@Sinnpflanze
riverflow hat geschrieben:
Ich glaube nicht, dass jeder, der seinen Partner liebt, auch sich selbst liebt.
Ich denke, somit wäre diese steile These recht schnell zu widerlegen.
Nein, wäre sie nicht.
Abhängigkeit und andere aus einer gefühlten Minderwertigkeit heraus erhöhen, ihnen damit eine Verantwortlichkeit zuzuschreiben, die sie auf Dauer vielleicht gar nicht tragen wollen oder können - das kann meines Erachtens keine Liebe sein. Weil es - langfristig - an den Bedürfnissen des so lebensnotwendigen Menschen vorbei geht.
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Doch! Mich ärgert der Absolutheitsanspruch dieser Aussage! Man braucht nur eine einzige Person zu finden, die nicht sich selbst, aber andere liebt und schon ist sie widerlegt.
Ich denke, viele Menschen haben eine Selbstwertproblematik und trotzdem werden die meisten von ihnen schon jemanden geliebt haben, die Eltern, einen Partner, die Kinder...
Ich würde diesen Menschen nicht unterstellen, sie könnten nicht lieben, weil sie sich nicht selbst lieben!
Ich denke, wer schon einmal Liebe erfahren hat, lernt wie Liebe aussieht und weiß somit auch, was Liebe ist.
Der berühmte Paartherapeut, Jürg Willi, hat ein Buch über die Psychologie der Liebe geschrieben. Er geht davon aus, dass sich Menschen in Paarbeziehungen entwickeln, sich gegenseitig fördern. Jeder hat ein bestimmtes Potential, das durch Interaktion mit dem Partner beantwortet werden soll und jeder hat ein "Valenzprofil", das die Bereitschaft auf eben dieses Potential zu antworten anzeigt. Je mehr Übereinstimmung, desto mehr Zufriedenheit.
Das heißt aber auch, dass es immer Bereiche gibt, in denen der eine den anderen, wenn gewünscht, fördern kann, so dass ein wahres Gleichgewicht nie vorhanden ist. Der eine kann das, der andere ist in einem anderen Bereich gut.Trotzdem kann es gelingen, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen, ohne diese gleich als Abhängigkeit zu bezeichnen.
Was wäre denn, wenn sich zwei Partner mit einer Selbstwertproblematik finden. Die sind doch auch auf (niedriger) Augenhöhe. Warum sollen die sich nicht lieben können?
Ich finde nicht, dass Selbstwert und Selbstliebe identisch sind. Wert ist etwas anderes als Liebe. Wert ist vielleicht eine einzelne Komponente von Liebe. Mit dem Begriff des Selbstwertes kann ich viel anfangen und ich kann Definitionen in Fachbüchern finden. Selbstliebe ist für mich ein eher trendiger Begriff, der gerne auch in der Eso-Szene verwendet wird. Ich finde Menschen etwas suspekt, oft auch aufgeblasen, die herumerzählen, wie sehr sie sich selbst lieben. Zum Glück hält mein Therapeut auch nicht viel von diesem "Liebe Dich selbst"-Kult (hab ihm mal erzählt, wie genervt ich davon bin und er hat mir zugestimmt).
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Peter1 hat geschrieben:
Wenn durch die Depressionen mein Selbst Wert Gefühl sinkt, kann (darf) ich auch keine Gefühle mehr zeigen. Mein inneres Ich verbietet es mir, weil ich es nicht wert bin geliebt zu werden. (...)
Also trifft der „plakative Spruch“ auf mich 100% ig zu !
Ich denke, hier ist es auf den Punkt gebracht.[/quote]
Finde ich nicht. Ich denke nicht, dass eine Depression kausal für ein niedriges Selbstwertgefühl ist, dass vorher alles ok ist, dann kommt die böse Depression und schon ist das Selbstwertgefühl weg um nach der Episode wiederzukommen.
Ich denke eher, erst ist die Selbstwertproblematik vorhanden, bedingt durch negative Erfahrungen in der Kindheit oder auch mit dem aktuellen Umfeld und die Depression ist quasi der Indikator dafür, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.
Dazu gibt es auch eine Metastudie:
"Anhand von insgesamt 95 einschlägigen Studien fanden Sowislo und Orth heraus, dass ein geringes Selbstwertgefühl als eine Ursache von Depressionen angesehen werden kann. Umgekehrt sind Depressionen jedoch nur in einem relativ geringem Ausmaß für ein vermindertes Selbstwertgefühl verantwortlich. Zwischen Ängsten und Selbstwertgefühl gibt es eine schwache, wechselseitige Wirkung. Ein geringes Selbstwertgefühl kann somit als Vulnerabilitätsfaktor insbesondere für Depressionen, aber auch für Ängste angesehen werden."
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