionale Familie,oder toxisch.

Ich war wohl auch schon als Kind depressiv,mit Trauma in einer großen Familie
mutterseelen allein.Durch Therapie weiß ich,meine Eltern wußten es nicht besser.
Früher liefen die Kinder nebenbei,nicht gewünscht,kamen einfach,es waren 5,ich als Mädchen eher still.Es gab einen älteren Bruder,der mir sehr zugesetzt hat und von ihm ist mir auch
viel geblieben....z.B.dicker fetter Panzer,Büffel...äußerlich war immer etwas falsch an mir.

Die Mutter ließ ihn,gerade bei Tisch einfach gewähren.Kontakt ist seit 40 Jahren nicht
mehr.Was ich hier lese,kenne ich gut.Das Gefühl nicht richtig zu sein,Blicke falsch
interpretieren,deuten,dass ich wieder nicht"normal" bin,beobachtet werden ist sehr
schwer abzustellen,wie ihr ja auch schreibt....aber es geht mit VT zuletzt,ebenfalls
ein jüngerer Therapeut konnte mich da weiter bringen auf dem Weg zur Selbstliebe.

Den Eltern und den Brüdern kann ich verzeihen,auch ohne Kontakt geht das.Es hatte alles garnix mit mir zu tun.....ich war weder dick...komich schon,weil mir "böses" angetan wurde und
ich nicht drüber sprechen konnte über 10 Jahre.Trotzdem haben wohl auch die Geschwister
Schaden genommen.Die Eltern waren zu sehr mit sich beschäftigt,schauten weg.
Ich wurde immer stiller und hab nur noch gelesen und gelernt,dies fanden die Geschwister
auch nicht gut.Da bekam ich wenigstens etwas Lob,blöd war,dass ich den Brüdern immer
als die kluge,fleißige presentiert wurde...auch nicht gut für Geschwisterliebe....

Das ist aber vorbei,nicht rückgänig zu machen.Mit den Brüdern hab ichs versucht.

Aber einmal krank immer die Kranke.Mit 17Jahren kam ich dann in die Geschlossene für
4 Monate...ein Horror Anfang der 70ziger...Ausbildung weg und was noch schlimmer war
wieder zu hause wohnen müssen...lernte Krankenschwester lebte im Wohnheim vorher.

Ich habe mich beruflich schnell wieder aus dem Milieu rausgearbeitet und dann wurde ich
Mutter mit 20Jahre hatte einen Hausmann und alles wurde besser...auch die Trennung nach
7 Jahren war folgerichtig und der weitere Weg war gut.
Bei Überforderung,die ich lange nicht bemerkte kam dann aber auch Mitte 40J ein Zusammenbruch...wieder ausgemuster,diesmal FrühPension.

Im Rückblick versteh ich meinen Weg und bin stolz darauf nie mehr eine geschlossene Station
von innen sehen zu müssen.Aber viel Therapie-Formen und auch gute Kliniken nun Ergo
unterstützten mich.....ohne geht es nicht....Gut ist und war,dass ich nie an Selbstmord dachte G.s.D.und hab meine Fröhlichkeit,woher auch immer,nie verloren,verstehe Menschen und ihre Probleme und kann zuhören.....etwas Gutes aus all dem Mist.....

Gestern beim Schwimmen wurde ich aber wieder sehr traurig.

Viele Väter sind da mit ihren Kleinen im Schwimmbad gewesen.Wie lieb heute Väter
(klar nicht Alle) mit den Kindern umgehen.Der Papa angehimmelt wird vertrauensvoll
sie ins Leben schwimmen lernen,ja sowas hab ich nie erfahren,auch nicht durch die Mutter.
Es war eine andere Zeit,aber trotzdem tut es weh.Ich hab auch Elternhäuser kennen
gelernt,wo es damals gut lief mit liebevoller Unterstützung.Ich bin dadurch Selbst-ständig geworden,auch nie finanziel unterstützt worden.....hab echt Rechnen und Eigenverantwortung gelernt......Froh bin ich,dass ich meinen Sohn lieben kann,auch nicht selbstverständlich,wenn man sich selbst nicht liebt und nie geliebt wurde seitens der Eltern.

Bestimmt gab es aber eine Kraftquelle und später immer auch ältere, tolle Frauen auf meinem Weg.Eine Beziehungsunfähigkeit zieht sich aber dennoch durchs Leben.Nach ein paarJahren scheiterten mehrere Liebesbeziehungen....Nähe war immer schwierig.....habs aber versucht,
man sucht sich ja auch die Partner dannach aus.

Danke,dass ich mir das heute mal wieder von der Seele schreiben konnte."Herz ausschütten"

Ich starte jetzt dennoch in den Sonntag,es kommt eine Freundin mit Ihren Hunden,sie fährt eine Stunde bis zu mir....kommt gerne und öfter auch,weil ich es Ihr wohl wert bin! L.G.Malu
Leben ist mehr
AnnaD
Beiträge: 163
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo ihr Lieben.
Es ist schön eure Beiträge zu lesen.
Und traurig, dass auch einige als Kinder nicht wirklich leben wollten.

Ich bin noch mal "in mich gegangen" heute.
Meine Geschichte ist eine Verkettung unglücklicher Umstände.
- eine starke genetische Veranlagung zur Depression
- traumatisierte Eltern
- totale emotionale Vernachlässigung
- hoch sensibel
- keine Verwandten oder Nachbarn, die was hätten auffangen können

Da kann man froh sein, dass nichts Schlimmeres dabei herauskam.
Ein Therapeut sagte mal über meine Kindheitserfahrungen:
ein Wunder dass keines von euch Geschwistern schizophren geworden ist.

Im Grunde waren wir 6 einsame Menschen.

Diese Familie stelle ich mir immer folgendermaßen vor:
In einem großen Raum stehen 6 Stühle. Ansonsten ist der Raum leer.
Die Stühle sind wahllos im Raum verteilt und die Sitzflächen zeigen in alle möglichen Richtungen.
Nur nicht zu einander.
Jeder war so mit sich beschäftigt, dass er das Elend der anderen gar nicht gesehen hat.

Die Eltern haben nicht auf unsere Bedürfnisse reagiert, weil sie diese vermutlich nicht wahrgenommen haben.
Erwachsene haben Sorgen, Ängste, Krankheiten, Nöte, usw.
Aber Kinder doch nicht.
Wenn ich mich über Kopfschmerzen beklagte, sage meine Mutter:
Kinder haben keine Kopfschmerzen!!!!
Wie hätte ich da von meinen düsteren Gedanken und Gefühlen sprechen können?

Liebe malu,
auch ne Sch..... Kindheit.
Danke für deinen Post.

Ich weiß nicht, wie es mit Menschen ist, da mal eine depressive Episode haben.
Bei uns Langzeitbetroffenen scheint es wohl doch meistens in der Kindheit begonnen zu haben.
Die Einsamkeit, das Gefühl des anders sein, das ungenügend sein. Und was sonst noch dazu kommt.
All das führt ja dazu, dass es schon in Kindheit und Jugend schwerer ist.
Ich habe, obwohl sehr intelligent und in frühen Jahren immer eine gute Schülerin, den Realschulabschluss auch mehr schlecht als recht geschafft.
Habe eine Berufsausbildung gemacht, war nie finanziell abhängig von irgendwem.
Mein Sohn scheint mit dem Leben gut klar zu kommen.
Nach außen also alles prima.
Aber eben nur nach außen .......

Schönen Abend an alle
Anna
Peter1
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Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Sicher weiß ich, wo die bösen Gedanken ihren Ursprung hatten, wie ich auch jetzt, nach der Therapie genau den Augenblick kenne, in dem meine Depressionen entstanden. Beides habe ich mit meiner Thera und dem Stationsarzt in der Klinik heraus gefunden.
Meine Depressionen wurden 1957 ausgelöst, als ich zweieinhalb Jahre alt war. Meine Mammi brachte mich zum Gesundheitsamt. Dort nahm mich eine fremde Frau aus ihren Armen, und brachte mich in einen Bus, der mich gefühlt, bis ans andere Ende der Welt brachte. Ich muss dazu sagen, das ich vorher nie für längere Zeit von meiner Mammi getrennt war. Mir kommt es auch jetzt noch so vor, als hätte ich das halbe Jahr, in Bondorf, im Schwarzwald, nur geweint. Die anderen Kinder, meist älter als ich, bezeichneten mich als Heulsuse, Schlappschwanz, Memme. Die Erzieherinnen, eigentlich dazu da, um so etwas zu verhindern, machten fleißig mit.
Nach dem Mittagessen sollte ich ein Medikament mit Namen Paas einnehmen. Am dritten oder vierten Tag weigerte ich mich, worauf hin mich zwei der Frauen festhielten, und die dritte mir das Medikament in den Mund schüttete, und diesen dann zu hielt, bis ich geschluckt hatte. Es war vergebene "Liebesmüh ". Kaum hatten sie mich los gelassen, schoss das Medikament, mit dem ganzen Essen über den Tisch.
Als ich wieder nach Hause fuhr, war ich der einzige im Bus, der sich nicht freute. Meine Eltern hatten mich weg geschickt, und meine Schwester, Papas Liebling, durfte zu Hause bleiben. Die ganze Zeit ging nur eine Frage durch den Kopf,"Haben die mich nicht mehr lieb "? Für mich, den kleinen drei jährigen Jungen war das schlimmer als ein Todes Urteil.
Als ich dann wieder daheim war, weinte ich jeden Morgen, weil ich dachte, Heute packt Mammi wieder den Koffer, und ich muss wieder weg. Der Mann meiner Mammi kam damit nicht klar, und reagierte, wie er es gelernt hatte, mit Gewalt. Der kleine Junge wollte nach kurzer Zeit nur noch sterben.
Tut mir leid, wenn es zu traurig ist, aber so war es nun mal.
Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
malu60
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

Guten morgen Ihr Lieben,
wir hatten wohl meist Pech mit unseren Erfahrungen in der Familie,die doch ein sicherer Hafen sein sollte,für jedes Kind,damit wir gut fürs Leben gerüstet sind,hätten wir mehrLiebe gebraucht.

Hat mich sehr bewegt,lieber Peter,was Du so früh durchleiden mußtest.Deine Mammi hat es gut
gemeint....aber...ein Horror in dem Alter....Ich glaube Du weißt aber,dass sie Dich liebte.Und Du konntest auch Frau/Kind lieben und dennoch erneutes Leid,wie ich las....schrecklich....

Nun ist heute und nach vielen Therapien,können wir die Kurve kriegen.

Liebe AnnaD,auch ich denke,dass es meinem Sohn gut geht,so wie Du es schreibst.
nach außen ein gelungenes Leben...machmal sorge ich mich trotzdem.....

Ob die kleinen Gänseblümchen,oder wie bei mir kleine Garten/Naturfreude,heute sorgen wir dafür,dass es uns gut geht.Die Depression,die uns hier zusammen führt wird immer mal wieder an die Tür klopfen......Wichtig,wir sind es nicht schuld,und haben es weit gebracht,selbst erkämpft.Kann uns Niemand nehmen,hat uns auch stark gemacht.

Nun schaue ich nach vorne,der Rest des Lebens soll gut werden.Kommt die Depression vorbei,zieht sie nicht mehr den Boden weg.Hilfe suchen,zum Psychiater,die Betreuung helfen uns schneller wieder raus aus dem tiefen Tal.Wenns sein soll,nehm ich auch wieder Medi,s,dass wird
auch helfen,oder mal aufdosieren,alles keine Schande,manchmal eben ein Stück Sicherheit.

Euch eine schöne Zeit,hier erwartet mich eine "heiße Woche",hab ich nicht so gern,was solls.
Gestern waren wir mit 2 Hunden im Wald,das war herrlich,so wie Peter es beschreibt.
Balsam für die Seele und Bewegung für meine "alten"Knochen.Liebe Grüße malu
Leben ist mehr
AnnaD
Beiträge: 163
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Lieber Peter,
vielen Dank für deine Antwort.
Ich bin voller Mitgefühl für diesen kleinen Jungen,
aber auch voller Zorn über die Erwachsenen.
Warum um alles in der Welt schickt man ein so kleines Kind für so lange fort?
Das ist mir unverständlich.
Du musst entsetzliche Angst gehabt habe, dass man dich jeder Zeit wieder weg schickt.

Wenn man mich so mit 8/9 Jahren gefragt hätte warum ich nicht leben will, ich glaube nicht, dass ich eine Antwort hätte geben können.
Und bis gestern war da auch nie ein besonderes Ereignis.
Doch auf deinen Post hin habe ich nochmal nachgedacht. Und es ist mir etwas eingefallen.
Etwas, das schon immer zu meinen Erinnerungen zählt, also nichts Verdrängtes.
Ich habe es nur nie in einen Zusammenhang mit Beginn der Depression gebracht.

Mein Vater (Förster) musste für eine orthopädische Operation lange Zeit in's Krankenhaus. In dieser Zeit wohnte ein junger, angehender Förster bei uns im Haus um ihn zu vertreten.
Damals muss ich ca. 5 Jahre alt gewesen sein.
Meine Schwester (9 Jahre) und ich haben diesen Mann vergöttert.
Er war FREUNDLICH.
Er spielte mit uns, wir wollten auf seinem Schoß sitzen. Meine Mutter musste ihn ständig vor uns schützen.
Und nicht nur wir Kinder waren begeistert, meine Mutter war viel gelöster, lachte auch mal und es gab keinen Streit und kein Geschrei.
Als mein Vater nach Hause kam, blieb der Mann noch eine Weile bei uns.
Mein Vater sollte wohl nicht merken, wie gut es uns mit diesem Mann gegangen war, so dass meine Mutter mir "in's Gewissen" redete:
ich dürfe diesen Mann nicht lieben, denn ich hätte ja einen Vater und den habe ich zu lieben. Doch vor meinem Vater hatte ich Angst. In seiner Nähe fühlte ich mich nie wohl. Das hat mich sehr verwirrt.
Die Zeit ohne ihn war das Paradies für mich. Zum ersten mal fühlte ich mich frei und sorglos. Glücklich.

Danach war mir klar, eine solche Zeit würde es nie wieder geben.
Ich glaube, dass ich damals in ein sehr großes Loch fiel.
Ich kann meine Freude mit diesem Mann fühlen, doch ich fühle nichts wenn ich mich in die Zeit danach zurückdenke.
Es ist gut möglich, dass das der Beginn der Depression war.
In einem Zuhause, das ja sowieso schon sehr schwierig gewesen ist.

Ich denke an all die unglücklichen Kinder hier in diesem Forum
und umarme sie gedanklich.

LG Anna
malu60
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

Ja,liebe AnnD,so empfand ich auch bei Peters Post,
Du hast es gut auf den Punkt gebracht.Peter ich fühlte auch den kleinen Jungen,schlimm.

Was Du über das "häßlich fühlen "schriebst,Vergleich mit Schwester,sie aber auch Vergleich mit Dir,ist doch traurig.Fotografiert werden hasse ich auch.Hab mir aber die Bilder angeschaut von früher.Auf manchen hatte ich traurige/leere Augen,aber häßlich,war ich auch nie,sind für mich andere Menschen sowieso nicht,nur ich...es wurde mir eingeredet vom Bruder,ich habs geglaubt.

Heute bin ich "wirklich" zu dick(auch durch AD,s)aber ich finde mich viel stimmiger,auch hübsch!

Was Du über den jungen Mann schreibst liest sich wie ein Roman.Das kann ich gut verstehen,dass danach "Depression" aufkommen kann,ist sehr wahrscheinlich der Grund.

Heute würd ich einen solchen Menschen als "Kraftfeld"sehen.Leider war dieses Glück Euch nicht lange zu Teil. Ganz liebe Grüße,danke für die Umarmung,zurück,malu
Leben ist mehr
Peter1
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
So hat jeder sein Päckchen zu tragen. Mein riesiges (gefühlt) Paket, aus meiner Vergangenheit, ist durch einige, liebe Menschen zu einem kleinen Briefumschlag geworden. Selbst wenn die Menschen, die mir das eingebrockt haben, jetzt vor mir stehen würden, könnte ich nichts mehr an meiner Vergangenheit ändern. Sie bleibt, wie sie war ! Aus diesem Grund habe ich die Vergangenheit hinter mir gelassen, weit, weit hinter mir.
In meinen Augen kann man einem Verstorbenen nichts schlimmeres antun, als ihn zu vergessen. Ich habe es noch nicht ganz geschafft, werde ich auch wohl niemals schaffen, aber meine Gedanken schweifen nicht mehr so oft zurück, und das ist gut so.
Heute denke ich eher an die schönen Stunden mit meiner Mammi und Beethovens Fidelio zurück. Ich saß dabei auf ihrem Schoss, und kuschelte mich ganz eng an sie. In diesen Momenten fühlte ich mich sicher, vor dem Rest der Welt. Auch wenn ich mit ihr und unserem Hund durch die Felder hinterm Haus lief, war ich ein fröhlicher Junge.
Warum konnte das Leben nicht immer so sein ?
Anna, halte die schöne Zeit mit dem Ersatz Förster in deinen Gedanken fest, dann ist für den Rest der Zeit kein Platz mehr in deinem Gehirn. Halte die schönen Wochen fest, dann werden irgendwann die anderen Jahre an Gewicht verlieren.
Malu, ich unterhalte mich auch heute noch manchmal mit meiner Mammi und Carola. Wenn das Gespräch beendet ist, weiß ich die Antworten auf meine Fragen, auch ohne Stimmen zu hören.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Sunshine5678
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Sunshine5678 »

Hallo Peter,
Auch mich haben deine Zeile sehr berührt und mich in meine Kindheit zurückversetzt.
Ich habe von Geburt vererbt eine arge Hüftfehlstellung zusammen mit einer nicht ausgewachsenen Hüftpfanne, heute leicht zu beheben.
In den 60er Jahren noch nicht und ich bin mit 18 Monaten für 1,5 Jahren in ein mit Nonnen begleitenden Krankenhaus gekommen und war die ganze Zeit in Gips. Meine Eltern durften nur einmal im Monat mich besuchen und da denke ich ist eine richtige Bindung nicht gewachsen.
Naja oder es war ein anderer Grund warum meine Eltern mir keine Liebe zeigen und geben konnten.
Ich bin noch nicht soweit wie du, arbeite aber in meiner Therapie daran.
LG Claudia
:hello:
HopeW
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von HopeW »

Mit Tränen in den Augen lese ich all eure Geschichten und beweine dabei auch mich selbst. Nein, ich weine natürlich nicht, so viel Disziplin muss sein :roll: Ohne diese von mir allein und so früh erlernte Disziplin wäre ich mit Pausch und Bogen untergegangen.

Doch, es ist nicht Disziplin, dass mir der Tod meiner Mutter vor wenigen Jahren bis heute, keine halbe Träne, kein feuchtes Auge herauslockt. Jeden Tag denke ich noch an sie, aber es nichts da, was eine schöne Erinnerung sein könnte, ein liebes Gefühl, gar ein Vermissen.
Weinen heißt auch - berührt sein. Es ist schlimm, dass da nichts an Bedauern ist.

Danke für eure Zeilen, ich werde viel nachdenken müssen bzw.dürfen. Vielleicht sollte ich mal um mich selbst weinen.

LG
Hope
Peter1
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo Hope
Du hast einen wundervollen Namen. Hoffnung ! Warum willst du um dich weinen ? Damit öffnest du der Depression Tür und Tor ! Wenn dir zum weinen zumute ist, lenke dich durch irgend etwas schönes ab. Ich höre dann gerne eine Oper, oder gehe mit meinem Hund im Wald spazieren. Jeder hat seine eigene Strategie, um sich den depressiven Gedanken zu entziehen, so wie auch jede Depression anders ist. Wir sind nun mal Individualisten. Also putz deine Tränen ab, und gönne dir was schönes.

Alles Gute und Schöne Peter
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AnnaD
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Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo.
In meiner Familie sind täglich viele kleine Dinge passiert. Nichts weltbewegendes.
Soooo schlimm war es ja gar nicht.

Das Zauberwort bei mir heißt "Beziehungsmangel".
Meine Eltern waren keine bösen Menschen, und mein Groll gegen sie ist Vergangenheit.
Doch es kommt mir vor, als hätte ich gerade soviel zu "Essen" bekommen, damit ich nicht verhungere.
(Ups. Warum kommt mir da ausgerechnet der Vergleich zum Essen? :? )

Für eine gesunde Entwicklung, war das wenige an Beziehung lange nicht genug.
Und da liegt wohl auch der Hund meiner Einsamkeit begraben.
Beziehung habe ich nicht gelernt. Habe nicht erfahren, wie sich das anfühlt.

Hope,
meine Mutter ist vor gut einem Jahr gestorben. Gesehen hatte ich sie schon viele Jahre nicht mehr. Mein Vater ist seit 1995 nicht mehr am Leben.
Auf beiden Beerdigungen habe ich nicht geweint. Auch meine Geschwister nicht.
Das was ich vermissen könnte, wären die Eltern, die ich nie hatte.
Meine tatsächlichen Eltern vermisse ich nicht. Da ist nichts was sie mir geben konnten.

Im Religionsunterricht lernte ich, dass alle Eltern ihre Kinder lieben. Und das natürlich auch alle Kinder ihre Eltern lieben (müssen).
Ich habe mich gefühlt wie ein Monster, weil ich für meine Eltern keine Zuneigung empfand.
Jedenfalls kann ich mich an keine Zeit erinnern, wo ich liebevolle Gefühle für meine Eltern hatte.
Und abends lag ich dann wach und wusste: ich würde ich die Hölle kommen. Das war sicher.

Seit ich mich mit beiden innerlich aussöhnen konnte, ist das Monster auch verschwunden. Aber es war sehr lange Teil meines Lebens.

Habt noch eine schönen Tag
LG Anna
DieNeue
Beiträge: 5831
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Herz ausschütten

Beitrag von DieNeue »

Hallo Peter,

warum sollte Hope nicht um sich weinen dürfen? Nur weil jemand weint, öffnet er nicht automatisch der Depression Tür und Tor. Weinen kann auch heilend sein und Gefühle wegzuschieben und zu unterdrücken kann auch eine Depression befördern.
Grade wenn man sich das so abtrainiert hat, nie weinen durfte, wieso sollte man damit genauso weitermachen und sich nicht mal erlauben, etwas zu betrauern und zu weinen?
Du fandest es selber so schlimm, wenn andere es nicht akzeptiert haben, wenn du geweint hast, warum akzeptierst du es bei ihr dann auch nicht?

Liebe Grüße,
DieNeue
Peter1
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Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Herz ausschütten

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Ich habe mich in meinem letzten Post vielleicht etwas ungeschickt ausgedrückt. Sicher ist es erlaubt zu weinen, wenn man traurig ist Ich habe Hope aber so verstanden, das sie um sich weinen will, um ihre verkorkste Kindheit und Jugend. Dieses weinen wäre bei der Bewältigung der Depressionen kontra produktiv.
Hope, konntest du heraus finden, warum deine Eltern so waren?
Ich kam mit den Ereignissen in meiner Kindheit besser zurecht, als ich heraus fand, das auch mein Vater eigentlich eher Opfer war, als Täter. Er wurde, bis er 16 Jahre alt war, von den Nazis erzogen. Aber auch das entschuldigt sein Verhalten meiner Mammi und mir gegenüber nicht, aber ich konnte den unbändigen Hass auf ihn begraben.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
malu60
Beiträge: 4143
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

Guten abend,
weinen ist bei mir auch so ein Thema,ich konnte als Kind nur leise unter der Decke weinen.
Bin fast dran erstickt,wollte mir Hilfe holen,bin aber wieder unter die Decke gekrochen
und leise mich in den Schlaf geweint.In einer Nichtbeziehung ist auch kein Vertrauen,ich habs versucht,wußte aber als kleines Kind schon,ich bin allein ohne Hilfe,alles wird übersehen.

So ist es auch bei mir so gekommen,dass,als ich meine Eltern konfrontierte und die Mutter weinte,der Vater tobte ich kalt und verschlossen blieb.Jede Hilfe war zu spät.Kälte,null Tränen
Wenn man Kindern nicht hilft,sie lange allein leiden läßt,nix merkt...werden sie einsam,auch kalt in meinem Fall.In solch einer Familie kann man nur verrückt werden sagte mal ein Behandler,es zeugt von Gesundheit,wenn man sich diesen Ausweg sucht....Es gibt auch oft das schwarze Schaf....trägt die Schuld an Geheimnissen und Abgründen der Family

Auch ich trauere nicht um tote Eltern,blieb einer Beerdigung fern,weil es einfach nicht gestimmt hat,sie waren keine Eltern für mich......haben mich nie beschützt.....
Später haben sie mich verraten,ich war weggesperrt und unter starken Medi,s,sie hätten nur erzählen müssen,was ich erleben mußte,man hätte mich besser behandeln können,Therapie?
Aber noch nichtmal das haben sie auf die Reihe gekriegt,aus Scham.Es kam auch nie zur Anzeige
was dem Kind sehr helfen könnte bei der Aufarbeitung.....nee,einfach nix...ich die Kranke...

Wenn man das Herz ausschüttet,und wenn die Kälte auftaut sind Tränen nötig um mein inneres Kind zu heilen,es endlich getröstet wird.....man erstickt sonst......Es gibt einen Grund,der weinen läßt.Unterdrückte Gefühle,dauernde Ablenkung oder Überspielen rächen sich.

Weinen hilft heilen.....wenn ich auf der Beerdigung nicht weinen kann,weil kein Gefühl da ist ,ist nötig,ans Aufarbeiten zu gehen,denn das ist zum weinen.Eine dicke Mauer mußte ich einreißen und mir und allen verzeihen lernen.Meine Eltern waren unglücklich und überfordert.Böse Absicht war nicht dahinter.Heute weiß ich,ich hab ihre Gene,mach viel im Garten wieVater,gleiche im Äußeren der Mutter.....duck mich auch gern weg,meide Auseinandersetzungen...man übernimmt auch "Schlechtes" von Ihnen.Sie sind meine Wurzeln,ob ich will oder nicht.Is so....

Da sie nicht für mich da waren,kann ich sie auch nicht vermissen,war ein Waisenkind.
Die Wunde ist fast verheilt,ein Wunsch nach Elternliebe bleibt .Wie schön,wenn Kinder die Eltern lieben dürfen und so Liebe und Vertrauen können im Leben.Guten abend malu
Leben ist mehr
AnnaD
Beiträge: 163
Registriert: 30. Mär 2014, 10:46

Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Hallo ihr Lieben.
Mit großem Interesse und Anteilnahme habe ich eure Beiträge gelesen.
Wie immer es auch gewesen ist:
wir waren starke Kinder.

Wir haben es alle bis hierher geschafft.

Das will ich ich nicht vergessen.

Habt einen schönen Tag

LG Anna
HopeW
Beiträge: 368
Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Herz ausschütten

Beitrag von HopeW »

Peter1 hat geschrieben:Hallo
... das sie um sich weinen will, um ihre verkorkste Kindheit und Jugend. Dieses weinen wäre bei der Bewältigung der Depressionen kontra produktiv....
Guten Morgen.

Ist dieses Weinen um sich selbst vielleicht eher ein Stück SICH-SELBST-ANNEHMEN ?

Ich sehe da die kleine, zarte Hope mit vielleicht 5 Jahren vor meinem inneren Auge und möchte sie umarmen und liebdrücken.
Ich kann sie sehen, verzweifelt, unglücklich, ihre kleinen Hände zittern. Ich nehme sie in den Arm und drücke sie lieb. Und habe Tränen in den Augen.

Tja und jetzt kommt der Punkt, den ich nicht verstehe.
Meine Eltern, hier die Mutter, verantwortlich zu machen für eigene Depressionen, ist mir zu einseitig. Ich bin gerne bereit zu verstehen, zu akzeptieren und zu respektieren, dass auch die Mutter Probleme hatte.

Kinder werden von den eigenen Eltern misshandelt und missbraucht. Das musste ich nicht erleben. Ich war nur irgendwie NICHT DA.
Oder doch DA, denn ich wurde ja versorgt.
Aber wir Menschen wollen ja auch anerkannt, geliebt und gefördert werden.

Wenn wir nicht erfahren und gelernt haben, dass man auch wichtig ist als Mensch, kommen die Probleme, hier die Depression. Ich habe mir früh, mit 18 etwa, externe Hilfe holen wollen. Bekommen habe ich sie nicht.
Heute vermute ich, dass ich längst gelernt hatte mein Inneres zu verbergen was noch heute zur Annahme führt, ich sei „normal“, was immer das auch ist.

Meine Schwäche erkennt man nicht. Jahrzehntelange Übung im Vertuschen haben zu Verhaltensweisen geführt, die auch heute nicht förderlich sind, um Empathie zu wecken. Jedenfalls nicht, wenn ich getriggert werde. Ich würde gerne lernen, mehr an mir ablaufen zu lassen. Weniger empfindlich zu sein.

LG in den Tag
von Hope
malu60
Beiträge: 4143
Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Herz ausschütten

Beitrag von malu60 »

So seh ich das auch,liebe AnnaD,

Hört sich blöd an der Spruch:

Was uns nicht umbringt,macht uns stark....is aber wahr

Es gibt wohl beides,überbehütet,verhätschelt,aber auch mit großen Erwartungen
verknüpft....Eltern sind auch nur Menschen,wenn man versteht
warum sie so sind wirds leichter
.Heute spricht man mit den Kindern auch
über seelisches,kriegen sie unterschwellig eh alles mit....sonst denken sie ,sie seien schuld

Gerade hatte ich einen tollen Kontakt mit meinem Sohn sehr herzlich,er ist frei und lebt sein Leben,darum bemühe ich mich auch....behellige ihn nur nachdem es hier keine Lösung gibt.
Dann hilft er gerne.....wir sind zu weit entfernt ohne Autos schlechter ÖPNV.L.G.malu
Leben ist mehr
DieNeue
Beiträge: 5831
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Herz ausschütten

Beitrag von DieNeue »

Hallo Peter,

ich verstehe trotzdem nicht so ganz, was du meinst.
Peter1 hat geschrieben: Sicher ist es erlaubt zu weinen, wenn man traurig ist
Peter1 hat geschrieben: Ich habe Hope aber so verstanden, das sie um sich weinen will, um ihre verkorkste Kindheit und Jugend. Dieses weinen wäre bei der Bewältigung der Depressionen kontra produktiv.
Wo ist denn da der Unterschied?

Liebe Grüße,
DieNeue
AnnaD
Beiträge: 163
Registriert: 30. Mär 2014, 10:46

Re: Herz ausschütten

Beitrag von AnnaD »

Die Beiträge hier in den letzten Tagen haben mich sehr zum Nachdenken angeregt.
Was für mich immer etwas Positives ist.
Raus aus der Erstarrung, auch gedanklich.
Und da bin ich gerade auf etwas gestoßen:
Wir (wir selbst, Therapeuten, andere Menschen) beschäftigen uns mit dem was unsere Eltern (und andere) negatives getan und positives unterlassen haben.
Doch mir ist der Gedanke gekommen, gibt es auch ein Trauma bezüglich der Dinge, die hätten geschehen können.

Dazu möchte ich euch gerne noch etwas erzählen. Keine Erinnerung. Eher ein flash back. Ich weiß nicht, ob es diese Szene wirklich gegeben hat.

Ich bin 4/5 Jahre alt. Ich weiß genau was ich anhabe. In einer Nische oder zw. zwei Möbeln kauere ich auf dem Boden, so klein wie möglich.
Mein Vater steht vor mir. Überlebensgroß. Schäumend vor Wut.
Er hat seine Hände vor sich, sie zittern, sind total angespannt.
Ich WEIß, er könnte mich töten!
An ihm vorbei sehe im Hintergrund meine Mutter mit angstvoll aufgerissenen Augen, die Hände vor dem Mund.
Sie wird mir nicht helfen.
Keine Ahnung was ich getan habe. Vermutlich etwas total harmloses, kindliches.

Vor meinem Vater hatte ich immer Angst.
Er hat uns geschlagen. Meine Schwester sehr viel häufiger als mich.
Doch ich bin mir ganz sicher, dass er mich nie als Baby oder ganz kleines Kind geschlagen hat.
Auch in der beschriebenen Szene ist anscheinend "nichts" passiert.

Außer der Tatsache, dass ich (für mich gefühlt) in Todesgefahr war.

Als ich das meiner Schwester erzählt habe, meinte sie, sie sei sich sicher gewesen, dass er sie eines Tages totschlagen würde.
Es gab keine Gewaltorgien bei uns, keine standardmäßigen Verprügelungen.
Doch die Wut, der Zorn, nur mühsam zurückgehalten, muss mir eine Todesangst eingeflößt haben.

Und ich kann diese Wut fühlen. Ich hatte sie auch in Bezug auf meinen Sohn.
Nie habe ich eine solche Wut gefühlt, als in Situationen wo er bockig war und ich total überfordert.
Ich kann dieses Gefühl nicht wirklich beschreiben, so stark ist es.

Ich bin so froh, dass hier darüber berichten darf.

LG Anna

PS: ich weine oft.
Wenn ich von etwas berührt bin. Auch im Fernsehen.
Wenn ich an das Kind denke, das ich war.
Und das finde ich so was von in Ordnung.
Immer!!!
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