Der einsamste Mensch???

artemis
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von artemis »

Liebe Calimero, ich weiß gar nicht womit ich dir viel gegeban haben sollte. Das es so war, freut mich allerdings sehr. Habe oft Zweifel, ob ich die richtigen Worte finde. Warum kannst du dich nicht mehr so oft melden? Zu viel um die Ohren, oder geht es dir so schlecht? Wenn ich mich nicht irre hast du den Thread gewechselt. Bist du einsam? Ich schon manchmal. Alle Mensche, die mir was bedeuten leben in anderen Städten. Warum ist das so? Will ich vielleicht niemanden in meiner Nähe haben? Freue mich schon jetzt darauf wieder von dir zu lesen. Bis dahin, liebe Grüße von Artemis
waltraut
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von waltraut »

Hallo Calimero, ich freu mich über deine Grüße.Ich hab mich schon gefragt,wie es dir geht. Es geht mir inzwischen auch so,daß die vielen threads mir über den Kopf wachsen. Ich hab mir heute alle Titel ausgedruckt,um mich besser zu orientieren,was schon mal da war. Es ist manchmal schwer,jemand in einem anderen thread wiederzufinden! Ich glaube,wir lernen alle erst,mit diesem Forum umzugehen. Ich freu mich jedenfalls,wieder von dir zu lesen,wann immer es für dich richtig ist.(Ich seh gerade,Arti hat es fast genauso gesagt!) Ganz lieben Gruß von Waldi
kerstin
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von kerstin »

Hallo liebe Waltraut, liebe Inka, lieber Tiger, liebe Kerstin Me. :-), ich möchte mich bedanken für eure lieben Antworten! Ich habe eben ganz vorsichtig ins Forum reingeschaut, ob irgendjemand etwas dazu sagen mochte/wollte. Gestern, beim schreiben, dachte ich zwischenzeitlich, dass das viel zu lang wird - aber es gehörte doch so alles dazu. Ja, vielen Dank euch! Ich habe da etwas, dass mir selbst erst vor kurzem in die Hände fiel (...und wie immer gibt es keinen "Zufall")und mir wieder so einen kleinen aber nicht unwichtigen "Schubs" gab. Ich mag es euch hier weitergeben. Vielleicht fühlt auch ihr euch in eurer Situation davon angesprochen: "Das Entscheidende ist der Mensch. Was aber ist der Mensch? Das Wesen, das immer entscheidet. Was entscheidet es? Was es im nächsten Augenblick sein wird!" Das war so ein "Hallo wach"-Effekt an einem frühen morgen im Büro, als meine Seele mal wieder nicht so richtig mit mir wollte... . Ich habe mir diesen Spruch dann an meinen Compi geklebt um ihn in diesen Situationen, wo man manchmal am liebsten "weglaufen" möchte, vor Augen zu haben. Er erinnert mich in solchen Momenten an mich, an mein "Ich bin", an meinen Weg denn der ist das "Ziel" und holt mich auf den Boden. Zum Jakobsweg, der Weg des einfachen Menschen, ist ein Pilgerweg der seit vielen Jahrhunderten von vielen Leuten aus aller Welt begangen wurde. Der Hauptweg von der französischen Grenze bis nach Santiago de Compostela in Spanien ist ca. 750 km lang. Ich bin durch einen Freund darauf aufmerksam geworden, der die 1. Hälfte im vorletzten Jahr allein gelaufen ist. Im letzten Jahr wollte er dann die 2. Hälfte laufen. Ich habe im April dann das Gefühl gehabt, dass ich mitlaufen wollte. Muß dazu sagen, dass ich vorher noch nie einen Fuß nach Spanien rein gesetzt habe oder je so eine Mamutwanderung machte. Irgendwas in mir hat aber gesagt: Du gehst, dass ist jetzt für Dich richtig und gut! Wofür es gut ist, wirst Du unterwegs und nachher dann merken. Der Freund war zunächst nicht so richtig begeistert, weil er, wie einige andere um mich herum, der Meinung war ich würde das nicht schaffen. Nun, ich habe ihm deutlich gemacht, dass das mal meine Entscheidung ist - und wenn ich es nicht ausprobiere, dann weiß ich auch nicht ob ich es schaffe. Außerdem habe ich ihn an meine Tochter erinnert und klar gemacht, dass ich Kraft habe, auch wenn sie mir zu Zeiten mal "wegsackt". Wir sind dann genau an meinem vierzigsten Geburtstag im Juni losgezogen und waren mit Hin- und Rückreise knapp vier Wochen unterwegs, 2 1/2 davon laufend. 300 km bin ich gegangen und dabei allem begegnet, was für mich wohl sein sollte. Keine äußeren "Gewalteinwirkungen" - nein, es waren die ganz ureigenen Erlebnisse, die aber genauso greifen können. Alles war da: große Freude, das treffen von unzähligen Leuten aus aller Herrenländer, Licht, Wärme, Zeichen lesen lernen um den Weg zu finden, Wasser als das plötzlich wesentlichste Nahrungsmittel zu erkennen, Demut vor der eigenen Existenz, liebevolle Menschen die einem Brot reichen, Dein Pilgerdasein schätzen, Alleinsein auf weiter Flur nur mit dem Himmel und der Natur (und das sehr schätzen zu lernen), stundenlang auch mal mit keinem Menschen ein Wort zu sprechen, Schweigen, Stille, Regen, Sturm, Nebel, plötzliche Kälte, nass sein bis auf die Knochen und denken, dass das nie wieder anders wird, Angst, ja Todesangst auf einer Höhenwanderung ganz allein, der Freund ist im Nebel verschwunden, die Luft bleibt weg - und da ist dann plötzlich der Glaube und der Gedanke an den Schutzengel, den Gott "da oben" und man fängt an mit ihm zu reden und ihn um Hilfe zu bitten (denn sonst ist da keiner). Und dann geht das Schreien plözlich doch, obwohl einem grad schwarz vor Augen wurde, irgendwo da aus dem Bauch kommt es - und wird 200 m weiter auch gehört. Da ist dann der Freund und gibt klare Anweisungen: Rucksack runter, Gürtel auf, Kapuze vom Regencape weg und tief einatmen, langsam damit die Kehle wieder aufgehen kann und dann kommt der entscheidende Satz:"Hör zu Kerstin, Du gehst hier Dein Tempo und nur Deins! Nicht meins oder das eines anderen. Du mußt/willst ankommen und das geht nur, wenn Du Deine Kraft nach Deinem Dir möglichen Maß einteilst. Und wenn Du für die nächsten 50 Meter 1 Stunde brauchst, dann ist das so. - Wir finden uns wieder - ich werde im nächsten Dorf auf Dich warten." Und so war es, er drehte sich um und verschwand wieder im Nebel. Nein, er ist nicht mit mir gegangen, obwohl das natürlich in dem Moment für mich bequemer gewesen wäre. Klar! Ich sollte und mußte in diesem Moment alleine weiter. Geweint habe ich (merkte ich fast nicht weil es aus Eimern schüttete)und mir Mut zugesprochen. Meine Tochter innerlich rechts an die Hand genommen, meinen Engel links und so bin ich weiter. Jedes Mal, wenn ich mein Tempo überschritt, ging mir wieder der Hals zu und ich mußte wieder langsamer werden. - Ich habe es geschafft - der Freund wartete tatsächlich im Dorf, hatte mir (weil er unser Futter trug) ein Brot mit Käse bereitet und gab mir frisches Wasser (ein heißer Kaffee mit Rum wäre in dem Moment besser gewesen ;-) ). Wir sind dann zusammen noch ein Dorf weitergezogen und haben uns für 1 1/2 Stunden zum aufwärmen und Klamotten trocknen in ein Kaffee gesetzt. Als ich einigermaßen wieder denken konnte, wurde mir klar wie groß meine Angst gewesen ist und das ich es geschafft hatte durch sie hindurchzugegen, mit allen Empfindungen die wohl sein sollten. Ganz langsam kam so was wie ein "Kerstin, Du hast es gepackt" in mir hoch und während der nächsten Tage wurde mir klar, dass dieses Angst so nie wieder kommen kann. Sie hat, aufgrund des Durchlebens- und stehens ihre Macht über mich verloren, ich kenne "diese" jetzt. Das ist schlußendlich ein gutes Gefühl und ich bin für diese Erfahrung im Nachherein nicht undankbar! Es hat Einfluß genommen auf mein Leben und zeigt positive Wirkung. Das Vertrauen wächst!! - So hat alles seinen Sinn - wenn ich mich bereit erkläre hinzusehen, zu berühren und mich berühren zu lassen... . Liebe Kerstin Me., ich wünsche Dir Kraft für Dich auf Deinem Weg mit Dir selbst zu sein! Ist wahnsinnig schwierig, ich kenne das auch nur zu gut. Aber wir sind alle "Meister, die ihr Leben üben"... . Ein Prozess der kleinen Schritte, es ist Dein "Tempo" was dabei zählt! Und wer da mit Dir nicht mit will oder mit kann, soll es jetzt eben lassen - später wiederkommen... . Liebe Waltraut, ich habe nach ein paar Beziehungen, in denen ich mein Teil dazu beigetragen habe das sie sich beendet haben (z.B. zu hohe Erwartungen, Ansprüche an den anderen...), wirklich erkennen müssen, dass ich zunächst ganz bei und mit mir anfangen muß auf einen gesunden eigenen Weg zu kommen. Wenn ich mit mir selbst klar komme (dem ganzen rauf und runter darin), dann kann ich auch zur richtigen Zeit mit einem Gegenüber und Nebeneinander klar kommen. Ich übe das jeden Tag aufs Neue - manchmal ist es ein anstrengendes "kriechen", aber es geht weiter.. . Durch meine kleine Tochter habe ich gelernt, was es heißt auszuhalten und einen "Schimmer" davon zu bekommen, was "Liebe" in ihrem Ursprung meint. Liebe Inka, lieber Tiger, der Jakobsweg ist wohl sowas wie der "materialisierte Lebensweg", so scheint es mir im Rückblick. Es gibt wie im wirklichen Leben lange Wege, kurze Wege, durch Täler und über Höhen, steinig, sandig, felsig, vermatscht, hart, weich, bre
it, eng und manchmal nicht zu sehen (weil restlos zugewachsen). Dieser Weg ist wie ein "Spiegel" und es lohnt sich ihn zu gehen, für jeden egal wie alt er ist (vom Kind bis zum alten Menschen ist mir alles begegnet dort). Soweit für heute, ist wieder lang geworden mein "Text"... :-). Ich wünsche euch einen schönen Rest vom Samstag und einen lichten Sonntag! Liebe Grüße von Kerstin (Mondstein)
inka
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Beitrag von inka »

liebe kerstin- hab dank für deine worte. es waren für mich genau jetzt genau die richtigen worte. hab dank. inka
kerstin
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Beitrag von kerstin »

Liebe Inka, das freut mich :-)! Lass es Dir gut gehen bitte! LG Kerstin
W.

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Beitrag von W. »

Hallo Artemis, Wegen dem Thread wechseln: Ich lese nicht nur in einem Thread. Ich hoffe du liest auch nicht nur in einem einzigen Thread. Bei mir hast du die richtigen Worte gefunden. Wieso weiß ich jetzt gerade nicht. Müßte mir nochmal deinen Beitrag durchlesen, aber deine Zeilen haben mich aufgebaut. Zum Thema Einsamkeit: Ich fühle mich manchmal einsam. Hab eine Beziehung beendet vor kurzem. Seit ca. 14 Tagen. Das hab ich immer noch nicht überstanden. Näheres demnächst, wenn ich darüber schreiben kann. Möchte hier noch einiges lesen. Auf bald Calimero
demeter
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Beitrag von demeter »

Hallo Kerstin Mondstain Mir läuft es schon die ganze Zeit den Rücken runter. Danke für deine Beiträge.Der Jakobsweg übt seit einiger Zeit eine wahnsinnige Faszination auf mich aus, ich hoffe, ihn in absehbarer Zeit sowohl innerlich als auch äußerlich mit meine Freundin gehen zu können. Menschen wie du sind für mich wie Engel, die uns anderen wahnsinnig viwel geben können! Ich danke Dir!!!! Liebe Grüße Demeter
Lebe Dein Leben, bevor es Dich lebt
erika
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Beitrag von erika »

Auf der Suche nach einem thread, in dem ich mein Anliegen platzieren kann, bin ich hierhergekommen und habe aufmerksam gelesen. Ich fühle mich genau wie Du, Smily. Ich möchte mich am liebsten unsichtbar machen. Und weiss auch, dass das das Ende bedeuten würde. Ich merke, wie mich das jetzt sehr traurig macht. Beruflich habe ich viel mit Menschen zu tun und kann auch zu Ihnen Kontakt aufnehmen, da ist der Rahmen vorgegeben. Privat gelingt mir das immer weniger. Es gab vor vielen Jahren in der psychosomatischen Klinik ein schreckliches Erlebnis für mich: Der Therapeut hat mich ausgewählt, mich in die Mitte gesetzt und die anderen mit Bällen auf mich werfen lassen. Es waren zwar Softbälle, aber sie taten höllisch weh, es war fast nicht zu ertragen. Anschließend war die Stunde zu Ende und er hat das mit mir auch nicht aufgearbeitet. Ich weiss bis heute nicht, was diese Übung sollte. Aber es war doch kein Zufall, dass er mich ausgewählt hat. Jedenfalls hatte ich meinen Knacks weg. Seither gibt es diese Spaltung in Privat- und Berufsbereich. Ich empfinde es besonders schlimm, wenn ich in eine Gruppe von Menschen komme, dann fühle ich mich orientierungslos. Mit einem Menschen allein kann ich noch kommunizieren. Dieses Forum ist auch eine Gruppe. Ich versuche mich streng zu kontrollieren und habe dennoch nicht den Eindruck, dass mir gelingt, in Erfahrung zu bringen, wie ich mich verhalten soll, um wenigstens nicht unangenehm aufzufallen. Und wenn ich nicht unangenehm auffalle, dann möchte ich auch nicht auf die Dauer nichtssagend unsichtbar sein, wie das der Fall sein kann, wenn die Gruppe sich häufiger trifft. Bei der letzten Fortbildung habe ich mal einen nicht abschreiben lassen, weil ich das aus Angst nicht konnte. Er hat mich lauthals als unsolidarisch und egoistisch erklärt. Ich glaube, ich schaffe es nicht mehr alleine, einen Platz zu finden. Ich muß mir professionelle Hilfe suchen. Ich habe jedenfalls in letzter Zeit immer häufiger das Bild vor Augen, mir den Kopf abzuschlagen oder mir wenigstens den Mund zu stopfen. Ich sollte das jetzt alles besser nicht schreiben, warum tue ich es dann doch? Weil ich mich so hilflos fühle. Erika
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Erika, was für ein scheußliches Erlebnis!!Und was für ein gefährlicher Therapeut! Das hat natürlich alle deine negativen Gedanken über dich bestätigt. Du hast Angst davor,unangenehm aufzufallen oder in der Gruppe unterzugehen.Aber hier im Forum mußt du keine Angst davor haben. Du kannst schreiben,was du willst und du wirst immer jemanden finden,der dir antwortet,mal gleich,mal nach ein paar Tagen. Ob du viel schreibst oder wenig,ist egal. Jemand zum Zuhören ist immer da. Deine Ängste und Gefühle der Hilflosigkeit sind uns allen hier vertraut. Ich kenne auch diese Spaltung,die du beschreibst,daß man beruflich völlig in der Lage ist zu kommunizieren,privat aber voller Ängste steckt.Und ich kenne auch dieses ständige auf der Hut sein,daß man ja nichts Falsches sagt oder tut. Da lerne ich hier viel dazu. Hier wird wirklich jeder angenommen wie er ist.Und jeder ist gleich wichtig. Hab Vertrauen, lieben Gruß Waltraut
erika
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Beitrag von erika »

Liebe Waltraut, Du ahnst nicht, wie wichtig mir Dein Schreiben war. Es ist so schwer, ich weine ein wenig, aber erleichtert mich doch total, dass ich nicht das Gefühl haben muß, das Monster zu sein. Hab vielen lieben Dank, ich gehe etwas beruhigter in das Wochenende und melde mich morgen wieder. Liebe Grüße Erika
Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Liebe Erika, das mit dem Einsamsein ist irgendwie ein Grundübel für uns alle hier, glaub ich. Und deshalb ist uns dieses Forum wohl auch so wichtig, weil es uns gegen Vereinsamung - zumindest zu einem gewissen Teil - schützt. Es gibt doch nichts schöneres, als wenn man die neuen Nachrichten abruft und sieht, daß irgendjemand Dich beim Namen nennt, Deinen Beitrag kommentiert, Dir Mut und Trost zuspricht! Es gibt eine Menge Untersuchungen und schlaue Schriften, die versuchen die Einsamkeit von Menschen positiv zu werten. Als Grundlage für Kreativität beispielsweise, als "Preis" quasi für außergewöhnlich tiefe Empfindsamkeit und Sensibilität der Sinne. Ich glaube, daß da etwas dran ist. Black hat in einem anderen thread geschrieben, daß sie es unter den "Normalos" nicht mehr aushält. Damit ist die Flucht in eine Einsamkeit vorprogrammiert. Es geht mir oft so,daß ich mitten in einer Gruppe stehe und völlig isoliert bin. Ich will das gar nicht - jedenfalls ist mir nicht bewußt, diesen Zustand irgendwie zu provozieren, aber es passiert. Und zwar oft. Ich bemerke es und schon beginnt das Karussell zu laufen: warum bin ich anders, wie muß ich sein, um dazu zu gehören, warum kann ich mich nicht integrieren, warum nimmt man mich nicht für voll...... und damit bin ich dann meistens ganz raus, sage kein Wort mehr und könnte genausogut weggebeamt werden. Ich stelle fest, daß ich immer häufiger dieses Forum besuche. Manchmal lese ich nur, beobachte die Gespräche, denke darüber nach, wer meiner Ansicht nach recht hat, kann so vieles nachvollziehen, manchmal schreibe ich auch was rein (wenn ich die Sorge abgelegt habe, daß es ja sowieso niemanden interessiert). Und dann warte ich auf Reaktionen. Und die kommen hier wirklich sehr oft und mit viel Verständnis - wie es in der wirklichen Welt nie zu spüren ist. Insofern bist Du hier goldrichtig. Laß Dich einfach fallen und ruh Dich hier aus. Es geht. Liebe Grüße, natürlich auch an Waltraut und all die anderen! Gregory
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Lieber Gregory, dieses Gefühl,in einer Gruppe zu stehen und nicht dazuzugehören,kenne ich auch, Auch Thomas hat es gestern ziemlich drastisch beschrieben. Ich messe eigentlich den Grad meiner Depression daran,wie gut ich manche Menschen und Gruppen ertragen kann. Ich merke heute,daß ich schon als Kind vor Familientreffen geflohen bin,indem ich mich freiwillig um den Abwasch kümmerte. Das hieß eine halbe Stunde Auszeit,meinen Gedanken nachhängen. Manchmal liegt es aber auch wirklich an der Gruppe. Das hohle Geschwätz ist oft nicht zu ertragen. Wenn es mir gut genug geht,schaffe ich es manchmal,einen etwas herzlicheren persönlicheren Ton durchzusetzen,aber sehr oft klinke ich mich aus und hab ein schlechtes Gewissen. Ich glaube aber,unsere Frage sollte nicht heißen "warum gelingt es mir nicht dazuzugehören", sondern "will ich dazugehören". Du weißt,daß ich immer gern lese,wenn dir "deine Finger davonlaufen". Lieben Gruß Waltraut
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Waltraut, lieber Gregory, was ihr geschrieben habt, beschäftigt mich sehr: " "daß ich mitten in einer Gruppe stehe und völlig isoliert bin" "dieses Gefühl,in einer Gruppe zu stehen und nicht dazuzugehören" Ich habe dieses Gefühl sehr oft, bei Familienfeiern, bei der Arbeit, ich fühle mich als "Außenseiter", mich interessiert nicht, was da geredet wird, ich schalte ab, denke laß die nur reden, bringe keinen Ton mehr heraus.... Liebe Waltraut, seitdem ich angefangen habe, mich mit MIR zu beschäftigen, mich darauf zu konzentrieren, was tut mir gut und was nicht, frage ich mich: "Ist das erst jetzt so, durch die Krankheit, oder wie lange geht das eigentlich schon, daß ich mich in Gruppen, egal welcher Art, einfach nur einsam fühle? Und Deine Zeilen "daß ich schon als Kind vor Familientreffen geflohen bin,indem ich mich freiwillig um den Abwasch kümmerte. Das hieß eine halbe Stunde Auszeit,meinen Gedanken nachhängen." treffen voll auf mich zu!!!! Ich war mir dessen bis heute nicht bewußt, daß ich das alles immer nur "ertragen" hab. Es tut mir gut, das zu begreifen, so deutlich zu sehen. Habe ewig gedacht, was andere können, kannst Du auch, nein!! ich bin eben anders, ich mag es nicht, in großen Gruppen zu sein, ich empfinde es als eine Qual, an einer Familiefeier teilzunehmen, die in einem 24 m2 großen Raum stattfindet und wo alle durcheinander reden. "Hohles Geschwätz" genau so empfinde ich das, was da geredet wird, immer und immer wieder!! und ich bin froh, das erkannt zu haben, ich bin auf dem "richtigen Weg", auf dem für MICH richtigen Weg, ist nur eine klitzekleine Kleinigkeit, die mir da zu schaffen machen: Ich kann es nicht jedem gegenüber klar und deutlich äußern: "Ich will das nicht mehr so!!!!" .......und somit habe ich noch einen langen Weg vor mir, ich muß damit leben, daß mich nicht jeder versteht, mich einige ablehnen, samt meinen neuen Erkenntnissen. Aber z. Zt ist da irgenwas in mir, was mir sagt: "ich will nicht mehr so weiterleben, ich will einfach ICH sein!!!!) Lieber Gregory, ich lese auch Deine Beiträge sehr gerne, ich weiß aus eigener Erfahrung, daß es nicht immer leicht ist, sich hier zu äußern. Aber man gehört dazu, da spielt es keine Rolle, ob man wenig oder viel schreibt, ob man nur liest oder auch mal nicht lesen kann...Hier versteht das jeder. Und wenn ich mal schreibe "Liebe Grüße an alle" dann bist auf jeden Fall auch Du gemeint!!!!! Liebe Grüße Susan


waltraut
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Beitrag von waltraut »

liebe Susan, ich hab mich heute mit meinem Mann über einen Bekannten unterhalten,der unheimlich aktiv ist,überall der Macher und immer von vielen Menschen umgeben. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Bis jetzt habe ich immer,wenn ich solche Leute traf,einen Riesenkomplex entwickelt,weil ich so was nicht kann. Und plötzlich ist mir heute klar geworden,daß ich ja nicht im entferntesten so sein möchte,daß mir das hektische Leben,das er führt und alle die oberflächlichen Bekanntschaften ja überhaupt nicht gefallen würde. Dafür kann ich jemandem wirklich zuhören. Sind wir wirklich so blöd,daß wir glauben,alles was wir nicht können,ist erstrebenswerter als das was wir können - oder sind??!! Susan,ich bewundere,wie du trotz deiner eigenen Sorgen liebevoll und warmherzig auf alle eingehst. Alles Liebe Waltraut
Gerhard
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von Gerhard »

Hallo Waltraud, hallo Susan, da sind wir ja zu der wichtigsten Reise unseres Lebens aufgebrochen: zu uns selbst! Das Beängstigende daran ist nur, daß keiner weiß wohin diese Reise geht, wo wir am Schluß stehen, welche Dinge aus dem heutigen Alltag dann noch um uns sein werden...... Es kann uns die Familie, den Partner, den Job kosten, es wird uns Entscheidungen abverlangen, die unsere ganze Kraft erfordern. Ein erster Schritt wird sein, wenn wir uns nicht jedes Mal daran erinnern müssen, daß wir auf unser Glück aus sind, daß wir in uns hineinhorchen müssen. Sondern, daß dieser Schritt automatisch passiert, jedes Mal. Ich sehe wieder meine Kinder und weiß genau, daß die das können. Sie stellen alles in Frage und entscheiden nach ihren Bedürfnissen. Ich kann sie nur darin bestärken, diese Fähigkeit möglichst gut zu trainieren, damit sie für ein Leben reicht. Danke nochmal für Eure Worte. Sie passen genau. Liebe Grüße Gregory
susan
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von susan »

Liebe Waltraut, danke für Deine lieben Worte... es ist so, wie Du sagst, man mag vieles nicht, was andere tun, wie sie sich geben. Wie oft MUß man das aushalten, auf der Arbeitsstelle, bei den Behörden, überall sind Menschen, die einem Unbehagen einflössen, und oft sind wir gezwungen,mit ihnen zu reden, zu arbeiten... Das ist die eine Seite, der weit schwierigere Teil, jedenfalls für mich, ist die Familie, Eltern, Geschwister.... Es war für mich schon sehr erschreckend, festzustellen, wie wenig ich meinem Bruder (mit dem ich als Kind "ein Herz u. eine Seele war) jetzt als Erwachsenen abgewinnen kann... Er geht mir nur auf den Geist und meinen Eltern zuliebe spiele ich, immer noch!!! die brave Schwester. Je mehr ich über mich nachdenke, meine Bedürfnisse "ergründe", desto deutlicher wird es, sie passen sehr oft nicht in die Realität. Muß ich denn alles ändern, alles auf den Kopf stellen und bleibe am Ende auf einer Insel übrig? Lieber Gregory ich sehe es auch so, wir sind auf einer Reise "Zu uns selbst" Ich empfinde es z. Zt so, daß diese Reise im Schneckentempo, wenn überhaupt!, vorangeht. Ich weiß, das es "Verluste" geben kann, und es ist mir klar, daß ich nicht alles unbedingt aufgeben MUSS, um zu mir zu finden. Nein, es kann auch von mir aus einer anderen Perspektive betrachtet werden, und bis es zu dieser neuen Ansicht kommt, vergeht Zeit.... Wieviel Zeit läßt mir mein Umfeld, meine Familie, die nur erwarten, daß ich schnell gesund/normal werde? Diese Frage lässt mich noch oft resignieren, wenn ich spüre, daß es den andern nicht schnell genug geht, aber ich rappel mich immer wieder auf..... Ich wünsche uns allen immer genug Kraft - auf dem Weg zu uns Liebe Grüße Susan


heike56
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Beitrag von heike56 »

Ihr Lieben, die Reise zu sich selber ist kein gleichmäßiger Prozeß, zumindest bei mir nicht. Lange Zeit passiert nichts, dann plötzlich überschlagen sich die Ereignisse und Erkenntnisse. Danach wieder vermeintlicher Stillstand, ich denke in der Zeit arbeitet es in uns aber weiter. Ich habe das Glück einerseits gut mit den Medi´s eingestellt zu sein, zum anderen keinen Druck durch Familie o.ä. Ich gehe davon aus, nie wieder ganz gesund zu werden. Arbeite aber immer daran, mehr ich zu werden. Und wenn ich gesund würde, wäre es ein großes Glück. Seit ich 17 war, habe ich immer mal wieder Therapien gemacht, weil ich spürte, etwas stimmt nicht. Das sind jetzt 28 Jahre, den entscheidenden Durchbruch hat bei mir aber die Behandlung mit Medikamenten vor 10 Jahren gebracht. Aber ich denke, dass ist nicht der übliche Weg. *lächel*. Einsamkeit und Depression hängen sehr eng zusammen, das ist das üble an der Krankheit. Manchmal fühlt man sich auch nur einsam, obwohl man es gar nicht ist. Liebe Grüsse Heike56
erika
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Beitrag von erika »

Lieber Gregory, ich war ein paar Tage weggefahren und lese erst jetzt alle Kommentare. Du hast natürlich recht, obwohl es da für mich auch noch mindestens zwei Ebenen gibt: Selbstbestätigend ist es vielleicht, wenn man sagen kann, die Normalos sagen mir nicht so zu oder, um es weniger elitär auszudrücken: ich bestimme, mit wem ich Kontakt haben will oder nicht. Mir geht es aber oft so, dass ich schon im Vorfeld Schwierigkeiten habe, Kontakt zu "bekommen". Da kann ich dann noch gar nicht beurteilen, ob jemand interessant ist oder nicht. Aus meinem beruflichen Bereich weiss ich( ich bin gezwungen, täglich mit denselben Leuten umzugehen), dass, wenn Vorurteile, die ich durchaus für sinnvoll halte, erstmal abgebaut sind, die meisten Menschen einen liebenswerten Kern haben und man auch einen Zugang zu ihnen findet. Da habe ich auch ein Gegenüber mit einem klaren Anspruch. Im privaten Bereich liegt es vermutlich daran, dass ich selbst nicht weiß, was ich denn nun anbieten soll: welche meiner vielfältigen Interessen ist gefragt, oder überhaupt nur mein Sosein? Das ist vermutlich auf frühe negative Erfahrungen zurückzuführen. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist man dann auch sensibler für jede echte oder vermeintliche Form der Ablehnung oder Ignoranz. Geht es einem gut, kann man das wegstecken, wenn nicht, dreht sich, mit Deinen Worten, das verhängnisvolle Karussell. Mir ist am WE dazu ein Gedicht eingefallen: "Der Club der EinSamen trifft sich zum mühsamen Beisammen. Worthülsen fallen unter den Tisch. Zusammen wachsen aus den Kernen wieder nur EinSamen." Das hat doch auch etwas Tröstliches: Wir treffen zusammen, sind aber im Grunde einsam und autark und wundervoll kraftvoll. Zeitgleich war ich auch am WE mal seit langer Zeit eine Stunde allein unterwegs, da bin ich doch tatsächlich ausgerutscht, im Matsch, und hingefallen. Ich bin dann weitergegangen, weil es sowieso schon egal war. Als Kind macht einem das ja auch nichts aus. Früher wäre ich schnurstracks nach Hause gegangen, um mich zu säubern. Ich fand es goldrichtig, mal etwas sein zu lassen, wie es ist und selbst die Blicke der anderen Spaziergänger waren mir egal! In dieser Gruppe sind viele Gleichfühlende. Da muss man seinen Zustand nicht pausenlos erklären, das habe ich nicht genug bedacht und es ist tröstlich, sich nicht negativ im Mittelpunkt zu wissen. Liebe Grüße, Erika
erika
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Beitrag von erika »

Liebe Susan, du schreibst, alle Familienmitglieder erwarten, dass Du wieder gesund wirst. Bei mir ist es so, dass alle erwarteten, da ich ja immer schon "komisch" und "anders" und "krank" war, dass ich so bleibe. Ich glaube, ich habe zu lange das Klischee des schwarzen Schafes in der Familie bedient. Meine Eltern haben noch sechs andere Kinder, da mussten sie sich nicht um mich bemühen. Deshalb war mir lange Zeit so wichtig, so einfach zu händeln zu sein, wie der Rest meiner Geschwister. Und wenn es mir schlecht geht, ist der Wunsch heute noch dringlich. Leider hatte ich Smalltalk schon recht früh abgelehnt. Heute beherrsche ich das besser. Und ich merke auch, das ich damit ruhiger leben kann. Mein Wunsch nach Anerkennung meiner Person in größerer Vielfältigkeit wird natürlich nur begrenzt bedient oder nur in einer ausgewählten Gruppe und von einzelnen Menschen. Die Einsamkeit hat halt viele Gesichter. Meine Familienmitglieder sind, jeder für sich gesehen, auch einsam, nur ignorieren sie das, sobald sie zusammen kommen. Aber da merke ich zur Zeit auch viel Hilflosigkeit und Unvermögen. Ihnen geht es nur scheinbar besser als mir, da sie vielleicht bessere Strategien haben, alles zu verdrängen. Zum Thema: "muß ich mich ändern und auf einer Insel leben, d.h. ausgeschlossen werden?" kann ich sagen: ja, ich bin drastisch gegangen, wie gesagt (und man hat mir das später zugetragen) als bescheuerte Stieftochter, unerziehbare Tochter, Stiefschwester, über die alle sich auslassen konnten, um wiederzukommen in neuem Licht. Wenn man alles verloren hat, kann man nur dazugewinnen. Ich verstehe Dein Abstrampeln, aber vielleicht solltest Du auch mal loslassen, keine Angst, sie ihrerseits werden es nicht so leicht tun, wie Du Dir vorstellst. Liebe Grüße Erika
erika
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Beitrag von erika »

Liebe Waltraut, nochmal lieben Dank für Deine klaren Worte zum Therapeuten. Ich hatte ihn tatsächlich nur in guter Erinnerung als "Papa Roth", was für ein folgenschwerer jahrelanger Irrtum. Da muß ich tatsächlich in einer zutiefst kranken Verfassung gewesen sein, um so ein Verhalten auch noch als richtig zu bewerten. Da hat sich aber jemand gehörig auf meine Kosten profiliert! Zum Thema "ich kenne jemanden, der überall der Macher ist", ich kenne auch jemanden. Auch wenn ich es nicht kann, es fasziniert mich trotzdem, wie dieser Jemand sofort in Kontakt kommt und auch deshalb, weil er klar zu erkennen gibt: Du interessierst mich und ich bin auch interessant für Dich. Das nennt man wohl Charisma und ich versuche immer noch, herauszufinden, wie man das macht. Ist das jetzt blöd? Aber das Leben ist so manchmal einfacher. Man muss sich ja dabei nicht zwangsläufig verlieren, oder? Ich erinnere mich, als Kind im Rollenspiel die Prinzessin gewesen sein zu wollen und das war auch der Wunsch meiner Freundinnen. Einmal das Gefühl haben, alles ist rundherum prachtvoll, das wärs! Besser als sechs Richtige im Lotto! Danach kann man ja getrost feststellen, dass alle nur mit Wasser kochen! Liebe Grüße Erika
kewi
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Beitrag von kewi »

Traurigkeit-Antriebslosigkeit-Angst... diese drei Worte, die auch meine ständigen Begleiter sind, habe ich in diesem Forum sehr oft gelesen. Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich dafür zu entscheiden, mich an diesem Forum aktiv zu beteiligen. Aber ich will endlich etwas in meinem Leben ändern und vielleicht wird die Teilnahme an diesem Forum mir einige zusätzliche Impulse liefern. Gern würde ich mich mit Gleich-Betroffenen austauschen. Ganz kurz zu mir: ich bin 32 Jahre, Mutter zweier Kinder (8 und 10 Jahre), verheiratet, berufstätig in Vollzeit. Vor ca. 1 Jahr habe ich endlich den Weg zum Psychologen gefunden. Ich leide allerdings schon sehr viel länger an depressiven Phasen. Die Diagnose hieß: Depressive Neurose. Es schloß sich eine Gesprächstherapie mit medikamentöser Unterstützung an. Nach ca. 10 Sitzungen brach ich die Behandlung ab. Zum einen, weil ich mit dem Therapeuten nicht sonderlich gut klar kam, zum anderen weil ich es mir finanziell nicht mehr leisten konnte. Zur damaligen Zeit war ich noch selbstständig und somit auch privat krankenversichert. Da ich die Rechnungen vorfinanzieren musste und die Zahlungen der Krankenkasse sehr verspätet kamen, konnte ich mir die Behandlungen nicht mehr leisten. Das nur kurz zur Erklärung... Ich habe damals den Psychologen aufgesucht, weil ich nichts mehr auf die Reihe bekommen habe. Meine Firma lief sehr schlecht. Ich konnte mich auf meine Arbeit nicht konzentrieren, war unfähig, Entscheidungen zu treffen, war in meinem Inneren immerzu traurig und hatte zu nichts Lust. Nach aussen mimte ich natürlich immer die engagierte Geschäftsfrau. Aufgrund der finanziellen Probleme hatte auch mein Mann ständig schlechte Laune. Hinzu kam, dass ich mich sehr oft in mein Büro zurückgezogen habe, weil ich die Nähe meines Mannes einfach nicht ertragen konnte. Auch im Haushalt ging mir nichts von der Hand. Ich fühlte mich in meiner eigenen Wohnung überhaupt nicht mehr wohl. Ich trieb unsere Eheprobleme so weit, dass wir uns ernsthaft über eine Trennung verständigt haben. Beide hatten wir Angst davor, vor allem vor der Auswirkung der Trennung auf die Kinder. Letztendlich haben uns die finanziellen Gegebenheiten davon abgehalten, uns zu trennen. Mir ging es auch körperlich sehr schlecht. Ich war ständig müde, litt unter Nackenverspannungen begleitet mit starkem Kopfschmerz. Die Therapie brachte mir nicht den gewünschten Erfolg. Als ich dann für meine Firma wegen Zahlungsschwierigkeiten die Insolvenz beantragen und die Firma schließen musste, war ich am Boden zerstört und doch irgendwie auch froh, dass der Alptraum ein Ende hatte. Aber ich hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, da sie an meiner Unfähigkeit gescheitert ist und ich meine Mitarbeiter/-innen (1 festangestellte Mitarbeiterin, bis zu 20 Pauschalkräfte) enttäuscht hatte. Es folgte die Phase, dass ich nicht mehr ans Telefon ging und wenn es an der Tür klingelte, ich nicht öffnete. Es waren jede Menge Aufstellungen für das Insolvenzverfahren vorzubereiten und zusammenzustellen. Mein Mann war in dieser Zeit eine große Hilfe. Er hat alles fast allein gemacht, da ich absolut unfähig war, auch nur das geringste zu regeln. Und dann kam natürlich wieder das schlechte Gewissen, das alles meinem Mann zuzumuten. Hinzu kam, dass er sein berufsbegleitendes Studium nach 2 (von insgesamt 4) Jahren an den Nagel hängen wollte, weil auch er es kräfte- und nervenmässig nicht mehr geschafft hat. Er hat dann 1 Jahr unterbrochen, ist aber glücklicherweise wieder eingestiegen. Dieses Jahr ist das letzte und das schwerste. Jede Menge Klausuren und dann die Prüfungen... Ich wünsche ihm so sehr, dass er den Abschluß schafft. Obwohl es in unseren (östlichen) Breiten sehr schwer war und ist, als Frau mit zwei Kindern eine Vollzeit-Beschäftigung zu finden, ist es mir in kürzester Zeit gelungen. Zugegeben, ich hätte nichts gegen eine längere Auszeit gehabt, um mich wieder zu fangen und vor allem mal wieder richtig für die Kinder da zu sein, aber ich sah es einfach als meine Verpflichtung (oder Wiedergutmachung) an, zu einer Verbesserung unserer persönlichen finanziellen Lage aktiv beizutragen. Ich stieg als Disponentin in ein Personalleasing-Unternehmen ein, leitete die Akquiseabteilung und betreute unser externes kaufmännisches Personal. Ich bekam einen schönen Firmenwagen, den ich auch privat nutzen konnte. Mein Mann war richtig happy, so ein (für uns privat völlig unerschwingliches) Auto zu fahren. Auch das Gehalt war für hiesige Verhältnisse recht ordentlich. Eigentlich doch ein Grund, zufrieden(er) zu sein... Doch aus der Zufriedenheit wurde nichts. Bereits am zweiten Tag wurde ich von meinem Chef (einem Choleriker mit psychopathischen Anwandlungen, was ich übrigens vor meinem Jobantritt läuten gehört hatte und sich wenig später auch bewahrheitet hat) verbal attackiert. Gestaunt habe ich sehr über meine Reaktion. Ich habe mich doch tatsächlich gewehrt, ich habe klargestellt, dass ich nicht so mit mir umgehen lasse. Und es hat Wirkung gezeigt. Während meiner Tätigkeit hat er das auf diese Weise nie wieder mit mir getan. Dafür aber mit den anderen Mitarbeiterinnen. Ich erlebte, wie eine neue Mitarbeiterin, die ich ins Unternehmen gebracht hatte, innerhalb von 14 Tagen so fertig gemacht wurde, dass ich sie nicht wiedererkannt habe. Ihr Wesen war völlig verändert und sie hat sich noch nicht einmal getraut, mit mir ein persönliches Wort (nach Arbeitsschluß) zu wechseln, obwohl wir uns auch ein wenig privat kannten. Auch meine mit mir unmittelbar zusammen arbeitende Kollegin war seinen Repressalien ausgesetzt, so dass ich sie moralisch immer wieder aufbauen musste. Es herrschte so ein Klima, dass ich morgens schon mit zugeschnürtem Hals ins Büro kam, da ich ja nie wusste, was auf mich zukommt. Nach kurzer Zeit meiner Tätigkeit dort fühlte ich mich wieder müde, konnte mich nicht konzentrieren, bekam wieder sehr wenig auf die Reihe. Es folgten wieder Kopfschmerzen und allgemeines Unwohlsein. Nach einem knappen halben Jahr waren die Kopfschmerzen dann so stark, dass ich mich krank schreiben lassen musste. Ich bekam Massagen, die mir anfänglich gar nicht bekommen sind. Ich fühlte mich körperlich immer schlechter. Psychisch ging es allerdings etwas aufwärts. Der Job-Druck war vorerst von mir genommen. Nur wenn ich daran dachte, wieder ins Büro zu müssen, ging es mir schlecht. Also hab ich die Krankschreibung hinausgezogen in der Hoffnung, dass ich gekündigt werden würde. Nach reichlich drei Wochen war es dann soweit, die Kündigung flatterte ins Haus. Ich war so erleichtert, auch deshalb, weil ich mich kurz vorher bereits in einem anderen Unternehmen beworben hatte und mir sehr gute Chancen für die Einstellung eingeräumt wurden. Und, ich wurde eingestellt! Das war Mitte November letzten Jahres. Ich bekam zwar keinen Firmenwagen, aber das Gehalt ist okay und vor allem das Betriebsklima ist recht angenehm. Ich arbeite also knapp zwei Monate in dem neuen Unternehmen. Ich bin dort zuständig für den gesamten Neu-Aufbau des noch nicht existierenden kaufmännischen Bereiches. Das heißt im einzelnen, ich muss potenzielle Auftraggeber akquirieren und geeignete Mitarbeiter/-innen finden. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, die mich sehr gereizt hat, zumal mir freie Gestaltungsmöglichkeiten zugesichert sind. Das sind alles Gegebenheiten, die mich eigentlich motivieren müssten. Aber es ist genau das Gegenteil der Fall. Bereits nach sehr kurzer Zeit stellten sich die gleichen Probleme ein. Ich bin immerzu müde, unkonzentriert und fast völlig lust- und antriebslos. Am Woche
nende verbringe ich geraume Zeit auf dem Sofa, da ich mich nach jeder Erledigung im Haushalt matt und fertig bin. Am liebsten würde ich allein sein, um mit niemandem reden zu müssen und um einfach meine Ruhe zu haben. Ich habe das Gefühl, dass mir alles zu viel ist, Familie, Haushalt, Beruf. Außerdem leide ich in letzter Zeit häufig unter sehr heftigen Gallenkoliken. Ursache dafür sind Gallensteine, die nur operativ zu entfernen sind. Meine erste heftige Kolik hatte ich kurz nach dem Einstieg in meinen jetzigen Job. Darauf hin konsultierte ich einen Internisten, da ich bis dato noch nie solche Schmerzen hatte, der mir dann die o. g. Diagnose stellte. Die OP kann ich lt. Internist noch etwas aufschieben, aber sie sollte auf jeden Fall bis Mitte des Jahres geschehen. Kurz vor Weihnachten hab ich wegen meiner Depressions-Probleme einen anderen Psychologen aufgesucht in der Hoffnung, er könnte mir helfen... Ich weiss, dass ich nach außen relativ selbstbewusst wirke und so vermute ich, dass er mich und meine Probleme nicht wirklich ernst genommen hat. Er gab mir lediglich eine kleine Liste mit Telefonnummern verschiedener Therapeuten mit. Ich hab dann wieder ne Weile gebraucht, mich durchzuringen, einen Termin zu vereinbaren. Und als ich endlich soweit war, stellte ich nach ca. 15 Versuchen fest, dass es sehr schwierig ist, recht schnell einen Termin zu bekommen. Die frühesten Termine lagen im Mai. Ich hab dann doch noch weiter telefoniert und es tatsächlich geschafft, für den 29. Januar die erste Sitzung zu vereinbaren. Der Grund, weshalb ich mich an dieses Forum wende, ist der, dass ich für mich eine Entscheidung treffen möchte. Ich spüre immer mehr: ich kann einfach nicht mehr so weitermachen. Meine Kraft ist am Ende und ich habe Angst davor, in meinem Job nun gänzlich zu versagen und meiner Familie zur Last zu fallen. Mit meinem Mann kann ich momentan nicht darüber sprechen. Auch habe ich Angst, ihn zu enttäuschen. Am liebsten würde ich mich krank schreiben lassen, auch wieder in der Hoffnung, die Kündigung zu bekommen, um mir dann endlich (m)eine Auszeit zu nehmen. Erst einmal vielen Dank an den/die Leser meines Mammut-Beitrages für Eure Aufmerksamkeit und Euer Interesse! Hat jemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht? Zu welcher Entscheidung würdet Ihr persönlich tendieren? Ist die Kündigung wirklich vorerst die beste Entscheidung? Ich würde mich sehr über ein paar Denkanstöße freuen. Liebe Grüße, kewi.
susan
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von susan »

Liebe Erika, Danke für Deine Zeilen, schön, wieder von Dir zu hören. Gerade das Thema "Familie" bewegt mich zur Zeit heftig, ein ständiges Auf und Ab der Gefühle, der Stimmungen, ist das Resultat. Aber ich spüre auch, daß da eine Kraft im mir wächst, die mir sagt. "Mach weiter, gib nicht auf!" Gerade in Momenten, in denen ich mich allein und einsam, überflüssig, unverstanden fühle, ist diese Kraft wichtig. "Meine Familienmitglieder sind, jeder für sich gesehen, auch einsam, nur ignorieren sie das, sobald sie zusammen kommen." Da ist viel Wahres drin und ich denke, das trifft nicht nur auf meine Geschwister zu, jeder ignoriert irgendwann mal das Gefühl der Einsamkeit, verdrängt es, will es nicht wahrhaben. Meine Eltern glauben nicht, daß ich gerne mal allein bin, weil sie aus geselligen "Kreisen" kommen, und können meine Gefühle nicht verstehen. Das meine ich auch damit, daß sie mich wieder gesund sehen wollen. In der Zwischenzeit habe ich begriffen. daß für sie vieles mit "Krank" abgestempelt wird, weil es einfach nicht ihren Vorstellungen entspricht, oder weil gerade meine Eltern es in vielem nicht wahrhaben wollen, daß ich mich weiterentwickelt habe, für sie bin ich sehr oft eben das Kleine, liebe Kind. Das mit dem Loslassen ist sehr wichtig und ich bin bereit dazu, auch wenn ich zur Zeit nicht die Kraft habe, alles umzusetzen. Das Schwierige ist, wie du es geschrieben hast: "sie ihrerseits werden es nicht so leicht tun, wie Du Dir vorstellst." Sie wollen nur mein Bestes????, Sie wollen mich in eine "Schublade" zwängen, und ich bin auf dem besten Weg, dies nicht zuzulassen . Auch für Dich weiterhin alles Gute, Liebe Grüße Susan


waltraut
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von waltraut »

Hallo Kewi, das klingt ganz nach totaler Überforderung! Du hast die Arbeit gewechselt und immer gehofft,daß die Situation dadurch gebessert wird,aber offenbar genügt das nicht. Wenn du jetzt einen Therapeuten gefunden hast,schreib dir genau auf,was du ihm sagen willst.Mir geht es oft so,daß mir beim Arzt plötzlich alles Schlimme nicht einfallen will,oder halb so schlimm vorkommt,oder ich ihn nicht aufhalten will(!). Ich würde dir eigentlich eine Klinik empfehlen. Manchmal muß man einfach die Verantwortung abgeben,um wieder auf die Beine zu kommen. Und du wirst wahrscheinlich Zeit brauchen,bevor du weißt,was da bei dir dieses Gefühl der Überforderung auslöst. Von der Kündigung würde ich dir definitiv abraten.Im Zustand der akuten Depression ist man nicht fähig,weitreichende Entscheidungen zu treffen. Etwas anderes ist es,dich krankschreiben zu lassen. Das wird wahrscheinlich nötig sein. Ob dir die Stelle erhalten bleibt,ist natürlich eine Frage. Aber mit Gewalt geht es sicher überhaupt nicht. Wichtig ist jetzt nur eins: du mußt die Warnsignale ernst nehmen und etwas unternehmen.Und vor allem sprich mit deinem Mann.Vielleicht unterschätzt du ihn und er steht dir zur Seite. Er macht sich doch sicher schon Gedanken. Bitte melde dich wieder, alles Liebe Waltraut
waltraut
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von waltraut »

Liebe Erika, das mit dem Ein-samen und vor allem das Matsch hat mir gut gefallen! Und was du vom Charisma sagst,fand ich sehr erhellend. Es ist tatsächlich so,daß das Signal "ich interessiere mich für dich und!!! ich bin interessant für dich" einem Herzen öffnen kann. Wobei es bei mir mit dem zweiten Teil noch sehr hapert,und ich dann eher zum ewigen Zuhörer mutiere... Gruß Waltraut
kewi
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Der einsamste Mensch???

Beitrag von kewi »

Liebe Waltraut, danke für deine schnelle Reaktion auf meinen Beitrag. Es ist wirklich gut zu spüren, dass es Menschen gibt, die mich und meine Situation verstehen. Bei meiner ersten Therapie bemerkte ich auch diese Phänomen, dass ich, wenn ich in der Sitzung war, alles als nicht mehr so schlimm empfand und einfach vergaß wie und warum es mir so schlecht ging und geht und wie es sich äußert. Danke für den Tipp mit dem Aufschreiben. Den ersten Schritt dafür hab ich ja schon getan; ich hab viele meiner Gedanken und Gefühle niedergeschrieben. Und da ihr im Forum ja erst mal wissen musstet, mit wem ihr es zu tun habt, hab ich das sehr intensiv und ausführlich getan. Wie hat sich bei dir die Depression bemerkbar gemacht? Sicher hast du irgendwo hier im Forum das schon geschrieben, aber es ist nicht leicht, sich hier durchzufinden. Also, wenn du Lust hast, schreib mir. Ich sage vorerst Danke für das Interesse an mir und verbleibe mit lieben Grüßen, kewi.
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