Neuanfang IV

Xenia
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Neuanfang IV

Beitrag von Xenia »

Vielleicht hat meine Traurigkeit etwas damit zu tun, daß ich wegen eines Traumes in der vergangenen Nacht irgendwie total verwirrt bin.

Ich habe von meinem besten Freund geträumt, den ich jemals hatte. Er ist bloß leider schon seit 11 Jahren nicht mehr am Leben (er hat sich für uns Freunde damals sehr überraschend das Leben genommen...). Im Traum war ich mit ihm zusammen zusammen, wir sind um die Häuser gezogen. Im Traum ging es mir so gut wie schon sehr lange nicht mehr. Ich war unbeschwert und gut drauf. Kein bißchen traurig oder nachdenklich oder verzweifelt. Ich hatte Spaß am Leben und er auch.

Was mich an dem Traum am meisten irritiert, ist daß ich jetzt auf einmal von ihm träume, wo ich zur Zeit wirklich nicht an ihn denke. Aber vielleicht hat das ja was mit dem Abschied von meinem Krisentherapeuten zu tun. Da der Suizid damals so unvorhergesehen in mein Leben trat und ich völlig überfordert war mit dieser Situation und mit meiner damaligen "beziehungstechnischen" Situation, ich war damals schon mit meinem Ex-Mann zusammen und die ersten Probleme und Übergriffe hatten schon stattgefunden. Naja auf jeden Fall konnte ich seinen Tod erst Jahre später betrauern und selbst nach diesen Jahren konnte ich nicht damit abschließen. An seinem Todestag bin ich immer sehr traurig und es ist bisher kein Jahr vergangen, an dem ich nicht automatisch an seinem Todestag und seinem Geburtstag an ihn gedacht hätte.

Aber in der letzten Zeit hatte ich nicht die "Muße", an ihn zu denken und dann kommt dieser Traum...

Was habt Ihr für Assoziationen?

Wäre für Eure Meinungen dankbar und wünsche Euch eine gute Nacht. Ich habe Angst, schlafen zu gehen...

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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malin
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von malin »

Liebe Xenia,
ich kann das ganz gut verstehen, daß Dich der Traum verwirrt, aber eigentlich paßt er ganz gut in Deine Situation...
Tod und Abschied sind zwei Themen, die sehr eng miteinander verwoben sind und so ähnlich, daß sie sich oft nicht trennen lassen, weil sie dieselben Gefühle hervorrufen, außerdem ist ja jeder Tod ein Abschied.
Deshalb finde ich es fast logisch, daß man bei Abschieden, die sehr nahe gehen, auch viel an Erfahrungen denkt, die mit Tod zu tun haben, selbst wenn es "nur" unbewußt im Traum ist.
Ich habe mal den Spruch gehört "Jeder Abschied ist ein kleiner Tod"; ich weiß leider nicht, von wem der ist und in welchem Zusammenhang er gesagt wurde, aber irgendwie gefällt er mir...

Ich habe auch meine beste Freundin vor 14 Jahren verloren, allerdings ist sie an Mukoviszidose gestorben, die Trauer und mein Verlustgefühl sind aber heute noch greifbar und ich vergesse ihre Geburtstage und ihren Sterbetag nie und das finde ich auch in Ordnung. Ich trauere ja nicht ständig, das wäre nicht in Ordnung, denn das Leben geht weiter und das hätte meine Freundin auch nicht gewollt, aber sie hat in ihrer Todesanzeige schreiben lassen "... und ich bin auch erst wirklich tot, wenn sich niemand mehr an mich erinnert...".
Damit hat sie recht und deshalb finde ich es eigentlich gut, daß Du so schöne Dinge von Deinem Freund geträumt hast...

Aber Abschiede sind schon etwas blödes, da könnte ich gerne drauf verzichten, aber leider habe ich darauf keinen Einfluß.
Ich habe gestern erfahren, daß meine "Zweittherapeutin", mit der ich super klarkomme, zum nächsten Monat die Klinik verläßt und sich verdammt weit weg von hier als Therapeutin niederläßt. Da kann ich dann also sehen, wie ich ohne sie klarkomme.
Scheisse...Ich hasse Abschiede...

Liebe Grüße
Nele
Xenia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Xenia »

Liebe Nele,

danke für Dein Posting. Daß Du anscheinend auch oft an Deine Freundin denkst bzw. an sie erinnert wirst an Geburts- und Todestag, zeigt mir, daß meine Gedanken und Gefühle meinem verstorbenen Freund gegenüber nicht "krank" sind, sondern eher normal.

Was Deine Freundin in ihre Todesanzeige hat schreiben lassen, hat mich berührt, denn es stimmt so sehr! Es ist schrecklich, wenn so wichtige Menschen sterben, viel zu früh, bevor sie richtig angefangen haben zu leben...

Wir können uns ja die Hände schütteln: Deine Therapeutin verläßt die Klinik um sich irgendwo niederzulassen... Scheiß Gefühl, ich kann Dich verstehen.

Herzliche Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
mautzihh
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

da Du schreibst, dass Du Dich in Deinem Traum mit Deinem Freund so gut gefühlt hast, fällt mir eigentlich dazu ein, dass wohl gut wäre, sich an die schönen gemeinsamen Stunden zu erinnern statt an den Schmerz des Abschieds. Im übertragenen Sinne vielleicht auch in Bezug auf Deinen Krisentherapeuten. Vielleicht kann es Dir gelingen, Dich an Situationen zu erinnern, in denen er Dir besonders geholfen hat und wodurch er Dir helfen konnte. Das ist bestimmt ganz schwer, aber vielleicht hilft es doch irgendwie, die Kurve zu kriegen zu dem Gedanken: schön, dass ich diese Zeit hatte...

Auf jeden Fall denke ich, dass Dir der Traum etwas Gutes und Tröstliches sagen wollte - vielleicht, dass es einen Anfang gibt zu guten Gefühlen - so wie im Traum bei der Erinnerung...

Ich hoffe, dass Du den Sonntag gut erlebst und wirklich ein Treffen mit Deiner Freundin hast.

Bei uns liebt tatsächlich Schnee und die Sonne scheint so herrlich - nur meine Angst kann sie nicht weg brennen, das hat aber vorhin Gott sei Dank eine Tablette geschafft.

Ich schick Dir liebe Grüsse

Mautz
tomroerich
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von tomroerich »

Liebe Xenia,

beim Sortieren alter Unterlagen und Kopien fiel mir dieser Text in die Hände, den ich passend finde für deinen Neuanfang.

Beim Heilwerden geht es darum, unsere Herzen zu öffnen,
nicht sie zu verschließen. Es geht darum, die Stellen in uns, die
die Liebe nicht einlassen wollen, weich zu machen. Heilung ist
ein Prozeß. Beim Heilwerden schaukeln wir hin und her zwischen den Misshandlungen der Vergangenheit und der Fülle der Gegenwart und bleiben immer öfter in der Gegenwart. Es ist das Schaukeln, das die Heilung bewirkt, nicht das Stehenbleiben an einem der beiden Stellen. Der Sinn des Heilwerdens ist nicht, für immer glücklich zu werden: das ist unmöglich. Der Sinn der Heilung ist, wach zu sein. Und sein Leben zu leben, nicht bei lebendigem Leibe zu sterben. Heilung hängt damit zusammen, gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein.

Gruß von

Thomas
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malin
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von malin »

Das verstehe ich nicht:
"...gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein..."
Wie ist das gemeint? Wie kann das gehen?
Wie gehen diese gegensätzlichen Zustände gleichzeitig nebeneinander? Oder miteinander?
Und wieviel kann man ertragen, daß das Zerbrochene dem anderen keine Chance mehr läßt?
Kann man das? Nach jedem Mal das Herz wieder öffnen und Liebe hineinlassen, auch wenn die Erfahrung, daß man sie wahrscheinlich wieder verliert, schon zu oft war?
Was macht man nach 19 Beerdigungen???
Woher kann man das Vertrauen noch nehmen?
Da reicht dann eine Therapeutin, die geht und man steht wieder in dem zerbrochenen Teil...
Nele
Xenia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Xenia »

Hallo Ihr Lieben!

Hatte mir vorhin eine Auszeit genommen und habe versucht, ein bißchen vom Tag weg zu schlafen, was aber nicht ging... Und da schalte ich vor lauter Verzweiflung den PC wieder an und finde gleich drei Postings, das hat mich ein wenig getröstet. Ich werde mal versuchen, auf Eure Postings einzugehen.

Liebe Mautz,

ja, ich glaube, daß das mein Ziel bei allen Trennungen sein sollte (selbst bei der von meinem Ex-Mann): sich an die schönen Zeiten des Zusammenseins erinnern, nicht an den Abschied... Ist allerdings eine Fortgeschrittenenübung, die mir nur selten gelingt. Es ist so, daß (und so geht es mir wohl wie Nele, wenn ich es richtig verstanden habe) ich einfach schon zu viele schmerzliche Trennungen hinter mir habe, gerade was Therapeuten betrifft. Es sind schon einige gegangen, ohne daß die Zeit gewesen wäre, sich vernünftig zu verabschieden. Und das tut immer wieder weh, zumal bei meiner jetzigen Abschiedssituation eben alle möglichen früheren Abschiedssituationen wieder da sind. Aber ich versuche schon, die guten und schönen Zeiten im Kopf zu behalten. Was die guten Zeiten mit meinem Krisentherapeuten betrifft, ist es für mich allerdings besonders schlimm, daß er der erste war, der mich wirklich verstanden und gehört hat, wie es richtig ist/war... Ich hatte noch niemals zuvor ein solches Vertrauensverhältnis und diese Sicherheit, verstanden und gemocht zu werden. Das macht es mir schon schwer, nicht zu verzweifeln. Selbst wo ich das jetzt schreibe, kommen mir die Tränen - nur bei diesem einen Satz über ihn...

Leider sitze ich heute wieder alleine zu Hause rum, meine Freundin hat vergessen, daß sie heute Besuch bekommt. Naja, ich werde versuchen, das Beste daraus zu machen und nicht durchzudrehen.

Falls Du vorhin einen Benzo gegen die Angst geschluckt hast: sei Dir immer des Abhängigkeitspotentials bewußt!!!


Lieber Thomas,

vielen Dank für Deinen Text. Ich denke, er beschreibt einen Neuanfang richtig. Wobei ich das Wort "Heilung" nicht allzu wörtlich nehme, denn bestimmte Ereignisse "heilen" eben nicht mehr aus. Aber - und das ist schon lange mein Ziel - ich möchte erreichen, daß die Ereignisse in dem Sinn "heilen", daß ich sie in meine Vergangenheit integrieren kann. Dazu ist natürlich erstmal Akzeptanz nötig, was sehr schwer zu erreichen ist.

Es geht wohl darum, trotz der Vergangenheit sich nicht zu verschließen für neue und vielleicht positive Erfahrungen. Leider bin ich gerade wieder total auf einem "Isolationstrip", das ist mir in den letzten Tagen sehr bewußt geworden. Ich werde wieder versuchen, dagegen anzukämpfen.

>Der Sinn der Heilung ist, wach zu sein. Und sein Leben zu leben, nicht bei lebendigem Leibe zu sterben. Heilung hängt damit zusammen, gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein.>

Wach sein, das ist es. Nicht an der Vergangenheit zu sterben.

Liebe Nele,

ich denke, daß "gleichzeitig ganz und zerbrochen sein" bedeutet, sich der Vergangenheit und ihrer Schmerzhaftigkeit bewußt zu sein (zerbrochen), aber trotzdem im Hier und Jetzt zu stehen und offen zu sein für neue Erfahrungen (ganz). Daß man es vielleicht trotzdem schafft, neue Liebe in sein Herz zu lassen. Ich kann mir zur Zeit nur sehr schwer vorstellen, wieder Liebe in mein Herz zu lassen - zu oft bin ich enttäuscht worden oder wurde verlassen. Aber ich glaube, daß das der einzig richtige Weg ist, um doch noch irgendwann ein relativ schönes Leben leben zu können. Vielleicht bedeutet es auch, daß man mit der Vergangenheit abschließen muß. Davon bin ich, was meine Vergangenheit betrifft, zumindest vollkommen überzeugt.

Es ist verdammt hart, Menschen, die einem viel bedeuten zu verlieren. Aber Mautz hat recht, wenn sie sagt, daß man sich an die schönen gemeinsamen Zeiten erinnern sollte. Die kann einem niemand mehr wegnehmen....

Ach, wenn ich lese, was ich geschrieben habe, dann wünsche ich mir, ich könnte selbst daran glauben... irgendwann vielleicht, ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben müssen, die ich mir mit so harter Arbeit immer wieder herhole.

Herzliche Grüße an Euch alle von

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
mautzihh
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

die schönen Zeiten als Fortgeschrittenenübungen - da hast Du recht . Ziemlich leicht gelingt es mir, wenn ich einfach an einen Urlaub denke - der erste Gedanke ist oftmals " oh Mann, ich würd so gern mal wieder... oder ob ich mir jemals nochmal so einen schönen Urlaub erlauben kann? Aber dann denke ich einfach doch an das schöne Gefühl von damals und wenns nur für einen Moment ist, genieße ich ihn wirklich noch mal ein wenig.

Vielleicht kannst Du an den einen oder anderen Ratschlag oder verständnisvolle Aussage von Deinem Krisentherapeuten denken, wenn Du ihm ähnliche Gefühle wie jetzt geschildert hast. Was hat Dich dann getröstet? Oder weiter gebracht? Du hast schon so viel geschafft, dass Dir das vielleicht doch möglich wird. Und stell Dir vor, Du könntest ihm in ein paar Wochen schreiben, dass Du seine Worte aus Deinem Gedächtnis gekramt hast und sie Dir auch heute noch geholfen haben... Sei Dir sicher, wenn er Dich so gut verstanden hast, wie Du es gefühlt hast, dann denkt auch er öfters an Dich und schickt Dir ab und zu in Gedanken Kraft! Da bin ich ganz sicher!

Ich hab vorhin eine Azutranquil genommen und bin mir über Abhöngigkeit voll bewußt, da ich mal vor Jahren von Migräne-Zäpfchen abhängig war. Normalerweise nehme ich alle Jubeljahre mal ne halbe, aber gestern und heute tatsächlich zwei, bekam sonst keine Luft und konnte mich nur zusammen kringeln.

Jetzt geht es wieder - ich will mal versuchen, doch für die Zukunft ein paar Gedanken hin zu kriegen.Meine Momme hat mich vorhin eine halbe Stunde durch die Schneelandschaft geschleift - hat dan doch ganz gut getan.

Schick Dir nun noch ganz liebe Grüsse - vielleicht kannst Du doch noch zu jemand Kontakt für heut abend bekommen oder hast Du ein Kästchen mit schönen Erinnerungen? Vielleicht magst Du mal in so was kramen, dann spazieren die Gedanken auch mal andre Wege...

Mautz
tomroerich
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von tomroerich »

Hallo Nele,

es ist schwer zu verstehen, sicherlich. Für mich hat das mit Gelassenheit zu tun- Gelassenheit ist nicht Gleichgültigkeit, sondern beinhaltet vor allem Akzeptieren. Es heißt, auch nach 19 Beerdigungen nicht am Leben zu verzweifeln sondern zu akzeptieren, dass Verlust ein fester Bestandteil unseres Lebens ist und dass wir auch einmal loslassen müsssen, wenn unsere eigene Beerdigung naht. Der Schmerz von Verlust ist proportional zu unserer Bindung und darum eben geht es- sich nicht zu binden sondern das Leben kommen und gehen zu lassen.

Das Leben hats gegeben,
das Leben hats genommen,
das Leben ist, wie es ist und ich gehe weiter.
(In Abwandlung einer Bibelstelle)

Wenn man so denken und fühlen kann, wird man freier- der Bruch ist da und bleibt spürbar aber in einem wächst trotzdem etwas, was nicht zerbrochen werden kann.

Schönen Sonntag wünscht

Thomas
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sadhappy
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von sadhappy »

Hallo Xenia,

bezüglich Deines Traumes habe ich eben auf einer Traumdeutungs-Seite folgendes gefunden:

Ein Toter im Traum steht oft als Symbolfigur am Ende eines Lebensabschnitts, der Ihnen einige Sorgen bescherte, die Sie aber mit der Unterstützung anderer überwinden konnten.
Einen Toten lebend im Traum sehen verkündet, dass Sie Ihrer Trostlosigkeit wieder Herr werden sollen.

Lieben Gruß von sadhappy
*******************************


Gott gebe mir die Gelassenheit,


Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,


den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.


Und die Weisheit, das eine von dem anderen zu Unterscheiden.
<br /
kr
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von kr »

Liebe Nele,

es dauert etwas bei mir, bin nicht ganz so schnell und entschuldige bitte, wenn ich mich jetzt hier einklinke. Ich habe mit so arg wichtigen Worten

<"...gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein...">

auch meine Schwierigkeiten, kann sie nicht verstehen und grüble dann stundenlang darüber, ohne zu einem für mich greifbaren Ergebnis zu gelangen. Ob die nachfolgenden Erklärungen mehr Licht in die Sache bringen, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Nur was ist mit meinem Herzen, meiner Seele? Ich habe den Eindruck, dass diese Fragen Dich bewegen. Wieviel Schmerzen kann mein Herz ertragen, ohne zu zerbrechen, wieviel Liebe ist noch in mir, um mein Herz wieder zu öffnen und mit der Ungewissheit der nächsten Enttäuschung zu leben, die vielleicht sogar die letzte sein könnte.

Ich kann Dir Deine Fragen nicht beantworten, ich kann vielleicht mit Dir fühlen, weil mich ähnliche Gedanken bewegen.

Liebe Grüße vom kleinen Raben
___________________________________________________


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cool
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von cool »

Liebe Xenia,
ich hatte bei " gleichzeitig ganz und zerbrochen" spontan einen Gedanken, habe es aber nicht gleich geschrieben, weil es so einfach, so banal ist. Ich möchte nicht missverstanden werden. Ich dachte an eine Lieblingstasse an der der Henkel oder etwas anderes zerbrochen oder abgebrochen ist. Ich würde sie mit Sekundenkleber kleben und dann besonders achtsam damit umgehen. Vorsicht mit Sekundenkleber, hält bombenfest, auch die Finger, wenn man nicht sorgfältig arbeitet. Die Bruchstelle wird bei genauerem hinsehen immer zu sehen sein, vorallem wenn man es weiss, dass da geklebt wurde. Ansonsten bricht eher etwas anderes, also achtsam damit umgehen. Und zu den Menschen, die nicht mehr da sind und die ich gut gekannt oder geliebt habe. Dazu habe ich auch eine eher kindliche Vorstellung. Kennst du die Muppets Show, mit Kermit dem Frosch und den zwei alten Herren oben auf dem Balkon, die ihre durchaus bissigen, aber liebevollen Kommentare zum Geschehen auf der Bühne abgeben ? So stelle ich mir das vor. Die Bühne ist das Leben und auf den Balkonen sitzen alle, die mich kannten und/oder liebten und schauen zu und geben ihre Kommentare dazu ab, wenn ich mal wieder Dinge tue, die ich schon längst hätte ändern müssen bzw. die sie selbst ihr Leben lang "falsch" gemacht haben.
Liebe Xenia, vielleicht treffen wir uns mal im chat. Gestern gings um einfache Dinge, warum zum Beispiel manche Badeöle auf dem Wasser schwimmen. Wenn es gerade heftig wird im Leben, sollte man sich Auszeiten nehmen um zu Lachen und über sehr einfache Dinge nachzudenken. Wie wäre es mit heute abend ?
Einfache Grüsse von Herzen, Cool
Acedia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Acedia »

Ziehe die Frage zurück, weil Antwort gefunden! Entschuldigung!
Data

Re: Neuanfang IV

Beitrag von Data »

@kleiner Rabe:

"Ich habe mit so arg wichtigen Worten [...] auch meine Schwierigkeiten, kann sie nicht verstehen..."

Komisch, wo doch deine selbstgeschriebenen Gedichte nur so strotzen von arg wichtigen Worten.
Xenia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen alle zusammen!

Bin gerade vom Renovierlärm meines Nachbarn geweckt worden

Es ist interessant, wie verschiedene Menschen auf Thomas' Zitat reagieren. Mich hat er eher ermuntert, wieder nach vorne zu schauen und mir wurde klar, daß der einzige Weg, irgendwann einmal aus meiner kleinen privaten Hölle zu kommen nur klappt, wenn ich "zerbrochen und ganz" beherzige... Das ist genau das, was ich auch mit meinen diversen Therapeuten besprochen habe und um das ich wohl auch weiter kämpfen muß. Die Vergangenheit abschließen, vielleicht ist die Therapie dabei so etwas wie Cools Sekundenkleber...

Liebe Sadhappy,

es wäre schön, wenn Deine Traumdeutungsseite recht hat und ich jetzt mit meiner Trostlosigkeit abschließen könnte. Dann wäre endlich wirklich ein Neuanfang da. Kurz noch zu meinem Traum: in dem Jahr, in dem sich mein Freund das Leben genommen hat (1993), fing bei mir die absolute Trostlosigkeit und meine Therapeuten- und Klinikodyssee erst so richtig an. Vielleicht steht er ja für dieses Jahrzehnt der Trostlosigkeit und hat mir im Traum gezeigt, daß schönere Zeiten auf mich warten. Das wäre sehr schön, kaum zu glauben!

Liebe Cool,

ich finde Deine Vergleiche gar nicht so banal und alltäglich. Du hast vollkommen recht.

Was das chatten betrifft: ich bin eigentlich nie im chat. Bin nicht so gut im chatten...

So, jetzt mal in den wunderschönen neuen Tag starten! Es wird wieder ein gräßlicher Tag, das merke ich jetzt schon. Aber ich will ihm eine Chance geben!

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
flora80
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von flora80 »

Guten Morgen Xenia!

Ja, in den wunderschönen Tag starten, das ist eine gute Idee. Weiß ja nicht, wie es bei euch aussieht, aber hier ist Sonne. Ich finde es immer soooo schön, wenn du einen positiven Gedanken in deine Postings einbaust, da klingt dann alles nicht mehr ganz so schrecklich und furchtbar. Die Idee von Ronja, die sie im "gesund werden?!" Thread erzählt hat, find ich ziemlich gut und vielleicht nehmen wir uns einfach mal beide vor, jeden Tag einen (man muss ja nicht übertreiben... ) positiven Gedanken zu denken. Ich glaube, dass das hilft, sich nicht in dem negativen Sumpf einzusuhlen. Und jetzt sag nicht "ja, aber wenn es mir schlecht geht, dann geht das nicht!" Klar geht das. Schreib dir was auf, und lies es dann durch, das kann man auch, wenn's schlecht geht
Ich weiß, dass das schwer ist, aber wie wäre es, wenn wir zwei das mal als Experiment jeden Tag machen, hm? Muss ja nix bei raus kommen, aber einen Versuch wär's doch wert.
Ich kann davon auch nur profitieren. Hatte gestern abend sozusagen einen "Rückfall", was SVV angeht und ärgere mich jetzt ziemlich darüber, auch wenn ich weiß, dass sich selbst fertig machen nichts bringt.

Lieber Gruß,

Flora
tomroerich
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von tomroerich »

Hallo Kleiner Rabe,

weiß schon, diese "wichtigen Worte" klingen immer irgendwie abgehoben und scheinen nichts Konkretes auszusagen. Aber sie haben die Eigenheit, dass man, wie du, stundenlang darüber nachdenken kann und man möchte zu gerne dieses Rätsel lösen. Und das heißt wohl, dass sie etwas in einem ausgelöst haben (bloß was??).
Schon das Wort Heilung bezeichnet etwas, was wir uns alle wünschen und von dem wir doch nicht genau wissen, was es bedeutet. Was ist heil und wie fühlt sich heil an? Wer es nie war, wünscht sich etwas sehnsüchtig, von dem er nicht einmal weiß, was es genau ist. Was hat heil mit heilig zu tun? Aber wir haben anscheinend alle eine innere Ahnung davon und wer solche Sätze schreiben kann, ist schon ein Stück weiter und transportiert mit seiner Ausdrucksweise einen Gedanken, der uns beschäftigt und vielleicht auch beunruhigt.
Manchmal können mich solche "Weisheiten" auch regelrecht abstoßen und das ist seltsam, wenn ich es mir recht überlege. Dann bin ich wohl negativ geladen und wehre mich. Gegen was? Und zu anderen Zeiten tragen mich solche Sätze ein Stück weiter. Dieser konkrete sagt mir viel zur Zeit: dass man trotz aller Brüche heil (ganz) sein kann und dass es in uns etwas gibt, dass unzerstörbar ist und dass man damit in Kontakt kommen kann. Ich fühle, dass das wahr ist.

Gruß von

Thomas
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kr
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von kr »

Hallo Commander Data,

Du willst doch wohl nicht lamoryante Betroffenheitslyrik mit ernsthaften Beiträgen vergleichen? *grins*

Trotzdem schön, dass Du in den Gedichten mitliest *lächel*

Kleiner Rabe
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Xenia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Xenia »

Hallo liebes Forum,

ich habe dem Tag seine Chance gegeben, aber er hat sie nicht genutzt... War mal wieder echt ätzend heute.

Heute abend hatte ich dann Therapie. Ich habe ein offenes und ehrliches Gespräch mit meiner Therapeutin gehabt, wie sie die Therapie sieht und was sie denkt, wie es jetzt weitergehen soll. Nun ja... Sie stimmt mir zu, daß es in dem einen Jahr, in dem ich jetzt bei ihr bin, eigentlich immer nur um Krisenintervention ging und daß das so nicht weitergehen kann. Sie meint, daß ein stationärer Aufenthalt wirklich nicht mehr zu umgehen ist. Ich habe ihr erzählt, daß ich heute 5 1/2 Stunden damit zugebracht habe, zu entscheiden, mich zu duschen und anzuziehen. Und daß das sehr viel Kraft raubt. Und daß es an den Tagen, an denen ich arbeite eigentlich nur funktioniert, weil ich mich morgens schon "ausschalte", halt einfach alles nur noch automatisch mache, wie eine Maschine...

Sie ist der Meinung, daß mich der stationäre Aufenthalt wieder soweit stabilisieren könnte, an meinen äußeren Lebensumständen zu ändern, sie denkt, daß ich zur Zeit nicht die Kraft dazu habe... Ich muß ihr leider recht geben. Obwohl ich wirklich keine Lust habe auf die Bevormundung auf der Station - so kann es nicht weitergehen und ich habe Angst, daß meine Stimmung noch weiter in den Keller rutscht.

Ich werde mal sehen, wie mein Gespräch am Donnerstag in der Klinik ausgehen wird. Aber ich denke (zumindest heute), daß es gut wäre, wenn ich einer stationären Aufnahme zustimmen würde. Nur wäre mein Job dann weg. Aber das ist es mir wert, wenn ich danach vielleicht einigermaßen gut über die Runden komme - stimmungsmäßig. Ich arbeite ja sowieso nicht gerne in diesem Beruf...

Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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mautzihh
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von mautzihh »

Liebe Xenia,

ich wünsche Dir sehr, dass Du und die Ärzte die für Dich richtige Entscheidung triffst/treffen. Eine Erleichterung wäre die Klinik für Dich sicherlich wegen Job und nötigen Entscheidungen, die Dir dort sicher abgenommen werden.

Andererseits kann ich mir vorstellen, dass dies eine gewisse Aufgabe von Selbständigkeit bedeutet und danach gerade das selbständige alles in den Griff nehmen sehr schwer wird. Aber wenn es Dir dann durch die Therapie in der Klinik inzwischen besser geht, wird es wiederum leichter...
Ich hoffe für Dich, dass die Ärzte sehr
fähig sind und sich Mühe geben für Dich - aber das hast Du ja von dem Chefarzt schon erzählt.

Meine Mom hat mich gestern vor dem Spaziergang gefragt, welche meiner 2 Jacken ich anziehen will - ich konnte mich nicht entscheiden! An solchen Tagen verzweifle ich ziemlich.

Heut war mein Neurologe wieder aus dem Urlaub zurück und ich konnte mir eine imap geben lassen. Tabletten soll ich wegen der wichtigen Gespräche im Moment nicht ändern. Heut gehts auch ein wenig besser.

Wenn ich darf, würd ich Dich gern mal kurz drücken oder die Hand halten.

Ich schick Dir ganz liebe Grüsse

Mautz
kr
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von kr »

Hallo Thomas,

möchte mich für Dein Posting bedanken. Mir geht´s im Moment nicht sehr gut, vielleicht auch ein Grund dafür manches nur schwarz/weiss zu sehen, beleuchtet wie mit einem Spot, keine Nuancen mehr zu erkennen. Vielleicht ist auch zuviel Porzellan kaputt, um es noch kitten zu können, wie es cool mit der Lieblingstasse vorschlägt. Oder ist wirklich schon in der Kälte alles zu Eis erstarrt, wie Lea schreibt?

Grüße vom kleinen Raben
___________________________________________________


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malin
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von malin »

Hallo Thomas, Xenia, Lea, Rabe...

im Prinzip sehe ich es ähnlich wie Du, Thomas, nur daß es in schlechten Phasen oft schwer ist, diese Ansicht aufrechtzuerhalten, wenn um einen herum schon wieder etwas passiert oder zusammenbricht.
Wenn ich das Leben anders sehen würde, wäre ich schon lange nicht mehr da und würde nicht jedes mal wieder aufstehen und vor allem nicht ein Kind in dieses Leben setzen, welches mehr von Verlust und Angst geprägt ist als von schönen Dingen.

In meinen schlechten Phasen -wie zur Zeit, wo wir auf die histologischen Befunde meiner Freundin, die an Krebs erkrankt ist, warten und nicht wissen, was kommen wird-
wird aber aus dem Akzeptieren eher ein Hinnehmen und aus der Gelassenheit eher Resignation...
Ich merke, daß zwischen diesen beiden Sichtweisen manchmal nur ein winziger Schritt ist, so eine Art Gradwanderung.

Aber bisher bin ich immer wieder aufgestanden und auf der positiven Seite angekommen, nur ich merke, daß sich die negativen Erfahrungen langsam summieren und da frage ich mich schon, wie das aussehen wird, wenn noch mehr dazukommen. Denn letztendlich bin ich erst 34 Jahre, auch wenn ich in dieser Zeit mehr erlebt habe, als andere in ihrem gesamten Leben, ist ja theoretisch noch viel Zeit...(hoffentlich ).
Denn eigentlich lebe ich gerne und kann es auch immer wieder genießen, aber unbeschwert werde ich nie sein und das vermisse ich...
Liebe Grüße
Nele
cool
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von cool »

Sende dem kleinen Raben und allen anderen hier ein paar Sonnenstrahlen.
tomroerich
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von tomroerich »

Hallo Nele,

aber unbeschwert werde ich nie sein und das vermisse ich...

... das kannst du nicht wissen, schon gar nicht mit 34. Aber wenn du an diesen Satz glaubst, machst du das Eintreten dieser Prophezeihung auch wahrscheinlich.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Acedia
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Re: Neuanfang IV

Beitrag von Acedia »

Hallo kleiner Rabe,

das mit der Kälte bezog sich auf Thomas' Posting. Seinen letzten Satz deutete ich dahingehend, dass wir nur eine größere Gleichgültigkeit an den Tag legen, also mehr Gefühlskälte zeigen müssten, dann würde es uns schon bald besser gehen. Dieses Etwas, das seiner Meinung nach nicht zerbrechen kann, war für mich ein Herz, was zu einem Eisklumpen gefroren ist. Wenn man aber selber schon einmal Opfer von solchen gefühlskalten und gleichgültigen Mitmenschen geworden ist, weiß man, dass das nicht der richtige Weg sein kann.
Ich kam dann aber zu dem Schluss, dass Thomas das so ganz bestimmt nicht gemeint haben kann, sondern eher, dass uns eine gewisse Gelassenheit und innere Ruhe weiterbringen können und wir nicht immer Dinge ändern wollen, die gar nicht in unserer Zuständigkeit liegen.

Deine Gedichte und auch manche deiner Posts sprechen eine sehr düstere und traurige Sprache, voller Leid und Schuldgefühle. Vieles davon liegt in der Vergangenheit und kann nur noch bedingt wieder gut gemacht werden. Nicht alles verlangt nach einer Wiedergutmachung, lieber kleiner Rabe, das geht gar nicht und muss auch nicht sein. Manchmal reicht ein einfaches Ja zu der Vergangenheit und ein Erkennen der Ursachen, warum man immer wieder gestolpert ist und andere dabei mit zu Fall gebracht hat, um nicht in die Wiederholungsfalle zu tappen. Das Erkennen von Fehlern und Schwächen und eine ehrliche Aufarbeitung tun sehr weh und es ist sicher gut, wenn man sich die Zeit nimmt, um das zu betrauern. Doch darüber darf man das Heute nicht vergessen und die Augen nicht vor dem wiedergefundenen Leben verschließen. Für mich ist es wichtig, dass ich die Chancen nutze, die mir immer wieder geschenkt werden – für einen Neuanfang!

Lea
Antworten