Liebe Lerana, liebe Jamba,
vielen Dank auch für Eure Beiträge! Es ist für mich sehr hilfreich, dass jemand meine Worte liest und kommentiert, jeder mit seinen Erfahrungen und Gedanken, die ja durchaus auch sehr unterschiedlich sind.
Lerana, Du hast Recht, wenn Du sagst, dass es sich eigentlich nicht lohnt, diese ganzen Gedanken jetzt schon zu machen und vom Schlimmsten auszugehen. Rational weiß ich das ja auch - aber ist nicht genau auch das ein Denkmuster der Depression? Das ewige sinnlose Grübeln, das zu nichts führt, das "immer und prinzipiell vom Schlimmsten ausgehen", das "Dinge nicht mit einer positiven Spannung anzugehen", sondern tendenziell mit Angst und Überforderung zu reagieren?
Über die Jahre habe ich es wirklich geschafft, diese negativen Gedanken in den Hintergrund treten zu lassen und dem positiven Denken mehr Raum zu geben. Etwas mehr Gelassenheit zu entwickeln und den negativen Gedanken auch mal Einhalt zu gebieten. Umso mehr irritiert es mich jetzt, dass diese Gedanken und Gefühle durch die Schwangerschaft wieder kommen. Und genau diese Frage kann ich für mich nicht beantworten: Ist es "noch" im normalen Rahmen der Zweifel, die wohl die meisten Frauen ereilen, oder ist es eben "schon" auf der anderen Seite des Grats.
Dass ich an der einen oder anderen Stelle tatsächlich überfordert sein werde (und dass das jeder ist, unabhängig von Depressionen), glaube ich nur zu gut und gerne - aber genau davor habe ich ja Angst bzw. genau das will ich nicht: Ich habe mein Leben nach vielen vielen Jahren endlich auf ein Niveau gebracht, wo ich mich eben nicht mehr ständig überfordert fühle und den Anforderungen halbwegs gewachsen fühle. Warum muss ich mich also wieder schon fast "bewusst" aus dem Gleichgewicht bringen lassen? Dass es für diesen Gedanken jetzt eigentlich zu spät ist, ist klar, aber ich wusste einfach auch nicht, dass mich das so von den Socken hauen würde ... Und die "Unausweichlichkeit" macht es ja nicht unbedingt leichter.
Deine Worte, dass es Hilfe gibt, egal für welche Probleme, ist in jedem Fall gut zu lesen. Du hast es auch geschafft, und dass ein Schreikind nochmal eine besondere Herausforderung ist, habe ich von Freunden gehört, die ebenfalls eines hatten.
Jamba, ich weiß nicht, warum es mir so ein Bedürfnis ist, reinen Tisch mit meinen Gefühlen zu machen. Ich glaube, weil ich jahrelang nach außen immer den Anspruch hatte, dass man mir nichts anmerkt von meinen inneren Problemen. Irgendwie ist auch das ja eine Fähigkeit, und auch sehr hilfreich, denn es muss ja nicht jeder wissen, wie es in mir aussieht. Aber bei Leuten, die es etwas angeht (mein Mann sowieso, meine Mutter, die Schwiegereltern, die vermutlich ein Problem damit haben, dass es nicht so harmonisch ist, wie sie es gerne immer - zumindest nach außen - haben, der Frauenarzt), habe ich einfach das Gefühl, sie sollen wissen, dass alles eben nicht gut läuft. Vielleicht ist es eine Art instinktiver Selbstschutz und Vorsichtsmaßnahme, damit im Zweifelsfall die anderen reagieren, wenn ich es nicht tue, im Falle meiner Schwiegerelten vielleicht auch ein bisschen Trotz, um ihnen klar zu machen, dass die Welt eben oft anders und nicht so geradlinig verläuft, wie sie sich das gerne mal zurechtlegen. Und bei meinem Frauenarzt bin ich sehr froh, er hat sich beim letzten Termin eine ganze Stunde Zeit genommen, um mit uns darüber zu reden, und hat die Sache wirklich ernst genommen.
Körperlich geht es mir solala. Die ersten Wochen habe ich, "mich im Laufe der Wochen steigernd", gekotzt, meist morgens, so dass zumindest keine Nahrung mehr im Magen war, spätestens abends wurde mir immer übel. Ich dachte, "wenn das gegen Ende des dritten Monats eher schlimmer wird, kann das ja heiter werden", aber langsam wurde es weniger. Die Übelkeit ist immer noch latent vorhanden, ich muss ständig essen, aber sehr "geschmacksarm", es macht auch keine Freude, sondern ist eher getrieben von "was esse ich jetzt, damit mir nicht schlecht wird". Gelegentlich kommt noch mal was wieder zurück aus dem Magen, z.B. abends, wenn ich mal zu lange nix gegessen habe: Mir wird schlecht, ich esse was, um es wegzukriegen, und es kommt wieder raus. Ansonsten bin ich einfach nur fertig, fühle mich wie eine "sehr alte Frau". Jede normale Tätigkeit wird zur Herausforderung, ich habe (obwohl ich nicht mal voll arbeite) auch zweimal schon krankgemacht, weil ich einfach dachte, ich schaffe es nicht. Ich schlafe weniger nachts, anfangs hatte ich viel Blasendruck, dafür muss ich nach jeder "Tätigkeit" (z.B. im Supermarkt einkaufen) erstmal schlafen. Die Arbeitstage sind für mich immer totale Hämmer. Für mich ist es ein ganz unangenehmes Gefühl, nicht mehr "zu können", selbst in den Phasen, in denen es mir psychisch gar nicht gut ging, habe ich mich immer gezwungen, weiterzumachen (ob das immer gut war, sei dahingestellt). Dass die Psyche dabei momentan sicherlich ihre Auswirkungen auf den Körper hat, da bin ich mir ganz sicher.
Das mit den Kontakten ist einfach auch eine Angst von mir, dass ich es nicht schaffe, gute Kontakte aufzubauen, eben weil es mir so schwer fällt und ich so "komisch" darin bin. Wir leben seit zwei Jahren nicht mehr in, sondern "vor der Stadt", und irgendwie habe ich mir bei Wohnortwechseln immer schwergetan (Stichwort Veränderung). Es dauert manchmal Jahre, bis ich mich halbwegs wohlfühle und vielleicht den einen oder anderen halbwegs guten Kontakt habe. Auf der anderen Seite ist ein Kind natürlich auch ein guter "Aufhänger" - aber sind dann die anderen Mütter die, die mir zusagen oder fühle ich mich wieder minderwertig oder finde ich sie "doof"? Ihr seht, ich schaffe es, auf jeder Baustelle die Katastrophe vorherzusehen
Es ist toll, Jamba, dass Du es geschafft hast, aus der Krabbelgruppe nicht nur Kontakte, sondern auch gute Kontakte zu schaffen! Und wenn man dann Leute trifft, bei denen es eben auch nicht alles so rund läuft, ist das fast ein "Glückstreffer" (für mich sind das meist die interessanteren Menschen, so komisch das klingt).
Ich bin inzwischen geneigt, vielleicht wirklich eine Beratung zu machen, vielleicht, um eine Einschätzung zu kriegen, auf welcher Seite des Grats ich mich gerade befinde, vielleicht auch einfach, um mich zu informieren, damit ich weiß, was tun, wenn es nötig werden sollte. Wenn ich darüber nachdenke, passt der Gedanke, den ich weiter oben geschrieben habe, der mir auch beim Schreiben erst gekommen ist, vielleicht wirklich: Ich handle irgendwie "vorsorgend", um im Falle des Falles vorbereitet zu sein.
Eigentlich wollte ich alles schon gestern Abend geschickt haben, aber dann kam so eine Welle an "ich will nichts mehr hören und sehen" über mich, so dass ich einfach nur noch ins Bett gegangen bin.
Eigentlich wollte ich mich auch entschuldigen dafür, dass ich soviel über mich schreibe, so viel Raum einnehme hier. Aber das ist ja irgendwie auch der Sinn des Forums, da muss ich mich erstmal dran gewöhnen, dass ich mich hier zum Thema machen darf
Euch einen schönen Tag (die Sonne kommt wieder, fast schon wieder zu sehr ...)!
Samu
PS: Ich habe Jambas Frage ganz vergessen:
ICD:
https://de.wikipedia.org/wiki/Internati ... tsprobleme
Ich habe mal eine Ausbildung im Gesundheitsbereich gemacht, und der Begriff ICD ist da interessanterweise/komischerweise immer nur im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen genannt worden, auch wenn er ja eigentlich alle Krankheiten umfasst. Das steckt hinter den Nummern, die Ärzte gerne mal auf irgendwelche Unterlagen für die Krankenkasse schreiben