Depression vs. Charakter

natalia2
Beiträge: 41
Registriert: 26. Jan 2017, 20:13

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von natalia2 »

Ich wollte mich auch nochmal zurückmelden, da mir das Forum im letzten halben Jahr sehr geholfen hat.
Für mich endete der Weg damals tatsächlich mit einer Trennung meinerseits, die für mich im Nachhinein der einzig richtige Weg war. Es geht mir jetzt deutlich besser, auch wenn mir meine Entscheidung unglaublich schwer gefallen ist und auch immer noch schwer fällt.
Vorausgegangen ist anders als bei einigen anderen hier keine plötzliche Diagnose, sondern ein mehrjähriger Leidensweg, der mich selbst fast zum Aufgeben gebracht hätte. Ich sehe meinen Anteil hier ganz deutlich, nämlich in einer grenzenlosen Selbstaufgabe und Aufopferung. Mein Partner wollte und will sich nicht professionell helfen lassen und ich habe über Jahre hinweg gebettelt, endlose Diskussionen geführt und die daraus resultierenden Demütigungen als mein Schicksal betrachtet.
Ich glaube, die Depression meines Partners spielte zwar eine wichtige Rolle, war aber bei Weitem nicht die einzige Schwierigkeit.
Ich denke, man kann eine Beziehung mit einem depressiven Menschen führen, wenn man nicht die Rolle des Therapeuten annimmt. Es ist auch wichtig, dass man der Person nicht im Vorfeld alles abnimmt, sondern ihr zutraut, Dinge in ihrem Tempo zu bewältigen. Dazu gehören natürlich Dinge des Alltags, aber auch der Umgang mit den eigenen Gefühlen. Auch ich lese hier manchmal Beiträge, bei denen ich erstaunt bin, wieviel Selbstaufopferung Menschen bereit sind, einzugehen. Mir stellen sich da die Nackenhaare auf, wahrscheinlich auch, weil ich mich selbst darin wiedererkenne. Jede Beziehung sollte doch auf Augenhöhe stattfinden, auf beiden Seiten. Natürlich kann der andere krank sein, aber dann muss man einen gemeinsamen Weg finden, um den Alltag zu meistern. Kompromisse macht man nun mal immer in einer Beziehung, aber auch hier sollte man letztendlich gemeinsam funktionieren und miteinander reden.
Und wenn einer von beiden keinen Schritt geht, der andere aber alle Schritte, dann wird es auf lange Sicht gesehen schwierig.
Wenn beide Partner bereit sind, an sich zu arbeiten und gemeinsam zu wachsen, kann eine Beziehung unglaublich bereichernd sein. Dazu muss aber grundsätzlich auf beiden Seiten der Wille da sein. Und wenn die Bereitschaft auf einer Seite, aus welchen Gründen auch immer, fehlt, muss der andere sich das irgendwann eingestehen und womöglich die Konsequenzen ziehen. Dass gilt doch für jede Beziehung und hat erstmal nichts mit Depressionen zu tun.
Ich wünsche euch alles Gute und jedem Einzelnen, dass er seinen individuell richtigen Weg findet!
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Gerbera »

Hallo Natalia2,

wahre Worte, was Du da geschrieben hast zu Beziehungen auf Augenhöhe und Beziehungen im Allgemeinen. Spricht mir aus der Seele.

Ich wünsche Dir von Herzen dass Du glücklich wirst, mit Menschen an Deiner Seite, die so denken wie Du.

Liebe Grüße,
Gerbera
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