Ehemann dreht jetzt völlig ab!

gläubige
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Registriert: 30. Nov 2009, 10:12

Re: Ehemann dreht jetzt völlig ab!

Beitrag von gläubige »

Das habe ich kürzlich im Netz gefunden, vielleicht hilft es dem einen oder anderen??

Die einzigen Gefühle, die er zeigte, waren Zorn und sexuellen Verlangen. Und er lachte gern über anzügliche Witze. Er liebte den Wettkampf, hasste Abhängigkeit von anderen, Kontrollverlust und schwelgte in Phantasien der Unbesiegbarkeit.


Er konnte es sich kaum verzeihen, Prozesse zu verlieren. Er war ein brillanter Anwalt. Und ein harter Bursche. Wenn er tatsächlich einmal ein Verfahren verlor, war ein Sündenbock schnell gefunden.

Je älter er wurde, desto ausgeprägter wurden seine Neigung, anderen die Schuld an eigenen Fehlern zu geben, auf andere einzudreschen und sein Hang zu Zornausbrüchen, oft in Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch. Auch Menschen, die ihn gut kannten, konnten sich dieses Verhalten nicht erklären. Sie wussten nicht, dass dies die klassischen Symptome der Depression bei Männern sind: Zorn, Schuldzuweisung, Feindseligkeit und Alkoholmissbrauch.

Auch viele Psychotherapeuten sind mit diesem männlichen Krankheitsbild nicht vertraut. Für die männlich geprägte Psychiatrie sind Krankheitsbilder wie Depression oder Dissoziative Identitätsstörungen vielfach auch heute noch "Weiberkram", also letztlich Anzeichen von Hysterie. Depression wird bei Männern demgemäß in der Regel nur diagnostiziert, wenn sie weiblichen Mustern folgt. Frauen leben ihre Depression offen aus, Männer neigen dazu, sie zu verbergen und zu maskieren. Zu den bevorzugten "Masken" zählen alkoholschwangere Männerrunden in Kneipen, exzessives Spielen, Risikoverhalten, atemlose Schürzenjagden und - weniger dramatisch - stundenlanges Fernsehen.

Männer können sich offene Depressionen nicht leisten. Wer als Mann Erfolg haben will, muss ein harter Bursche sein - und harte Kerle kriegen keine Depressionen. Männer mit Depressionen sind halbe Weiber und somit minderwertig. So lässt sich die herrschende Meinung in einer männerdominierten Kultur auf eine knappe Formel bringen. Frauen verinnerlichen ihr seelisches Leid. Sie fühlen es. Männer flüchten sich in die Aktion. Sie sind Männer der Tat. So schützen sie sich vor depressiven Gefühlen - allerdings nicht vor der Depression und ihren Folgen.

Als er etwa 50 Jahre alt war, begannen Rüdiger K.'s Abwehrmechanismen zu versagen. Der Verfall setzte schleichend ein: Er trank immer mehr und aß immer weniger. Er litt zunehmend unter Schlaflosigkeit. Er verlor seinen Spaß am Golfspielen, seinem einstigen Lieblingshobby. Es fiel ihm immer schwerer, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren; während seiner Prozesse hatte er mitunter sogar "blackouts". Erfolge konnte er kaum noch genießen. Je weniger sein Leben ihm Freude bereitete, desto mehr trank er. Je mehr er trank, desto häufiger unterliefen ihm Fehler. Je häufiger ihm Fehler unterliefen, desto heftiger wurde seine Neigung, Sündenböcke zu suchen, desto schlimmer wurden seine Zornausbrüche. Er begann, an Selbstmord zu denken.

Rüdiger K. ist im übrigen keine Ausnahme unter seinen Anwaltskollegen. Eine amerikanische Studie ergab, daß 26 Prozent der Anwälte Symptome klinischer Depression zeigten, 12 Prozent hatten schon einmal an Selbstmord gedacht. Die Zahl der Depressiven in der Gesamtbevölkerung wird auf 3 bis 9 Prozent geschätzt.

Nach landläufiger Meinung erkranken Frauen rund zwei- bis viermal häufiger an einer Depression als Männer. Andererseits liegt die Selbstmordrate bei Männern zehnmal höher als bei Frauen. 70 Prozent der Alkoholiker sind männlichen Geschlechts. Diese Zahlen deuten darauf hin, daß Depressionen bei Männern wesentlich häufiger sind, als bisher vermutet.

Auch in Sachen Alkoholmißbrauch scheint Rüdiger K. unter seinen Anwaltskollegen keine Ausnahme zu sein. Nach einer amerikanischen Studie liegt die Zahl der Alkoholmissbraucher unter Anwälten bei annähernd 20 Prozent, also wesentlich höher als in der Gesamtbevölkerung.

Da männliche Depressive ihre Erkrankung häufig sich selbst und anderen nicht eingestehen können, neigen sie unbewusst zur Selbstbehandlung ihres Leidens mit Alkohol. Und geraten damit in einen Teufelskreis. Denn Alkohol kann zwar depressive Verstimmungen betäuben, aber er verstärkt insgesamt die Depression.

Es versteht sich unter diesen Bedingungen von selbst, daß viele depressive Männer unbedingt eine Psychotherapie bräuchten. Doch viele erkrankte Männer finden den Weg in die Therapie nicht, weil sie Psychotherapie für Weiberkram und sich selbst überdies nicht für depressiv halten. Es fehlt noch weitgehend eine auf Männer zugeschnittene, für Männer akzeptable Form der Depressionstherapie. Die heutigen Depressionstherapien orientieren sich überwiegend an weiblichen Formen dieser Erkrankung, an weiblichen Werten, Erfahrungen und Formen des Selbstwert- bzw. Selbstunwertgefühls.

Eine solche Therapie müßte sich zum Beispiel auf eine Fähigkeit konzentrieren, die vielen Männern schwer, den meisten Frauen aber leicht fällt, nämlich nach innen zu blicken, die eigenen Gefühle zu erkennen und in Worte zu fassen. Diese Männer müssen begreifen, dass es nicht unmännlich ist, über Gefühle zu sprechen - und dass es keineswegs besonders männlich ist, Leid zu verdrängen durch Saufgelage, rücksichtloses Fahren, Glücksspiel, wahllose sexuelle Abenteuer, planlosen Aktionismus in der Arbeit, durch das Ausleben von Jagd- und Beuteinstinken im Umgang mit Kunden, Mitarbeitern oder Arbeitgebern usw.

All diese "typisch männlichen" Verhaltensweisen sind nur zu oft Symptome einer larvierten Depression bei Männern. Über die Ursachen dieser Depression lässt sich trefflich spekulieren. Es gibt kaum solide Forschungsergebnisse zu diesem Thema. Meine Hypothese lautet: Viele Frauen und Männer glauben, wir lebten in einer von Männern beherrschten Gesellschaft. Dies mag in der einen oder anderen Hinsicht auch zutreffen. Doch nur sehr selten sind Männer in dieser Gesellschaft auch wirklich Herren. Nicht wenige sind Sklaven falscher Werte und unrealistischer Ziele: entwurzelte Seelen im Hotel "Abgrund".
Dieser Artikel erschien zuerst in der Fachzeitschrift "drogen-report", heute umbenannt in "Konturen".


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