Vorurteile

Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

HelH3
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Re: Vorurteile

Beitrag von HelH3 »

Hallo Elisa,

sicher, es ist gut, wenn man so offen mit seiner Depression umgehen kann - und du hast da offenbar auch ein dir zuträgliches Umfeld, auch auf der Arbeit.

Ich würde niemals auf der Arbeit über meine Depression sprechen - Ausnahme wären Kollegen, mit denen ich privat eng befreundet bin, aber ganz sicher würde ich meinem Vorgesetzten nichts darüber sagen.

Ich finde auch nicht "Trotziges" an Littlekats letztem Posting, da sie ja explizit sagt, nur ihr nicht so nahestehenden Personen die Depression zu verschweigen zu wollen.

Ja, und ich finde die Stigmatisierung psychisch-affektiver Erkrankungen auch falsch, fühle mich aber nicht stark genug, um diesbezüglich die Heldin spielen zu wollen und mich am Arbeitsplatz zu outen. Habe keinen Bock auf andauernde Fragen wie zB "Wie steht es denn um Ihre Belastbarkeit, Frau Dings?" - die ist nämlich gerade als hoch eingestuft worden *kicher*

Jede(r) muss selbst entscheiden, wann und wo die Maske fallen darf, nicht wahr?

Gruß Helena
Lilalaunebär
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Re: Vorurteile

Beitrag von Lilalaunebär »

Hallo Elisa,
zu deinem Posting fällt mir auch noch etwas ein. Als ich mir meine Depression eingstehen konnte, habe ich mir genau überlegt, wem ich davon erzähle und wem nicht. Von manchen die mir sehr Nahe standen, fühlte ich mich sehr unverstanden, deshalb erwähne ich mein Befinden gar nicht mehr, sondern rede lieber übers Wetter. Andere wiederum haben mich positiv überrascht, sie haben sich sehr loyal verhalten und auch zugegeben, sich diese Krankheit und ihren Zustand nicht vorstellen zu können, aber die Maßnahmen gut heissen, etwas dagegen zu unternehmen. Aber bis es soweit war und ich selber damit Umgang fand und etwas über diesen Dingen stand, war es ein weiter Weg. Ich habe dazu geneigt, mir selber die Schuld an Allem zu geben, da sind gut gemeinte Ratschläge absolut fehl am Platz und haben mich noch mehr zu meinem Schuldbekenntnis beigetragen. Ich hielt mein Schweigen eine zeitlang für reinen Selbstschutz. Nun arbeite ich aber konkret an mir, will so nicht weiterleben und stehe zu den Veränderungen, unter anderem auch mir helfen zu lassen. Das macht es mir auch leichter darüber zu reden, dennoch muß ich mich für nichts rechtfertigen - und Trotz ist ja auch ein Weg um eine Basis für ein Selbstwertgefühl auzubauen. Menschen, die mit Trotz nicht umgehen können (zB. Eltern...) und zurückweisen (was ja wieder zu Unsicherheiten führt) gehören auch nicht in den Kreis der Eingeweihten... meine Meinung...
LG, Marlene
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

HelH3
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Re: Vorurteile

Beitrag von HelH3 »

... ja, so haben wir wohl alle unterschiedliche Bedingungen und Ausprägungen ...

Irgendwie passt das schon in einen Thread mit diesen Titel, nicht wahr?

Gruß Helena
Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

Hallo Elisa,
es ist KEINE unrealistische "Ansicht" von mir, daß ich (wie ich geschrieben habe) mich nicht mehr rechtfertigen und erklären möchte.
Es ist KEINE Ansicht, sondern MEINE MEINUNG und sogar MEINE ERFAHRUNG!!!

Du kannst doch nicht das Verständnis, was du während deiner Krankheit erfahren durftest auch auf andre beziehen. Andre haben andere Erfahrungen gemacht (machen müssen).
Andre haben eben nicht solche Erfahrungen gemacht, daß sie von Arbeitskollegen besucht worden und wo sogar der Chef sich einsetzt, daß du eine andere Stelle bekommst.

Ich bin gewiß auch kein unreifes Kind, was mit dem Fuß aufstampft und "Ätschbätsch" sagt und trotzig ist und keinem mehr was über die Krankheit Depression erzählen will,weil ich kein Verständnis bekommen habe.
So war ich noch nie und werde ich auch nie (trotz Unverständnis) sein.

Elisa, du schreibst außerdem:

"Wobei ich ehrlich gesagt sagen muss, dass es sich so für mich schon ziemlich trotzig anhört. So nach dem Motto: Ätschbätsch, ihr habt euch mir gegenüber (vielleicht auch einfach aus Unwissenheit) nicht so verständnisvoll verhalten, wie ich es mir gewünscht habe, also rede mit (fast) gar keinem mehr"!

Tut mir Leid Elisa, zu solchen "Spielchen" hatte ich noch nie einen Nerv und keine Kraft.
Aber der normale Menschenverstand sagt doch, daß wenn du nicht verstanden wirst, daß man nichts mehr erzählt. So ist zumindest MEIN Verstand. Also nichts mit Ätschbätsch....so wie du geschrieben hast, was meiner Meinung nach völliger Quatsch ist) Sorry.
LG Littlekat
flora80
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Re: Vorurteile

Beitrag von flora80 »

Hallo Littlekat,

ich kann deine Einstellung sehr gut verstehen und halte sie auch nicht für kindisch oder unrealistisch. Jede von uns lebt in einem völlig anderen Umfeld und muss deshalb sehr genau schauen, was sie wem erzählt. Außerdem kommt es auch noch sehr auf das eigene Naturell an und darauf, wie viel man sich selbst schützen muss oder nicht. Ich habe dich nicht so verstanden, dass du den Kopf in den Sand steckst, sondern so, dass es für dich gute Gründe gibt, warum du so handelst, wie du es eben tust. Ich finde es toll, wenn jemand sehr offen mit seinen Depressionen umgeht. Aber dann kann man nicht sagen "du bist naiv und unrealistsich, weil du das anders machst". Jeder handelt auf seinem Erfahrungshintergrund und ich finde es zunächst einmal gut und richtig, der eigenen Wahrnehmung zu trauen, statt diese in Frage zu stellen. Bei Angsterkrankungen ist es eine beliebte Methode, in die Situation rein zu gehen, um dann festzustellen, dass es ger nicht so schlimm ist. Aber hier geht es um Depression und eine in meinen Augen berechtigte Angst vor Stigmatisierungen. In diesem Sinne ist Angst auch etwas positives und mich schützendes. Und wie viel man sich da selbst zumuten kann, das weiß nur jeder für sich und seine eigene Realität.


Liebe Grüße von Flora
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

Elisa, du schreibst:

Tja, wir scheinen alle in einem ziemlich unterschiedlichen Umfeld zu leben.


Ja, genau so ist es! Und gerade weil es so ist, kannst du andere Ansichten eben nicht als "unrealistisch" oder "kindisch" hinstellen!
Genau das habe ich dir versucht zu schreiben, wie so viele andere auch!
Andere Erfahrungen.....Andere Meinungen....
Deshalb sollte man auch mal andere Erfahrungen u. Meinungen akzeptieren und sie nicht schon wieder "beurteilen" oder "Vorurteile" zu haben......Wobei wir wieder beim Thema wären....
LG Littlekat
smoky
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Re: Vorurteile

Beitrag von smoky »

Hallo zusammen!

@littlekat:

Um auf Deine Ausgangsfrage einzugehen: Nein, ich denke nicht, daß du zu empfindlich bist! Es ist wohl wirklich eher umgekehrt, daß Aussenstehende durch Unwissenheit bzw. Oberflächlichkeit zu "unsensibel" sind, um sich damit auseinander zu setzen. Sie ahnen nicht, wie sie einen damit kränken können(!!), weil sie mit Äusserungen wie: "das wird schon wieder" - "jeder ist mal schlecht drauf" - "gönn dir mal was Gutes" - "reiß dich mal zusammen" - einfach nur daher plappern, was man allgemein hin sagt, wenn man hört, es geht einem nicht so gut.

Ich sage das mit voller Überzeugung, da ich selber diese Erfahrung gemacht habe.
Meine Mutter ist schon seit Jahren an Depressionen erkrankt, wird medikamentös behandelt und macht eine Therapie. Sie hat bestimmt versucht zu erklären, wieso sie so ist, wie sie ist, aber ich denke wir als Familie haben alle dasselbe gedacht: sie schiebt die Krankheit vor, allen geht es doch mal schlecht, sie nutzt die Krankheit, um Ihre "Faulheit" zu überdecken. Punkt.

Ja, und nun bin ich persönlich auch von der Krankheit betroffen und schäme mich imens dafür, dass ich sie so abgestempelt habe, weil ich nicht VERSTANDEN habe/VERSTEHEN wollte (?), worum es bei dieser Krankheit geht.
Ich weiss nun, wieso sie nicht mehr versucht hat es uns zu erklären. Mir selber fällt es sehr schwer meinem Umfeld klar zu machen, wieso ich soviele Dinge des täglichen Alltags einfach nicht mehr erledigt bekomme. Das, was ich meiner Mutter vorgeworfen habe (Faulheit, Egoismus) ist nun auch Teil meines Lebens.

Ich kann nun sehr gut verstehen, wieso sich jemand dazu entschliesst, eine Art Maske aufzusetzen! Ich hoffe aber, dass ich auf Dauer in der Lage sein werde, diese abzustreifen, damit die zusätzliche Belastung durch dieses "Versteckspielen" mich nicht weiter in die Isolation treibt.

Jeder Betroffene, hofft auf Verständnis von außen. Vielleicht sollten wir als Betroffene aber auch versuchen Verständnis für diejenigen aufzubringen, die unsere Gefühle/Gedanken nie nachvollziehen können.

Hoffe es ist klar genug beschrieben, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Möchte hier keinem auf die Füsse treten.

LG smoky




Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute

von Neuem beginnen."

(Buddhistische Lebensweisheit)

Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

Hallo Smoky,
ja, es ist sehr deutlich geschrieben, ohne daß du irgendjemand auf die Füße getreten hast.Danke für deine Antwort.

Du hast es ganz deutlich zu spüren bekommen.
Als Nichtbetroffener von Depressionen hast du deiner Mutter Vorwürfe gemacht und nun (leider) als auch Betroffene fühlst du, was deiner Mutter fühlt, weils dir selber so geht.
Kennst also bestens BEIDE Seiten (leider).

@Flora,Smoky,LAHelena, Marlene, Reinhard, Gibmir Sonne,Vorruheständler, Fanny, Nienor, DieZweite,Stone usw....

danke auch euch für eure Antworten. Sie geben mir etwas Sicherheit und Bestätigung, daß ich nicht ganz "verkehrt" fühle, trotz Depression! Ihr fühlt ganz genauso oder sehr ähnlich wie ich.
Interessant finde ich auch die Antworten von Elisa..
LG Littlekat
Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

Hallo Elisa,
danke dir für deine sehr ausführliche Antwort.

Du schreibst:Die Belastbarkeit von psychisch Gesunden mag um ein vielfaches höher sein als die von Kranken. Aber sie ist nicht unbegrenzt. Meiner Meinung nach kann eine psychisch kranke Person, die sich weigert, sich behandeln zu lassen, die Belastbarkeit von Gesunden schnell erheblich überschreiten.


Das bestreitet keiner, daß die Belastbarkeit von Gesunden begrenzt ist!
MEINE Erfahrung in Bezug auf Depressionen sind, daß die Belastungsgrenze für Gesunde eben nicht "unbegrenzt" ist, sondern daß es dafür keine Belastungsgrenze gibt, weil man dem "Kranken" überhaupt keine Möglichkeit gibt, die "Belastungsgrenze" erst mal zu erfahren, weil ganz einfach vorn vorn herein das Gespräch von Gesunden abgeblockt wird und man sich mit solchen Dingen nicht beschäftigen möchte. Man könnte ja selbst krank werden....
Die "Belastungsgrenze" für Kranke ist aber auch nicht unbegrenzt, deswegen ziehen sich ja viele zurück, eben weil sie keine Kraft haben es immer und immer wieder (un)einsichtigen erklären zu müssen, die Vorurteile haben...
Das betrifft nach MEINEN Erfahrungen Verwandte, Bekannte, Partner....
(Aber das hatten wir ja schon ausführlich diskutiert, daß eben jeder seine EIGENEN,PERSÖNLICHEN Erfahrungen damit machen mußte/durfte)

Ein anderer Punkt sind natürlich die stationären und teilstationären sowie ambulanten Psychotherapien und Kliniken, wo es sehr gute, freundliche und kompetente Psychater und Ärzte gibt. Ich war auch schon in Kliniken. Psychisch Kranke fühlen sich in den Kliniken sehr wohl, weil sie dort das Gefühl haben, "verstanden" zu werden. Verstanden von Mitpatienten und Ärzten. Ich habe es selber erlebt. Die heutigen Patienten wissen, daß ihnen dort kompetent geholfen wird. Die meisten wissen, daß es eine gute Gesprächstherapien gibt in Verbindung mit Sport, mit Ergotherapie, mit Massagen und Atemtherapien. Eben alles, was der Seele helfen könnte.
Was du über deine Bekannte/Freundin berichtest, ist wohl eher ein sehr schlechtes Beispiel, was aber nicht im geringsten die Regel oder Realität ist.
Die Erfahrung, die du mit deinen Eltern machen mußtest, liebe Elisa, ist sehr traurig, daß die Eltern trotz Depressionen sich nicht behandeln ließen. Ich denke, du bist so in meinem Alter (um die 40). Unsere Eltern, die so um die 70 sind, hatten damals noch nicht die Möglichkeit sich gut behandeln zu lassen und die Medikamente waren damals noch nicht so wirksam wie heute und auch mit schrecklich vielen Nebenwirkungen. So hält sich eben standhaft die Gerüchteküche, daß man in der Psychatrie mit Medikamenten zugepumpt wird, daß man in die "Zwangsjacke" gesteckt wird und so weiter.
Das dies nicht mehr der Fall ist, wissen sicher alle/die meisten, die mit Depressionen zu kämpfen haben und darum geht es auch nicht!!!!! Das ist ein meiner Meinung nach ganz, ganz, ganz anderes Thema, was du hier anschneidest.
Viele Grüße, Littlekat
smoky
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Re: Vorurteile

Beitrag von smoky »

Moin zusammen!

Irgendwas sagt mir, dass ich zu den letzten Postings Stellung nehmen sollte. Vielleicht die Tatsache, das Elisa mich zitiert hat.

@Elisa:
Deine Erfahrungen in Hinblick auf Depressionen im familiären Umfeld sind wohl umfassender, denn meine. Ich war schon im Teenageralter (also vor ca. 20 Jahren), als meine Mutter die Diagnose bekam. Es ist nicht so, dass meine Mutter daraufhin ihr gesamtes Umfeld um Verständnis gebeten hat. Im Gegenteil. Sie versuchte alles mit sich selber auszumachen, nahm brav die Medikamente, kämpfte mit den Nebenwirkungen, die gleichzeitig ihre Migräne förderten. Sie hat nie gesagt, dieses oder jenes kann ich aufgrund der Depressionen nicht machen! Hat es nicht als "Aussrede" benutzt. Trotzdem war sie nicht wirklich für mich erreichbar.
Ich stelle nun bei mir fest, dass ich im Augenblick nicht mal in der Lage bin die Dinge des täglichen Alltags zu bewerkstelligen. Es war mir aber möglich, eine Bewerbung zu schreiben und diese sogar persönlich bei der Firma abzugeben. Wie sieht das nun für einen Aussenstehenden aus?

Genau diese Dinge sind es, die ich bei meiner Mutter nicht verstand. Morgens mit Migräne im Bett, nachmittags auf Kaffeeklatsch. Stundenlang sticken/stricken sonstwas machen, aber keine Zeit um z.b. zum Einkaufen zu gehen, so dass ich nach der Arbeit losgehen musste. Ich verstehe nun, dass sie, wenn sie einen guten Moment hatte, diesen wahrgenommen hat und sich damit "etwas gutes getan" hat.

Vielleicht ist es nun etwas deutlicher geworden. Es gibt halt auch das andere extrem, dass Kranke ihre Depressionen nicht in den Vordergrund stellen und trotzdem mit Vorurteilen zu kämpfen haben.
Denn eigentlich ist es ja eher das Verhaltensmuster, dass Aussenstehnde kritisieren, weil sie selber die Krankheit Depression nicht erfahren.

LG smoky




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Elisa_K
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Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

Ichbinich
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Re: Vorurteile

Beitrag von Ichbinich »

@Elisa:
zu deiner Frage, ob die "Kranken" die Belastbarkeit des "Gesunden" testen sollten:

Nein, natürlich nicht. Das hast du falsch verstanden.
Ich meinte, daß sich die "Gesunden" nicht mal anhören, was ein "Kranker" zu Depressionen sagen möchte.....Es wird von vorn herein abgeblockt, weil man überfordert mit dem Thema ist.

Du schreibst auch ständig im Zusammenhang mit dem Thema Depression über sich "outen" als Depressiver.
Schon der Begriff "outen" stößt mir sehr auf!
Wieso outen und warum? Eine Depression ist eine Krankheit wie jede andere und davon kann man auch erzählen, wie jeder andere von einer Krankheit erzählen kann.
"Outen" hört sich immer so an, als wär es was verpöhntes, nicht erlaubtes!!
"Outet" sich jemand, der eine Allergie hat oder Asthma oder sonstwas für eine Krankheit hat?
Ja stimmt, da sieht man es wieder-es wird von der "Gesellschaft" nicht akzeptiert, daß man sich sogar "Outen" muß!!
So ein Quatsch!!!!
"Outen" heißt, daß man sich öffnet und nicht versteckt.
Ich finde nicht, daß sich Depressive verstecken, sie wollen sich nur nicht mehr erklären müssen, weil sies eben einfach aufgegeben haben jemand zu "erklären", ders sowieso nicht verstehen kann.
Deshalb rede ich nicht so viel von meiner Krankheit. Wenn ichs dann mal tue, hat das NICHTS mit "Outen" zu tun, denn ich habe NICHTS Geheimes!
Depressionen haben Menschen, die sehr feinfühlig, schlau und sensibel sind-UND ES NICHT NÖTIG HABEN, SICH "OUTEN" ZU MÜSSEN!
Littlekat
Lioness
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Re: Vorurteile

Beitrag von Lioness »

Hallo Littlekat,

Deinen Ausführugen möchte ich - leider! - widersprehen! Was Du shr leidenschaftlich und vehement schilderst, ist die Sicht der Dinge so, wie sie eigentlich sein sollte und wie wir sie uns sehnlichst wünschen. DEM stimme ich Dir vorbehaltlos zu.

Aber leider ist dem bislang noch längst nicht so. Wenn DU für Dich bereit so handeln kannst, wie Du es beschreibst, dann ist das wunderbar und ein toller Fortschritt in Sachen "Aufklärung über Depressionen". Für die meisten depressiv Erkrankten IST es de Facto ein Outing, erzählen sie anderen von der Depression.

Ich selbst bin z.B. Lehrerin. Und für mich bedeutet es einen Rie-sen Unterschied, ob ich KollegInnen oder gar Vorgesetzten von meinem Rheuma erzähle - oder von meiner depressiven Vorerkrankung. Ich gehe in meinem Beruf ein hohes Risiko ein, wenn ich mich zu meiner Krankheit bekenne. Das kann heftige Konsequenzen nach sich ziehen. Und für mich erfüllt dies sehr wohl die Definition von "Outing". Und so werden sich die Meisten eben auch fühlen.

Gruß
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
hortensie
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Re: Vorurteile

Beitrag von hortensie »

hallo lioness,
deine aussage
>Ich gehe in meinem Beruf ein hohes Risiko ein, wenn ich mich zu meiner Krankheit bekenne. Das kann heftige Konsequenzen nach sich ziehen<,bestätigt mal wieder,wie sehr die KRANKHEIT depression von vorurteilen unserer lieben mitmenschen behaftet ist.wenn sogar eine betroffene wie elisa diese vorurteile heftig schürt,indem sie ihren eltern offensichtlich unterstellt,sie würden die depressionen als vorwand benutzen,um sich vor verschiedenen tätigkeiten zu drücken,dann wundert mich nix mehr.ich persönlich bin seit 4 jahren an mittelschweren depressionen erkrankt und wenn es mir auf einer scala von
>schlecht-schlechter,etwas schlechter und etwas besser < etwas schlechter geht,hab ich auch keinen bock auf geselligkeit,schon garnicht auf gäste oder besuche zu machen .
ich koche dann auch nicht gerne und mache auch infolgedessen nicht gerne salat.ja,ich lasse dann viele sachen im haushalt schleifen.bis jetzt hat mir meine familie noch nichts vorgeworfen,weil sie genau wissen,dass diese >vermeintliche faulheit< nicht absichtlich sondern >krankheitsbedingt< ist.
meine schwiegermutter wurde mit 80 allmählich dement und depressiv.sie saß oft nur in ihren sessel und starrte vor sich hin.alles,von haushalt bis körperpflege übernahmen wir.ich verstand das damals nicht und wollte sie immer wieder dazu bewegen,etwas zu tun.ja,ich hielt sie für faul.heute,wo sie schon einige jahre tot ist,muß ich ihr abbitte leisten.ich habe es damals falsch eingeschätzt,was eine depression aus einem menschen machen kann.
LG,Fanny
misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

möcht von meinem senf auch was abgeben:

als GEHEIMNISKRÄMEREI würde ich ein nicht-darüber-reden nicht bezeichnen. eher um vorzubeugen, dass ich nicht als depressiver "abgetan" werde. um, wenn es mir besser geht, eine chance zu haben, am leben teilzunehmen und es nicht von vornherein heißt: die brauchste gar nicht fragen...

HELDENTUM passt so gar nicht zu einer depression. würde viiel zu viiel kraft kosten.

in ZWANGSJACKEN braucht man depressive wohl kaum stecken. sind doch schon antriebslos genug. gegen was sollte depri sich denn wehren?

das mit der EINSICHT gehört bei manchen psychischen erkrankungen zum krankheitbild dazu. leider.

was das wort OUTEN angeht, sehe ich das auch wie Littlekat. sich "bekennen", "enthüllen", "beichten". hat für mich alles was mit schuld zu tun.

lg
und trotz allen widrigkeiten:
ein schönes wochenende !
misa
Moro
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Re: Vorurteile

Beitrag von Moro »

Hallo Alle miteinander!
Ich leide seit1996 an einer psychischen Krankheit,Bzw.da wurde die Krankheit festgestellt,einhergehend mit Depression.
Der Hausarzt machte allee möglichen Untersuchungen,aber es war alles in Ordnung,daraufhin schickte Er mich zu einem Psychiater,ich fing an mit weinen,dachte;"Ich bin doch nicht verrückt".Dachte also genauso wie die Außenstehenden,aber NUR am Anfang.Für mich brach förmlich eine Welt zusammen.Die Krankheit war also so schlimm,das ich das 1.mal in die Psychiatrie mußte-8Wochen das volle Programm,man war das hart.Als ich wieder raus kam und man mich fragte"Wo warst Du denn so lange,suchte ich nach der passenden Antwort,sagte"Ich war etwas abgespannt,meine Nerven etwas Überstrapaziert,da mußte ic"h in die Klinik".Hmm,ich kann Euch sagen,was da losging,Hilfe.Ich bekam zu hören:"Was Du in der Klapsmühle,das kann doch garnicht sein,Du siehst doch garnicht so aus"usw.Es machte mich richtig wütend,dieses blöde Gerede.Seit paar Jahren mache ich mir fast nichts mehr daraus,wie und was Andere darüber denken.Ich bin nun mal jetzt chronisch psychisch krank und dazu stehe ich.Ich sage immer,wers nicht versteht ist endweder dumm-weil er es nicht verstehen will,oder unwissend!Liebe Grüße Moro
Der Weg ist das Ziel!
Elisa_K
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Registriert: 6. Feb 2008, 14:53

Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

Lilalaunebär
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Re: Vorurteile

Beitrag von Lilalaunebär »

Hallo,
vor 10 Jahren während meiner Diplomphase habe ich eine erste Episode überstanden. Als unsere Diplomarbeiten in der Schule für das Publikum einsehbar wurden, hörte ich zufällig, wie sich zwei Typen über das (mein) Depridiplom unterhielten. Daran mußte ich bis heute denken und fühlte mich lange Zeit sehr gekränkt. Das ist heute nicht mehr so, zum Glück. Damals konnte ich mir das nicht eingestehen, das ich eventuell krank war, das habe ich erst nach der 2. geschafft. Neben dem Umfeld spielt auch mein eigener Umgang mit der Depression eine große Rolle, der WILLE da herausfinden zu wollen, das eigene Verhalten zu ändern und auch durch die Krankheitseinsicht hoffe ich eine Änderung meiner Denk- und Verhaltensmuster zu bewirken.
Vorher hatte ich auch keinen Schimmer davon ob ich die Umwelt belastet habe und das tut mir sehr leid
Doch auch an dieser Stelle will ich meinen Kreislauf durchbrechen, denn ich gehöre nicht zu den Leuten, die plötzlich von der Depression befallen wurden, sondern in einem langen, schleichenden Prozess die Negativhaltung verinnerlichten, zu der das äußere Umfeld auch beigetragen hat. Da kann man es auch keinem Depressiven übel nehmen mit äußerstem Mißtrauen seiner Umwelt zu begegnen.
Zumindest nehme ich es mir das nicht mehr übel (Thema Schuld) Hallo Misa
Liebe Grüße, Marlene
hortensie
Beiträge: 73
Registriert: 20. Okt 2006, 21:47

Re: Vorurteile

Beitrag von hortensie »

hallo elisa,
ich hab dein posting sehr genau gelesen, vor allen dingen folgende aussage von dir etwas weiter oben:
elisa schrieb:Ich bin mit Eltern aufgewachsen, die psychisch erkrankt sind / waren (das weiss man nicht so genau). Wenn ich hier jetzt alles aufschreibe, was alles oft oder grundsätzlich bei uns nicht ging (Geburtstag feiern, Freunde mit nach Hause bringen, zum Zahnarzt gehen, mal einen Salat zum Essen machen, 20 km zu Verwandten zu fahren, Verwandte einladen, zu den Nachbarn ein einigermaße normales Verhältnis aufbauen und erhalten...), also, da säße ich übermorgen noch hier. Alle möglichen und unmöglichen Verhaltensweisen (passiv, aggressiv, riskant, brüskierend, launisch...) waren selbstverständlich ausschließlich auf die psychische Erkrankung oder die Nebenwirkungen der Medikamente zurückzuführen und somit unabwendbar.
aus dem letzten satz lese ich heraus, dass deine eltern sehr wohl medikamente nahmen,sonst hätten sie doch kaum ihre unmöglichen verhaltensweisen unter anderem auf die nebenwirkungen der medikamente zurückführen können.
ich selbst hab bis jetzt 6 oder 7 verschiedene ads probiert, auch verschiedene kombinationen,ohne nennenswerte besserung.
zwei ads hatten mal eben als nebenwirkung verstärkte suizitgedanken.du kannst mir glauben, da hatte ich auch keine lust mehr auf irgendwelche aktivitäten oder nach drausen zu gehen.bin gerade dabei, cipralex auszuschleichen,weil ich erhöhte leberwerte habe,dick werde und irgendwie gefühlskalt
bin und die depressionen trotzdem noch da sind.da meine depressionen wahrscheinlich wechseljahrsbedingt sind, hoffe ich,dass sie irgendwann mal von selbst verschwinden.
lg,Fanny
Elisa_K
Beiträge: 172
Registriert: 6. Feb 2008, 14:53

Re: Vorurteile

Beitrag von Elisa_K »

misa

Re: Vorurteile

Beitrag von misa »

Hallo Elisa !

ELISA:
***"Handlungsanweisung für Führungskräfte"
***Darin ging es um den Fall, dass ein Vorgesetzter einen psychisch ....
***in seinem Team hat...
***...Je nach Reaktion des Betroffenen gab es verschiedene
***weitere Anweisungen für die Vorgesetzten...
***...Am Schluss wurde das Ganze nocheinmal
***mit Pfeilen als Schaubild veranschaulicht...
***Es war unschwer zu erkennen, dass
***Kommunikationsverweigerung,
***Leugnung der Krankheit bzw. des Problems und
***Therapieverweigerung bzw.
**Weigerung, die Situation ärztlich abklären zu lassen,
***einen Mitarbeiter relativ schnell in
***Richtung "Kündigung" bringen können...., während man mit einer gewissen
***Offenheit......
***das Ruder durchaus nochmal rumreißen konnte
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MEIN KOMMENTAR:
Allein das Wort “Handlungsbedarf” ist ja schon mal unterste Schublade. Vorgesetzte und ihr Team. Klar, da passt ein Depri natürlich nicht rein. Da könnte glatt der Vorgesetzt in seinen Führungsqualitäten versagen. Achtung: Gefahr, die mit Pfeilen als Schaubild veranschaulicht wird. Das ist ja widerlich!!! Da fehlt für mich jegliches Gefühl für Offenheit. Da gäbe es für mich nur EINE Lösung: Kommunikationsverweigerung, Leugnung. Was eine Therapie angeht, wäre das meine Sache und nicht die eines um sein Prestige bangenden Vorgesetzten. Sowas kann einen Mitarbeiter nicht nur relativ schnell in Richtung Kündigung bringen, sondern auch in Richtung völliger Selbstaufgabe.
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ELISA:
***Ich finde es abwegig,
***wenn sich Kranke einigeln
***und sich einreden,
***die besseren Menschen zu sein....
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MEIN KOMMENTAR:
Meinst du, dass sich psychisch Kranke sagen: So, ich igel mich jetzt ein und rede mir ein, dass ich ein besserer Mensch bin? ?
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ELISA:
***Wenn ich neue Leute kennenlerne,
***wähle ich meine Bekannten nicht danach aus,
***ob sie krank oder gesund sind,
***sondern danach,
***wie sie mit ihren Problemen umgehen.
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MEIN KOMMENTAR:
Wie viele Leute lernst du denn kennen, die dir gleich mit ihren Problemen kommen und dir erzählen, wie sie damit umgehen? Und wenn sie ‘gut’ damit umgehen, sind es dann überhaupt noch Probleme?

lg misa
Antworten