Zu zweit und doch allein...

waltraut
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Beitrag von waltraut »

Hallo Heike, wie geht es dir,und wie geht es deiner Mutter? Gruß Waltraut
heike56
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Beitrag von heike56 »

Liebe Waltraut, danke für deine Nachfrage. Ich bin selber erstaunt, wie stabil ich zur Zeit bin, denn die Diagnose bei meiner Mutter ist Darmkrebs. Am Montag wird die Darmspiegelung endgültige Klarheit bringen. Es wird auf jeden Fall operiert werden müssen. Der Krebs ist schon recht groß, aber konkretes werden wir erst nach der OP wissen. Ich fühle mich ihr jetzt nahe, wie schon lange nicht mehr. Ich merke, was sie für eine starke Frau ist, habe ich lange nicht mehr so gesehen, weil sie ja immer von meinem Vater vereinnahmt wurde, durch seine Demenz ist er absolut anhänglich. Er ist jetzt in der Kurzzeitpflege im selben Krankenhaus, aber er denkt fast nur daran was mit ihm ist und wird. Ich denke, es kommt auch durch sein Empfinden der eigenen Unfähigkeiten. Aber typisch für mich und andere Depressive, ich bin wieder bei den anderen (Vater) und nicht bei mir. Im Kopf wird es immer klarer, was ist. Weinen kann ich auch. Ich denke unter dem "Schutz" der Antidepressiva, breche ich nicht zusammen. Ich fange an, die Zeit bewußt wahrzunehmen, auch mal daran zu denken, dass meine Mutter irgendwann sterben wird. Und mich zu fragen, was würde es für mich bedeuten? Ich kann ihr sagen, dass ich sie liebe, anders noch als vorm halben Jahr. Was mich sehr stützt, ich habe einen Partner, der gerade jetzt besonders lieb mit mir umgeht. Meine Therapeutin bestärkt mich darin Grenzen zu haben. Irgendwo bin ich meiner Mutter ähnlich, viele meinen ich sei stark, dabei würde ich mich auch so gerne mal fallenlassen. Waltraut, ich habe die Beiträge nicht mehr so regelmäßig gelesen, wie geht es dir? Liebe Grüsse an dich Heike 56
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Liebe Susan, du kannst stolz sein... das hast du mir wiederholt geschrieben. Aber ich empfinde das gar nicht so, ich bin froh darüber aber nicht stolz. Weil es keine Leistung aus freien Stücken ist sondern eine zwangsläufige Entwicklung- dem Druck des Leidens folgend. Ich habe dadurch auch etwas kapiert: Menschen sind träge in ihrer geistigen Haltung und wenn nicht ab und zu eine Katastrophe über sie hineinbrechen würde, gäbe es kaum Veränderung und Entwicklung- weder individuell noch gesellschaftlich. Susan, natürlich kenne ich das Gefühl von Nutzlosigkeit, überflüssig zu sein- es ist ein Leitsymptom praktisch jeder Depression und ich glaube, darin drückt sich etwas ganz Wichtiges aus: Das Wertesystem des Kranken, der glaubt, sein Wert bestehe im Funktionieren und Geben und weil er das nun nicht mehr kann, ist er folglich wertlos. Mein Wahn der Wertlosigkeit ging soweit, dass ich mich an den Gedanken klammerte, durch Suizid meine Familie über die bestehenden Lebensversicherungen entschädigen zu können für mein Versagen! Andere Menschen sind sich auf natürliche Weise darüber klar, dass sie einen Wert an sich darstellen, der nicht immer aufs Neue bewiesen werden muss und gehen so ganz anders durchs Leben. Die Depr. konfrontiert auf äußerst brutale Weise mit dieser fragwürdigen inneren Einstellung, aber vielleicht nur so können wir verstehen und nicht so leicht vergessen. Ich wollte noch was zum Panzer sagen.. Ich habe es nicht so gemeint, dass dein Wunsch nach einem Schutz nicht o.K. wäre- das ist er ganz sicher. Wenn du diesen Wunsch nicht hättest, hättest du dich schon aufgegeben und dein Entschluss, dich zeitweise in die Klinik zurückzuziehen, entspricht ja diesem Schutzbedürfniss. Es gibt Zeiten im Leben, wo man in Ruhe Bilanz ziehen muss, wo man die Klausur braucht und den Rückzug vom Alltag, damit Klarheit entstehen kann und ich wünsche dir von Herzen, dass dir das gelingen wird und dass dir daraus die Kraft wächst, die notwendigen Veränderungen im Leben anzugehen- nicht nur im äußeren Leben sondern vor allem im inneren. Liebe Grüße! Thomas
susan
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Beitrag von susan »

Lieber Thomas, Danke für Deine lieben Zeilen. Ich habe das auch nicht so wörtlich gemeint mit dem "stolz sein". Natürlich hast Du recht, wenn Du sagst, Du bist froh über die Veränderungen, die Deine Krankheit hervorgebracht hat. Es ist doch aber sicher bei Dir auch so, daß Du zeitweise gespürt hast, daß Dein Weg, den Du gehst, der stolprig und voller Hindernisse ist, lang ist und Du zwar ein Stück des Weges schon hinter Dir hast, aber Du fühlst auf der anderen Seite auch, daß da noch ein großes Stück Weg vor Dir liegt. Und da habe ich zur Zeit bei mir das Gefühl, ich bin auf dem richtigen Weg. Ich habe mich weiterentwickeln können durch die Krankheit, bin auf dem Weg zu mir.... Und es macht mich in gewisser Weise stolz, ich bin einfach stolz auf das, was ich erreicht habe (das hängt nicht immer mit der Krankheit zusammen) und durch dieses positive Gefühl ändert sich mein Befinden. Ich fühle immer mehr, ich bin nicht wertlos, hilflos, klein und wenn diese Gefühle dann wieder hochkommen, weiß ich, da ist noch etwas, was ich ändern muß, damit es mir besser geht. Liebe Grüße wünsche Dir noch einen schönen Tag Susan


susan
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Beitrag von susan »

Liebe Waltraut, ich finde es lieb von Dir, daß Du versucht hast etwas über die Kliniken rauszufinden, die den Partner mit einbeziehen in die Therapie. Unabhängig von meiner Entscheidung, es in einer psychosomatischen Klinik zu versuchen, wäre es toll, wenn Du was rausfindest, wenn Deine Bekannte wieder zu erreichen ist, das Du mir dann Bescheid gibst. Ich habe zwar den Wunsch, etwas zu tun für meine Beziehung, aber zur Zeit bin ich festentschlossen, in erster Linie was für mich zu tun. Wir haben morgen den Termin bei der Familienberatung, aber das ist wie vieles andere auch schon in m e i n e r Aktivität zu verdanken. Mein Mann nimmt da die passive Rolle ein. Er läßt mich organisieren... Ich weiß, es wäre vernünftiger, ihn mal machen zu lassen, abzuwarten, aber ich kann das nicht, habe keine Geduld, will, das sich was bewegt. Nun will ich diesen Termin mit ihm wahrnehmen und sehen, ob er sich weiterhin passiv verhält. In diesem Fall werde ich dann noch mehr für m i c h tun. Danke für Deine lieben Wünsche Liebe Grüße Susan


maja
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Beitrag von maja »

Liebe Susan! Ich wünsche Dir und Deinem Mann,daß der termin morgen Abend euch beide auf Eurem Weg ein Stück weiter nach vorne bringt,sodaß ihr hoffen könnt. und ich finde es toll,daß Du sagst,jetzt bin ich dran,ich mache etwas für mich.Gruß Maja
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Maja, danke für die lieben Worte. Ich bin ganz schön durcheinander wegen morgen, da kommt auch noch oft das Gefühl der Sinnlosigkeit und Resignation in mir hoch...Es geht wieder mal rauf und runter. Freue mich übrigens sehr, daß es Deinem Sohn besser geht. Weiterhin alles Gute! Liebe Grüße Susan


waltraut
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Beitrag von waltraut »

liebe Susan, ich glaube nicht,daß es vernünftiger wäre,deinen Mann alles organisieren zu lassen. Abgesehen davon,daß Männern so ein Schritt sowieso viel schwerer fällt,ist es ja so,daß du den starken Leidensdruck spürst,der dich dazu bringt,eine Veränderung in Angriff zu nehmen. Gut jedenfalls,daß du dich entschlossen hast,etwas zu machen,notfalls auch allein. Ich versuche,die Adresse der Klinik für dich in Erfahrung zu bringen. Bitte geh nicht mit zu großen Erwartungen zur Therapie. Es kann dauern,bis dein Mann mitzieht. Hauptsache,etwas fängt an zu rollen. Alles Liebe Waltraut
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Maja, danke für deine Nachfrage,obwohl doch jetzt mit deinem Sohn genug um die Ohren hast! Ich würde sehr gern über meine Ehe hier sprechen,aber es ist kein schönes Thema. Ich fühle mich da sehr schuldig,lieblos und egoistisch.Ich habe heute im thread "Beziehungen.." an Thomas darüber geschrieben,vielleicht magst du es da mal nachlesen?? Später kam mir noch ein Gedanke: ob mein Herumhacken auf meinem Mann wie auf meiner Mutter damit zu tun haben kann,daß ich zu wenig Distanz zu ihnen habe,d.h.daß ich mich über alles,was sie meiner Meinung nach nicht gut oder richtig machen,aufrege,weil ich mich für sie schäme (wozu es keinen wirklichen Grund gibt)? Ich bin sehr abhängig von beiden und kämpfe mit falschen Mitteln dagegen an. Vielleicht erfahre ich durch eure Reaktionen etwas,was mir weiterhilft... Lieben Gruß Waltraut
Monika 44

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Beitrag von Monika 44 »

Hallo Waltraut, wie alt ist denn Dein Sohn? Ich entdecke viel Gemeinsames was Du so von Deiner Ehe erzählst! "Ich bin minderwertig, dann muss es jemand der mich mag auch sein" Uiuiuiui-puh das hat gesessen! Vielleicht können wir uns beide mehr öffnen was dieses Thema angeht? Auch für mich ein sehr schwieriges Thema wo ich mich nicht fallen lassen kann! Meine Mutter ist weit weg -anders wärs lebensgefährlich für mich! Gruss MOMO
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Momo, ja ich würde mich gern mit dir austauschen. bisher kenne ich niemanden,der ein ähnliches Problem hat. Ich habe übrigens keine Kinder,in meinem Brief bezog ich mich auf majas Sohn,der einen Unfall glücklich überstanden hat. Mein Mann brachte eine Tochter mit in die Ehe (die ältere war gerade tödlich verunglückt) und wir haben inzwischen zwei geliebte Enkelkinder. Heute schaff ich nicht mehr.. Auf bald, Waltraut
Regina Geissler
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Beitrag von Regina Geissler »

Hallo zusammen,hab lange nicht geschrieben.Es gibt ein LIed das heißt ohne dich kann ich nicht leben aber mit dir geh ich ein,ohne dich bin ich verloren manchmal möcht ich einfach schrein.Der Tag an dem du von mir gehst wird ein neuer Anfang sein.Ohne dich bin ich verloren ich bin allein.Hab mich gerade von meiner dritten festen Beziehung lösen können verschweige grundsätzlich meine Gefühle doch wenn ich sie rauslasse werden sie mißbraucht und das vertrauen ist futsch.Ich sollte eigentlich in den keller gehen den wenn ich ans Tageslicht komme wird mir das immer wieder passieren.Wir sind alle Engel und zu gut für diese Welt uns hat bestimmt niemand vor dem Teufel gewarnt.Regina
Monika 44

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Beitrag von Monika 44 »

Hallo Waltraut...ja hab nochmal nach gelesen...wieder nur die Hälfte kapiert... Habe meinen Mann damals geheiratet weil er es unbedingt wollte..hört sich bescheuert an ist aber die Realität. Ich kenne mich un weiss das ich für die Ehe nicht geschaffen bin! Er hat so rumgebettelt das ich mir dann gedacht habe ich sei nicht normal weil ich es nicht möchte...verstehst Du? Heute könnt ich mir dafür in den A....beissen dafür das ich nicht auf meine innere Stimme gehört habe! Liebe Waltraut, ich kann oft auch nicht schreiben...fühl mich dann völlig ausgebrannt! Gruss MOMO
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Heike, ich möchte dir sagen,daß ich viel an dich und deine Mutter denke,wie es ihr wohl geht und wie du damit klarkommst. Ich freue mich,daß du von deinem Partner und der Therapeutin unterstützt wirst. Und ich finde es ganz natürlich,daß du dir auch um deinen Vater Gedanken machst. Daß du deiner Mutter zeigen kannst,was sie dir bedeutet,ist sicher eine große Hilfe für euch beide. Ich weiß nicht,ob ich dir geschrieben habe,daß mein Mann auch Darmkrebs hatte. Er brauchte noch eine Chemo,was mich zuerst sehr beunruhigt hat,aber es ist alles prima geworden. Er fühlt sich wohl.. Du fragst,wie es mir geht. Es geht mir gut. Ich habe so viel gelernt hier durch euch und so viel Herzlichkeit erfahren. Und ich kann einiges davon in die reale Welt übertragen. Ich bin dabei,die Beziehung zu meinem Mann ganz neu zu beginnen. Wünsch mir Glück dafür! Auch mit meiner Mutter geht es zur Zeit besser.Allerdings ist sie weit weg,das macht es einfacher. Ich bin wirklich glücklich über die Begegnungen,die ich hier im Forum habe. Und ich schau jetzt auch die Menschen in meiner Umgebung mit anderen Augen an und denke darüber nach,was jeder wohl so mit sich rumschleppt... Einen lieben Gruß Waltraut
heike56
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Beitrag von heike56 »

Ihr Lieben, zur Zeit verstärkt sich meine Depression wieder sehr. Aber vielleicht kein Wunder, für Montag ist die OP bei meiner Mutter angesetzt. Wir fahren am Wochenende hin, sind gut 250 km von hier nach Hamburg. Ich bin zu keinem klaren Gedanken fähig zur Zeit, kann mich selbst aus dieser belasteten Stimmung nicht rausholen ( z.B. versuche es doch positiver zu sehen, rechne nicht immer gleich mit dem Schlimmsten) dafür fehlt mir die Kraft. Zu Hause habe ich keinen Schwung Dinge zu tun, bin froh, wenn ich mich nach der Arbeit aufs Sofa legen kann. Während ich hier schreibe, kann ich zum ersten Mal weinen, aber alle anderen Gefühle sind nicht erkennbar, nur bedrückt fühle ich mich. Aber irgendwie ist es für mich auch wichtig sie vor der OP zu besuchen. Liebe Waltraut und auch ihr anderen, die an mich denkt, es ist unheimlich schön zu wissen, das andere auch an mich denken. Sonst war es bisher oft so, dass ich mich um andere gesorgt habe, andersherum kenne ich es kaum. Was mir wichtig ist, ist das Wissen, dass es für mich wieder besser wird,dass dieses nicht mein Normalzustand ist. Liebe Waltraut, dir wünsche ich ganz viel Glück für die Neugestaltung der Beziehung zu deinem Mann. Lieben Gruss von Heike56
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Liebe Heike, tut mir sehr Leid, dass du so drinhängst.... Thomas
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Heike, ich wünsche Dir die Kraft, alles durchzustehen.Weine so oft Du kannst, mir wird dadurch immer etwas "leichter" ich denke an dich Alles Gute Liebe Grüße Susan


waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Heike, verlang nicht von dir,daß du jetzt immer die Starke bist. Da hilft kein positiv denken,es ist einfach ein schrecklicher Schwebezustand,bis du wenigstens Genaueres weißt.Es ist ein Schock, den du erst verkraften mußt. Alles Liebe Waltraut
heike56
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Beitrag von heike56 »

ich bin gerührt, herzlichen Dank euch allen. Melde mich wieder! Heike56
panda56
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Beitrag von panda56 »

hallo heike, ich wünsche dir auch viel kraft für die nächsten wochen,ich denke an dich. gruss panda
heike56
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Beitrag von heike56 »

Hallo ihr Lieben, ich bleibe unter dieser Überschrift, obwohl es nicht ganz trifft. Ich war meine Eltern besuchen. Ich bewundere die Stärke meiner Mutter, wie gefaßt sie ist. OP ist auf morgen verschoben worden. Was mich total erschüttert hat, wie mein Vater mit ihr umgeht. Er ist dement und depressiv ( wie weit die Demenz wirklich ist, weiß ich nicht). Er ist jetzt im Altenwohnheim, so lange meine Mutter im Krankenhaus ist. Er nervt ständig rum, dass sie für ihn die nächsten Tage nicht erreichbar ist (er kann schlecht laufen). Er kann sich nicht beschäftigen, er hängt wie eine Klette an ihr. Es macht den Eindruck, dass er ihr böse ist, dass sie krank geworden ist. Ich hatte noch eine Unterhaltung mit meinem Vater über sein Verhältnis zu mir in der Kindheit. Er hat immer nur gearbeitet und sich nicht um mich gekümmert. Ich habe ihn jetzt gefragt, was hattest Du denn für eine Beziehung zu mir. Seine Antwort, keine, ich hatte ja immer so viel zu tun. Auf meine Frage, ob er sich vorstellen könnte, dass ich etwas vermisst hätte, kam die Antwort, nein, Du hast es doch nie anders kennengelernt. Damit war das Thema erledigt. Und heute tut er so als ob er mich über alles liebt. Ist vielleicht für ihn wahr. Einerseits bin ich von dieser Erkenntnis erschüttert, auf der anderen Seite wird mir vieles schlagartig klar. Warum ich meine Bedürfnisse verleugnet habe, um von Männern gemocht zu werden. Warum ich vor 10 Jahren, ich war schon depressiv, ganz tief abgestürzt bin, als eine evt. Trennung von meinem Freund im Raum stand. Und es sind noch einige andere sehr tiefsitzende Ängste damit verständlich geworden. Lange Zeit habe ich geglaubt die Depression bei mir ist eine reine Stoffwechselerkrankung. Ich glaube jetzt, dass zwar die Veranlagung da ist, aber meine Lebensumstände es sehr gefördert haben. Ich musste es mir einfach mal von der Seele schreiben. Verletzungen oder Defizite in der Kindheit scheinen doch einen Einfluß auf diese Erkrankung zu haben. Ich bin immer unsicher ob so etwas hier hingehört. Ob andere diese Erfahrungen überhaupt interessieren (wieder typisch depressives Denken). Liebe Grüsse an alle von Heike56
heike56
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Beitrag von heike56 »

Was mir noch dazu einfällt, wo bleiben die Aggressionen bei mir? Ich kann alles immer so hervorragend verstehen. Vielleicht ist die Erkenntnis noch zu neu. Heike
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Heike, das Forum ist für uns da und deshalb gehört auch alles hier rein,was einen von uns beschäftigt. Aber das weißt du ja eigentlich... Daß dein Vater die Mutter und dich jetzt so im Stich läßt,tut sicher sehr weh. Und es wird dich auch nicht sehr trösten,daß er vermutlich nichts dafür kann. Er hat dich halt schon dein Leben lang im Stich gelassen. Die Verschiebung der OP ist nervenaufreibend,wir haben das auch erlebt. Die Ereignisse aus der Kindheit sind so stark,selbst wenn es keine Ereignisse sind,sondern nur Versäumnisse oder Mißverständnisse.Du schreibst,daß du immer alles verstehst und die Aggressionen vermißt. Bei mir ist das ähnlich und doch anders. Ich habe so sehr immer die anderen verstanden,daß es dazu geführt hat,daß ich ständig die Seiten gewechselt habe,was ich mir als Charakterschwäche ausgelegt habe. Max hat in dem neuen thread über Akzeptanz davon gesprochen,daß man sich treu bleiben muß. Das versuche ich zu lernen. Aggressionen habe ich mehr als genug. Aber - ich lasse sie an völlig falscher Stelle raus. Dort wo es drauf ankäme,bin ich stumm. Kann es sein,daß du deine Aggressionen noch nicht spürst bzw.daß sie nur gegen dich selbst gerichtet sind? Lieben Gruß Waltraut
Thomas

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Beitrag von Thomas »

Liebe Heike, und ob das hierher gehört, warum zweifelst du? Das muss dich erschüttert haben, von deinem Vater so etwas zu hören und es ist ebenfalls erschütternd, dass er nicht erfassen kann, was das mit dir gemacht haben muss. Aber Erschütterungen sind einfach notwendig, damit das Zerrbild, das man sich gemacht hat von sich und der Welt, ins Wanken gerät. Diese Verletzungen aus der Kindheit fangen ganz, ganz früh an und ebenso früh lernt man auch, sich innerlich hart zu machen, um den Schmerz nicht zu spüren. Da entsteht eine Art der Wahrnehmung, ein Filter, der uns das ganze Leben über begleitet und uns immer wieder in die gleichen Fallen tappen lässt. Gerade dann, wenn man von den Eltern abgelehnt wird, nicht wahrgenommen wird, geht die Wut verloren und wird durch Traurigkeit ersetzt.. Mir geht es heute noch so, dass ich einfach traurig werde anstatt wütend, obwohl eindeutig Wut die angemessene Reaktion wäre. Fühle ich mich z.B. im Geschäftsleben betrogen, werde ich traurig, nicht etwa wütend! Man interpretiert vieles als Wiederholung der alten Ablehnung, erlebt so immer wieder die alten Schmerzen. Dass dein Vater dich nicht wahrgenommen hat ist die eine Seite des Problems- dazu kommt aber sicher noch, wie es deine Beziehung zu deiner Mutter geprägt hat und welche Rolle du damit in der Familie gespielt hast. Denn dein Vater verhält sich bestimmt nicht erst seit heute so egoistisch auch deiner Mutter gegenüber. Bei mir kommt noch dazu, dass meine Wut von meiner Mutter aufs Gemeinste unterdrückt wurde, ich habe mal darüber geschrieben in "Wut und Aggression". All diese Zusammenhänge waren mir absolut nicht klar bis ich 40 jahre alt war und meine erste Depr. ausbrach. Ich meinte wirklich, die beste aller Mütter gehabt zu haben, dabei war sie als Mutter das Allerletzte. Eine Freundin von ihr behauptet sogar, sie habe mich als 2-Jährigen einfach ans Tischbein gebunden, wenn sie fortging. Das wird natürlich alles zugeschüttet, besonders wenns so arg lange her ist, aber es hat uns geprägt und auch krank gemacht, da kannst du dir sicher sein! Ich schreib mich richtig in Rage, dabei müsste ich doch arbeiten- aber der Chef hats eh schon gemerkt, das bin ich nämlich selber (hi,hi). Jedenfalls, mich interessiert das Thema sehr! Herzliche Grüße von Thomas
heike56
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Beitrag von heike56 »

Ihr Lieben, noch eine neue Info. Gestern Abend hat meine Mutter es geschafft meinen Vater zur Einnahme von Melperon-Saft(dämpfendes Neuroleptikum) zu überreden,( hatte er vor einigen Tagen von seiner Neurologin zur Stabilisierung verordnet bekommen). Heute hat er es weiter genommen. Ich habe heute Abend auch mit ihm telefoniert und die ganze Situation sieht er schon gelassener. Ich konnte vernünftig mit ihm reden, es ist total erstaunlich. Aber das Problem war, er wollte dieses Medikament nicht einnehmen, weil er sonst keinen Alkohol trinken könnte (seinen größten Seelentröster). Jetzt macht er beides. Aber der Alkoholkonsum sinkt, so hoffe ich, wie das Medikament wirkt. Ich wünsche euch eine gute Nacht. Ich bin jetzt schon sehr müde. Wie schön, dass es euch gibt! Heike 56
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