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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 07:03
von Wander
Hallo Otterchen, da hast du mich falsch verstanden. Ich habe auch selber erfahren, dass eine Therapie parallel zu den Medikamenten sehr wichtig ist. Aber ich halte das Herumpsychologisieren und die Opferrolle für falsch. Depressive haben im Durchschnitt, von Einzelfällen abgesehen, nicht Schlimmeres erlebt als gesunde Menschen, sie haben aber eine Krankheit. Und, was ich meinte, ist, dass manche Psychologen die Kranken noch in der depressiven Psychologisiererei unterstützen, weil sie damit ihr Geld verdienen.

Ich halte eine aufklärende und verhaltensbezogene Psychotherapie für sehr wichtig, so dass wir lernen, loszulassen von dem kranken Muster.

Das meinte ich.

Lieber Gruß! Düne

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 07:51
von otterchen
Guten Morgen!

Ah, das hatte ich so nicht verstanden. Ok.

Ja, da bringst Du wohl den Faktor "Resilienz" mit ins Spiel. Nicht zu vernachlässigen.

Immerhin habe ich z.B. eine Schwester (und damit aus derselben Herkunftsfamilie), und diese ist nicht depressiv geworden, obwohl sie den gleichen Bedingungen wie ich ausgesetzt war.

Ja, raus aus der Opferrolle, das ist wichtig. Wir können was bewegen, unser Leben verändern, müssen nichts erdulden, sondern kreieren unsere eigene Welt.

Bitte entschuldige meinen harschen Ton gestern *hand-reich*

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 10:32
von cybolon
Ach, Ihr Lieben,

manchmal habe ich aber das Gefühl, die "eigene Welt" quält mich. Ist die wirklich selbstgemacht?

( Zitat Düne: )
"Verhaltensregeln anpassen. Die Depression zu dämonisieren als ein "Wesen", das sich sperrt gegen das Verschwinden oder sich auf dem Umweg der Krankheit als Seelenalarm zeigt, damit gebe ich einer Krankheit zuviel macht nach meinem Geschmack. Mir hilft eine solche Sichtweise nicht weiter."

Genau darüber hatten wir ja gestern schonmal diskutiert. Für mich ist es ein Zusammenspiel aus Krankheit und Seelenschrei.
Ich empfinde die Krankheit sehrwohl als etwas, dass ich wehrt. Muss nur noch heraushinden, was sich gegen was wehrt, in mir.

Liebe Grüße
vom
cybolon

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 12:32
von Wander
Hallo Otterchen, gerne *hand-reich*, so harsch war´s auch gar nicht.

Hallo Horst, ich erlebe meine Depri auch als Krankheit und in schlimmen Zeiten als Seelenschrei, aber der Seelenschrei kommt wegen des inneren Leidens durch die Krankheit.

Was mir halt so wichtig ist, zu vermeiden, (weil ich da jahrzehntelang selber "drauf reingefallen" bin im damaligen Denkstil), dass die Depression fast schon sowas wie eine "gesunde" Seelenreaktion auf eine kranke Welt ist.
Manche gehen ja schon soweit, zu sagen, eigentlich seien die Gesunden die Kranken und als ob die depressiv Kranken besondere Weltweisheit hätten und all so einen, entschuldigt, "Schmarrn", der einen wirklich auf einen Irrweg bringt.
Wenn ich nämlich meine, ich allein habe so schlimme Altlasten, dass meine Seele schreien müsse, dann sehe ich mich als Opfer und die böse Welt als Gegner. Das macht mich dann noch kränker, das Selbstmitleid, und ich drehe mich im depressiven Vorwurfs- und Selbstmitleidsmuster immer weiter und weiter im Kreis.

So mancher geht dann auf spirituelle Wege (was auf gesunde Weise eine gute Sache ist und meine Religiösität hilft sowieso) und bildet sich ein, über besonder Fähigkeiten zu verfügen im Vergleich zur bösen Gesellschaft und so wird die Isolation und das depressive Muster immer festgefahrener.
In Ansätzen habe ich das selber erlebt und bei vielen vielen beobachtet.

Besser und wirksamer finde ich heutige psychotherapeutische verhaltensorientierte Ansätze, die sagen: Da ist eine Krankheit, was macht die und wie können wir das verbessern, mildern, heilen?

Ich hoffe, ich bin verständlich.

Liebe Grüße! Düne

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 12:57
von cybolon
Hallo Düne,

superverständlich, glasklar!
Auch ich glaube nicht, dass Depression ausschließlich eine "gesunde" Seelenreaktion auf eine kranke Welt ist.
Ich kann und ich will das so auch nicht glauben.

Wir haben eine Krankheit und in der Therapie bekommen wir gezeigt, wie wir es schaffen, damit zu leben, bis evtl. eines Tages Heilung in Sicht ist.

Für besonders wichtig in der Therapie halte ich, herauszufinden, was in uns so schreit.
Mit welchen Gedanken wir uns unglücklich machen. Erkennen, annehmen, verarbeiten, loslassen...
Aber die Tatsache, dass es so ist, dass wir uns so unglücklich machen, ist die Krankheit.
Keinesfalls akzeptiere ich, dass ich diese nur hätte, weil ich etwas Anders gemacht, gedacht, geglaubt, zugelassen oder verdrängt hätte.
Nee, Nee und wieder Nee!

*aufrechtsitz*
cybolon hat gesprochen

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 14:48
von Wander
Hallo Cybolon, sitz ruhig wieder bequem, *lach*. Aber genauso sehe ich es auch.

Allerdings kenne ich 2 Dinge anders als du aus meiner Therapie, sowohl nach dem, was ich dort will als auch nach dem, was meine Thera als Konzept hat.
Und zwar gucken wir erstmal nicht, WAS da so schreit, sondern womit wir das im Verhalten positiv beeinflussen können. Das WAS ist ein Krankheitsschmerz.

Und zweitens geht es bei mir nicht darum, mit der Depression zu leben, sondern schon, symptomfrei zu werden, wenn möglich, dauerhaft, aber wer weiss. Mit den depressiven Mustern in Aktion zu leben ist nicht Inhalt meiner Therapie, sondern sie zu lindern bzw. weg zu bekommen.

Hast du eine chronische Depression und lernst du, in der Therapie DAMIT zu leben? Was lernst du da genau, falls die Frage nicht zu indiskret ist? Falls ja, entschuldige.

Lieber Gruß! Düne

P.S.: Wie bekommt man eigentlich Smileys in seinen Beitrag und wie kann man seinen Text im Nachhinein nach dem Abschicken noch ändern? Bin relativ neu hier.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 16:34
von otterchen
Hi Düne,

ich halt mich erstmal raus, gebe Dir aber die gewünschten Tipps.

Wenn Du Deinen Beitrag nachträglich noch ändern möchtest, klickst Du auf das Symbol, was sich oben in der Kopfleiste Deines Beitrags befindet, direkt neben Datum und Uhrzeit, sieht aus wie ein Blatt Papier mit Stift.

Smilies einfügen: wenn Du Deinen Beitrag schreibst, siehst Du links neben dem Textfeld blau unterlegt "Hilfe zu Smilies". Dort klickst Du bitte drauf, und es öffnet sich ein neues Fenster. Auf dieser neuen Seite siehst Du dann, welche Smilies Du einfügen kannst.

:hello : wird zu wenn man den letzten Doppelpunkt ohne Leerschritt anfügt
:lol : wird zu
;- ) wird zu
usw.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 16:47
von otterchen
Lieber Horst,

lass uns nicht über die Krankheit streiten, aber ich möchte Dir diese Links von Wikipedia mal zeigen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_ ... sziplinen)

Mist: diesen Link bekomme ich hier nicht korrekt dargestellt. Die Klammer am Ende des Links gehört mit dazu, wird aber irgendwie nicht übernommen. Mit copy & paste sollte es aber klappen.

Hier die Abschnitte "Psychologie", "Resilienz ist förderbar" und "Resiliente Individuen".

---------------------------------------------

Ergänzend dazu kann man auch die Erklärung des Begriffes Vulnerabilität nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vulnerabilit%C3%A4t
obwohl ich von diesem Artikel recht enttäuscht bin; die Ausführlichkeit des erstgenannten Artikels fehlt mir (besonders eine Auflistung à la "vulnerable Individuen")

Ich sehe es also immer noch anders als Du (macht aber nix ), betrachte mich schlichtweg als vulnerabel (kein Wunder bei meiner Herkunftsfamilie), erlerne/erwerbe jetzt etwas mehr Resilienz.


Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 18:38
von schatzi
Da war doch schon mal was, kann ich von den Denkweisen resilienter Menschen etwas übernehmen?

Gibt es vielleicht einige Psychotherapiearten die ausschließlich darum bemüht sind, solche oder andere Denkweisen von "Stehaufmännchen" mit entsprechenden Aktivitäten zu verstärken?

Kann und muss man resiliente Gedanken üben, um genetischer vulnerabler Veranlagung zu entgegnen?

Gibt es einen ursächlichen Zusammenhang von Gefühlen, automatischen Gedanken und Verhalten?
Welche Rolle spielt mein Gehirn in diesem Zusammenhang?
Kann ich über zielstrebige angenehme Aktivitäten immer häufiger neue Erfahrungen aufnehmen, die mir behilflich sind, die Erkrankung schneller und wirksamer zu überwinden?

bo.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 21:29
von cybolon
Hallo Düne,

nein, ich hoffe doch, dass meine Depri nicht chronisch ist. Und genau wie Du möchte ich am Liebsten symptomfrei werden.
Und meine Thera hat selbstverständlich das gleiche Ziel wie ich, Du und Deine Thera.
Allerdings bin ich ja noch ziemlich am Anfang.
Und damit ich bis zum gesegneten Tag X (Ende der Depri-Symptome) nicht nur in Verzweiflung, Abwehr und Schrecken verharre, analsysieren wir gottsedank auch, was da in mir schreit.
Und das widerum dient dem Zweck, herauszufinden, was ich JETZT tun kann, damit ich mich besser fühle.

Also, so sehr unterscheiden wir uns dann doch nicht, gelle?

@Otterchen
Erstmal danke! Habe mir die Links kopiert und werde die Wikis morgen 'reinziehen, bin zu erschöpft heute.

*imsteheneinpenn*
cybolon
the very tired indigo blue spirit of glory, without sparkling lights tonight.

And the universal forces fo natuer can be ruled by - whoever is close enough to it right now

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 21:50
von otterchen
Hi Bohneberger,

• Da war doch schon mal was,...

was denn?

• Gibt es vielleicht einige Psychotherapiearten die ausschließlich darum bemüht sind, solche oder andere Denkweisen von "Stehaufmännchen" mit entsprechenden Aktivitäten zu verstärken?

Die VT arbeitet zumindest in diese Richtung.
Was meinst Du mit "Stehaufmännchen"?

• Kann und muss man resiliente Gedanken üben, um genetischer vulnerabler Veranlagung zu entgegnen?

Kann man... muss man nicht.
Und "resiliente Gedanken"... hm... sind nur die Gedanken resilient? Es ist doch eher das Gesamtbefinden. Verstehst Du, wie ich das meine?
Ich denke anders, differenzierter, aktueller -> ich muss mich nicht mehr so mies fühlen -> ich agiere anders -> meine Vulnerabilität sinkt

• Gibt es einen ursächlichen Zusammenhang von Gefühlen, automatischen Gedanken und Verhalten?

In der Klinik gelernt:
1. Gedanke --> 2. daraus folgt ein Gefühl --> 3. darauf das entsprechende Verhalten

Beispiel: man wirft mir was zu und quiekt dabei "ih, eine Spinne". Direkt DENKE ich: bäh, eine Spinne... ich FÜHLE Ablehnung, Ekel... ich VERHALTE mich: ich schrecke zurück, will das, was mir zugeworfen wird nicht abbekommen
(blödes Beispiel, aber mir fiel nichts besseres ein)

Da muss ein besseres her, aber am besten etwas, mit dem DU auch was anfangen kannst. Hättest Du mal so einen typischen automatischen Gedanken von Dir? Und was passiert, wenn Dir dieser Gedanke kommt? Wie fühlst Du Dich da?
Und Du wirst merken, dass Du Dich dann auch entsprechend verhältst (ziehst Dich zurück oder wirst wütend oder verfällst ins Grübeln oder gehst nicht mehr unter Leute oder was auch immer)

Wichtig dabei:
auch, wenn es ganz tief versteckt ist: den Gefühlen gehen Gedanken voraus - nicht umgekehrt.

• Welche Rolle spielt mein Gehirn in diesem Zusammenhang?

Dein Gehirn kann Dir prima dabei helfen, diese typisch depressiven Denkweisen aufzudecken, die diese negativen Gefühle nach sich ziehen. Und diese Gedanken und alten, überholten Glaubenssätze sind verdammt vielfältig. Irgendwann, oft in der Kindheit, in uns eingepflanzt, wuchern sie wie ein feines Pilzgewebe in uns.

• Kann ich über zielstrebige angenehme Aktivitäten immer häufiger neue Erfahrungen aufnehmen, die mir behilflich sind, die Erkrankung schneller und wirksamer zu überwinden?

Ja, es geht (auch) darum, die alten, negativen Erfahrungen durch neue, positivere Erfahrungen zu ersetzen.

Dir wurde als Kind vermittelt, Du seist unerwünscht? Dann schaff Dir eine Umwelt, in der Du erwünscht bist - und vor allem: nimm dies bewusst und achtsam war.
(GANZ grob gesagt - fällt Dir was Besseres ein?)

Meine VT ist sehr ressourcenorientiert, d.h. wir bauen darauf auf, erst einmal zu erkennen, was und wer und wie ich eigentlich bin. Wo liegen meine Stärken, was mag ich. Dies gilt es hervorzukitzeln, ans Tageslicht zu holen - und dann auszuleben. Ich lege meinen Fokus nicht mehr auf meine Mängel, sondern ich erkenne meine positiven Seiten an und akzeptiere so langsam meine Mängel als normale Eigenschaft.

Ich erlerne in der VT Techniken, mit denen ich die Vulnerabilität zurückschrauben kann, z.B. soziale Kompetenz, selbstbewusstes Auftreten, innehalten statt sofort zu reagieren, jederzeit Situationen dadurch verändern zu können, indem ich (mal) was anderes tue als das, was ich sonst immer mache (dadurch erlebt man z.B., dass man wirklich Einfluss auf seine Umwelt hat).

Puh... hat Dir das jetzt weitergeholfen?

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 25. Jan 2008, 22:46
von Wander
Hallo otterchen, danke für deine obigen technischen Tipps wegen Änderungen und Smileys.

Ich bin garantiert auch eine vulnerable Persönlichkeit seit Kindheitszeiten und finde deine VT-Inhalte sehr spannend.

Lieber Gruß! Düne

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 11:39
von schatzi
Hallo Otterchen,

resiliente Menschen nennt man umgangssprachlich "Stehaufmännchen"!

Es ist das was "Wanderdüne" auch schon anmerkte, bestimmte Menschen die gleichen Altlasten mitnehmen und nicht depressiv oder psychisch erkranken.

Kognitive Verhaltenstherapie, A. Ellis, M. Seligman u.a., nennen die Neurose von Freud erlernte Hilflosigkeit. Meistens Techniken der Stress- und Konfliktbewältigung angestrengt wurden, die bis heute unwidersprochen ihre Gültigkeit behielten und dementsprechend wirkungslos sind.

Es also nicht darum geht, nochmals alles so authentisch schmerzhaft wie eben möglich zu durchleben, sondern mir ein viel schnellerer Zugriff ermöglicht, meine kostbare Lebenszeit nicht mit ellenlangen Erklärungen zu verschwenden und die Krankheit vielleicht sogar hierdurch noch zu verschlimmern.

Herzlichen Dank

bo.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 11:56
von otterchen
Hi Mr Bohneberger,

Ach man... ich bin gerade nicht auf dem Damm... ich verstehe noch nicht einmal, was Du mir eigentlich sagen willst.

Magst mir nochmal konkret antworten? ->

Wie denkst Du über das Thema Resilienz / Vulnerabilität?
Kann man das eine lernen, das andere abschwächen?
Wenn ja: wie? Bzw. wie machst Du das?
Wenn nein: was bringt Dich zu diesem Schluss?


Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 12:19
von schatzi
Hallo Otterchen,

ich kann mich Deinen Erklärungen vollends anschließen.

Du hast den gesamten Interventionsbereich sehr gut dargestellt und verstanden.

Ich hatte vor Deiner Zeit in mehreren Beiträgen auf Resilienzen hingewiesen unter dem Hinweis, eigener Vulnerabilität.

Resilienz können wir erlernen und anwenden, um eigene hohe Verletzlichkeit abzubauen und stabiler zu werden.

Leider bleiben sehr häufig bei vielen Menschen, auf dem Wege zu einer schnelleren Gesundung, diese Aspekte oftmals unberücksichtigt.

Ich muss jetzt wech zu einer "angenehmen Tätigkeit", Spaziergang auf eine Halde.

Tschüüüß! Später vielleicht mehr!

bo.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 12:22
von otterchen
Danke bo,

DAS habe ich verstanden!

Ja, das Wetter lädt wirklich zum Spazierengehen ein. Ich genieße die Sonne aber von hier drinnen, weil ich mir heute Hausarbeit verordnet habe (kennst Du das Sofa von Familie Hempel?)

Aber HALDE?? :-o

bye

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 12:31
von Clown
Hallo Böhnchen ,

«...erlernte Hilflosigkeit...»

Man hat es ja geschafft, Hunde depressiv zu machen (Versuch wird beschrieben in Stefan Klein 'die Glücksformel')

1. Phase:
Eine Gruppe Hunde bekommt in ihrem Käfig Stromschläge, hat aber gleichzeitig die Möglichkeit, zu lernen, die Schläge abzustellen, was sie auch tun.

Eine zweite Gruppe Hunde bekommt auch Stromschläge im Käfig, hat aber keinerlei Möglichkeit, sie abzustellen.

2. Phase:
Beide Gruppen kommen jeweils in andere Käfige, in denen sie wieder Stromschlägen ausgesetzt sind, aber diesmal sind bei beiden Gruppen die Wände der Käfige so niedrig, dass sie übersprungen werden können.

Ergebnis - was glaubst du, Böhnchen?

Und jetzt (vielleicht) deine Frage: Welche Therapieart kann der zweiten Gruppe Hunde beibringen, die Käfigwand zu überspringen?


Clown

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 12:50
von cybolon
Hallo Clown,

sie armen Hunde...
Das Ergebnis dieses Versuchs ist wriklich erschütternd.
Aber ich glaube, übertragen auf den Menschen können wir es nicht ohne Weiteres.

Selbst in der größten Not, in der Verzweiflung, denkt der Mensch über alternative Lösungen nach. Sogar die Leute in Auschwitz versuchten jeden Tag aufs Neue, ihre Lebenssituation so angenehm, wie eben möglich, zu verändern.

In der Depression überspringen wir ständig diese Mauer(n), wir hechten von Käfig zu Käfig, in der Hoffnung, irgendwann keine "Stromstöße" mehr erleiden zu müssen.

Auf die Antwort von bohneberger zur Therapie-Art bin ich allerdings auch gespannt.

Liebe Grüße
cybolon

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 12:57
von otterchen
Hallo Horst,

tun wir das wirklich? Könnten wir das - ohne Unterstützung?

Wenn Du nicht wüsstest, dass es eine Therapie gäbe - wie würdest Du Dir dann selbst helfen?

Würdest Du von selbst darauf kommen, achtsam zu sein, Dich selbst lieben zu lernen, verdrängte Gefühle zuzulassen etc.?



Also ICH wäre NICHT auf diesen Lösungsweg gekommen!

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 13:05
von cybolon
Hallo Otterchen,

so hatte ich das wirklich nicht gemeint.
Habe mich wohl ungeschickt ausgedrückt.

Natürlich haben wir durch die Therapie und durch die Auseinandersetzung mit dem "Ich" überhaupt erst wahrgenommen, daß es diese Mauern gibt.

Ansonsten würden wir ohne Achtsamkeit und Motivation in Panik und Verzweiflung verharren, wie diese Hunde.

Aber wir erkennen immerhin, daß es uns krotzig geht, wir greifen nach jedem Strohhalm.
Einer davon ist auch dieses Forum.
Der Hund hingegen findet sich damit ab, daß er die Stromstöße bekommt.

Liebe Grüße
cybolon

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 13:21
von otterchen
Hallo Horst,

und das Wichtigste ist, dass wir lernen können, diese Mauern auch zu überspringen!

Du sagst es: Wenn da aber niemand wäre, der uns dies zeigt, würden wir wie die armen Hunde in der erlernten Hilflosigkeit verbleiben.
Ich armer Hund...

Gut, dass wir noch lernfähig und -willig sind.

*hopp*

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 13:34
von RoadToNowhere
@cybolon

Die Hunde halten die Stromstöße aber auch nur deshalb aus, weil sie vorher gelernt haben, daß es keinen Ausweg gibt. Und weil sie das lange genug gelernt haben, suchen sie auch nicht nach einem, als sie wieder in die gleiche Lage gebracht werden. Das ist doch genau dieser "ist doch eh sinnlos"-Effekt den man auch als Depressiver hat. Für mich erscheint dieses Hunde-Experiment durchaus übertragbar.

@otterchen

muß dir auch nochmal für deine gut verständlichen Beiträge hier danken, habe mich in ganz vielen Dingen die du schilderst wiedergefunden und teilweise auch erstmals verstanden wie diese Mechanismen funktionieren. Zuviel preisgegeben? Hier sind Betroffene unterwegs, nicht dein Chef oder der nachbar der dir böses will - ich denke hier ist es ok, im Verhältnis zu "Gesunden" würde ich mir mehr Gedanken machen was ich in welcher Ausführlichkeit wem mitteile.

@flora, thomas, guinevere und alle übrigen die sich hier beteiligen

auch Euch alle habe ich sehr interessiert gelesen und viele Dinge das erste Mal aus dieser Perspektive statt aus der Normalo-Perspektive angeguckt, finde das super wichtig, bin aber teilweise überfordert mit Abkürzungen die ihr aus jahrelanger Erfahrung mit der Thematik benutzt, dafür bin ich noch zu neu im Thema und muß doch einiges erst mal nachgucken oder zusammenreimen. Danke euch allen!

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 13:39
von cybolon
Schließe mich Road an. Bitte nicht so viele Abkürzungen. Danke!

Ja, in der depressiven Phase, im Loch, da verhalten wir uns tatsächlich, wie diese Hunde.
Die Phasen wechseln gottseidank.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 26. Jan 2008, 14:08
von schatzi
Hallo liebe Teilnehmer,

der Spaziergang auf einer unserer Halden hier am linken Niederrhein, startet erst um 14.30 Uhr, deswegen kann ich kurz noch etwas zu diesen übertragbaren Hundeversuchen von Prof. A. Seligman (Pessimisten küsst man nicht!)beitragen.

Psychologie der Veränderung.

Wer feststellt, dass er trotz aller Anstrengungen nichts bewirken kann, der wird früher oder später resignieren und aufgeben. Wer von Haus aus davon überzeugt ist, "sowieso nichts machen zu können", wird es gar nicht erst versuchen. Das Grundgefühl hilflos und ohnmächtig zu sein, hat dramatische Auswirkungen sowohl auf die Befindlichkeit als auch auf das Verhalten: Es lässt jede Initiative erlahmen, macht depressiv und reduziert drastisch die Lernfähigkeit.

Gelernte Hilflosigkeit.

Der renommierte amerikanische Sozialpsychologe Martin Seligman hat für dieses Ohnmachtssyndrom 1975 den Begriff "Gelernte Hilflosigkeit" gesprägt. Seine Theorie besagt, dass Hilflosigkeit vorhersagbar drei Störungen nach sich zieht:

1. Motivationsverlust:
Wer erwartet, dass die Ereignisse unkontrollierbar sind, für den gibt es keinen vernünftigen Grund mehr zu versuchen, sie dennoch zu beeinflussen - damit würde er sich nur zusätzliche Frustration einhandeln. Infolgedessen ist der Handlungsantrieb bei Hilflosen sehr gering; sie neigen zu Passivität und Apathie.

2. Lernbehinderung:
Wer davon überzeugt ist, dass die Dinge sich einer Kontrolle entziehen, ist kaum noch dazu in der Lage, Möglichkeiten zu entdecken, wie er doch Einfluss - seine Lernfähigkeit ist beeinträchtigt. Die Überzeugung, nichts machen zu können, wird zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

3. Erst Furcht , dann Depression:
Wer sich als ohnmächtig ansieht, reagiert mit Niedergeschlagenheit; einem Zustand, den Seligman zunächst als Hilflosigkeits- und später als Hoffnungslosigkeitsdepression bezeichnete. Die erste Reaktion auf Kontrollverlust ist jedoch Angst und Reaktanz, das heißt, das heftige Bemühen, die Kontrolle wiederherzustellen.

Seligman erklärt diesen Stimmungsumschwung so: Die Angst soll uns dazu motivieren, um die Wiederherstellung der Kontrolle zu kämpfen. Erst wenn sich dies als aussichtslos erwiesen hat, wenn wir also keine Hoffnung mehr haben, kommt es zu Depression und Apathie. Der evolutionäre Nutzen der Apathie ist nach seiner Ansicht, dass nutzloser Energieverbrauch und weitere Frustration vermieden wird.

Erst Kampf dann Aufgabe.

Aber es gibt Auswege und Hilfe, auf die ich zu einem späteren Zeitpunkt gerne eingehen möchte, da jetzt der Zeitpunkt für meinen angekündigten Haldenspaziergang mit einem guten guten Freund immer näher rückt.

Bis nachher.

bo.

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Verfasst: 27. Jan 2008, 13:11
von otterchen
Hallo Bohni,

*wart*