Re: Das bisherige Leben komplett ändern
Verfasst: 24. Nov 2010, 14:09
Hallo lowrider,
>> SICH SELBST muss man überall hin mitnehmen, was immer man an "Äußerlichkeiten" auch ändert.
> Dieser Satz entspringt einem intensiven Aufräumungsprozess, oder? Respekt für deinen Mut Stefan !
Ja, "Aufräumprozess" ist ein gutes Wort. Mutig war das aber eigentlich nicht. Naja, doch, für meine Verhältnisse schon sehr mutig. Aber es war eher "zwangsläufig". Es war damals, nach einem Vierteljahr stationärer Psychiatrie wegen akuter Suizidalität ("Höhepunkt" einer damals schon fast 20 Jahre langen Krankheitsgeschichte mit ambulanten Therapien und "kosmetischen Korrekturen" hier und da) endlich so, dass mir klar wurde: entweder ändere ich grundsätzlich was an meinem Leben, oder ich werde es über kurz oder lang nicht überleben. Ganz davon abgesehen, dass es so keine Freude macht.
Konkret heisst das, dass ich ewig aus "äußeren" Gründen "wider meine Natur" gelebt hatte: im Büro sitzen, schlaue Papiere schreiben, Akademiker halt. Dabei bin ich jemand, der sowas zwar intellektuell kann, aber den das (und die anderen Leute um mich rum, die das gleiche machen) einfach ank*tzt und völlig frustriert. Ich muss draussen sein und mich körperlich bewegen, muss abends sehen, was ich getan habe. Und das tue ich jetzt. Was aber hiess, 15 Jahre Ausbildung und Berufserfahrung einfach "wegzuwerfen".
Von der Erkenntnis bis zur Umsetzung hat es allerdings nochmal fast 5 Jahre und die Hilfe der besten Psychotherapeutin der Welt gebraucht. Ohne die wäre ich nicht hier. Die Umsetzung war dann gar nicht so schwierig, aber die "Vorbereitung".
Überhaupt mal zu denken wagen, was man machen könnte. Und das nicht sofort mit dem typisch depressiven "das klappt ja eh nicht, wovon soll ich da leben, geht bestimmt schief, brauche ich gar nicht erst zu probieren, ist ja immer schon alles schief gegangen, da enttäusche ich ja wieder alle, usw." schon im Ansatz abzuwürgen... _das_ war das schwierigste.
Also über die über Jahrzehnte eingeschleifte Grundeinstellung des ich-kann-nichts-ich-bin-nichts-das-Leben-ist-eh-beschissen-aber-ich-muss-mich-ja-fügen-und-von-irgendwas-leben-und-zum-Umkehren-ist-es-sowieso-schon-lange-zu-spät wegzukommen.
Und zum ersten mal in meinem Leben mit fast 40 nicht mehr vor dem wegzulaufen, was ich aktuell einfach nicht mehr aushalte - sondern dahin zu laufen, wo _ich_ hin will. Mein Lebensmotto war früher immer mit Kafka: "Weg von hier, das ist mein Ziel." Diesmal war es: "Da will ich hin!". Und das war anstregnend, aber goldrichtig.
Im Grunde ist das völlig popelig, für "normale" Menschen selbstverständlich, dass sie Ziele haben und darauf hinarbeiten, sie umzusetzen. Für mich war das völlig neu. Ich hatte bis dahin immer nur gemacht, was andere von mir erwartet haben.
Viele Grüße,
Stefan
>> SICH SELBST muss man überall hin mitnehmen, was immer man an "Äußerlichkeiten" auch ändert.
> Dieser Satz entspringt einem intensiven Aufräumungsprozess, oder? Respekt für deinen Mut Stefan !
Ja, "Aufräumprozess" ist ein gutes Wort. Mutig war das aber eigentlich nicht. Naja, doch, für meine Verhältnisse schon sehr mutig. Aber es war eher "zwangsläufig". Es war damals, nach einem Vierteljahr stationärer Psychiatrie wegen akuter Suizidalität ("Höhepunkt" einer damals schon fast 20 Jahre langen Krankheitsgeschichte mit ambulanten Therapien und "kosmetischen Korrekturen" hier und da) endlich so, dass mir klar wurde: entweder ändere ich grundsätzlich was an meinem Leben, oder ich werde es über kurz oder lang nicht überleben. Ganz davon abgesehen, dass es so keine Freude macht.
Konkret heisst das, dass ich ewig aus "äußeren" Gründen "wider meine Natur" gelebt hatte: im Büro sitzen, schlaue Papiere schreiben, Akademiker halt. Dabei bin ich jemand, der sowas zwar intellektuell kann, aber den das (und die anderen Leute um mich rum, die das gleiche machen) einfach ank*tzt und völlig frustriert. Ich muss draussen sein und mich körperlich bewegen, muss abends sehen, was ich getan habe. Und das tue ich jetzt. Was aber hiess, 15 Jahre Ausbildung und Berufserfahrung einfach "wegzuwerfen".
Von der Erkenntnis bis zur Umsetzung hat es allerdings nochmal fast 5 Jahre und die Hilfe der besten Psychotherapeutin der Welt gebraucht. Ohne die wäre ich nicht hier. Die Umsetzung war dann gar nicht so schwierig, aber die "Vorbereitung".
Überhaupt mal zu denken wagen, was man machen könnte. Und das nicht sofort mit dem typisch depressiven "das klappt ja eh nicht, wovon soll ich da leben, geht bestimmt schief, brauche ich gar nicht erst zu probieren, ist ja immer schon alles schief gegangen, da enttäusche ich ja wieder alle, usw." schon im Ansatz abzuwürgen... _das_ war das schwierigste.
Also über die über Jahrzehnte eingeschleifte Grundeinstellung des ich-kann-nichts-ich-bin-nichts-das-Leben-ist-eh-beschissen-aber-ich-muss-mich-ja-fügen-und-von-irgendwas-leben-und-zum-Umkehren-ist-es-sowieso-schon-lange-zu-spät wegzukommen.
Und zum ersten mal in meinem Leben mit fast 40 nicht mehr vor dem wegzulaufen, was ich aktuell einfach nicht mehr aushalte - sondern dahin zu laufen, wo _ich_ hin will. Mein Lebensmotto war früher immer mit Kafka: "Weg von hier, das ist mein Ziel." Diesmal war es: "Da will ich hin!". Und das war anstregnend, aber goldrichtig.
Im Grunde ist das völlig popelig, für "normale" Menschen selbstverständlich, dass sie Ziele haben und darauf hinarbeiten, sie umzusetzen. Für mich war das völlig neu. Ich hatte bis dahin immer nur gemacht, was andere von mir erwartet haben.
Viele Grüße,
Stefan