Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

MadMax
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von MadMax »

Hallo Silke, hallo Ben!

Wollt mich nur kurz melden und nicht komplett in der Versenkung verschwinden.
Ihr schreibt hier soviel. Ist auf keinen Fall ein Vorwurf an euch!! Im Gegenteil.
Aber ich kann mich im Moment einfach nicht mit dem Ganzen auseinander setzen. Obwohl hier soviele interessante Dinge angesprochen werden (vollkommen willkürlich jetzt mal z.B. das Thema "Depression: eine Wohlstandskrankheit?" rausgefischt).
Oder ist da wieder dieses sich nicht beschäftigen WOLLEN? Allles abblocken, ja keine mit Anstrengung verbundene Veränderung in Angriff nehmen WOLLEN? Ich weiss es nicht. Es geht einfach nicht. Hoffe, ich kann wenigstens demnächst alles mal richtig in Ruhe durchlesen.

Euch alles Liebe!

Mad Max
srb
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

ich glaube schon, daß mein Chef mir wirklich helfen wollte, wir kennen uns schon sehr lange, ich habe schon bei ihm studiert und er hat immer sehr viel von mir gehalten. Darum bin ich unter anderem auch noch hier, soviel Verständnis werde ich woanders wohl kaum finden. Trotzdem kann er nicht wirklich verstehen. Er glaubt zu wissen, wie ich mich fühle, aber er weiß es nicht wirklich.... Er meint, es wäre nur eine schlechte Phase, die jeder mal hat, ein Motivationsloch nach der Doktorarbeit, ein paar Selbstzweifel, "die ich nur mal wieder in den Griff bekommen müßte" - und mittlerweile reagiert er schon relativ irritiert, daß ein halbes Jahr da offensichtlich nicht ausgereicht hat....

Zu dem zweiten Punkt, da habe ich vielleicht ein bißchen heftig reagiert, aber das ist so der "Allheilvorschlag", der mir von aller Welt präsentiert wird: Was willst Du eigentlich, Du hast eine schöne Wohnung, einen netten Freund, einen guten Job, keine Geldsorgen, Du hast doch wirklich keine Probleme. Guck Dir die hungernden Menschen in Afrika an, die Menschen in Kriegsgebieten, DIE haben Probleme, die würden doch sofort mit Dir tauschen und wären überglücklich! Ich kann das einfach nicht mehr hören - vielleicht, weil es die Wahrheit ist? Ich weiß ja, daß es stimmt, aber es ändert an meiner Situation nichts, ich fühle mich deshalb nicht besser oder sehe alles etwas entspannter - eher im Gegenteil, denn jetzt kommen noch jede Menge von Schuldgefühlen und Druck hinzu. Erinnert mich an eine andere Situation, ich bin ein relativ schlechter Esser, weshalb ich es in Restaurants meist nicht schaffe, meine Portion aufzuessen. Wie oft habe ich da schon Kommentare hören müssen in Richtung: In Afrika verhungern Kinder, wie kann man da das gute Essen wegschmeißen? Nun ist es so, daß ich ungemein darauf achte, daß bei uns zuhause keine Lebensmittel weggeschmissen werden und wann immer es möglich ist, bestelle ich in Restaurants eine halbe Portion - aber wo ist die Logik darin, daß ich mir den Magen verderben soll, deshalb hungert in Afrika nicht ein Kind weniger. Oje, das klingt schon wieder viel grausamer und aggressiver als ich es meine, da hat sich wohl eine ganze Menge Wut aufgestaut... Also nochmal Sorry, daß ich so heftig reagiere, obwohl Du mir ja schon das Recht zugestanden hast, daß es mir trotzdem schlecht gehen darf! Was ich eigentlich dazu noch sagen wollte, ist, daß ich den Vergleich mit einer Sucht sehr treffend fand, viel zuviele Jahre habe ich damit vergeudet, meine Unzufriedenheit und Probleme allein auf äußere Umstände zu schieben. Wenn das und das erst anders ist, dann kann es mir wieder gut gehen - hat nie geklappt. Das Problem liegt in mir, da muß ich etwas verändern und dann kann ich anfangen, an Äußerlichkeiten zu denken. Auch ein Grund, warum ich immer noch in dieser Arbeit verharre, so sehr mein Kopf mir das auch vorgaukeln will, ich glaube einfach nicht, daß mit der Kündigung alles besser (oder gar wieder gut) wäre.

Das mit der Moderatorenrolle sollte ich vielleicht wirklich mal versuchen, obwohl da gleich ein kleines Ich in mir protestiert und sagt: Oh nee, will nicht, das ist bestimmt anstrengend und was für ein Quatsch überhaupt.... Aber das ist wohl gerade das Ich, mit dem ich mal in Kontakt treten sollte, oder ?

Das Zitat von Thomas habe ich gelesen, aber ich habe dazu noch keinen rechten Zugang gefunden, das werde ich mir ausdrucken und dann ganz in Ruhe nochmal durchgehen. War auch schon öfter im Spiritualitätsthread zu Gast, aber da hatte ich das gleiche Problem, es fällt mir wahnsinnig schwer, zu verstehen, was da steht - obwohl ich jedes einzelne Wort lesen kann! Ziemlich faszinierend, ob es vielleicht daran liegt, daß ich zu sehr auf naturwissenschaftliches Denken trainiert bin (wobei ich nicht zu den Naturwissenschaftlern gehöre, die behaupten, alles, was man nicht logisch erklären kann, gibt es nicht, ganz im Gegenteil!)? Eine Therapeutin hat mir mal ein Buch empfohlen, In Offenheit leben, da ist es mir ganz ähnlich ergangen und Dein Thread erinnert mich da immer sehr stark dran! Vielleicht hast Du dazu eine Idee? Finde das Thema an sich nämlich sehr spannend!

Danke für den Wunsch der angenehmen Gedanken!

Liebe Grüße,
Silke
srb
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Mad Max,

so ein Thread läuft ja nicht weg... ! Ich würde mich auf alle Fälle sehr freuen, Deine Gedanken hierzu kennen zu lernen - sobald Dein Kopf eben wieder frei genug ist, sich damit zu beschäftigen!

Höre ich bei Dir richtig heraus, daß Du im MOment einfach "nicht wollen kannst"? Das empfinde ich sooft so und das belastet mich auch total, weil ich so erzogen bin, daß können und wollen sich ausschließt. Ich kann nicht gibt es nicht, das ist dann nur: Ich will nicht, sprich ich bin selbst schuld, ich müßte ja nur wollen. Irgendwann bin ich dann zufällig mal auf einen Buchtitel gestoßen, "Ich kann nicht wollen", komischerweise habe ich das Buch bis heute weder gekauft noch gelesen, aber den Titel fand ich einfach unglaublich. Da stand schwarz auf weiß, was ich immer so empfunden, mich aber nie auszusprechen getraut habe! Danach habe ich meine Therapeutin darauf angesprochen und sie hat bestätigt, daß es sowas gibt. Ist natürlich ein bißchen eine Gratwanderung, ist ja auch sehr bequem einfach zu sagen, ich kann das jetzt nicht wollen, aber manchmal IST es eben auch so, das hat mir manchmal schon etwas Druck genommen, nicht zu hart mit mir selbst ins Gericht zu gehen...

Ich hoffe, daß sich für was immer es ist, daß Dich gerade so beschäftigt, eine Lösung finden läßt!

Lieb, daß Du Dich gemeldet hast,

Silke
ben1
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

das mit den Menschen, die "Echte" Probleme haben, scheint Dich ja ziemlich zu belasten - auch ich hatte viele (gutgemeinte) Ratschläge erhalten - Du hast doch alles, Du bist erfolgreich ...

Nun, das ist es ja gerade! Es gibt keine "Glücksformel", die nur in der Außenwelt funktioniert (mach das und das und das, leg Dir nen Freund/ ne Freundin zu, such Dir nen guten Job - und schwupps - bist Du glücklich). Das war jahrelang mein "Antreiber" - ich war eigentlich (rückblickend) nie wirklich glücklich, sondern ich hoffte, irgendwannmal glücklich zu sein. Und dann hat man alles geschafft - und es bleibt trotzdem eine eigenartige Leere zurück. Die Ziele gehen aus und die Energie auch. Man wird auf sich selbst zurückgeworfen.

Zum Punkt mit dem Moderator - das ist wirklich mal was Neues, da weis man nicht, was auf einen zukommt, das könnte Veränderung bedeuten - das macht Angst (zumindest dem Ich, das so vehemennt protestiert, oder?). Da befürchtet jemand in Dir, die Macht zu verlieren (ich denke mal, das ist Dein rein logisch-perfektionistisches Ich). Sag ihm mal ganz deutlich, das mit seinen Methoden diese Situation nicht zu meistern ist! Egal, zu welch Höchstleistungen Dich dieses Ich noch antreiben will - es wird immer nur eine flüchtige Zufriedenheit sein, die dann wieder neue, bessere Erfolge einfordert.

Ich habe keine Ahnung, was Du beruflich machst, aber so, wie Du das zur Zeit machst machts wohl wenig Spaß. Die Frage ist, ob das an der Arbeit liegt oder an Deiner Herangehensweise - bei mir war auch der Zweifel über die richtige Arbeitsstelle in der Depression ein Hauptthema - und dann habe ich gemerkt, das ein Wechsel nur bedeutet hätte, mich mit dem eigentlichen Problem eine Zeit lang nicht auseinandersetzen zu müssen (gilt nur für mich, kann bei Dir ganz anders sein!). Da muß man meiner Erfahrung nach unheimlich auf der hut sein, nicht in einen "Fluchtmechanismus" zu kommen. Auch gesunde Teile in Dir haben sich für diese Art von Arbeit entschieden - hör Dir die erst mal an, bevor Du Entscheidungen triffst.

Weiterhin produktive Gedanken wünscht

Ben
ben1
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Noch kurz ein Buchtipp

Anthony de Mello: Der springende Punkt

Als Einstieg in die "Welt der Spiritualität" für mich ein Meisterwerk

Ben
MadMax
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von MadMax »

Hallo Silke!

Hm, das mit dem "nicht wollen können" könnte es vielleicht richtig umschreiben. Ich weiss aber nicht so ganz genau, da ich diesen Gedanken irgendwie nicht so zu packen bekomme. Kennst Du das: du denkst über etwas nach und meinst es verstanden zu haben, es zu erklären zu können, es einordnen zu können. Zumindest im Innern irgendwo. Und nun willst du ihn in deinen "bewussten" Verstand holen, um dort weiter darüber bewusst nachzudenken und ihn analysieren zu können. Aber du kannst den Gedanken nicht vollständig greifen, weil eine ganze Menge Gedanken oder auch nur "Hinweise auf Gedanken" herumschwirren. Jetzt gilt es im richtigen Moment beim richtigen Gedankenhinweis "zuzupacken" und ihn nicht mehr entkommen zu lassen. Aber in dem Moment wo du zugreifst, entweicht der Inhalt dieses Gedankens und es bleibt nur noch eine leere Hülle zurück. Du meinst es für ein, zwei, drei Sekunden begriffen zu haben, aber alles was bleibt ist die leere Hülle, mit der du nun doch nichts mehr anfangen kannst.

Oh, war das verwirrend. Ich weiss nicht, ob das irgendwie annähernd rübergekommen ist, was ich versucht habe darzulegen??
Jedenfalls geht es mir so mit diesem "nicht wollen können"-Gedanken. Ich bin mir eigentlich mittlerweile doch relativ sicher, dass das bei mir zutrifft, aber beschreiben oder wirklich erklären kann ich es nicht. Oder noch nicht.
Und dieses "Ach, gib dir doch ein bisschen Mühe, dann klappt das auch" kenne ich auch zur Genüge. Insofern passt das irgendwie.

Nun ja, verwirrte, aber deswegen nicht weniger herzliche Grüße schickt

Mad Max
srb
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

das mit den "echten" Problemen, den Ratschlägen und den Vorwürfen belastet mich wohl so, weil ich mich immer noch zu sehr darüber definiere, was andere von mir oder über mich denken. Ich finde es sehr, sehr schwierig, mit mir selber (meinen Ichs) ins Gespräch zu kommen, irgendwie trauen die sich nicht, mit mir zu reden. Oder ich traue mich nich, ernsthaft nach ihnen zu suchen...

Das mit dem "Fluchtmechanismus" trifft ziemlich gut zu, ich habe schon ziemlich viele Sachen in meinem Leben abgebrochen oder gar nicht erst angetreten, Studienplätze, Studienfächer, Lehrstellen, Diplomarbeiten....Kurzzeitig ging es mir danach meist richtig gut, das waren die Phasen, die für mich an nächsten an Gesundheit herankommen. Aber die gleichen Probleme haben mich immer wieder eingeholt. Insofern ist es sicher nicht nur der Job, aber er verstärkt die Probleme eben (bin übrigens an der Uni beschäftigt, Postdoc-Stelle). Allerdings könnte ich mir im Moment auch überhaupt nicht vorstellen, woanders neu anzufangen, dazu fühle ich mich viel zu verunsichert und eingeschüchtert. Ich würde sofort wieder in die gleiche Situation geraten.

Das sich auch gesunde Teile von mir für diese Arbeit entschieden haben, ist ein ganz neuer Gedanke. Für mich haben sich eigentlich nur meine Zwänge dafür entschieden: Du mußt doch arbeiten, wer weiß, ob so eine Chance wiederkommt, wie konntest Du das nur ablehnen, wie soll es jetzt weitergehen, Du bist doch nur zu faul zum Arbeiten. Letzteres war ein Vorwurf meiner Eltern, als ich mit einem super Abitur studieren wollte - das habe ich bis heute wohl nicht verarbeitet...

Ich finde Deine Gedanken immer sehr spannend, bin schon viel zum Nachdenken gekommen! Danke! Und den Buchtip werde ich mir merken!

Liebe Grüße,
Silke
srb
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Mad Max,

ich finde, Du beschreibst das klasse, genau so ist das Gefühl!!! Und jeder, der es kennt, wird es auch verstehen! Ich vergleiche es manchmal mit einem komplizierten Satz, sobald man das Ende erreicht hat, hat man irgendwie wieder vergessen, wie der Anfang war, so daß es einem nie gelingt, den Sinn zu verstehen. Jedes Wort für sich macht Sinn, aber man kann sie noch sooft lesen, es bleibt nur eine sinnlose Aneinanderreihung von Worten. Manchmal denkt man für den Bruchteil einer Sekunde, jetzt hat man es gleich, aber schwupps ist es einem wieder entwischt. Kannst Du mit dem Bild auch was anfangen?

Liebe Grüße,
Silke
MadMax
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von MadMax »

Hallo Silke!

Ja, Dein Bild trifft es auch ganz genau. Nur dass es manchmal diesen einen Moment gibt, in dem man den Satz komplett vor Augen hat und den Sinn auch erkennt. Aber dann entfallen einem schon wieder die ersten Worte des Satzes. So als ob Wort für Wort abbröckelt und nichts mehr übrig bleibt.
Mir fällt dabei gerade so eine Leuchtreklame ein. Ich meine solche Laufbänder mit Schrift, die von rechts nach links durchläuft. Einem werden die Worte "serviert" ohne dass man die Augen bewegen müsste, um das ganze Satzgebilde überblicken zu können. Stattdessen liest man Wort für Wort bis der Satz (oder die Werbebotschaft) vorbei ist und hat doch nicht kapiert, was denn eigentlich gemeint ist. Vielleicht kann man eher sagen der Satz "wird einem gelesen". Man sieht also nur passiv zu ohne das aktiv zu verarbeiten.

Kannst Du das so nachvollziehen?

Alles Liebe!

Mad Max
ben1
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

freut mich - Buchtipp nicht nur merken, sondern lesen!

Kurz meine Meinung (und ein paar Impulsfrage) zu Deinem Posting - ich zitiere Dich einfach mal


"... weil ich immer noch zu sehr darüber definiere, was andere von mir oder über mich denken. "

Was denkst Du über Dich? Was denkst Du, was die anderen über Dich denken?


"Ich finde es sehr, sehr schwierig, mit mir selber (meinen Ichs) ins Gespräch zu kommen, irgendwie trauen die sich nicht, mit mir zu reden. Oder ich traue mich nich, ernsthaft nach ihnen zu suchen..."

Das ist auch nicht einfach, erstmal, weil es sehr ungewohnt ist. Die "Ichs" trauen sich nicht mit Dir zu reden, weil Du sie eine Zeit lang einfach nicht zu Wort kommen gelassen hast - das ist ganz normal. Zeit nehmen, hinhören, die sind auch meist eher ganz leise ... Macht nix, probier es trotzdem!

"....Kurzzeitig ging es mir danach meist richtig gut, das waren die Phasen, die für mich an nächsten an Gesundheit herankommen. Aber die gleichen Probleme haben mich immer wieder eingeholt."

Ja, das ist eine harte Erfahrung! Da müht man sich jahrelang ab für ein kleines bißchen "Leben dürfen" - und dann gehts wieder von vorne los. Mit Gesundheit hat das meiner Meinung nach wenig zu tun - Gesund ist, wer TUN und SEIN kann, also nicht nur einer, der sich Zufriedenheit erkaufen muß!

"Das sich auch gesunde Teile von mir für diese Arbeit entschieden haben, ist ein ganz neuer Gedanke. Für mich haben sich eigentlich nur meine Zwänge dafür entschieden: Du mußt doch arbeiten, wer weiß, ob so eine Chance wiederkommt, wie konntest Du das nur ablehnen, wie soll es jetzt weitergehen"

Wenn man diese Kriterien (Deine Zwänge) zugrundelegt, hättest Du auch in jedem anderen Bereich Karriere machen können, oder? Was hat Dich dazu bewogen, da zu stehen, das zu machen, was Du jetzt machst?

"Du bist doch nur zu faul zum Arbeiten.
Letzteres war ein Vorwurf meiner Eltern, als ich mit einem super Abitur studieren wollte - das habe ich bis heute wohl nicht verarbeitet..."

Das ist auch ein schweres Päckchen, das Du da mithast. Brauchst Du das noch, oder willst Du es lieber mal auspacken und ohne es weitergehen?

Ben
ben1
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

bist Du noch da? Würde mich freuen, von Dir zu lesen!

Ben
hennesburger
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von hennesburger »

Hallo Silke, hallo Ben

habe Eure Postings verfolgt und bin sehr interessiert an dem Thema. Möchte nochmal auf den Anfang zurückkommen wo es um Macht ausüben ging. Wenn ich eine Hochphase habe baue ich immer irgendeinen Mist wo mir mein Bruder und mein Vater wieder raushelfen müssen. Zum Beispiel fahre ich einen Motor kaputt oder ersteigere irgendeinen Blödsinn bei ebay. Mein Bruder und mein Vater sind geschäftlich gerissener und helfen mir dann die finanziellen Folgen im ertragbaren zu halten. Sie sind immer rational und logisch denkende Menschen. Das ist auch gleichzeitig was mich an Ihnen stört. Mein Thera meint jetzt ich kreiere solche Sachen (unbewußt) um Zumeigung von Ihnen zu bekommen, ich aber nach anderer Zuneigung suche die aber nicht von Ihnen bekommen kann. Meine These geht jetzt überspitzt in die Richtung das ich die ganze Depression habe weil ich dann Macht über sie ausüben kann. Endlich mal eine Sache die mein Vater nicht lösen kann mit seinem rationalen Denken. Sozusagen die Rache dafür dass ich nicht die Zuneigung bekommen habe die ich wollte. Gegen den Gedanken wehr ich mich natürlich stark weil man sich selbst nicht gerne so dunkle Seiten zuspricht aber ich denke da ist was wahres dran. Die Ursache sehe ich nämlich in der Familie und darin das es immer nur um Verstandes Sachen ging.

Liebe Grüße
Henrik
srb
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Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

ja, bin noch da! Allerdings nur noch bis morgen, dann geht es erstmal in Urlaub . Habe mir die letzte Woche etwas viel Freizeitstress gemacht, darum bin ich nur noch zum Lesen, aber nicht mehr zum Schreiben gekommen - und über Deine letzten Fragen mußte ich auch erstmal etwas nachdenken!

"Was denkst Du über Dich? Was denkst Du, was die anderen über Dich denken?"

Die Frage fand ich schwerer zu beantworten, als ich dachte. Ich weiß, wovor ich Angst habe. Daß die anderen denken, ich wäre blöd (wenn ich Fragen stelle), aufdringlich (wenn ich um Hilfe bitte), egoistisch (wenn ich mal Nein sage), faul (weil ich nicht arbeiten "will"), arrogant (wenn ich mal sagen würde: Das kann ich), ein bißchen komisch (weil ich immer sehr still bin und mich manchmal nicht mal traue, meine Hilfe anzubieten). Und ich habe Angst, mich zu blamieren, indem ich mir etwas zutraue, was ich dann doch nicht hinkriege oder etwas sage, daß sich dann als falsch oder dumm erweist. Aber ich weiß gar nicht, inwieweit andere das wirklich von mir denken, könnte Dir jetzt jedenfalls keine Beispiele geben und sagen, Herr XY denkt, ich wäre blöd. Am ehesten würde ich das noch für Arbeitskollegen vermuten, die haben ja auch schonmal die eine oder andere Bemerkung fallen gelassen. Aber das ist eine interessante Frage, ich frage mich heute noch, ob der Betreuer meiner Doktorarbeit mich eigentlich wirklich für blöd gehalten hat oder ich mir das nur eingebildet habe...

"Das ist auch nicht einfach, erstmal, weil es sehr ungewohnt ist. Die "Ichs" trauen sich nicht mit Dir zu reden, weil Du sie eine Zeit lang einfach nicht zu Wort kommen gelassen hast - das ist ganz normal. Zeit nehmen, hinhören, die sind auch meist eher ganz leise ... Macht nix, probier es trotzdem!"

Ich werde es im Urlaub versuchen, vielleicht ist es da still genug, daß ich sie hören kann!

"Mit Gesundheit hat das meiner Meinung nach wenig zu tun - Gesund ist, wer TUN und SEIN kann, also nicht nur einer, der sich Zufriedenheit erkaufen muß!"

Da hast Du recht, vielleicht habe ich mich da aber auch blöd ausgedrückt. In diesen Phasen hatte ich am ehesten das Gefühl, ich selbst zu sein, mit mir selbst im Reinen zu sein. Kennst Du dieses Gefühl, die ganze Welt umarmen zu können? Ich habe von innen heraus gestrahlt, was auch total auf meine Umwelt gewirkt hat. Normalerweise bin ich immer die graue Maus, die niemand bemerkt, aber da haben Leute plötzlich wirklich meine Nähe gesucht. Was natürlich auch ganz nett war.... War für mich aber eher ein Nebeneffekt, den ich eher erstaunt zur Kenntnis genommen habe. In diesen Phasen hatte ich das Gefühl, TUN und SEIN zu können, was sich dann aber immer als Illusion herausgestellt hat. Wie erkenne ich, daß es irgendwann echt ist? Ich mich nicht wieder jahrelang einer Illusion hingebe? Davor habe ich echt Angst, ich bin schon total mißtrauisch geworden, wenn es mir tatsächlich mal einen Tag gut geht, denke ich sofort: Wo ist der Haken? Was passiert als nächstes Schreckliches?

"Wenn man diese Kriterien (Deine Zwänge) zugrundelegt, hättest Du auch in jedem anderen Bereich Karriere machen können, oder? Was hat Dich dazu bewogen, da zu stehen, das zu machen, was Du jetzt machst?"

Oje, soll ich Dir das wirklich erzählen? Studiert habe ich, um meinen Eltern eins auszuwischen. Reiner Trotz. Sie wollten es nicht (sollte lieber heiraten und Kinder bekommen - wozu soll eine Frau studieren?)und haben mir gesagt, denk bloß nicht, daß Du Geld von uns bekommst. Also habe ich gedacht: Na warte, Euch werde ich es schon zeigen! Warum Naturwissenschaften? Meine Alternative wären Sprachen gewesen (was ja fast dasselbe ist;)), aber da hat mein Verstand gesagt: Was willst Du damit denn hinterher anfangen? Außerdem war ich voll in so einer: Den Männern werde ich es schon zeigen-Phase, wollte unbedingt allen beweisen, daß Frauen das auch können. Habe ich wohl auch, aber heute empfinde ich diesen ständigen Kampf gegen Vorurteile (den ich vielleicht auch stärker empfinde als andere, aber da ist er auf alle Fälle) als ziemlich anstrengend...

Tatsächlich fand ich das Studium bis zum Vordiplom aber sehr spannend, das muß ich zugeben. Irgendwann ist mir der Spaß und die Begeisterung abhanden gekommen, ich habe auch Ideen warum, aber nicht, wie ich ihn wiederfinden könnte.

"Das ist auch ein schweres Päckchen, das Du da mithast. Brauchst Du das noch, oder willst Du es lieber mal auspacken und ohne es weitergehen?"

Trifft genau den Kern dieses Threads: Natürlich möchte ich es auspacken und ohne es weitergehen - oder? Gibt es da ein kleines Ich, daß denkt: Vielleicht hatten sie ja doch recht????

Ich hatte gerade gestern wieder ein Erlebnis, das mich sehr an mir selbst zweifeln läßt. Ich hatte für ein Reitturnier gemeldet und dann war mein Pferd lahm. Daraufhin hat meine Reitlehrerin gesagt: Reit doch mein Pferd. Auf dem hatte ich noch nie drauf gesessen. An dem Tag ging es mir extrem gut und ich dachte: Warum nicht? Ich kann doch nur gewinnen, wenn es scheiße läuft, habe ich eine prima Entschuldigung und wenn es gut läuft, umso besser. Habe alle Leute total irritiert, weil alle dachten, das mache ich nie. Es lief dann ziemlich scheiße. Das Pferd lahmte plötzlich ganz leicht in der Prüfung, was ich nicht gemerkt habe, ich habe einen Anschiß von der Richterin bekommen und wahrscheinlich die schlechteste Note des Tages. Außerdem war meine Reitlehrerin völlig aufgelöst, weil das Pferd gerade erst ein 3/4 Jahr lahm gewesen war. Und ich merkte, daß ich mit der Situartion überhaupt nicht umgehen konnte. Nichts mehr von: Ich habe doch nichts zu verlieren - dabei war ich davon vorher so überzeugt gewesen! Ich mußte den restlichen Tag total kämpfen, um nicht total in ein Loch zu fallen. Das macht mir Angst. Wie soll ich mir denn jemals wieder trauen?

Fühle mich irgendwie ziemlich verwirrt....

Dir alles Gute!

Silke
srb
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Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Henrik,

puhhhh, ich weiß nicht so recht, was ich auf Dein Posting antworten soll, die Frage überfordert mich einfach. Ich denke, das könnte eine Ursache sein, aber generell glaube ich einfach nicht, daß eine Depression nur eine einzige Ursache hat. Hast Du diese Theorie denn schonmal Deinem Therapeuten erzählt? Oder war da bisher die Scham zu groß, solche Gedanken zu haben? Ich kann mich mit dem Machtgedanken auch immer noch nicht so recht anfreunden, das paßt einfach nicht in mein Bild eines "perfekten" Menschen. Aber da sind sie nun wohl einmal....

Bei mir war es meine Mutter, die immer sehr viel Macht über mich besaß - und leider auch immer noch besitzt. Ich habe mich nie dagegen wehren können, bis ich eines Tages mehr zufällig entdeckt habe, daß ich sie wirklich zum Wahnsinn treiben konnte, indem ich immer dünner wurde. Da hatte ich etwas gefunden, wo sie keine Macht drüber hatte und je mehr sie sich geärgert hat, desto besser habe ich mich gefühlt. Heute frage ich mich, ob diese Gefühle gerechtfertigt waren. Durfte ich so empfinden oder bin ich nun ein schlechter Mensch? Noch habe ich diese Frage für mich noch nicht beantwortet - was ich auch daran merke, daß ein Ausspruch meiner Mutter: Oh, hast Du ein bißchen zugenommen, sofort mit 2 Tagen Diät beantwortet wird...

War Dir jetzt wahrscheinlich keine große Hilfe, aber trotzdem liebe Grüße,

Silke
ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

dann wünsch ich Dir erst mal einen schönen Urlaub!

Eins möcht ich nioch kurz aufgreifen

"Ich weiß, wovor ich Angst habe. Daß die anderen denken, ich wäre blöd (wenn ich Fragen stelle), aufdringlich (wenn ich um Hilfe bitte), egoistisch (wenn ich mal Nein sage), faul (weil ich nicht arbeiten "will"), arrogant (wenn ich mal sagen würde: Das kann ich), ein bißchen komisch (weil ich immer sehr still bin und mich manchmal nicht mal traue, meine Hilfe anzubieten). Und ich habe Angst, mich zu blamieren, indem ich mir etwas zutraue, was ich dann doch nicht hinkriege oder etwas sage, daß sich dann als falsch oder dumm erweist"

Da gehst Du aber sehr hart mit Dir ins Gericht, oder? Da gibts also eine "Idealsilke", die sämtliche (vermeintlichen) Ansprüche der Umwelt erfüllen will, ja sogar erfüllen muß. Und dann gibt es die "Loosersilke", die gar nichts schafft. Und die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen ... Du bist ein Mensch, und Menschen sind nicht perfekt. Wenn Du Dich mit diesem Gedanken mal anfreunden kannst, hast Du ein großen Stück geschafft - das es nicht möglich, und auch nicht NÖTIG ist, immer perfekt sein zu müssen - das nimmt Dir eine Menge Druck.
Wenn Du einfach annehmen kannst, das Du manchmal faul, dumm, arrogant, aufdringlich und komisch bist (was wir alle manchmal sind!), mußt Du nicht mehr dagegen ankämpfen. Klingt so einfach - ist es auch! Du bist Reiterin, also runter vom hohen Roß! Das hast Du nicht nötig - und mit weniger "Erwartungserwartungen" (also was ich denke was andere über mich denken) gehts wirklich leichter.

Zu den anderen Punkten später mehr.

Ben
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Henrik

interessasant, wirlich. Macht haben scheint ein Thema bei Dir zu sein, aber auch, den anderen (und Dir?) beweisen zu wollen, das das rein rationalistische nicht ausreicht, um das Leben zu meistern. Kämpfst Du da gegen Deinen realen Vater oder auch gegen den "Vater in Dir" (den hat jeder dabei)?

Ben
hennesburger
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Registriert: 11. Sep 2003, 20:34

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von hennesburger »

Hallo Ben,

kämpfe hauptsächlich gegen den realen Vater aber noch stärker vielleicht gegen den älteren Bruder (den realen). Bin momentan leider gezwungen zuhause bei meinen Eltern zu wohnen (noch finanzielle Abhängigkeit) und das nervt manchmal tierisch. Mein Vater ist allerdings schon sensibler geworden und hat kapiert dass so weise Ratschläge wie "Du mußt die Depression halt auch besiegen wollen" nicht ziehen. Mein Bruder ist aber immer noch so schlimm als wenn er mich für einen simulierenden Sozialschnorrer halten würde. Noch dazu ist er sehr bestimmend aktionistisch und muß ständig irgendetwas meßbares zustande bringen. Ätzender Umgang für einen paralysierten Depressiven. Immer dann wenn man mal was sagen will (was nicht oft vorkommt in meinen Phasen) hat er schon die Klappe aufgemacht. Die Idee mit der Macht habe ich von meinem Therapeuten. Er glaubt dass meine Selbstsabotage mir als einziger Weg erscheinen, von den beiden Aufmerksamkeit zu bekommen. Nur die Falle ist ich kriege sie dann nicht in der Form in der ich sie haben will (Liebe, Wärme, Verständnis) sondern als geschäftsmäßige nüchterne Hilfe (als wenn ich ein Fall wäre).
Und er meint weiter, dass die Krankheit von meinem Bruder und Vater darin besteht, dass sie keine Wärme mir gegenüber zeigen können und ich woanders danach suchen soll bzw. diese nüchterne Hilfe als Akt der bedingungslosen Loyalität mir gegenüber (egal wieviel Scheiße ich baue) und auch als Zeichen der Liebe akzeptieren soll. Weil intimer können sie mir gegenüber wahrscheinlich ihre Liebe nicht zeigen. Traurig aber wahrscheinlich wahr.

Liebe Grüße,
Henrik
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo

Danke für die Antwort. Interessant. Ich denke, Dein Therapeut sieht das sehr, sehr richtig.

Siehst Du bei Deinem Bruder auch Ängste oder Ohnmacht, wenn er der Krankheit gegenübersteht? Viele Menschen werden laut, wenn sie was nicht mehr im Griff haben - weil Ängste dahinterstehen.

Nur ein Gedanke von

Ben
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

Du hast sicher recht mit dem, was Du sagst. Aber wie stelle ich das an? Wann immer ich versuche, mir auch Fehler oder Schwächen zuzugestehen, habe ich das Gefühl, mir nur selbst etwas vorzuspielen. Ich "rede" mir das Ganze ein, aber wirklich glauben tue ich es nicht. So ein ähnliches Problem habe ich mit "positivem Denken". Da kann ich mir 100 mal sagen: Das Glas ist halb voll, deshalb bleibt trotzdem die Stimme in mir, die sagt: Red Du man, das Glas ist trotzdem halb leer (um mal ein ganz blödes Beispiel zu nehmen). Auch hier wieder das Gefühl, daß etwas in mir sich dagegen sträubt, den Perfektionismus abzulegen....

Den Begriff "Erwartungserwartungen" finde ich gut! Hast Du den erfunden oder gibt es den wirklich ?

Liebe Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

Den Begriff "Erwartungserwartung" hab ich mal bei Margreth Mead gelesen (eine Soziologin) - da will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken, aber er ist schon schön, gell

Tja, natürlich sträubt sich was in Dir, Deinen Perfektionismus abzulegen! Der hat Dir ja bisher gute Dienste geleistet und auch eine Art Sicherheit geboten - aber es kostet halt zu viel Energie und zu viel Lebensfreude, ihn aufrecht zu erhalten, oder? Und in dieser "Perfektionsfassade" (ein Begriff von mir gibts natürlich auch keinen Platz für Fehler oder Verwerfungen - die kann man nur akzeptieren, wenn man sich weniger mit der o.g. Fassade identifiziert sondern mehr in die Beobachter - und später Moderatorenrolle kommt.

Ben
Angi77
Beiträge: 21
Registriert: 10. Sep 2003, 11:45

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von Angi77 »

Hallo, ich kram den Thread mal wieder hoch...

Ist das Erwartungsangst? Wenn es mir in letzter Zeit mal wieder gut geht, dann kommt gleich wieder der Gedanke "Huch? Was ist los? Dir geht es gut? Das kann nicht sein... " und schon dreht sich die Gedankenmühle wieder weiter. Und schon sitze ich hier wieder mit schweissnassen Händen und grüble, ob es wirklich mal wieder besser wird.

Genauso gehts mir in dem Forum. Ich weiss nicht, ob es gut ist hier zu lesen oder nicht. Ich bilde mir dann bei vielem ein, ohje das erwartet dich also auch noch (ich denke es gibt hier genug, denen es schlechter geht). Klar eure Antwort würde dann lauten: Dann lies es nicht... aber es ist wie eine Sucht geworden, oder besser gesagt Suche...

Ich würde auch zugerne euch mal Mut ausprechen, Kraft alles was ihr hier auch vielen Teilnehmern in diesem Forum gebt, aber dazu fehlt mir noch die Kraft. Ich hoffe aber darauf, dass ich es noch schaffe und Tipps, Hoffnung usw weitergeben kann.

Jetzt bin ich wohl total vom Thema abgewichen, sry musste einfach mal raus

Liebe Grüße
Tanja
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Tanja,

ich hoffe, der Thread war nur sozusagen "in Urlaub" (wie ich nämlich auch) und ist nicht völlig eingeschlafen ! Die Gedanken, die Du beschreibst, kenne ich auch sehr gut, ich denke nur, da steckt noch sehr viel mehr hinter als ein bloßes Wundern, daß es einem plötzlich mal gut geht. Bei mir zumindest kommen noch zwei weitere Gedanken hinzu, zum einen: Oh Gott, mir geht es gut, jetzt habe ich ja gar keine "Berechtigung" mehr, einige Dinge nicht hinzubekommen. Ein typischer Gedanke, der mir dann sofort durch den Kopf schießt, ist: Dann muß ich ja meine Arbeit weitermachen (viele meiner Probleme kreisen um meinen Job), hilfe, das will ich nicht. Außerdem denke ich dann immer, jetzt darf es mir aber nie wieder schlecht gehen. Zum anderen habe ich eine wahnsinnige Angst, vor der nächsten schlechten Phase. Mit einer guten Phase ist doch irgendwie die Hoffnung verknüpft, daß es ab jetzt wieder aufwärts geht. Und der immer wieder folgende Rückschlag tut mir so entsetzlich weh. Darum kann ich es einfach schlecht zulassen, daß es mir mal besser geht. Wie kann ich abends lachen und fröhlich sein, wenn ich doch morgen früh wieder zur Arbeit muß??? Aber vielleicht muß man genau das tun können. Ich kann es auch immer noch viel zu selten, aber es tut gut, zuzulassen, daß es einem auch mal gut geht!!!

Als ich angefangen habe, hier im Forum zu lesen, gab es Tage, an denen mir das sehr gut getan hat und andere, an denen es mir überhaupt nicht gutgetan hat. Trotzdem habe ich aber auch an den "schlechten" Tagen teilweise sehr viel über mich gelernt. Vielleicht hat man einfach auch unterschiedliche Ansprüche, einen Tag möchte man nur in den Arm genommen und getröstet werden, an anderen möchte man sich wirklich mit sich auseinandersetzen. Und zum einen muß alles, was anderen passiert, ja Dir nicht zwangsläufig auch passieren und es gibt hier soviele Leute, die auch über positive Entwicklungen und Erfahrungen berichten - das erwartet Dich auch! Vor ein paar Wochen hätte ich das wohl auch noch nicht so gesehen, aber so langsam lassen die Tabletten auch schonmal wieder etwas optimistischere Ausblicke zu...

Liebe Grüße,
Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hallo Ben,

bin wieder da und würde am liebsten gleich zurückfahren - viel zu kalt und naß hier...

Ich muß mir, glaube ich, erstmal wieder durchlesen, worüber wir zuletzt gesprochen haben, aber ein Urlaubserlebnis wollte ich trotzdem kurz erzählen. Mir ging es während dieses Urlaubs eigentlich wirklich gut, bis auf zwei größere Krisen, eigentlich durch Nichtigkeiten ausgelöst, aber sofort setze sich der gesamte, selbstverstärkende Mechanismus in Gang, ich fühlte mich immer mehr in die Enge getrieben, konnte nicht mehr denken, konnte nicht mehr entscheiden, alles war ganz kompliziert, irgendwelche Gedanken setzten sich in meinem Kopf fest und ließen sich nicht mehr vertreiben. Da habe ich versucht, zumindest mal in die Beobachterrolle zu kommen und plötzlich ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß ich in diesem Urlaub schon soviele Dinge hinbekommen hatte, die mir letztes Jahr noch völlig unmöglich erschienen wären und mich genau in eine solche Krise gestürzt hätten. Und diese Situation war einfach noch eine Nummer zu groß für mich, damit konnte ich noch nicht umgehen und das war OK so. In dem Moment, in dem ich mir selber zugestanden habe, daß ich mit dieser Situation Probleme haben durfte, bin ich zur Ruhe bekommen. Ich bin zu meinem Freund gegangen und habe gesagt: Es ist oK - und das war es auch wirklich, es war nicht nur dahingesagt, die Gedanken waren raus aus meinem Kopf. Das hat mich ziemlich beeindruckt!

Liebe Grüße,
Silke
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von ben1 »

Hallo Silke

Glückwunsch!!! Das isses! Das ist der Weg!

Ich darf Dich wieder zitieren

"Da habe ich versucht, zumindest mal in die Beobachterrolle zu kommen und plötzlich ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß ich in diesem Urlaub schon soviele Dinge hinbekommen hatte, die mir letztes Jahr noch völlig unmöglich erschienen wären und mich genau in eine solche Krise gestürzt hätten. Und diese Situation war einfach noch eine Nummer zu groß für mich, damit konnte ich noch nicht umgehen und das war OK so. In dem Moment, in dem ich mir selber zugestanden habe, daß ich mit dieser Situation Probleme haben durfte, bin ich zur Ruhe bekommen."

Die Beobachterrolle ermöglicht einem einen weit objektiveren Blickwinkel, als wenn man in einer Rolle feststeckt. Wenn die (viel zu hohen) Erwartungen durch die Beobachterperspektive auch nur für kurze Zeit ausgeblendet werden können (so wie bei dir geschehen) nimmt das dem ganzen Geschehen die Dramatik (die ja nur scheinbar ist). Und je öfter Du in die Beobachterrolle schlüpfst, um so mehr wirst Du über die scheinbare Dramatik lernen - und Du wirst manchmal wirklich über Dich Lachen können (so wars bei mir zumindest).

Weiter So! Gesteh Dir zu, nicht immer funktionieren zu müssen, das ist ok, weil menschlich!

Freu mich von Dir zu hören

Ben
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: Will ich eigentlich wirklich, daß es mir besser geht?

Beitrag von srb »

Hi Ben,

als ich Deine Antwort gelesen habe, wollte ich gleich abwiegeln: Na, so schwer war das ja nun auch nicht, war ja eher Zufall usw. Sagt wohl auch schon einiges aus.... Dabei war es für mich wirklich ein tolles Erlebnis, ich kann mich nicht erinnern jemals eine solche Krise gestoppt haben zu können!

Aber ob das bei größeren Problemen auch klappt?

Wünsche Dir ein schönes Wochenende!

Silke
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