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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 09:18
von DYS-
@Friedrich

Ich denke, da gehören dazu

1.: eine gewisse Disposition

2:. widrige äussere UmständeIhr Text

Da stimme ich dir zu!!
Aber, ich habe mir mehr zugemutet als gesund war. Ich hätte auf Warnungen aus meinem Umfeld hören sollen.
Ich war wohl ein Workaholics. Und das natürlich nicht uneigennützig.

Freue mich auf den Anruf.
Dys

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 10:19
von chrigu
Hallo Tinus,

schön, mal wieder von Dir zu hören!

Du wolltest eine rege Diskussion - das hat ja prima geklappt.

Ich beschäftige mich auch viel mit der Schuldfrage, aber wenn es mir einigermaßen gut geht, dann sehe ich für mich, dass ich nicht einzelnen Personen oder Dingen die Schuld gegen kann, sondern dass das ganze ein relativ kompliziertes Geflecht aus Ursache und Wirkung, anerzogenem oder aus Erfahrung gewonnenem Verhalten und dem Charakter der beteiligten Personen ist. Vielleicht auch der Umwelt und der Gesellschaft.
Wenn es mir nicht gut geht, dann gebe ich mir die ganze Schuld. Das ist so schön einfach, weil ich dann niemand anders gegenüber mein Gefühl ausdrücken muss und mich auch ganz prima selbst bestrafen kann.

Aber wie Flora ( ) interessiert mich auch vielmehr die Frage, warum Du das wissen willst: Gibt Dir gerade jemand die Schuld? Oder willst Du sie jemandem geben?
Und nicht zuletzt: Ist das überhaupt eine wichtige Frage? Mir kommt sie manchmal nämlich auch recht rückwärtsgerichtet vor. Ich bezweifle, dass man sie überhaupt in Gänze oder zur Zufriedenheit beantworten kann. Wäre da nicht viel wichtiger, wie man mit Schuldgefühlen (sich selbst oder anderen gegenüber) umgeht?

Liebe Grüße!
Chrigu

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 13:29
von Majuha10
Der Titel des Thread lautet:

Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Tinus fragt dann:

Ist ein psychisch kranker Mensch selbst veratnwortlich für seine Erkrankung?


Was mir beim Lesen dieses Thread auffällt ist, dass der überwiegende Teil der Antworten sich mit Schuld beschäftigt und das bringt mich zu der Frage weshalb wird Verantwortung oder Zuständigkeit so oft gleichgesetzt mit Schuld?



Thomas ! Herzlichen Dank für Deine Ausführungen

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Dir sagen, dass ich Dank Deiner Beiträge/Antworten in den unterschiedlichen Threads sowie aus den Erfahrungen, die Brittka in das Forum einbrachte in die Lage versetzt wurde, mich von dem Begriff Schuld zu lösen. Für mich war das wie eine Befreiung und schuf Handlungsspielräume.



LG Maruschka

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 17:07
von deary
Hallo ihr,

das meiste zum Thema ist wie ich finde schon gesagt worden, einmal habe ich mit meinem Psychiater auch über dieses Thema geredet.

Er sagte in einem Nebensatz etwas, dem ich innerlich zustimmte.
Er sagte, dass man die Depression aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten könne.

Es kann aus rein medizinischer Sicht als Krankheit gesehen werden, aus psycholgischer als menschliche Reaktion auf etwas Erlebtes, aber man kann die Depression eben auch zb aus Volkswirtschaftlicher Sicht sehen.
( man denke an den Schaden, der durch Arbeitsausfall entsteht, und in welcher Art Volkswirtschaft diese Störung öfters auftritt )


Und ich denke :Auf jeden Fall verweisen psychisch auffällige Menschen über sich hinaus auf die Systeme, in denen sie leben, auf die Familien, die Arbeitsstellen, die Gesellschaft.


deary

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 17:22
von rajo1
Auch auf die Fragestellung kommt es an.

Halte die oben stehende Frage "ungeschickt", "unbedacht", nicht "achtsam" gestellt.

Besser :

Was sind die Ursachen einer psychischen Erkrankung und wie können diese erfolgreich behandelt werden?

Dazu gab und gibt es immer wieder "streitbare" Meinungen und Beiträge.
Eine generelle Antwort gibt es wohl nicht. Jeder Fall liegt anders.

rajo1

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 17:27
von flora80
Tinus? Bist du noch da? Mich interessiert immernoch, warum du diese Frage gestellt hast. Was ist denn deine Auffassung davon? War was hilfreiches dabei?

Grüße von Flora

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 18:12
von oo7
Hallo Tinus,

wenn ich um meine Krankheit weiß und bewusst nichts unternehme, dann würde ich mir leid tun.
Das muss dann zwangsläufig zur Depression führen, zur Neurose oder in die Psychose.
Sicher gibt es Ausnahmen, - ich kann auf bessere Tage warten.

Hilf dir selbst dann hilft dir die Liebe, man kann auch sagen Gott.
Hilf dir selbst sonst hilft auch die Liebe oder Gott.

Du kannst tun und lassen was du willst oder glauben was du willst, am Ende steht immer der Tod ,- da kannst du gewiss sein.




Nun aber Schluss mit der Provokation

Herzlichst

Ente

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 15. Jan 2008, 22:13
von kormoran
hallo ihr,

mir ist auch aufgefallen - nicht nur im thread sondern bei mir selber/in der therapie - dass ich selbst beim wort verantwortung sehr schnell auf die schuld komme.

anders als rajo würde ich die frage - wenn man sie denn stellen will - schon so stehen lassen.

in den beiträgen von thomas, chrigu, chimera und maruschka finde ich mich wieder - bzw. finde ausformuliert was ich selber nicht so gut fassen kann...

ich selbst komme immer wieder an diese verzwickte situation, die ja teilweise in einem anderen thread ("ich könnte ja wenn ich nur wollte - wollen könnte...") angeklungen ist:

um mit der depression klar zu kommen und das leben wieder in die hand nehmen zu können und zu wollen, ist die TATSACHE dass WIR ES IN DER HAND HABEN (gestaltungsspielraum und verantwortung) ganz essenziell. warum sonst überhaupt aufstehen, wenn ich nichts ändern könnte?

andererseits taucht da bei mir postwendend die keule auf: hej! wenn du es jetzt in die hand nehmen kannst: dann hättest du ja schon immer anders handeln, das burnout vermeiden, deine wünsche kennen und ihnen folgen... können.

es wird noch eine weile dauern bis ich annehmen kann dass ich eben zu bestimmten zeitpunkten nicht anders konnte, die kraft hat gefehlt, die weisheit, die unterstützung .... und dass es klüger ist JETZT das leben in die hand zu nehmen als ewig weiter mich für versäumtes zu bestrafen und mich minderwertig zu fühlen (weil andere kommen mit dem leben besser klar).

und an diesem letzten punkt setzt etwas ein, wo man wohl wirklich nur sagen kann: "shit happens" - ein teil ist wohl veranlagung, familie, pech. da gibt es vielleicht manchmal eineN schuldigen mit dem man etwas klären kann. und den rest müssen wir wohl ziehen lassen.

vielleicht ist es doch heilsam und entlastend, zu versuchen, diese stränge aufzudröseln und zu sehen, an welchem strang ich künftig ziehen möchte, welcher mit einem belastenden anker verbunden ist, und welcher das segel setzt (liebe seeleute, verzeiht die holprigen vergleiche).

lg
kormoranin
edit: rechtschreibfehler

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 18:13
von tomroerich
Hallo Kormoranin,

andererseits taucht da bei mir postwendend die keule auf: hej! wenn du es jetzt in die hand nehmen kannst: dann hättest du ja schon immer anders handeln, das burnout vermeiden, deine wünsche kennen und ihnen folgen... können.

es wird noch eine weile dauern bis ich annehmen kann dass ich eben zu bestimmten zeitpunkten nicht anders konnte, die kraft hat gefehlt, die weisheit, die unterstützung .... und dass es klüger ist JETZT das leben in die hand zu nehmen als ewig weiter mich für versäumtes zu bestrafen und mich minderwertig zu fühlen (weil andere kommen mit dem leben besser klar).

und an diesem letzten punkt setzt etwas ein, wo man wohl wirklich nur sagen kann: "shit happens" - ein teil ist wohl veranlagung, familie, pech. da gibt es vielleicht manchmal eineN schuldigen mit dem man etwas klären kann. und den rest müssen wir wohl ziehen lassen.

Zum ersten Abschnitt: Auf welcher Vorstellung beruht die Annahme, man könnte angemessen mit sich selbst umgehen, Krisen vermeiden, Schmerz vermeiden? Dazu wäre es notwendig, sich selbst zu kennen und zu wissen, wer man ist. Aber es gibt kaum jemanden, der das weiß sondern das wird eben erst durchs Leben gelernt bzw. ausgegraben. Konflikt und Krise ist für mich nichts anderes als der Zusammenprall einer Situation mit dem sich nicht kennenden Individuum und dadurch lernt es sich kennen, unter Schmerzen. Daher, wegen dieser Unwissenheit, kann es auch keine Schuld geben. Man könnte höchstens daraus schließen, dass Unwissenheit nicht vor "Strafe" schützt - also vor Konflikthaftigkeit. Für mich ist der Mensch ein Wesen, das sich selbst unter Schmerzen zur Welt bringen muss.

Daher finde ich richtig, was du in Abschn.2 schreibst. Es lohnt nicht, der früheren Unwissenheit hinterherzutrauern oder etwas zu bereuen. Besser, man begrüßt die Chance, die man durch eine Krise bekommt.

Grüße von

Thomas

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 19:58
von kormoran
Hallo Thomas,

ich kann Dir zustimmen: allgemein. Das gilt für alle Menschen.

Es ist dann aber wieder so schwer zu akzeptieren dass manche Menschen ohne existenziell bedrohliche Krisen durchs Leben schreiten, manche trotz diverser ungünstiger Bedingungen recht unbeschadet wachsen, und wieder andere jahrelang mühsam kämpfen.

Also bleibt die Frage dann wieder irgendwie offen

Wobei unsereiner ja doch nichts anderes übrig bleibt als sich auf das eigene Leben zu konzentrieren und sich auch nicht mit dem Vergleich aufzuhalten, oder mit dem Gefühl der Minderwertigkeit (andere schaffen es und nur ich quäle mich so - bin ich denn zu dumm zum Lernen des eigenen Lebens, verglichen mit der Mehrheit).

lg
kormoranin

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 20:34
von 912318798
Grüß Euch zusammen!

Ich glaube auch, dass man bei dieser Frage von Schwarz-Weiß-Malerei Abstand nehmen muß, weil es sich dabei um die Summe unzähliger Faktoren handelt.
Viele Dinge, die ich auch vertrete, sind hier schon angeführt worden.
Aber ich möchte uns dennoch der Verantwortlichkeit entheben, oder die Schuld an unserem Zustand auslagern.
Ich pachte mir nämlich die Eigenschaft, Menschen nicht für Ihre Äußerlichkeiten zu verurteilen, ihr Aussehen anzuprangern,… niemanden zu erniedrigen.
Wollen wir nicht nachdenken, warum viele von uns eigentlich unter Depressionen leiden, Burn-Outs erleben mussten,…
Ich sehe ganz am Anfang jeweils Reaktionen auf soziale Ereignisse oder Umstände, von wem auch immer hervorgerufenen Leistungsdruck, Vorurteile, …, irgendetwas Menschgetanes.

Ich meine schon, dass es das Verschulden gibt, und wir es nicht bei uns selbst suchen müssen.
Ich sehe so viel seelisches Leid, das aus der Grausamkeit der Gesellschaft resultiert und ich fände immer einen Schuldigen, wie aber auch einen Verantwortlichen.

Wie schon angeklungen: Niemand verurteilt einen Leukämie-Patienten…

Flora schreibt:
>>Hat dir jemand vorgeworfen, selbst "Schuld" zu sein? <<
Nein. Aber sie bestrafen mich trotzdem für meine Defizite.


Tom schreibt:
>>Verantwortung ist nicht gleich Schuld! …
… Denn stell dir vor, die Ursache für eine psychische Störung würde wirklich in einem äußeren Einfluss liegen, welche Chance würde es denn dann geben, wieder gesund zu werden? Überhaupt keine!<<
Das hat schon einmal jemand zitiert, dennoch tue ich es auch, weil ich ebenso der Ansicht bin, dass wir nämlich tatsächlich keine Chance mehr haben, ohne die Unterstützung der Gesellschaft und ohne Toleranz.

Schuld, Verantwortung und Zuständigkeit sind grundverschiedene Dinge, da bin ich bei Maruschka.
Aber sie vereinigen sich in der Person des Verursachers, ohne deren Misswillen wir nicht leiden müssten.

Liebe Grüße und bleibt stark

Jojo

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 21:05
von depi
Meine Überlegung:
Es fehlen die Grundpfeiler und damit die Sicherheit und es fehlen konkrete Angaben.
Alles ist auf Unsicherheit und Gleichmacherei aufgebaut.
Wann weiß nicht mehr was ist Richtig- was Falsch?
1)Die Gesetzgebung hat immer 2 Auslegungen eingebaut: *Recht hat nicht mehr der, der Recht hat, sondern Der, der das Gesetz für sich am Besten auslegen kann.
2)Kein Arbeitsverhältnis ist mehr sicher. Unsicherheit, ob man seine Zahlungen im nächsten Monat noch tätigen kann.
3)Keiner kann mehr zuhören, weil alle etwas zu erzählen haben.
3)Zu wem soll man noch Vertrauen haben, wenn man erlebt, dass man überall dem Betrug ausgesetzt ist(z.B. Sonderangebote im Supermarkt, die in der Kasse dann als Normalpreis abgerechnet werden). Keine Gesetzgebung die den Konsumenten schützt.
4.)Frauen können den Lebensabschnitt Familie und Kinder nicht mehr ausleben. Wenn nicht Beide arbeiten, kann man sich die normalen Lebensumstände nicht mehr leisten. Wenn Beide arbeiten, verdient man um einiges mehr, als man notwendigerweise bräuchte und ein Teil geht in der Kinderbetreuung auf, ein Teil geht dann an das/die Kinder, um sein eigenes schlechtres Gewissen zu beruhigen. Weil man eigentlich nicht mehr die Zeit, bzw. nach der Arbeit nicht mehr die Nerven hat, dem Kind zuzuhören.
3.)Bis 8(bzw.13) Jahre bräuchten die Kinder die Vorsichtigkeit der Mutter, von 13 - 16 Jahren wären die Männer gefordert, die Kinder zu ermutigen selbstständigkeit zu erlernen. (die Vorsicht der Mutter ist jetzt eher hinderlich).
ABER unsere Gesetzgeber wollen, dass Männer Windeln wechseln und Frauen auch Arbeiten verrichten, die der körperlichen Struktur der Männer entspricht.

Und die sensiblen Menschen werden herumgebeutelt zwischen den Befolgungen, die einem vom Umfeld aufdoktriert werden, und dem Unterbewußtsein, das sich mit Macht gegen diese Zwiespaltigkeit auflehnt!

Robuste Menschen und können dies gleichgültiger Hinnehmen, sensible Menschen kommen in den Konflikt...Depressionen als Folge.

Ich lese es jetzt nicht mehr durch. Ist halt meine Meinung. Muß nicht richtig sein, aber ich sehe es eben so.
Vielleicht ist mein Posting auch ein eigenes Beitragsfeld wert? Wenn ja, dann eröffnet es vielleicht jemand?

Hoffe, es ist jetzt nicht zu viel Mist dabei. Aber schaut Euch mal die Pyramide von Maslow an.

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 21:13
von flora80
Hallo zusammen,

mich würde immernoch interessieren, was unsere Threaderöffnerin Tinus eigentlich jetzt dazu denkt. Es gibt ja nun reichlich "Material"

Grüße von Flora

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 21:28
von tomroerich
Hallo Kormoranin,

Es ist dann aber wieder so schwer zu akzeptieren dass manche Menschen ohne existenziell bedrohliche Krisen durchs Leben schreiten, manche trotz diverser ungünstiger Bedingungen recht unbeschadet wachsen, und wieder andere jahrelang mühsam kämpfen.

Also bleibt die Frage dann wieder irgendwie offen

Ja, deine Gedanken sind für mich sehr gut nachvollziehbar. Das erscheint ungerecht, nicht? Und weil es so ungerecht erscheint, denkt man auch so schnell an Schuld. Warum ich? Bin ich schlechter als andere, ist es einfach nur Pech? Aber ich habe für mich persönlich als sichere Wahrheit herausgefunden, dass wir von der Gesamtheit des Lebens nur einen winzigen Ausschnitt wahrnehmen - dieses eine, bestimmte Leben, von dem wir wissen, dass es einen Anfang und ein Ende hat. Darauf bauen wir unsere Schlüsse und Überzeugungen und dann muss das als Ungerechtigkeit wahrgenommen werden. Wir glauben, dass es Glück bedeuten muss, unbehelligt von Leid und Krankheit durchs Leben gehen zu dürfen - vielleicht sogar, dass es das höchste Glück sein muss, das einem verwehrt wird, wenn man so etwas wie eine Depr. durchmachen muss. Aber ich z.B. verdanke meiner Depr. so sehr viel, sie hat mir zu einem ganz anderen Verständnis des Lebens verholfen einfach dadurch, dass sie alles von mir nahm, was lebendig ist. Dadurch verstand ich, was Leben ist und ich glaube, ich weiß es jetzt besser als diejenigen, die unbehelligt ihren Wünschen hinterherhasten und nicht begreifen, wie arm sie das macht. Sicher, es gibt auch Menschen, die Tiefe finden ohne Leid. Aber das sind nicht viele. Die allermeisten verheddern sich so hoffnungslos im Dickicht ihrer Gefühle und Gedanken, dass sie dabei verloren gehen können. Und dann kann nur eine tiefgreifende Krise sie aufwecken.

Grüße von

Thomas

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 21:31
von tomroerich
Ganz recht, Flora. Es ist ein seltsames Gefühl irgendwie, dass die Initiatorin sich nicht mehr zu interessieren scheint? Bewegt dich denn diese Frage wirklich, Tinus?

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 22:25
von flora80
Hallo Thomas,

was du in deinem vorletzen Posting geschrieben hast, finde ich wunderbar. So erlebe ich es auch.

Liebe Grüße von Flora

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 23:24
von Emely
Liebe Kormoranin und an alle anderen

"Es ist dann aber wieder so schwer zu akzeptieren dass manche Menschen ohne existenziell bedrohliche Krisen durchs Leben schreiten, manche trotz diverser ungünstiger Bedingungen recht unbeschadet wachsen, und wieder andere jahrelang mühsam kämpfen."

Wenn ich dies bei dir lese, stellt sich mir - wieder einmal - die Frage nach dem Lebenssinn. Ja, manche Menschen schreiten durchs Leben - aber wo schreiten sie hin.
- Von außen betrachtet sehen viele Leben "einfach" aus - aber können wir immer beurteilen, ob das jeweilige andere Leben, auf das wir von außen sehen, auch einfach, will sagen mit weniger Problemen als das unsere, ist - oder ob es uns nur von unserer Warte aus einfach erscheint, weil wir Aufgaben sehen, denen WIR gewachsen wären. Vielleicht bekommt man immer die Aufgaben gestellt, an denen man am besten wächst, das heißt, die für die eigene Entwicklung am hilfreichsten sind?

"Also bleibt die Frage dann wieder irgendwie offen"

Die Frage nach der Verantwortlichkeit meinst du? - So bitter die Depression für mich war, habe ich sie dennoch von Beginn an als Wegweiser begriffen. Es ist für mich schwierig gewesen, Schuld und Verantwortung von Beginn an zu trennen, zumal Schuld per se ein Merkmal der Depression ist. Aber wie will man aus der Depression herauskommen, wenn man nicht die Verantwortung für sich selbst übernimmt. - Und darüber hinaus sie vielleicht auch als Chance betrachten kann - so war es bei mir - sein Leben zu ändern. Inzwischen bin ich der Erkrankung auch - wie manche hier - dankbar - denn ihretwegen bin ich Wege gegangen - weil sie mich gezwungen hat - die ich ohne sie nicht gegangen wäre.

"Wobei unsereiner ja doch nichts anderes übrig bleibt als sich auf das eigene Leben zu konzentrieren und sich auch nicht mit dem Vergleich aufzuhalten, oder mit dem Gefühl der Minderwertigkeit (andere schaffen es und nur ich quäle mich so - bin ich denn zu dumm zum Lernen des eigenen Lebens, verglichen mit der Mehrheit)."

Verglichen mit welcher Mehrheit? Mit wem vergleichst du dich?
Mein Weg durch die Depression war auch quälend langsam, und oft dachte ich, ich komme nie voran - aber jeder Zentimeter hilft auf dem Weg - und durch jeden einzelnen Schritt entsteht der Weg - wenn man die Verantwortung für sich übernimmt. Ganz wichtig. Und deswegen Danke für die Fragestellung dieses Threads.

herzliche Grüße

Emely

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 16. Jan 2008, 23:48
von otterchen
Ich weiß nicht...

mir geht gerade der Ausdruck im Kopf herum "Schuld dahin zurückgeben, wohin sie gehört" - also weg von uns selbst, hin zum Verursacher (wenn es sich z.B. um Erfahrungen aus der Kindheit handelt).

Aber dennoch möchte ich nicht so recht von Schuld sprechen. Eher von Ursache / Anlass / Auslöser / Umständen.
(Aber zumindest sollten wir davon Abstand nehmen, UNS SELBST die Schuld für die Depression zu geben, auch wenn wir manchmal versucht sind, uns für blöde und unfähig zu halten)

Es WAR halt so. Irgendetwas ist passiert - manchmal sogar schleichend über Jahre - was die Depression in uns hervorgerufen hat. Ich kann es doch nur akzeptieren - ändern kann ich es sowieso nicht mehr. Und wenn ich mit dem Finger auf irgendwen zeige und demjenigen die Schuld gebe, verbinde ich damit nicht immer ein wenig die Hoffnung, derjenige möge dies wiedergutmachen? Oder z.B. die Gesellschaft solle sich ändern, sie hat mich schließlich kaputt gemacht? Unser Leben, unser Umfeld, die Gesellschaft, die Welt - sie SIND halt so wie sie sind. Und alles Grübeln und Argumentieren, wie schlecht doch alles ist und wie anders alles sein sollte, bringt mich keinen einzigen Schritt weiter - es sei denn, ich werde aktiv.

Indem ich es einfach akzeptiere als "so war es eben", kann ich mich aufmachen, den Ist-Zustand betrachten und mich aufmachen, diese Situation zu ändern.

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 01:57
von gfb
Hi Otterchen,

("Schuld dahin zurückgeben, wohin sie gehört")
Und was ist, wenn die Adressaten für die Schuld nicht mehr erreichbar sind (gestorben oder keinen Kontakt mehr)?

(Es WAR halt so)
Ebent!
Aber: warum war das bei UNS so - und nicht bei anderen, die (in durchaus vergleichbaren Situationen) ins Leben geworfen wurden?

DAS ist eine Frage, die geeignet ist, eine massive Krise zu kriegen - und die mich auch schon mein ganzes Ereachsenenleben umtreibt...

WER ist DAFÜR verantwortlich zu machen?

(ändern kann ich es sowieso nicht mehr)
Yep!
Oder wie der Übervater Sigmund F. aus W. in Ö. es dereinst ausdrückte:

"Es ist schon viel geholfen, wenn es uns gelingt, das hysterische Elend in gemeines Unglück zu verwandeln!" oder so...

Nicht wirklich tröstlich, ich weiss, ich weiss, aber MEHR scheint wirklich nicht drin zu sein.
Wir können uns nicht im Nachhinein eine glückliche Kindheit basteln, wir können (und sollten) uns nur darauf konzentrieren, wie wir mit den Auswirkungen der Beschädigungen unserer ersten Lebensjahre HEUTE halbwegs zurecht kommen...

(Indem ich es einfach akzeptiere als "so war es eben", kann ich mich aufmachen, den Ist-Zustand betrachten und mich aufmachen, diese Situation zu ändern.)

Na ja...

"Einfach" akzeptieren fällt mir VERDAMMT schwer, weil da IMMER die Frage im Hintergrund steht: warum ich, warum nicht andere?

Und an der "Situation" änderst du reineweg GAR NICHTS; "es WAR halt so!" wie du sehr richtig schriebst, wir können nur an unserem aktuellen UMGEHEN mit dieser Gewordenheit/Faktizität etwas ändern - und auch DAS fällt schon verdammt schwer (mir zumindest!)...

Grüße von hier nach da

Friedrich

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 07:44
von otterchen
Guten Morgen Friedrich,

*kaffeeschlürf*

bitte lass mich mit einem Zitat beginnen:
Die Krise ist ein produktiver Zustand, wenn man ihr den Beigeschmack der Katastrophe nimmt

Nun möchte ich mal versuchen, auf Deine Punkte einzugehen...

Und was ist, wenn die Adressaten für die Schuld nicht mehr erreichbar sind (gestorben oder keinen Kontakt mehr)?

Wer sagt denn, dass man das direkt an denjenigen adressieren muss (persönlich / telefonisch / schriftlich)? Das geht auch ganz alleine, durch Vorstellungskraft. Du bist ja doch verhirnlicht , da müsstest Du doch wissen, wozu Dein Kopf alles in der Lage ist.
Vielleicht noch ein Schritt zu weit / zu schnell für Dich? Ich habe mich anfangs auch schwer mit so etwas getan - aber es funktioniert, und es hilft!

Aber: warum war das bei UNS so

Ist das wichtig? Mir WAR es mal wichtig, zumindest, als ich mich noch alleine mit meinem Problem gefühlt habe, als ich dachte, ich wäre anders als die anderen.
Aber mir scheint mittlerweile, jeder hat irgendwann irgendwas zu verarbeiten. Der eine früher, der andere später. Der eine länger, der andere kürzer. Der eine körperlich, der andere seelisch... was auch immer.
Warum ich? Gegenfrage: warum ich nicht? Nur weil ich im Kern ein "guter Mensch" bin, soll ich von sowas verschont bleiben? Macht ja nicht viel Sinn.

Es IST einfach so. Dagegenstemmen bewirkt nur Druck (--> Gegendruck!)

Wir können uns nicht im Nachhinein eine glückliche Kindheit basteln

Doch! Wer war das... Luise Reddemann? "Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben"
Strange, oder?
Aber: wieder mit dem Kopf, mit unserer Vorstellungskraft machbar! Mit der Vorstellung des "inneren Kindes" und der Auseinandersetzung im Hier und Jetzt - besser: der liebevollen Zuwendung! - können wir unserem inneren Kind eine glückliche Kindheit verschaffen. Es geht. Konnte ich mir auch zunächst überhaupt nicht vorstellen - aber ich habe es zumindest versuchen wollen, und es hat sich bereits was bewegt!

Einfach" akzeptieren fällt mir VERDAMMT schwer, weil da IMMER die Frage im Hintergrund steht: warum ich, warum nicht andere?

Ist Depression für Dich denn eine STRAFE?
Für mich nicht... ich sehe das (wie wohl auch einige andere hier ^^) als Bereicherung an, als Teil unseres Selbst, als Chance, als etwas Besonderes.
Nicht das tiefe Loch, in dem wir vielleicht gerade sind... aber die deutliche Sprache, mit der sie sagt "ändern! lernen! nicht mehr dulden! gut zu sich sein!"
Und wir haben uns aufgemacht zu lernen und zu entdecken... und es wächst etwas, es entsteht etwas, das ohne Depression sicher NIE entstanden wäre! Und genau dadurch fühle ich mich sehr bereichert.

Darf ich fragen, ob bei Dir womöglich (wie bei mir) ein Kindheitstrauma dahintersteckt?


Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 14:40
von gfb
Hi Otterchen,

"Die Krise ist ein produktiver Zustand..."

...wenn man ihr den Beigeschmack der Katastrophe nehmen KANN!
Das ist nicht so einfach, da es dazu eine gewisse Kraft braucht.

"Adressieren durch Vorstellungskraft" tu ich ständig, auf der Couch, zuhause, unterwegs...
Das ist aber nur ein schwacher Ersatz für das Abliefern der Aggressionen an den richtigen Stellen - und so wenden sich die Aggressionen eben gegen mich (zumindest ist das die Theorie der PA zu gewissen Vorstellungen, die man besser nicht haben sollte...)

"Aber: warum war das bei UNS so"

Das ist mir immer noch wichtig, weil: ich verstehs einfach nicht, ich bin nur noch neidisch auf die psychisch Gesunden, auf die, die alles gebacken kriegen: Job, Alltag, Beziehung undsoweiterundsofort...

"Gegenfrage: warum ich nicht?"
Das ist eine interessante Frage.

"Es IST einfach so. Dagegenstemmen bewirkt nur Druck (--> Gegendruck!)"
Sich nicht dagegen stemmen hiesse dann aber, sich zum Spielball des Psychoschlamassels zu machen. Oder?
Und ich halte es für ein gutes Zeichen, wenigstens noch die Kraft zum "dagegen stemmen" zu haben..

"Wir können uns nicht im Nachhinein eine glückliche Kindheit basteln"
und
"Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben"

Hmmm...
Die Kindheit war so wie sie nun mal war, sie hat das Fundament für das Elend des Erwachsenenlebens gelegt. Es geht jetzt eigentlich nur darum, mit den Leichen im Keller besser umzugehen, halbwegs zurecht zu kommen.
Im Nachhinein etwas an den Erfahrungen der ersten paar Lebensjahre zu ändern geht NICHT!

"Einfach" akzeptieren fällt mir VERDAMMT schwer"
und
"Ist Depression für Dich denn eine STRAFE?"

Zur Strafe gehört ein Urteil, zum Urteil ein Vergehen, dessen man sich schuldig machte - und ich komm und komm nicht dahinter, wessen ich mich schuldig gemacht haben könnte, um mich seit drei Jahrzehnten immer mal wieder (und derzeit besonders heftig) mit Depressionen herum schlagen zu müssen.

"Teil unseres Selbst, als Chance, als etwas Besonderes."
Es IST ein Teil unseres Selbst (den ich lieber NICHT hätte; es lebte sich vermutlich doch etwas angenehmer!), als "Schangse" (wie der Hauptstädter sagt) seh ich es nicht, als etwas Besonderes schon: es verleiht dem Leben eine zusätzliche Dimension, es macht die Sache "rund", es ist wohl etwas spezifisch Menschliches (Suizid gibts nur bei Menschen)...

"Und wir haben uns aufgemacht zu lernen und zu entdecken"
Das kostet nur alles so unendlich viel Kraft.

"... und es wächst etwas, es entsteht etwas, das ohne Depression sicher NIE entstanden wäre!"
Für DIESEN Hinweis werde ich dir vermutlich ewig dankbar sein.
Aber dieser Wachstumsprozess ist unendlich schmerzhaft und kräfteraubend, SO kräfteraubend, dass für die Bewältigung des "ganz normalen" Alltags schier nichts mehr übrig bleibt.

"Kindheitstrauma"
Im Nachhinein würde ich meine gesamte Kindheit als ein einziges Trauma bezeichnen. Die Leute, bei denen ich Kind war, taten mir nicht gut und mit 17 Jahren hab ich mich dann auch verabschiedet. Seitdem versuche ich mit mir zurecht zu kommen, mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg.

LG von hier nach da

Friedrich

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 16:21
von kormoran
ach, thomas, flora, emely,

ich beneide euch (im positiven sinne) um euren, wie soll ich sagen, weisen, gereiften, standpunkt.

weil, wie friedrich, bin ich schon noch sehr am hadern und zurückschauen :
ich verstehs einfach nicht, ich bin nur noch neidisch auf die psychisch Gesunden, auf die, die alles gebacken kriegen: Job, Alltag, Beziehung undsoweiterundsofort...
und noch ärger als der neid frisst die scham, dieses nicht wissen was soll ich sagen wenn ich gefragt werde was ich denn so schaffe... wir, die wir mit einem erlahmten selbstwertgefühl geschlagen sind, bräuchten grade besonders viel davon..

ich finde es aber auch wichtig, und betrachte es sozusagen als nötig für die erhaltung meiner würde, gegen das leben selbst und gegen das besch... leid zu revoltieren.

aber, zugegeben, es kostet kraft die ich nicht habe.

und immerhin nähere ich mich ganz vorsichtig einem vielleicht noch nicht weisen aber doch sehr konstruktiven standpunkt, dass es JETZT WO ES NUN EINMAL SO IST doch wohl besser ist nach vorne zu blicken und VERANTWORTUNG zu ÜBERNEHMEN. egal wer irgendwo in der vergangenheit welche hatte und nicht gut damit umgegangen ist (bzw. das zu klären, wie schon erwähnt). aber vor allem: jetzt übernehme ich. und ich bin mir dessen bewusst, dass ich damit auch untergehen kann, vielleicht einfach zu schwach bin, oder schlichtweg pech habe.

treiben lassen will ich mich nicht mehr, und hoffentlich nicht selbst aufgeben (stichwort selbstaufgabe war von holgi und hat mich auch ziemlich wachgerüttelt).

grüße
kormoranin

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 20:24
von otterchen
Hallo Friedrich,

und so wenden sich die Aggressionen eben gegen mich

Hast Du irgendwo die Möglichkeit eines gezielten Aggressionsabbaus? Vorgehen: Atmen, Augen schließen, Bilder von damals kommen lassen... und dann auf irgendwas einknüppeln. Es sollte unbedingt jemand dabei sein, der Dich dann "auffangen" kann!
Habe ich mal gemacht, hat sooooo gut getan!

Sich nicht dagegen stemmen hiesse dann aber, sich zum Spielball des Psychoschlamassels zu machen. Oder?

Nein! Der Psychoschlamassel muss sich endlich auflösen, und das schafft man am besten, indem man sich der einzelen Dinge stellt... und wieder komme ich auf "wahrnehmen -> zulassen -> annehmen -> loslassen".
Denn je mehr man sich gegen den Psychoschlamassel stemmt, desto weniger kommt man davon los. Es ist nötig, dass man das quasi mal über sich drüberschwappen lässt - nicht auf einmal, aber nach und nach.
Ich wage sogar zu behaupten, dass dieses Dagegenstemmen uns in der Depression festhält, ja sogar uns (mit) hineingesteuert hat.

Im Nachhinein etwas an den Erfahrungen der ersten paar Lebensjahre zu ändern geht NICHT

Das stimmt natürlich - aber bist Du z.B. mit der Vorstellung des "inneren Kindes" vertraut? Wenn man sich mit dem inneren Kind beschäftigt, kann man es schaffen, dass dieser Anteil in einem drin sich besser fühlt; und im übertragenen Sinne schafft man seinem inneren Kind dadurch doch eine gute Kindheit.

Und bitte glaub mir: ich habe dieser Idee vom "inneren Kind" früher sooo kritisch gegenüber gestanden... so ein Quatsch, mit sowas kann ich nicht umgehen, das ist nichts für mich...
ausprobieren, einfühlen... es ist möglich!

Zur Strafe gehört ein Urteil, zum Urteil ein Vergehen, dessen man sich schuldig machte - und ich komm und komm nicht dahinter, wessen ich mich schuldig gemacht haben könnte, um mich seit drei Jahrzehnten immer mal wieder (und derzeit besonders heftig) mit Depressionen herum schlagen zu müssen.

Ah... also denkst Du doch irgendwie, Du musst was Schlechtes gemacht haben, dass Du SO bestraft wirst (nämlich durch die Depression)?

Es IST ein Teil unseres Selbst (den ich lieber NICHT hätte

Mal ganz flapsig gesagt: je mehr Du das loswerden willst, desto weniger wirst Du das schaffen. Die Depression bist Du, das ist ein Teil von Dir. Das ist ein Warnsignal Deines Körpers, ein Radar, das Dir was sagen will, und zwar ganz nachdrücklich. Warum willst Du diese Alarmanlage nicht haben? Willst Du denn nicht so leben, wie es Dir eigentlich entspricht? Willst Du lieber verbogen und verfremdet durch diese Welt laufen, statt DU zu sein... statt Du zu SEIN?

"Und wir haben uns aufgemacht zu lernen und zu entdecken"
Das kostet nur alles so unendlich viel Kraft.

Kleine Schritte... und mit jedem Minischritt kommt wieder etwas Kraft hinzu.

Für DIESEN Hinweis werde ich dir vermutlich ewig dankbar sein.

Meinst Du das ernst oder ironisch?
Denn ich (!) möchte wirklich nicht missen, was ich im vergangen Jahr habe lernen können. Ich habe mich selbst besser kennengelernt, meine Abgründe ansehen können, meine Stärken sehen können, Neues an mir entdecken können... wühlst Du denn nur im Dunkeln herum? Siehst Du denn kein Fortkommen? Welche Therapie machst Du denn??
Ich mache eine VT, die auf die Traumabewältigung abgestimmt ist, und ich habe, wie ich finde, große Fortschritte gemacht.

Im Nachhinein würde ich meine gesamte Kindheit als ein einziges Trauma bezeichnen. Die Leute, bei denen ich Kind war, taten mir nicht gut und mit 17 Jahren hab ich mich dann auch verabschiedet.

*shake-hands* Es war nicht mal hier was, mal da was, es war ALLES - entweder negativ oder nichts. Und ich bin erst mit 22 oder 23 ausgezogen...

Bitte lass Dich nicht entmutigen... aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass Deine Therapie nicht optimal für Dich läuft, kann das sein?

Hast Du Dich denn schon mit Traumabewältigung auseinandergesetzt?
Dieses Thema gehört allerdings nicht hierhin; Du kannst mich aber gerne deswegen anschreiben, mein Profil ist offen.

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 20:31
von otterchen
Kormoranin,

Hut ab, Du bist wirklich eine Kämpfernatur.

Ich bekomme mit, dass Du hier herumstrampelst und arbeitest, mit Dir ringst, verzweifelt bist...
Ich würde Dir gerne etwas davon abnehmen.
Und Dir vielleicht etwas von meiner momentanen Gelassenheit geben. Dir anbieten, Dich mal bei mir anzulehnen.

Ich hatte vor kurzem auch so eine Phase, wo ich verzweifelt meinen Willen gesucht habe, wo ich mir Vorwürfe gemacht habe, dass ich noch so wenig kann. Und je mehr ich den Willen gesucht habe, desto weniger kam er. Je mehr ich mir mein "Versagen" ansah, desto mehr blockierte ich mich selbst, voranzugehen, zu lernen, die bisherigen Erfahrungen durch positive zu ersetzen.

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Verfasst: 17. Jan 2008, 20:38
von kormoran
danke, otterchen...

das problem ist aber gerade dass ich keine kämpfernatur bin sondern die resignation und der rückzug (i.e. die depression?) mein vorherrschendes muster sind.

woher das kommt, darüber brüte ich zur zeit auch etwas in meinem hinterstübchen.

wenn ich dann doch wieder hier schreibe und euch voll labere, das ist dann wohl immer wenn kraft auftaucht (aus wut oder verzweiflung).

danke nochmal und das mit dem anlehnen nehme ich gerne an
es kommt noch der tag an dem ich auch mal wieder was geben kann...
k.