Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Gerbera
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Pia,

ganz ehrlich, ich würde mit Deinem Mann nicht leben können, wäre längst gegangen, denn sonst wäre ich mit ihm untergegangen. Ich bewundere Dich, wie Du es hingekriegt hast, bis heute zu ihm zu stehen. Hartes Brot!

Ich verstehe Deinen Zorn, Deine Enttäuschung, Deinen Sarkasmus oder auch Galgenhumor sehr gut. Du hast mein ganzes Mitgefühl. Leider ändert das nichts an Deiner Situation.

Genau wie Du kann ich ein "ich kann nicht" sehr viel besser akzeptieren als ein "ich will nicht". Nur, wo ist die Grenze? Keiner von uns kann in einen Anderen hineinschauen, sehen, was wirklich in ihm vorgeht.

Vor etwa 15 Jahren hatte ich einen Kollegen im Zimmer, der chronisch depressiv war und nur dann mit mir geredet hat, wenn die andere Kollegin nicht im Raum war. Irgendwann hat er zu mir gesagt: "Solange DIE da ist, fällt hier herinnen kein privates Wort." Daraufhin habe ich mich erfolgreich um den Umzug in ein anderes Zimmer bemüht. Kollegin 2 hat weiter vor sich hingelitten in der eisigen Atmosphäre...

Dein Wunsch nach Verstehen, ist für mich gut nachvollziehbar. Geht mir genauso. Ich wollte und will meine Krankheit verstehen und die Reaktion mancher Menschen darauf, Du Deinen Mann. Aber vielleicht muss man gar nicht alles verstehen, sondern manches schlicht und einfach akzeptieren. An diesem Problem arbeite ich noch.

Ich schicke Dir eine herzliche virtuelle Umarmung und verabschiede mich erstmal aus diesem Thread.

Viele Grüße - und vergiß nie, auf Dich selbst zu achten, verliere Deine Wünsche und Träume nicht aus den Augen, lebe DEIN Leben, nicht das Deines Mannes.

Gerbera
Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia, liebe alle hier,

>> Bluemli, ich wollte noch nie im leben, dass mein mann seine meinung versteckt, ich bettle seit jahren darum, dass er eine meinung hat.
Er hat aber keine.<<

An diesem Beispiel werde ich jetzt einen Gedanken etwas überziehen, welcher von Dir liebe Pia evtl. meilenweit weg ist, auch wenn ich es an Deinem Beispiel aufhänge. Wenn es für Dich nicht stimmig ist, dann lass dies bitte links liegen und fühl Dich nicht angesprochen.

Er hat eine Meinung, kann sie aber inzwischen gar nicht mehr an sich selbst wahrnehmen und deshalb auch nicht äußern. Es wird aber immer wieder von ihm eine Meinung erbeten... wird also nicht als derjenige gesehen, der an dem jetzigen Punkt keine Meinung mehr hat oder äußern kann.

Pia, ich nehme Dich sehr ernst in Deinem Bedürfnis ! : "jetzt endlich bin ich dran" ( ich hab im übrigen den Titel des Buches " Jetzt geht es um mich" genauso auf mich bezogen ! )

... und überhaupt war dies genau einer der wichtigsten Punkte, die ich in der Auseinandersetzung in den letzten Jahren hier für mich begriffen habe.
Es geht IMMER nur um MICH .... das DARF auch so sein (trotz völlig gegen meine Erziehung ! ) .... ich denke inzwischen sogar, dass, alles und jedes und überhaupt das ganze Leben, sich alles um mich dreht und alles nur von mir aus gehen kann...
Weil... jedes meiner Denken und Handlungen hat den Ausgang aus/von mir, versuche ich dieses Prinzip zu verlassen, muss ich mich selbst verlassen/ vergessen. .... wie krank ist eine Gesellschaft, die genau das vom einzelnen will und wie logisch ist es, dass so eine Gesellschaft auch soviel Krankhaftes hervorbringt.

Liebe Pia, wenn ich Dich jetzt in den Arm nehmen könnte, würde ich dies gerne tun. Ich weiß wie verzweifelt Du, mit allem was Du hast, für diese Beziehung kämpfst. Gleichzeitig würde ich Dich gerne etwas aufrütteln.... es geht nicht darum, dass Du ihn immer noch mehr in seiner Krankheit sehen und verstehen sollst. Ich meine, dass Du ihn "leichter lassen könntest", wenn Du ihn "für voll nehmen" würdest, ohne jegliche Begründung und Entschuldigung. Ich hab es schon irgendwo geschrieben. Ich meine, dass ein "So-sein" keiner Entschuldigung bedarf, es ist einfach so.
UND, das Wichtigste, Du könntest endlich Dich und Deine Bedürfnisse für ebenso voll nehmen.

Das Schwere für Dich ist, so denke ich, dass, wenn Du Dich und Deine Bedürfnisse für richtig voll nehmen würdest, es evtl. tatsächlich zu einer eindeutigen Veränderung in eurer Beziehung käme. Pia.... ich würde Dir soooo gerne helfen.... ich kann Dir nachfühlen !

Wenn Du es von mir zulässt, dann schick ich Dir eine ganz feste und herzliche Umarmung, die zumindest in dem Moment des Umarmens, wenigstens ein klein wenig mittragen kann.



Nachfolgendes bezieht sich jetzt auf Teile von Beiträge, in denen es explizit um "Depression ist eine/keine Krankheit " ging.

Ich kann nicht verstehen, dass es für manchen Betroffenen angenehmer ist erst sein "So-Sein" als makelhaft definiert zu bekommen (Krankheit) um dann im Anschluss daran an sich arbeiten zu müssen, um von dem Eigenbild des persönliches Makel wieder wegzukommen.
Warum müssen wir in unserer Gesellschaft alles und jeden ein und zuordnen und diese Ordnung auch noch mit Wertigkeiten versehen (Wertigkeiten sind für mich in diesem Falle krank - gesund, stark - schwach, erfolgreich - versagen) ??

Wäre es nicht einfacher zu versuchen jeden so zu sehen wie er ist ( ohne all diese Zuordnerei) ich denke, dass sich daraus ganz ganz viel verändern würde und zwar...

Vielleicht gehe ich hier jetzt besser wieder in die ICH-Schreibweise.
Für mich hat sich ab da, wo ich meinen besonderen Freund versuchte so zu sehen wie er war - und damit meine ich, dass ich keine Entschuldigungen (Krankheitserklärungen) mehr brauchte, um irgend welche für mich Andersartigkeit ( z.B. depressives Verhalten) an ihm zu akzeptieren - mein Erwartungsverhalten geändert.
Nicht, dass ich eine "Muttertheresa" geworden wäre, im Gegenteil... denn, wenn ich ihm seine Wertigkeit geben kann, kann ich sie mir selbst gegenüber in solchen Punkten, wie z.B. meine Bedürfnisse, auch viel eher geben. Heißt, dass ich meine Erwartungen an ihn, anders stellen konnte, da es um meine Bedürfnisse ging und nicht um eine Änderung, die ihn in seinem "So-Sein" betraf. Aber gleichzeitig war damit auch für ihn klar, dass es um ein Bedürfnis von mir ging und nicht um ein "falsch sein" auf seiner Seite.

In meinen Augen eigentlich nichts anderes, als auf was die "gewaltfrei Kommunikation" aufbaut. "*zuhören, was der andere sagt*" - "*sehen was und wie der andere ist*" ; "*meine Erwartungen an den anderen über meine eigenen Bedürfnisse definieren und äußern*"

Herzliche Grüße

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Nachtflug
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo,

@Pia: Habe gerade gelesen, wie dein Mann auf die Ergebnisse reagiert hat (hatte ich wohl vorher überlesen). Ich habe mir zwar auch manchmal im ersten Moment gewünscht, nur schlechte Blutwerte zu haben (da besser behandelbar), aber mich dann doch gefreut gesund zu sein. Komplett den Kopf jetzt in den Sand zu stecken, weil man gute Ergebnisse bekommt - finde ich auch sehr komisch. Ich finde deinen Frust da wirklich berechtigt.
Du kannst nur hoffen, dass er es vielleicht morgen oder so anders bewertet und die richtigen Schlüsse zieht. Wenn nicht - naja, dann ist er wohl immer noch nicht bereit, sich seiner Erkankung zu stellen. Ich denke, das ist ein ganz gewaltiges Problem! Dein Mann ist schließlich kein Ersterkrankter, der vollkommen verwirrt ist und noch nie gehört hat, was nicht stimmt. Er lebt in einem Land mit den medizinischen Möglichkeiten, sich behandeln zu lassen, tut es aber nicht. Und er ist gerade nicht so krank, dass er unzurechnungsfähig ist. Und ich denke, nachdem was du erwähnt hast, ist das Problem nicht nur seine Krankheit - sondern sein Lebensstil. Den er nichtmal VERSUCHT zu ändern. Ich finde du musst ihn wirklich nicht in allen Bereichen zu jederzeit als Kranken sehen. Es gibt manchmal Zeiten und Gebiete, auf denen er durch seine Krankheit behindert (aber auch nicht unbedingt gänzlich VERHINDERT ist). Vollkommen verhindert ist man in Phasen, in denen man kognitiv gar nichts mehr hinbekommt. Und mit einer Behinderung kann man schließlich leben lernen und sich darauf einstellen. Notfalls mit Hilfe des Krankenstatus (kein Arbeitsdruck mehr etc.). Man sollte zumindest versuchen, die gesunden Seiten abseits der Behinderung zu stärken und Strategien entwickeln, mit der Behinderung umzugehen bzw. die Auswirkungen auf die möglichen Lebensbereiche möglichst klein halten.
Auch bei körperlichen Behinderungen müssen das Menschen bis zu einem gewissen Grad tun, um sich Lebensqualität zu erhalten. Oft braucht man viele Jahre dazu, um sowas einigermaßen zu akzeptieren und damit umgehen zu lernen. Und manche, die arrangieren sich nie damit, (meine ich nicht als Vorwurf).


@ Blümli_
Vielleicht kommt das auch immer auf die Art von Depression an.
Ich habe die Depression NICHT als meine Persönlichkeit erlebt, sondern etwas, das über Nacht von einen Tag auf den anderen über mich hergebrochen ist.

Und ja - ich finde den Begriff "Krankheit" zumindest bei einer schweren Depression wichtig. Wäre man nicht krank, bräuchte man auch keine Medikamente, um da wieder rauszukommen...Ein Nicht-Diabetiker braucht schließlich auch kein Insulin.

Ich brauchte in meiner schweren Phase 5 Stunden (!) um aufzustehen, 2 Stunden (!) um es zu schaffen, duschen zu gehen und konnte kaum einkaufen gehen oder was essen. Zusätzlich habe ich mich ständig verlaufen, alles mögliche vergessen, verloren und konnte fast gar nicht mehr sprechen (!) - und das obwohl ich sehr gerne soziale Kontakte pflege im "Normalzustand". Ich habe alle meine sozialen Kontakte abgebrochen, weil es nichtmal mehr geschafft habe zu telefonieren. Studiumstechnisch habe ich einen ganzen Tag (!!!) gebraucht, um eine halbe Seite zu lesen, um sie dann doch nicht zu verstehen. Im Normalzustand liefere ich meistens eher überdurchschnittliche Leistungen ab.

Geschlafen habe ich am Anfang nicht mehr als 2-3 Stunden über viele Wochen (!!) oder dann später mehr als 14 Stunden am Tag (Komaschlaf, ohne Möglichkeit vorher aufzustehen).

Sorry, aber bei sowas finde ich es komisch zu sagen "naja, muss unsere Gesellschaft immer alles pathologisieren...". Das ist pathologisch, weil die körperlichen Grundbedürfnisse und -funktionen nicht mehr vorhanden sind - so sehr man sich anstrengt, man kommt da alleine nicht mehr raus. Außer man hat das Glück, dass es vielleicht nach 1-2 Jahren von selbst abklingt (um dann potenziell nach ein paar Jahren wieder zu kommen).

Ich verstehe es bei leichteren psychischen Erkankungen oder leichten Depressionen über den Krankheitsbegriff zu diskutieren (vielleicht auch noch bei mittelschweren, die nur einmalig als Lebenskrise aufgetreten sind und wirklich nie wieder kommen).

Aber nicht bei klinischen Depressionen, bei denen z.T ansonsten fröhliche, selbstständige Menschen auf einmal komplett verwahrlosen können und starke kognitive Einschränkungen haben (die man durch den veränderten Hirnstoffwechsel - durch welche Ursachen auch immer herbeigeführt - auch erklären kann).

Was man nicht vergessen darf: Der Krankheitsbegriff ermöglich auch Erleichterungen wie Schwerbehindertenausweis, Verrentung, medizinische/soziale Behandlung. In unserem gegenwärtigen Sozialsystem wäre das weniger schön, als psychisch ernsthaft Erkankter einen Nicht-Kranken-Status zu haben. Dann wäre man einfach nur faul, oder ein Spinner. Aber Tatsache ist doch, dass es zwar auch Leute gibt, die darin verharren - aber auch sehr viele Menschen, die kämpfen und kämpfen und kämpfen und es wird nicht besser. Leider.

Ich habe durch meinen Krankheitsstatus in meinem ersten Studium Erleichterungen (Hürdenaufschub) bekommen. Hätte ich die nicht bekommen, dann wäre die ganze Siutation für mich wirklich ganz eskaliert. Und ich hätte es auch ungerecht gefunden - schließlich habe ich es mir nicht ausgesucht, eine psychische Krankheit zu bekommen und auf einmal nichts mehr in meinem Leben gebacken zu kriegen, was ich vorher mit links gemacht habe.

Es mag sein, dass für mich als Bipolare die Situation nochmal anders ist - da es selbst mit Therapien keine Heilung, sondern nur Linderung gibt. Aber soweit ich weiß gibt es das bei unipolaren Depressionen auch: schwere, rezidivierende Depressionen, die immer wieder alle paar Jahre auftreten und schwer beeinträchtigen.
Zwischen den Phasen ist dann alles wieder normal, man fühlt sich gesund und lebt normal. Depressive Verhaltensweisen hat man auch nicht unbedingt in diesen gesunden Phasen.

Also mir haben andere Betroffene gesagt: "Schön, dass du deine Verhaltensweisen geändert hast, das hilft dir vielleicht, um besser mit der Krankheit umgehen zu können oder nicht so schnell wieder zu erkranken. Aber im Endeffekt ist es deiner Krankheit dann doch egal. Setzt du die Medikamente ab, wirst du früher oder spätere wieder eine Phase entwickeln - wenn du Glück hast später. Egal was du alles geändert hast."

Ich weiß jetzt nicht inwiefern das für Leuten mit mehreren unipolaren depressiven Phasen gilt. Aber soweit ich weiß macht man bei denen nach einer gewissen Phasenanzahl auch im gesunden Zustand eine Art Phasenprophylaxe. Ein nach Definiton gesunder Mensch, würde wohl kaum ständig auf Medikamente angewiesen sein...und die freiwillig bei den ganzen nicht immer super angenehmen Nebenwirkungen schlucken. Ich finde es auch schwer, einem Nicht-Kranken dann zu erklären, dass er diese Medikamente benötigt. Warum denn, wenn er nicht erkankt ist? Dann müsste er ja alles theoretisch auch so wieder in den Griff bekommen.


Liebe Grüße,
Nachtlfug
Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Nachtflug,

es tut mir leid, wenn Du Dich von meiner Definition "nichtkrank" in Deinem Leid nicht von mir gesehen fühlst. Das ist es aber überhaupt nicht. Ich habe eben eher das Gefühl, dass man mit dieser Definition ein "gesehen" vortäuscht.
Es ist mir jetzt schon zu spät noch genauer zu antworten, will dies aber morgen gerne noch tun.

Zu Deinen letzten Sätzen ist mir ein Zitat von Karl Valentin eingefallen, welches ich da sehr treffend finde. Ich hoffe Du kannst darin auch die Ernsthaftigkeit sehen, die ich darin empfinde und meinst nicht, dass ich mich nur lustig machen will. Das ist es auf keinen Fall !
>>Ich finde es auch schwer, einem Nicht-Kranken dann zu erklären, dass er diese Medikamente benötigt. Warum denn, wenn er nicht erkankt ist? Dann müsste er ja alles theoretisch auch so wieder in den Griff bekommen.<<
Zitat: ** Gar nicht krank ist auch nicht gesund **

Herzlichen Gruß

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Nachtflug
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo Blümli,

Erstmal danke für die Diskussion, ich finde nämlich, die bringt für beide Seiten oft etwas Konstruktives, auch wenn man verschiedene Positionen vertritt. Ich freue mich auf deine Antwort.

es geht mir nicht um ein Gesehen werden deinerseits Ich verstehe es schon so, dass du niemanden Leid absprechen möchtest. Dennoch ist die Negierung des Krankheitsbegriffs für mich keine Lösung, um mit allen psychischen Störungen adäquat umzugehen.
Ich habe ja auch begründet, warum der Einfluss von Verhalten für so eine Position nicht ausreicht.

Natürlich birgt der Begriff der Erkrankung auch Nachteile - wie etwa eventuelle vollständige Pathologisierung / "Entschuldigung" jeglichen Verhaltens. Ich finde aber, dass kann man durch Aufklärung umgehen. Deutliche Abgrenzung und auch z.T. deutliche Forderungen sind TROTZ der Krankheit hilfreich, kommt aber immer auf die Situation im Speziellen an. Ob gerade hochakut, auf dem Weg der Besserung, verharrend oder schon von selbst verzweifelnd kämpfend.

Ich erlebe es bei meiner Erkankung immer so, dass die meisten (natürlich nicht alle!) Betroffenen und Angehörigen, die den Krankheitsbegriff für ihre Problematik ablehnen, auch die Störung verharmlosen oder sie nicht akzeptieren. Das sind dann oft Angehörige, die Betroffene ermutigen nicht mehr zum Arzt zu gehen ("Psychiater sind ja eh keine richtigen Ärzte") oder die Medikamente abzusetzen ("Du bist nicht krank, du bist nur anders. Du musst das anders in den Griff kriegen").
Oder Betroffene, die schon das 10x Mal in ihrem jungem Leben in eine Manie rattern und Drehtürpatienten in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie sind. Weil sie jedesmal wieder die Medikamente absetzen - oder Dinge tun, die für "normale" Menschen vielleicht ok sind, für sie aber im Speziellem hochgefährlich.
Schließlich gelangen nicht wenige so in Geisteszustände, die in die komplette Unzurechnungsfähigkeit laufen und den Betroffenen und das Umfeld massiv schädigen.
Ganze Familien können im Endeffekt daran zerbrechen, sozial und finanziell. Es gibt sehr viele, die Behandlung mit der Begründung "Ich bin nicht krank" ablehnen und lieber ihr Leben vor die Hunde gehen lassen. Und sich wundern, dass die ganzen "soften" Methoden alleine nicht greifen.

Ich denke auch bei unipolaren Depressionen, kann es sehr heftig werden. Im Angehörigenforum waren ja auch schon Posts über Betroffene, die auf der Geschlossenen waren und kaum noch zu etwas selbst fähig. Das ist in dem Fall wirklich nicht nur ein falsch erlerntes Verhalten/Muster, solche Dinge können sowas höchstens mitverursachen, aber diesen Zustand nicht hinreichend erklären.

Wollte nur noch deutlich machen, dass es hier nicht (nur) um mich geht, sondern um etwas Allgemeines. Damit du dann auch auf das Wesentliche antworten kannst .

Liebe Grüße,
Nachtflug
Salvatore
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Salvatore »

Hallo Leute,

dann mische ich mich auch mal ein in diese schöne Diskussion.
Ich lese hier die vebreitete Meinung: wenn man nicht "krank" ist, dann ist man ergo auch nicht behandlungsbedürftig. Sehe ich nicht so: ich finde z.B. nicht, dass ein Beinbruch eine Krankheit ist. Trotzdem würde wohl jeder ohne zu zögern zustimmen, dass so etwas natürlich behandlungsbedürftig ist und Krankheitswert hat und in manchen Fällen sogar Medikamente verschrieben werden - solche wie Schmerzmittel.
Darüber, ob die Depression nun eine Krankheit ist oder nicht, möchte ich nicht diskutieren, denn das wurde hier bereits getan und dabei kam so etwas heraus:
Pia schreibt: das Ergebnis hat Krankheitswert. Und auch das sehe ich ganz genau so.
und erhält als Antwort: Wenn eine Depression so massiv ist, dass sie über körperliche / psychische Symptome bis hin zur längeren Arbeitsunfähigkeit führt, hat das für mich schon einen Krankheitswert
Schade, denn es wird um etwas gestritten, das überhaupt nicht strittig ist...

Was ich aber unbedingt noch sagen möchte (als Betroffene): ich musste lernen, dass ich nicht der Mittelpunkt des Universums bin. Ich kann nicht von meiner Umwelt verlangen, dass sie sich bitteschön zu meiner Zufriedenheit verhalten und auch noch von selbst wissen, wie das geht. Ich empfinde mich selbst auch als hochsensibel und manche Situationen sind schwer für mich. Aber das ist MEIN Problem und nicht das meines Umfeldes. ICH muss versuchen, damit klarzukommen.
Ich bitte manchmal mein Umfeld um Verständnis, wenn ich mich einer Situation entziehe - und muss damit leben, wenn ich es nicht bekomme, was manchmal der Fall ist.
Ich bitte sehr oft meinen Mann um Verzeihung, weil ich ihm im Gespräch nicht folgen kann. Meistens sieht er es mir nach, aber manchmal ist er darüber ein bisschen angefressen - auch damit muss ich leben.
Es steht mir nicht zu, irgendetwas zu verlangen.

Für manche Betroffene fehlt auch mir jegliches Verständnis: wenn nämlich jemand den ganzen Tag darüber jault, wie schlecht es ihm geht und gleichzeitig jegliche Hilfe ablehnt - mit welcher Begründung auch immer, ich kann nicht, mir kann eh keiner helfen, das ist doch nur was für Irre, ich hab Angst, die Möglichkeiten sind da ja vielfältig. (Ich hatte Phasen, da "konnte" ich nicht mal nach einem Glas greifen, um etwas zu trinken. Erstaunlicherweise bin ich trotzdem nicht verdurstet...)
Und dann wird noch jegliche Verantwortung ins Außen abgeschoben. Kann ja gut sein, dass Therapie nichts bringt, aber es gibt so viel Unterschiedliches und man muss wenigstens einen VERSUCH unternehmen, wenn sich etwas ändern soll.

Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.
(Albert Einstein)

Wenn man an einem so absoluten Tiefpunkt angelangt ist, dass man schlicht nichts mehr bewältigt und man nicht mehr für sich sorgen kann, gehört man in eine Klinik. Und zwar nicht, weil ein Angehöriger die Pflege nicht übernehmen könnte - sondern weil Angehörige keine therapeutische Intervention leisten können.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Lerana
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Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Lerana »

Liebe Salvatore,

deinen Post unterschreibe ich fünffach! !!!

Liebe Pia,

danke für die lieben Komplimente. Ich gebe sie gleichermaßen aus vollem Herzen zurück. Und gerne halte ich dich ein bisschen in deiner Verzweiflung, die ich gut verstehen kann. Pass nur auf, dass du dich nicht ansteckst, denn ich habe seit Wochen hartnäckigen husten.

Herzlichste Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
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Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Ihr Lieben,

ganz herzlichen Dank Euch..... auch für sämtliche Umarmungen; auch die bakterien-verseuchten

Liebe Blümli;
für mich und meine Bedürnisse sorgen..... mh.

Ich bilde mir ein das grundsätzlich zu tun; außer: in Bezug auf meinen Mann.

Das Zusammenleben (nicht der Mensch) ist anstrengend, sogar nervig.

Ja, ich fordere seine Meinung ein (schließlich verlangt er da ja auch ein), ja, er kann das nicht leisten...........
wenn ich das selber lese, klingt das echt ziemlich bescheuert.....

Ich wollte nie dauerhaft einen Mann ohne Meinung, einen Mann, der Verantwortung für sich nicht lebt oder sich auf den Weg machen will, dies zu lernen; genau mit der Akzeptanz dieser Dinge, tue ich mich schwer.

Ich soll ihn nehmen, wie er ist:

alle zarten Gemüter bitte jetzt nicht mehr weiterlesen, auch, wenn noch so neugierig; ich hab keinen Nerv, neue Diskussionen auszulösen:

ich habe hobbies, Leidenschaften, bekanntermaßen Job, Kind pp.

Diese tun mir gut.

Aber oft komme ich mir vor, wie eine Mama mit Entenküken........ akzeptiere ich meinen Mann, so wie es jetzt seit über 3 Jahren zu einem hohen Prozentsatz dieser Zeit ist, so heftet er sich an Entenmamas Rockzipfel und gibt alles Weitere an diese ab.

Hallo???????

Würde ich also mein Bedürfnis leben aus diesem Augenwinkel betrachet, so würde ich diesen Menschen zum Mond schießen.... wenigstens das Weite suchen, denn nichts stört mich mehr im Leben, als passive Menschen *schüttel*.

Die kostbare Lebenszeit mit Passivität vergeuden; für mich persönlich der absolute Supergau.

Die wenigen kostbaren Momente, in denen mein Mann kein "Entenküken" ist, werten alles auf; aber aufgrund der Überforderung werden diese wenigen momente weniger, weniger, weniger.

Ich scheue mich davor, diesen endgültigen Schritt (andere Vorschläge, getrennte Wohnsitze pp wurden bereits abgelehnt) zu gehen..... ich scheue mich wirklich, obwohl ich es wirklich hasse Entenmama zu sein......

Ich lese so oft: jede Depression geht vorbei; wenn die Depression abgeklungen ist...... tut sie aber kaum; wenn, dann sprechen wir hier von Stunden....

Naja; er wird nicht in die Klinik gehen, die haben immer noch das falsche getestet und flüstern, tut er schlimmer denn je;

ich habe ihn gefragt, ob ich zu laut spreche (Stichwort: Hochsensibilität) : nein und ansonsten gibt es auch keinerlei Hinweise darauf, dass ihm (außer Nachbarn und Kindern) die Umwelt zu laut ist.......

Morgen und Dienstag habe ich außerhäusig verplant: gehe mit einem guten Freund essen, Dienstag zu einer schönen Veranstaltung; zwischendurch noch Tierarzt und dergleichen:

ich freue mich sehr:

und wehe jemand flüstert!

Herzliche Grüße
Pia

Liebe Salvatore: bei dem Einstein-Zitat fühlte ich mich durchaus selber sehr angesprochen: schließlich warte ich immer noch, dass mein Mann seine Passivität verlässt..........

Seine eigenen Worte sind: dass er am absoluten Tiefpunkt angekommen ist, wo nix mehr geht (da kann ich nur beipflichten);
aber aufgrund des gemeinsamen Haushaltes läuft der Laden doch.....

so what?

Ich schaffe es definitiv nicht (falls das als Idee vorgeschlagen werden sollte), meine Einkäufe nur für meine Tochter und mich zu erledigen, nicht für ihn mitzukochen, nicht seine Wäsche dreckig liegen zu lassen....

... das schaffe ich nicht.

Abhängig? Bescheuert? Doof?
Keine Ahnung; aber das kann ich nicht.
Warum nicht?

Ich weiss es nicht; vielleicht, weil es meinem Bild von Familie nicht entspricht.... obwohl mein Mann durch Passivität alles tut, um gegenzusteuern.........

bäh..... mag nicht mehr ;-(


Mit solchen Themen möchte ich mich eigentlich rein gar nicht beschäftigen .........
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Nachtflug
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Registriert: 3. Apr 2012, 23:15

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Nachtflug »

Allgemein @ Krankheitsbegriff: ok, keine weitere Diskussion mehr hier. Wir können auch gerne einen anderen Thread aufmachen. (Dennoch ist für mich Giger-Bütler zu einseitig und trifft mit seiner Beschreibung nicht alle Arten von Depression. Auch "krankheitswerter" Zustand ist für mich nicht dasselbe wie Krankheit. Ich würde das aber wie gesagt gerne dann seprat diskutieren, um Pias Thread hier nicht weiter zu missbrauchen.)

Hallo Pia,

was mich interessiert: Hast du deinen Mann schonmal mit deutlichen Worten deinerseits konfrontiert? Behandlungswillen eingefordert?

Wie war seine Reaktion darauf?

Ich finde manchmal kommt man mit netten Worten nicht weiter. Dann, wenn sie auf unfruchtbaren Boden fallen. Und deutliche, klare Ansagen wie in etwa
"So wie es jetzt ist, geht es nicht. Es ist kein Problem Depressionen zu haben, aber es ist ein Problem, sie nicht konsequent behandeln zu lassen und versuchem, mit ihnen umzugehen. Wenn du das nicht in Agriff nimmst und ernsthaft versuchst, kann und will ich die Lasten nicht weiter tragen."

Ich denke, es wäre zumindest fair deinen Mann mit deinen Ansichten zu konfrontieren. Auch würde ich darauf achten, nicht zu viele Aufgaben für ihn zu übernehmen. Sonst kann er nicht merken, dass er gewisse Aufgaben nicht schafft.

Was deine Einstellung zu Passivität angeht:

Nun, ich finde übertriebene Geschäftigkeit und Aktivität (aus eigener Erfahrung) genauso schädlich wie beständige Passivität. Wichtig ist es doch, ein GLEICHGEWICHT zwischen beiden Eigenschaften zu finden, so wie zwischen Reflektieren und Handeln. Wenn man nur reflektiert, wird man nie etwas umsetzen und hat daher keinen Mehrwert. Wenn man immer nur handelt, aber nicht reflektiert, kann es sein, dass man Dinge tut, die nicht unbedingt sinnvoll sind, einem nicht gut tun und auch keinen Mehrwert haben.

Alles hat seine zwei Seiten, jede Eigenschaft. Genauso wie ein Pessimist sich vorschnell Wege verbauen kann, kann er manchmal Risiken viel besser einschätzen. Ist man zu optimistisch, sieht man gewisse Dinge lange zu rosig und merkt erst spät, wie die Realität wirkich aussieht. Kann sein, dass ich da sehr durch meine Bipolarität geprägt bin, aber ich kenne beide Eigenschaften als zerstörerisch, wenn sie überhand nehmen (auch gezwungenermaßen).

Um seelisch stabil zu bleiben, ist es wichtig ein gesundes Maß zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Ich weiß natürlich nicht wie es bei dir aussieht, aber was du zumindest beschreibt bist du durch die gegenwärtige Situation ziemlich aktiv. Trägst zusätzlich Belastungen für deinen Mann, dass das zuviel wird, finde ich ganz normal und verständlich.

Ich würde bei deiner Art von Aktivität und Belastungen wahrscheinlich wieder "krank" werden.

Hast du Phasen, in denen du bewusst nur Zeit für dich hast? Kannst du auch mal alle Viere gerade sein lassen und "Nichtstun", "gammeln", ohnr dich schlecht zu fühlen? Wenn du die Zeit nicht hast - gibt es Möglichkeiten, dir sowas für die Zukunft zu erkämpfen?

Alles Gute,
Nachtflug
missBU
Beiträge: 216
Registriert: 31. Aug 2013, 10:28

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

Liebe Pia,

ich kann das gut verstehen, daß du nicht mehr die "Entenmama" sein magst. Auch ich war mal in so einer Situation, in der ich das Gefühl hatte alles hängt an mir, er läuft mir nur hinterher, macht jeden Schritt mit aber keinen selber. Ich drohte daneben zu ersticken.

Bei dir ist wohl der Punkt entweder "noch" nicht bekommen wo du das alles nicht mehr kannst.
Ich finde auch man sollte nicht wenn man zusammen lebt nur für sich einkaufen etc.
Das bringt nichts ausser noch mehr Frust und führt ja nicht weiter.

Du kannst in dieser Phase, wenn du denn bleiben willst einfach nur für dich sorgen, daß du genügend Abwechslung ausserhalb deinen 4 Wänden bekommst und ihn bei seiner Krankheit lassen.
Klare Ansagen, daß er etwas für sich tun muss, damit ihr nicht untergeht.
Es ist schwer ich weiß, aber momentan ist es auch schwer was du erlebst und wie du eure Beziehung erlebst.

Liebe Grüße Bedi
Happiness isn`t about getting what you want all the time,

it`s about loving what you have.
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia,

>>für mich und meine Bedürnisse sorgen..... mh. Ich bilde mir ein das grundsätzlich zu tun; außer: in Bezug auf meinen Mann. <<

Na, um die genau geht es ja. Dass Du außerhalb der Beziehung gut für Dich und Deine Bedürfnisse sorgst, ja, davon bin ich auch überzeugt.

Daraus ergibt sich für mich noch eine provokante Feststellung ( will Dich nicht verletzten, aber ich denke Du benötigst vielleicht doch ein festes, aber doch fürsorglich gemeintes Durchrütteln ), die Du eigentlich sogar indirekt schon selbst geschrieben hast.

>>Würde ich also mein Bedürfnis leben aus diesem Augenwinkel betrachet, so würde ich diesen Menschen zum Mond schießen.... wenigstens das Weite suchen, denn nichts stört mich mehr im Leben, als passive Menschen *schüttel*.

Die kostbare Lebenszeit mit Passivität vergeuden; für mich persönlich der absolute Supergau. <<

Das, was Du in Bezug auf " für Deine Bedürfnisse in der Beziehung sorgen" tust, ist... Nichts = Passivität.
Ist da vielleicht gar kein so großer Unterschied zu der Passivität Deines Mannes, der ebenso darin verharrt ?

>>Ich scheue mich davor, diesen endgültigen Schritt (andere Vorschläge, getrennte Wohnsitze pp wurden bereits abgelehnt) zu gehen..... ich scheue mich wirklich, obwohl ich es wirklich hasse Entenmama zu sein......<<

Ich hab keinen weisen Ratschlag, null Lösung für Dich, deshalb will ich allein nur versuchen, Dich einfach zu allen möglichen Gedankengängen anzuregen, die Dir in Richtung Veränderung, oder sogar Lösung, vielleicht weiterhelfen können.
So sage ich jetzt - rein aus dem Bauch raus - wäre vielleicht der endgültige Schritt (noch) gar nicht an der Reihe. Aber an der Reihe fände ich, sich ganz konkret mit den Bedürfnissen, die die Beziehung betreffen, auseinanderzusetzen.

Ein Bedürfnis wie Du z.B. hier benennst: >> Ich wollte nie dauerhaft einen Mann ohne Meinung, einen Mann, der Verantwortung für sich nicht lebt oder sich auf den Weg machen will, dies zu lernen; genau mit der Akzeptanz dieser Dinge, tue ich mich schwer.<<
Ich erkenne darin ein von Dir benanntes Bedürfnis, welches Dir in der Beziehung nicht erfüllt wird. Und ich lese raus, dass Du darüber enttäuscht bist, dass jemand nicht den Weg geht, von dem Du meintest, dass er diesen gehen müsste... weil Du möglicherweise denkst, dass es ihm damit besser gehen würde und damit auch Dir.
Vielleicht würde sich eine völlig andere Möglichkeit / Lösung ergeben, wenn Du ihm alleine nur Dein Bedürfnis benennen würdest und Deinen Wunsch, dass Du gerne möchtest, dass es Euch beiden besser gehen möge.

Liebe Pia, wenn das an Dir vorbeigeht... dann überlies es bitte einfach !

In vielen Gedanken um Dich,

eine herzliche Umarmung

vom Blümli


@ Nachtflug
Find ich eine gute Idee das Thema "Krankheit" aus diesem Thread rauszunehmen. Ich versuche morgen Dir (dann separat) zu antworten, hab es nicht vergessen.
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe bluemli,

Finde ich absolut super gut, auf neue gedanken gebracht zu werden.

Aber so maches mal weiss ich nicht, woher du deine erkenntnisse nimmst.

Wir sind zusammen gekommen, haben sogar geheiratet um mit einander zu leben.

Es ist nicht mein weg, den ich fuer richtig halte, sondern unser weg.

Sollte mein mann natuerlich jahrelang das gegenteil von dem gedacht haben, was er gesagt hat, so mag das sein.

Er kennt mein beduerfnis mit ihm aktiv leben zu wollen.

Richtig ist, das ich sozusagen darauf verharre, was er mir als auch seinen weg gesagt hat, diesen aber nicht geht.

Bluemli, er wollte sich um seine krankheit kuemmern, bzw gesundung, verbesserung, wie auch immer.
Dabei wollte er mit mit leben, mir sein und mein beduerfnis nach gemeinsamen leben erfuellen.

Leider habe ich absolut keine ahnung, was du meinst, was ich fuer den gemeinsamen weg faelschlicherweise halten soll.

Wir haben als beziehung definiert aehnliche werte, aehnliche lebensziele, jeder ist fuer sich verantwortlich und doch ist es ein gemeinsames leben mit gespraechen, mit interesse am anderen und der bereitschaft der kommunikaton.

Mein mann kennt meine beduerfnisse genau, da ich sie ihm sage und er weiss auch ganz genau, was ich darin als fuer die beziehung positiv ansehe.

Ich stehe absolut auf dem schlauch, um was es dir geht.

Vg
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia,

leider habe ich keine Erkenntnisse, ich habe nur meine Gedanken und diese hab ich in der Hoffnung geschrieben, dass sie Dir ein (anderes) Licht auf Deine Situation werfen könnten.

Ich bin immer noch mit dem Buch "gewaltfreie Kommunikation" beschäftigt und meine Gedanken hingen eng mit diesem Prinzip zusammen. Z.B. das, dass man bei sich selbst bleiben soll, also die eigenen Bedürfnisse benennen und das, was man sich vom anderen "wünscht" auch mit sich in Verbindung bringen.
Die Problematik der "nicht gewaltfreien Kommunikation", sehe ich auch in dem Thema " von anderen als krank definiert sein und Wege gehen zu sollen, die diese anderen als Möglichkeit des Gesunden ansehen". ... weiß nicht ob Du mich verstehen kannst, ich kann mich gerade nicht besser ausdrücken.

Meiner Meinung nach sieht Dein Mann für sich und seine "Krankheiten" wohl doch einen anderen Weg als Du, oder zumindest kann er Deine Vorstellung ( die vielleicht auch mal seine war, oder er es für Dich so gesehen hat) nicht leben ( warum auch immer). Daher kamen meine Gedanken, dass Du ihm Dein Bedürfnis in Bezug auf eure Beziehung benennst und er frei in seiner Wegfindung (in Bezug zu Deinem Bedürfnis) sein sollte ( zumindest weg von den bisher genannten, die er ja nicht umsetzen kann/ will) wie er darauf reagieren kann/will.

Ach mensch, liebe Pia, mir schwirren einfach nur immer wieder Gedanken dazu durch den Kopf, aber wenn ich sie in Worte fasse, dann sagen sie nicht wirklich das, was ich eigentlich gedacht habe.

Wenn ich lieber mit dem Denken aufhören soll, dann sag es mir bitte. Ich will Dir ja nicht noch mehr Probleme machen... im Gegenteil. Aber vielleicht geht das hier ja völlig daneben dann tut es mir wirklich leid.

Herzliche Grüße

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Absolut nicht, liebe Blümli, sollst Du aufhören..... gar nicht.

Ich möchte es nur verstehen können (was nicht inkludiert, dass Du Dich falsch ausdrückst).

Ich denke, Vieles, was hier schriftlich niedergelegt wird, kommt halt nur in Teilbereichen an, weil es nur ein kleiner Ausschnitt ist.

Von daher "wundere" ich mich teilweise über das, was geschrieben wird, ich bin ja mittendrin, statt nur dabei......

Die Bücher über Gewaltfreie Kommunikation, wie Du weisst, hab ich auch durch und ich denke, dass ich in der Realität durchaus meine Bedürfnisse, Gewaltfrei, psychotherapeutisch Ordnungsgemäß, selbverständlich nur in der Ich-Form auf den Punkt bringen kann.

Was nichts nutzt, wenn das Gegenüber nichts damit anfangen kann / will / wie auch immer.

Der sog. Weg meines Mannes ist definitiv nicht meiner, ganz glasklar.

Mal auf den Punkt gebracht:

nicht Beziehung leben können ist dauerhaft mehr als traurig; aber hier Realität.

Du nennst es seinen Weg; ich nenne es "am Boden liegen bleiben".

Ich habe mit seinem Weg ein riesengrosses Problem. Riesengross.

Ich bin auch nicht in der Lage, innerhalb der letzten drei Jahre diesbezüglich Verständnis zu entwickeln.

Die Konsequenz für mich daraus ist ausschließlich: getrennte Wege gehen: ich meinen, er seinen in Passivität, wie die letzten 30 Jahre.......

Die Definition Krankheit oder nicht, ermüdet mich: wie Du es hier schreibst, regt sich einer auf und die Diskussion geht einen Weg, der für mich völlig daneben ist.

Schreibt man Betroffenen (ist mindestens genauso bescheuert, wie "Kranker") .....
wird von Krankheit gesprochen: was dann Diskriminierung?
Wird von nicht krank gesprochen, sondern von krankheitswert: Schrei: ihr seht meine Not nicht.....

Ne, ehrlich:

Liebe Blümli, ich hab es schon vor langer Zeit mal geschrieben.

Bei sich bleiben..... ja, richtig.
Aber: eine Beziehung wird eingegangen, um sie irgendwann mal, wenigstens partiell gemeinsam Leben zu können.......

Sei mir bitte nicht böse, es ist nicht persönlich gemeint, aber ich sehe einen enormen Unterschied darin, ob ich Angehörige einer Schwester, einer Mutter oder eines Ehepartners im gemeinsamen Haushalt über Jahre bin........

Ich kann, da ich beruflich damit zu tun habe, wunderbar das Gute in jedem Menschen partiell sehen. Und das meine ich dann auch genau so.

Aber es ist ein Unterschied, ob man diesen Menschen, der so schwer krank ist, krankheitswertige Auswirkungen seine Nicht-Grunderkrankung hat oder einfach nur betroffen ist jeden Tag e r - lebt.

Es ist ein Unterschied, ob ich mich mit jemandem Treffe, der an Depressionen & Co. leidet und gehe nach ein paar Stunden nach Hause oder ob ich ein Leben in einem Haushalt mit der Person auf theoretischer Ehepaar-Ebene führe.


Mein Mann ist auch nicht schlecht, das ist gar nicht das Thema.

Aber es ist doch glasklar, dass an eine Beziehung auf Paarebene ganz andere Ansprüche definiert werden, als an einen Freund oder Schwester / Bruder........

Wird keine dieser Ansprüche jahrelang bedient (auch wenn das jetzt malwieder ganz schlimm sachlich klingt) , gibt es keine Beziehung.

Mein typisches Beispiel:

Wachkoma des Ehegatten über Jahre.

Diesen Mann kann ich lieben, ich fühle mich sehr verbunden, ich kann mit ihm sprechen einseitig (wie ich es jetzt auch tue) , ich kann ihn anfassen...... aber es kommt nichts zurück, eine Beziehung ist nicht möglich.

Kannst Du drehen und wenden, wie Du willst.

Natürlich würde niemand dem Koma-Patienten vorwerfen, er solle Therapie machen: stimmt.
Aber da sehe ich dann doch noch einen Unterschied.

Liebe Blümli: ich komme absolut nicht damit zu Recht einen Menschen an meiner Seite zu haben, der in Passivität vergeht.

Das wollte ich niemals und es hat sich nicht geändert; niemand ist Schuld, aber es ist einfach so.

Meine Lebenszeit ist mir kostbar;
einen Menschen zu "ertragen" - für mich persönlich ist es ertragen - , der in Passivität vergeht, dem Passivität sein Leben ist, mit dem kann ich nicht leben.....

Fakt ist Blümli, eine Paarebene führen mein Mann und ich nicht.

Dann bleibt zu überlegen, ob der ein oder andere Partner damit zu Recht kommt und was das Ganze dann für ihn ist.

Ich persönlich empfinde es so, da ich seit über 1,5 Jahren mich gar nicht mehr in seinen "Weg" eingemischt habe, beurteilen zu können, dass mein Mann eben genau so leben will:

keine Therapie, weder stationär, noch ambulant, abends, wenn ich nach Hause komme ist er so vom "Leben" erschöpft, dass kein Gespräch, geschweige denn etwas anderes, was eine Paar-Beziehung aufrecht erhalten könnte, möglich wäre.

Für mich reicht das auf dieser Paar-Ebene nicht.

Leider........

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Lerana
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Lerana »

Liebe Pia,

ich lese deinen Beitrag und kann, so bilde ich mir ein, jedes Wort so gut verstehen. Ich könnte auch nicht eine Bezihung führen mit jemandem, der völlig passiv ist. Ich habe es versucht und festgestellt, ich kann es nicht. Ich habe das kommuniziert und gelebt, nämlich eine zusätzliche Wohnung gemietet und mein Mann und ich haben seit drei Monaten keine Nacht gemeinsam verbracht. Jettzt wird er aktiv. Dabei ist mir nochmal wichtig zu betonen, dass ich ihn nihct erpresst habe, sondern eine glasklare Entscheidung für MICH getroffen habe: So will ich nicht leben! Ich kann nicht mit jemandem leben, der in der Passivität und vor allem (bei meinem Mann sehr ausgeprägt) in dem daraus resultierendem Dauerfrust verharrt. War MEIN Weg! Fühlt sich im Moment gut und richtig an, denn trotz getrennter Schlafplätze sind wir uns in der Bewegung, in Gesprächen und Tagesaktivitäten so nah, wie lange nicht. Der Ausgang dieses Wegs ist keineswegs klar. Bei uns spielt ja Sucht noch eine Rolle und da ich der festen Überzeugung bin, dass sich jeder entscheiden darf, süchtig zu leben, weiß ich noch nicht genau (und ich glaube mein Mann auch noch nicht), wie seine Entscheidung ausfällt und somit weiß ich nicht, ob es langfristig für eine Wohnung reicht oder ob ich in zwei Wohnungen alt werden kann, oder ob er, wenn er endlich die Betreuung erhält, auf die er wartet, sich entscheidet, völlig suchtfrei sein Leben zu gestalten. Nur so als kurzes Update.

Was ich in deinem letzten Beitrag lese, ist das ständige Enttäuschtwerden dir innewohnender, wichtiger Erwartungen / Bedürfnisse. Und richtig, manchmal kommuniziert man die absolut "einwandfrei" und sie werden trotzdem nicht erfüllt. Deshlab mal meine Frage: Was hält dich in dieser Beziehung?

Ich frage das NICHT!!!, weil ich denke, dass du dich doch bitte endlich trennen solltest! Nein, nein, nein! Sondern ich frage dich, weil es den Blick auf die Habenseite lenkt und man manchmal feststellt, dass diese so gut bestückt ist, dass man nicht loslassen möchte. Manchmal kommt man jedoch zu dem Schluss, dass die Habenseite sehr dünn geworden ist. Eine Bestandsaufnahme kann schmerzhaft aber sinnvoll sein. Meine letzte hat mich in eine schwere Krise gestürzt und dennoch einen unglaublich wichtigen Prozess in Gang gesetzt.

Ich drücke dich!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
sunshine45
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von sunshine45 »

Hallo Pia,

ich lese seit längerer Zeit hier auch mal wieder!

Das hört sich nicht gut an, was Du schreibst und ich verstehe Dich vollkommen.

Ich habe auch jahrelang in einer derartigen Beziehung verhaart und rückblickend kann ich sagen, dass ich mir selbst wichtige Lebenszeit genommen habe, weil ich nicht früher die Konsequenzen gezogen habe. Ebenso habe ich mich immer verantwortlich gefühlt. Meinem LG ging es so schlecht und ich konnte ihn ja nicht allein lassen.
Aber er hat erst Jahre nach der Trennung Hilfe angenommen und macht jetzt eine Therapie.

Jede noch so kleine Veränderung habe ich damals als neue Hoffnung gesehen. Ich wollte es einfach nicht wahr haben, dass mein LG so krank war/ist, dass keine Beziehung lebbar war. Wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Jetzt sind wir seit einigen Jahren getrennt, haben immer noch freundschaftlichen Kontakt, aber "seine Krankheit" erdrückt mich nicht mehr. Ich fühle mich freier und kann auch wieder mein Leben genießen. Der Umgang miteinander ist besser geworden, denn wir treffen uns nur noch, wenn er auch die Kraft dazu hat und es meine Zeit zulässt.
Ich treffe jetzt wieder meine Entscheidungen und bin nicht mehr abhängig von seinen Stimmungen.

Liebe Pia, ich habe jetzt schon sehr oft von Dir hier gelesen wie unglücklich Du in Deiner Ehe bist. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass Dein Mann ebenfalls sehr leidet, weil er sich dem "gefühlten" Druck eine Beziehung leben zu müssen nicht entziehen kann.

Auch wenn der Schritt zunächst mal völlig hart ist, aber manchmal bringt eine räumliche Trennung "Veränderung".
Lerana hat ja auch schon davon geschrieben.

Ich wünsche Dir die Kraft und den Mut, den für Dich richtigen Weg zu gehen.

Alles Liebe
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
julcas
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Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von julcas »

Hallo ihr Lieben, liebe Pia, Lerana, Blümli und alle die sich beteiligen

Ihr wisst das auch unsere Beziehung alles andere als leicht ist. Durch die Bipolarität meines Freundes etwas anders gelagert, kommen auch wir immer und immer wieder an unsere Grenzen.

Okay, bei uns tut sich etwas. Mein Freund ist in der Klinik und auch er empfindet das unsere Beziehung keine Beziehung ist. (er sprach dieses Thema bei seiner letzten Einzeltherapiestunde bei der Psychologin an) Das ist schon ein großer Schritt für ihn, für uns.

Wir hatten letzten Freitag ein gemeinsames Gespräch bei dieser Psychologin. Dieses Gespräch war nicht einfach und für mich sehr emotional. Ich erzählte ihr das ich mich oft fühle wie in einem Hamsterrad. Ich lese Bücher, informiere mich, arbeite an mir, arbeite an meiner Kommunikationsfähigkeit, überdenke wieder und wieder meine Erwartungen und Bedürfnisse, kommuniziere meinem Freund diese ganz klar, ich grenze mich ab, kümmere mich um mich, schaffe mir Auszeiten, unternehme schöne Dinge, bewege mich viel an der frischen Luft.

Mein Freund steht wo er steht, gefangen in seinen Mustern. Es ist natürlich seine Entscheidung, ob und auf welchen Weg er sich begibt. Ich liebe diesen Mann für viele Dinge und ich möchte gern mit ihm zusammen sein, mein Leben mit ihm gemeinsam verbringen. Doch mir ist seit diesem Gespräch mit der Psychologin auch ganz klar, das wir beide keine Chance auf eine funktionierende Beziehung haben. Zu viele meiner mir sehr wichtigen Bedürfnisse werden nicht erfüllt. Oh nein, ich mache meinem Freund keinerlei Vorwurf, er steht wo er steht und das ist für ihn völlig in Ordnung. Das ist auch für mich völlig in Ordnung, es ist sein Weg. Leider kann ich diesen Istzustand auf Dauer nicht mit ihm gemeinsam leben, keine Kommunikation, kein wahrgenommen werden, keine Rückmeldung, keine gemeinsamen Unternehmungen, von körperlicher Nähe nicht zu sprechen. Ich müsste mich selbst aufgeben, um dieses Leben so weiter zu leben und das werde ich definitiv nicht tun. Ich habe u.a. die Bücher von Giger Bütler auch gelesen und bin von ihnen begeistert.

@Pia, ich kann jedes deiner Worte aber so was von gut nachvollziehen. Es hätten 1 zu 1 meine Worte sein können. Wenn du es erlaubst drücke ich dich mal fest.

@Blümli, ich denke ich kann begreifen was du sagen willst. Natürlich kann ich auch meinem Freund meine Bedürfnisse kommunizieren, kann dabei bei mir selbst bleiben und ihm keinerlei Vorwurf machen. Mein Freund nimmt sich die meißte Zeit selbst nicht wahr, wie kann ich dann erwarten das er mich mit meinen Bedürfnissen wahr nimmt. Stimmt, gar nicht. Mein Freund kann das nicht leisten. Das macht mich traurig, doch es ändert nichts daran, das ich ja nunmal meine Bedürfnisse habe und diese schon ganz lange unerfüllt sind.

@Lerana, Hut ab was du leistest. Du hast recht, dein Weg ist der einzig richtige für dich. Was die Zukunft bringt, werden wir alle sehen.

@Alle, mir sind in den letzten Tagen so viele Lichter aufgegangen. Ich fühle mich gut dabei und sehe endlich wieder klar. Mein Freund hat mit dieser Psychologin in der Klinik eine riesen Chance in Bewegung zu kommen. Ob er diese Chance nutzen will und kann, wird die Zeit zeigen. Ich werde mein Leben leben, mit ihm, oder auch ohne ihn. Ich empfinde keinen Groll, keine Wut, ein wenig Trauer sollte mein Leben ohne meinen Freund weiter gehen.

Mir fällt ein Satz aus einem Lied ein, etwas abgeändert könnte dieser heißen:

"Du liefst nicht und ich kam nicht zurück."

lg julcas
SucheAustausch
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Ihr Lieben

Liebe Pia, es macht mich so traurig, was Du schreibst. Ich habe Dich hier immer so voller Leben, Selbstbewusstsein und Humor erlebt und voller Hoffnung.

Nun merke ich, dass es Dir wie mir vor einiger Zeit noch geht. Und das tut mir sehr leid.

Ich kann Dir nicht helfen, nicht raten und einen Weg auftun.
Denn bei mir ist die ganze Sache anders gelagert. Mein Mann ist in Therapie, er ist in Bewegung, wenn er sich auch anders bewegt, als ich das vielleicht tun würde.

Wenn das nicht wär, ich weiß nicht, wie lange ich den Stillstand (den wir ja auch hatten) noch überstanden hätte.

Ertragen. Das ist genau das Wort, das ich für die letzten Jahre benutze. Ich habe meinen Mann ertragen.

Die wenigen schönen Momente waren nachher immer überschattet vom Misstrauen, von Fragen wie "wie lange das wohl jetzt anhält?".

Ich kann Dich gut verstehen.

Das ist es nur, was ich Dir sagen kann.

Ja, eine Trennung auf Zeit wäre vielleicht eine Lösung. Aber vielleicht eben auch nicht.

Wenn dann wahrscheinlich nur, wenn Du damit keine Bedingungen an ihn stellst. Aber so wie ich Dich hier kennengelernt habe, würdest Du das sowieso nicht! Du bist eine tolle Frau!

Alles alles Liebe, viel Kraft und Mut, für Dich zu sorgen.

Austausch, der die räumliche Trennung auch gut tut (der PC ist übrigens seit 2 Wochen abgebaut!
balsamico
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wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von balsamico »

..
Zuletzt geändert von balsamico am 30. Mai 2015, 08:42, insgesamt 1-mal geändert.
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Hallo Ihr Lieben,

ganz herzlichen Dank für Eure Gedanken und guten Worte!

Ich werd auch ausführlich zu Euren Gedanken meine Sichtweise darlegen;

allerdings muss ich mich heute auftragsgemäß darum (mit-) kümmern erstmal genug Blut im Haus zu haben, abgeschnittenen Finger und dergleichen .......

Nein, ich dreh nicht durch .

Halloween-Party eines Dutzend Girlies im
Haus .

Schaurige Grüße
bis bald
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Moin Ihr Lieben,

also:

was hält mich:

eine tief empfundene Verbundenheit trotz allem zu meinem Mann;
insbesondere dann, wenn ich an die anderen Zeiten denke;
das hat für mich persönlich auch nichts mit "verantwortlich" fühlen zu
tun.

Wir reden hier über einen knapp 50jährigen Mann, der ist, ob krank oder
nicht, ausschließlich für sich selber verantwortlich.
Für mich schließt dies im Grundsatz nicht aus, helfend (auf Anforderung)
zur Seite zu stehen.

was hält mich noch:

ich erwähnte es schon: sehr unrühmliche, rein finanzielle Dinge:

auch ich habe mir im gemeinsamen Haus ein Heim geschaffen, nach meinem
Wunsch.
Ich konnte mir dort meinen kleinen Traum zur Verwirklichung speziell meines
Hobbies erfüllen.

Gerade dies ermöglicht mir, mit und ohne Freunde dies umzusetzen.
Es würde mir weh tun, dies aufzugeben; es ist nicht mal eben an anderer
Stelle aufzubauen.

Und definitiv meine Tiere:

es ist mir finanziell nicht möglich, mir ein weiteres Haus zu leisten;
eine Mitnahme in einem Mietwohnung / Miethaus ist in der Anzahl völlig
ausgeschlossen.

Also: finanziell drauf hinarbeiten und wenn es soweit ist: entscheiden.

Nicht sehr ehrenwert, weiss ich: aber realistisch.

Ich habe bereits einmal komplett einen finanziellen Neuanfang gestemmt;
es k…. mich an, schonwieder so ein Risiko eingegangen zu sein……
eigene Doofheit.

Nochmal wird mir das nicht passieren: ich werde definitiv nie wieder räumlich
einen Mann so nah an mich ranlassen; irgendwann ist es auch für mich mal
gut mit finanziellen Neuanfängen.

Zum Thema "keine Erwartungen" an den Betroffenen / Kranken stellen:

Ich bin mit meinem Mann zusammen, weil ich mit ihm Beziehung leben möchte;
auch er hat glasklar formuliert, dies mit mir zu wollen: unsere Definitionen dazu waren in früheren Zeiten absolut dacor.
Von Abnicken keine Spur;

für mich persönlich inkludiert dies automatisch beiderseitige Erwartungen.

Für mich persönlich ist es auf Paar-Ebene nicht möglich, keine Erwartungen an den anderen zu stellen; nach meiner Auffassung geht man eine Beziehung ein, um..... die Definitionen der Erwartungen mögen unterschiedlich sein, abe ich halte es für gewagt, von sich zu behaupten, keinerlei Bedürfnis / Erwartung an den Partner zu stellen.

Mein Kind liebe ich ohne Erwartungen;
es ist mein Kind, dass ich zur Welt gebracht habe, für das ich verantwortlich bin, bis ich dieses in ein selbstbestimmtes Leben abgeben darf......

an meine Tiere, teilweise schwerst traumatisiert, stelle ich keine Ansprüche,
weil ich sie speziell aus diesem Grunde zu mir geholt habe: um Vertrauen in den Menschen zu lernen, um irgendwann vielleicht das zurückzugeben, was ihnen möglich ist oder eben auch nicht.

Im Rahmen einer Beziehung auf Paar-Ebene habe bzw. möchte ich weder Schwesternhäubchen aufhaben, noch mein Helfersyndrom ausleben.

Was ich möchte ist: Beziehung leben; wie gesagt: dies inkludiert für mich automatisch
gewisse Ansprüche.

Liebe Balsamico; schön, dass Du Dich hier zu Wort meldest: herzlich willkommen.

Mein Mann hat vor unserer Beziehung über 20 Jahre alleine, selbständig in einem eigenen Haushalt gelebt.

Einen Mann, der von Mami, über Ex-Frau zu mir wechselt, den hätte ich per se definitiv nicht gewollt. Nein, Danke.

Deine Argumentation, Dein Mann, hätte letztlich nur abgenickt, finde ich nachvollziehbar.

Ich halte "den Fall" meines Mann in vielen Bereichen doch absolut anders geartet.
Es gab Zeiten, in denen Kommunkation kein Fremdwort war; sondern er sich auch mehr als gut verständigen konnte und sich sogar mit mir auseiandersetzen konnte.

In dieser langen, konkreten Zeit, haben wir vieles besprochen: es war also weit mehr, als
ein Abnicken; es war Aktivität.

Leider ist diese erloschen.

Ach ja: mein Mann hat mir gestern erklärt, er erwarte jeden Tag gesagt zu
bekommen: er habe eine schwere - körperliche - Krankheit (am "Besten" eine
unheilbare)……… armer, bedauernswerter Mensch.

Trotz allem:
VG
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
balsamico
Beiträge: 153
Registriert: 19. Apr 2013, 09:50

wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von balsamico »

.
Zuletzt geändert von balsamico am 30. Mai 2015, 08:44, insgesamt 1-mal geändert.
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Guten morgen, liebe balsamico,

Ich kann Deinem geschriebenen wort leider nur insgesamt zustimmen.

Auch ich empfinde es so, dass aus erkenntnis insgesamt der letzten 3 jahre keine beziehung moeglich st.

Leider deshalb, weil es mal anders war und ich einfach noch nicht glauben will , dass dies die nuechterne Realitaet ist.... na, da sind mein Mann und ich uns wohl nicht so unaehnlich.

Leider ist der beweis mir taeglich vor augen.

Doch, doch ich koennte super gut damit umgehen, getrennte haushalte zu fuehren , ohne, dass dies zwingend eine absolute trennung bedeutet.

Ich hatte meinem mann vorgeschlagen, bevor wir dieses jahr die schimmelbude haben grundsanieren lassen,
Ein groesseres haus mit einliegerwohnung zu kaufen, etwas ausserhalb, damit bezahlbar.

Nein, nein, nein.

Jetzt hab ich den salat.

Ich weiss nicht, wie ich das loese, zeitnah.

Aber mir geht es expliziet wie dir, damals. Und so bringt das ganze definitiv niemandem was.

Heute will er sich angeblich um eine stationaere aufnahme kuemmern, ggf mir hilfe seines therapeuten.

Wer s glaubt.

Es fasziniert mich, wie ich mich selber immer wieder in den Mist reite, echt zum wuergen.

Ich war mir so sicher, besser aufgepasst zu haben.....

Danke fuer deine unterstuetzenden worte... ich werde mal schaun, ob ich eine loesung finde.

Wenn mein mann eines nicht tun wird, dann ist es ausziehen und kein gericht der erde wuerde einem so kranke menschen das haus nicht zuweisen.

Den weg moechte ich aber auch nicht gehen.

Ich bin froh, nur koerperlich krank zu sein!

Herzliche Gruesse
Pia


Pia4711 schrieb:
> Liebe Foris,
>
> mein Göttergatte, bekanntermaßen seit über 30 Jahren psychisch erkrankt, ohne Krankheitseinsicht oder besser gesagt: ohne Akzeptanz, geschweige denn, sich auf den Weg machend, zu lernen, damit zu leben.
>
> Sein oft nahezu nicht mehr vorhandenes Denk- und Merkvermögen hat ja nun immer Gründe, die nicht in der psychischen Erkrankung liegen, wenn überhaupt an einer Erkrankung, dann an einer körperlichen....... *seufz*.
>
> Mal davon abgesehen, dass er diverse Testverfahren bereits durchlaufen hat, so hat er nun einen neuen Chefarzt einer Klinik für psychische Erkrankungen gefunden, die auch weitergehende Testungen in Punkto Gehirn machen.
>
> Das ist ja auch in Ordnung, man sollte ja organisch alles ausschließen, watt geht....
> sei ´s drum......
>
> Mein Mann erzählt mir voller Stolz, dass sämtliche Testungen (3 Stunden) sehr gut verlaufen seien, sein Kopf hervorragend funktioniert hätte und vermutlich (Ergebnisse stehen ja noch aus) kein Befund vorhanden wäre........ *sowas *.
>
> Mein Mann wundert sich, dass ich mich darüber nicht wundere...... .
>
> Bin gespannt, welche Idee die Nächste sein
> wird.... dass natürlich keine Auswirkungen
> seiner psychischen Erkrankung vorliegen....
>
> Die Thematik ist sicherlich ausbaufähig....
>
> nur noch kopfschüttelnd
> Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von julcas »

Liebe Pia,

oh mann, das ist echt heftig.

Sehr wahrscheinlich hat balsamico mit ihrer Annahme recht, das eine schwere körperliche Erkrankung deinem Mann unbewusst die Passivität recht fertigt.

Ich habe leider keine Lösung für dich. Ich möchte dir jetzt einfach schreiben, das ich dich wahrnehme mit dieser schwierigen Situation. Sei nicht so streng zu dir selbst. Die Situation ist schon schwer genug, machs dir nicht noch schwerer.

Ich drücke die Daumen, das dein Mann das Bemühen um einen Klinikaufenthalt ernst meint und durchzieht. Das könnte ein echter kleiner Lichtblick sein.

Ich drück dich und wünsche dir von Herzen, das du eine für dich gute Lösung findest.

lg julcas
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe Julcas,

Danke für Dein Wahnehmen.

Mh. Streng mit mir......

Ja, das mag so klingen, weil ich so angewürgt bin.

Es ist wohl - leider !!!!!!!! - so, dass mein Beziehungs-Lernen noch nicht so umfänglich abgeschlossen ist, wie ich selber dachte ;-((.

Meine Ehe war für mich auf partnerschaftlicher Ebene wirklich der Super-Gau und was ich wirklich ganz, ganz, ganz, ganz genau wusste ist, dass ich ein solches Leben definitiv never, never, never, never nochmal führen wollte.

Mache ich - "partnerschaftlich" aber schonwieder.
Das kann doch nicht wahr sein!!!!!

Ich dachte, ich wäre so vorsichtig gewesen; ich habe so lange meinen Mann "ausprobiert", weil ich echt eine Art Trauma habe, an so passive Kerlchen zu geraten. Bääääääääh....

Ich habe viele, viele Monate mir Zeit gelassen zu schaun, wie mein Mann "partnerschaftlich" wirklich tickt (ich kannte ja schon, dass man viel reden kann; Fakten schaffen aber nicht jedermann s Sache ist) ...... ich kann es einfach nicht glauben; schonwieder in der nahezu identischen Schitte zu sitzen...... ich will das nicht.

Bäh, bäh, bäh, bäh, bäh.........

Ich frage mich: wie er es geschafft hat, so viele Monate einen auf Partnerschaft, ähnliche Wertvorstellung pp zu machen..... irgendwann kam dann der totale Zusammenbruch.

Langsam schwant mir, dass dann wohl seine Kraft zu Ende war durch die Maskierung.

Momentan sieht es so aus:

Er hat sich ja entschlossen, nächste oder übernächste Woche stationär (oder mal schauen) in die Klinik zu gehen (Mitte nächster Woche wird die Klinik den konkreten Termin bennnen)....... momentan ist es wie immer vor solchen Situationen:

er putzt, macht, tut, ist bestens gelaunt, geht auf mich ein...... ein ganz "normales" Leben halt..... es geht ihm doch gut.

Ne, ne Herzchen.
Das kenn ich schon........ 2 Wochen und dann kommt wieder der totale Absturz: nein Danke!

Ich mag nicht mehr!

Ich habe das Passivitätsverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt!

Mal schauen was passiert: heisse Luft oder geht er...........

Naja, mir letztlich auch egal: ich habe mir Lesestoff besorgt und werde mal reflektieren, warum ich immer und immer wieder und immer wieder an passive Männer komme; auch wenn ich denke, dass wirklich definitiv nicht zu wollen.......

Hoffentlich komm ich irgendwann mal drauf.....

LG und schönes Wochenende
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
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