Geschenke für Therapeuten?

Emriye2
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Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Emriye2 »

Hallo Joy,

das hört sich für mich aber ein Stück weit frustriert an. "Ich bekomm nichts, dann bekommen andere auch nichts...".

Ich kann es sehr gut verstehen, wenn in einer therapeutischen Beziehung dieses Thema ein Thema ist/wird, denn eine therapeutische Beziehung ist doch was sehr intimes.

Und wenn man in einem Arbeitsverhältnis steht und nette Kollegen hat, könnte ich mir durchaus vorstellen auch dort eine kleine Aufmerksamkeit zu schenken....

Aber das ist auch etwas sehr subjektives und jeder fühlt da anders. Und ich kann es super verstehen, wenn man das Bedürfnis hat dem Therapeut/in oder Arzt eine kleine Aufmerksamkeit zukommen läßt.

Dir alles Gute
emriye
Joy

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Joy »

Hallo,

nur weil ich eine andere Meinung habe, muss ich nicht gleich wieder frustriert sein.

Wir sind doch für die Therapeuten nur ein Geschäft. Je mehr Patienten, desto besser.
Sie verdienen ihren Lebensunterhalt mit uns.
Wenn sie dazu noch gut sind, dann haben sie gut studiert.
Aber deswegen bekommen sie kein Geschenk von mir.

Grüsse
Joy
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von otterchen »

Hi,

hmm... also ich finde meine Therapeutin "gut". Und ich stimme zu: sie macht ihren Job für mich.

Aber es hat sich doch etwas Menschliches entwickelt; und ich glaube, dies merkt man am Anfang oder am Ende einer Stunde: ob da Herzlichkeit oder Interesse etc. vorhanden sind.

Ich bekomme in der Regel auch keine Geschenke für meine Arbeit... allerdings: manchmal gibt es eine Kleinigkeit; und wenn nur ein Kunde in Gegenwart meines Chefs laut äußert, ich sei "das beste Pferd im Stall".
Insofern: Lob/Anerkennung tut doch jedem von uns gut.

Ich gebe, auch wenn ich nichts bekomme. Und komischerweise macht mich das reicher.

Von meiner Therapeutin bekomme ich gewiss kein materielles Geschenk. Aber ich bekomme von ihr echte Zuneigung, Interesse, Begeisterung... und dies gebe ich ihr zurück. Mit meiner Offenheit, mit meiner Mitarbeit, mit meinem Lernwillen... und halt mit einer kleinen Geste der Anerkennung.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Regenwolke
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Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Regenwolke »

Dass Therapeuten einfach nur ihren Job machen und die Patienten "nur Geschäft" und schnell vergessen sind, kann ich weder aus meiner Erfahrung als Patientin noch aus meiner Erfahrung als Praktikantin in einer psychosomatischen Klinik sagen.

Therapeuten sind keine Maschinen, und es entsteht - wenn auch eine berufliche - so doch eine Beziehung, auch für die Therapeuten.

Was das schenken angeht, ich habe jeweils zum Abschluß der Therapie (in Klinik und ambulant) etwas geschenkt und hatte den Eindruck, meine jeweilige Therapeutin freut sich darüber. Als Praktikantin hab ich auch von Patienten zum Abschluß etwas geschenkt bekommen, das hat mich sehr gerührt.
Einmal hat mir übrigens auch eine Therapeutin in der letzten Stunden etwas geschenkt, das ist immer noch eine Art Glücksbringer für mich.

Liebe Grüße,
Regenwolke
Cookie
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Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Cookie »

Hi Joy,
irgendwie hast du ja recht, aber ich glaube, Geschenke sind ja nicht als Belohnung gemeint, sondern einfach als Geste "hey, ich mag dich". Meine Chefin (!) hat mir mal ein Buch geschenkt, weil sie wusste, dass ich den Autoren gut finde. Und sie bringt uns immer was aus dem Urlaub mit. Leckere Kekse oder so. Das ist doch einfach nur nett gemeint und gut für die Stimmung, für meine Arbeit krieg ich meinen Lohn, Geschenke macht man sich doch aus Sympatie.

Trotzdem würd ich den Thera auf jeden Fall vorher fragen, denn manche passen ja ganz bewusst auf, dass es nicht zu persönlich wird, weil sie sich ja auch selbst abgrenzen müssen.

Grüße
cookie
AvantGarden
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Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von AvantGarden »

Hallo Joy,

ich finde nicht, dass man einen -guten- Therpeuten mit einem normalen Arzt vergleichen kann, wo doch alles eher sehr unpersönlich ist. Gerade weil man seiner Therapeuten die intimsten Dinge erzählt, die man wahrscheinlich noch nie jemanden vorher erzählt hat; gerade weil man allein schon aufgrund der Häufigkeit der Therapiestunden eine ganz besondere und private Beziehung aufbaut; gerade weil meine Thera mir soviel hilft und mir immer wieder aufs Neue Mut macht - und dafür soll sie auch soviel Geld bekommen, wie möglich -; gerade deshalb sehe ich Deine Aussagen schon mit etwas Ungläubigkeit und Traurigkeit. Hast Du denn so schlechte Erfahrungen gemacht?

LG
** Jeder Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag (Charlie Chaplin) ""
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Dani,

das Thema geistert mir total durch den Kopf, da es ja in meiner schlimmen Phase (F.33.3) zu diesem Geschenk an meine Therapeut kam und wir uns seither nicht mehr gesehen haben (knapp 5 Monate). Momentan ist sie im Urlaub und eine Woche nachdem sie wieder da ist, gehen wir in Urlaub. Also kann ich das mit ihr erst nach dem 10. September angehen. Ich habe echt Angst davor...

Aber beim vielen Nachdenken über dieses Thema ist mir was sehr positives eingefallen. Vor 2-3 Jahren habe ich meinem Psychiater erzählt wie gerne ich im Urlaub Steine sammle und mein Mann immer etwas die Krise bekommt, wenn wir mit kiloweise Steinen von mir und meinen Töchtern aus dem Urlaub zurückfahren.... Da schmunzelte er und meinte seiner Frau geht es mit ihm genauso. Er sammelt im Dänemark-Urlaub immer haufenweise Steine, das sind Feuersteine mit Kalksteinablagerungen und vom Meer haben sie mindestens ein Loch oder mehrere. Es sind Glücksteine und man nennt sie auch Hühnergötter... Nach seinem Urlaub hat er mir eine ganze Tasche mit diesen Steinen mitgebracht. Ich habe mich riesig gefreut und integrier sie noch immer in meine bemalten Bretter.

Das vergesse ich nie und ich habe mich mega gefreut und dadurch hat sich an unserer Arzt-Patient-Beziehung in keinster Weise was verändert.

Dir alles Gute
emriye
Joy

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Joy »

>gerade weil man allein schon aufgrund der Häufigkeit der Therapiestunden eine ganz besondere und private Beziehung aufbaut<

Hallo Dani,

ich denke, durch die Häufigkeit wird nur der Schein erweckt, dass es zu einer "Beziehung" wird. Es ist eine reine Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Patient. Der Eindruck privat entsteht, weil er/sie alles von dir weiss. Aber weisst du wirklich intimes oder privates von ihm/ihr ?

Ich wusste nach 2 1/2 Jahren nicht mehr als den Namen meines Therapeuten.
Und er hat mich mehrmals darauf hingewiesen, dass er nicht aus seiner persönlichen Sicht kommentiert oder beurteilt, sondern immer aus der neutralen Sicht seines angelernten Wissens.

Deswegen sehe ich die Dinge etwas nüchterner, was nicht heisst, dass ich meinen Threapeuten nicht dankbar wäre.

Grüsse
Joy
BeAk

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von BeAk »

Liebe Joy,

das was du schilderst ist die Professionelle Seite. Aber ich und auch mein Therapeut, wir sind Menschen.
Ich mag ihn, auch wenn er nur mein Therapeut ist und ich bin überzeugt das er mich auch mag.

Private Beziehungen sind zwischen Therapeut und Patient tabu und das ist gut so.
Nichts desdotrotz kann ich meiner Sympatie Ausdruck verleihen und ihm etwas geben, denn auch er gibt mir sehr viel.

Das auch Therapeuten sehr viel Herzblut an ihre Patienten verlieren, kann Du z.B. in Büchern/Romanen in den Therapeuten ihre Arbeit schildern nachlesen. Ich lese gerade von Irvin D.Yalom "Die rote Couch".

Geschenkt habe ich meinem Therapeuten Infomaterial zum Themen die wir besprochen haben, einen Mineralstein Pyrit= Katzengold, er kannte es nicht, ich hatte es bei einer Deutung verwendet, jede Menge Obst aus dem Garten, jenachdem was gerade reif war/ist.
Joy

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Joy »

Hallo,

ich glaube, ihr versteht mich nicht ganz richtig.

Jedem ist es selbst überlassen zu schenken.
Ich versuchte nur meinen persönlichen Standpunkt zu äussern.

Mein Therapeut hat mir auch sehr viel mit auf den Weg gegeben, ich bin ihm sehr dankbar.
Nach der langen Zeit hat er zu meinem Leben dazugehört und der Abschied viel mir sehr schwer. Nur bei ihm hatte ich das Gefühl, dass ich dann weg bin und die oder der nächste folgt. Also eine von vielen Patienten, obwohl ich ihm offensichtlich nicht unsymphatisch war.
Aber das ist sein "Geschäft". Die einen kommen, die anderen gehen.

Deswegen kein Geschenk von mir.

Grüsse
Joy
Lioness
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Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von Lioness »

Hallo ihrs,

ich verfolge diesen Thread schon seit Tagen und finde ihn rasend interessant.

Nun bleibt es natürlich jedem selbst überlassen, ob er oder sie dem / der Thera etwas schenken möchte. Und jedem/r Thera, ob und wie er / sie mit etwaigen Geschenken umgeht.

Aber Joys Aussage, das "Arbeitsverhältnis" zwischen Therapeut/In und Klient/In sei keine Beziehung, stimmt nun wirklich gar nicht. Es ist gerade und in allererster Linie die therapeutische Beziehung, die das eigentlich wirksame Instrument einer JEDEN Psychotherapie, gleich welcher Schule, ist! Dies kann man in sämtlichen Fachbüchern zum Thema lesen. Überall steht am Anfang das Postulat des Aufbaus einer tragfähigen Beziehung zum / zur Patient/In. Erst dann und nur dadurch können irgendwelche therapeutischen Interventionen überhaupt eine Wirkung entfalten.

Und man kann auch generell nicht "keine Beziehung" zu jedweden Menschen haben, mit denen man regelmäßig auf derart intensive Weise in Kontakt kommt.

Was allerdings richtig ist: Die therapeutische Beziehung ist keine freundschaftliche oder partnerschaftliche im eigentlichen Sinne. Man neigt als Patient/In leider durchaus dazu, diesen Aspekt zu "übersehen", zu verdrängen.

Was Joy über ihren Therapeuten erzählt, klingt sehr nach psychoanalytischer / tiefenpsychologischer Schule alter Prägung. Die zeichnet sich in der Tat durch eine strenge eingehaltene Abstinenz zum/zur Patient/In aus, und durch ein Vermeiden jedweder persönlicher Informationen. Ich vermute das fast auch in Emriyes Fall.

In krassen Gegensatz dazu lässt meine Thera (VT-lerin!) häufiger persönliche Dinge einfließen - wenn sie der Unterstützung oder der Klarstellung bestimmter Dinge dienlich sind, nie zu Eigenzwecken, versteht sich. Sie wahrt schon deutlich eine professionelle Distanz, zeigt sich dabei aber durchaus auch in persönlichen Nuancen, was mir sehr hilft, sie nicht auf einen Sockel zu heben (was wiederum bei meiner dependenten Persönlichkeitsstruktur überaus hilfreich ist!).

Meiner vorherigen Thera am alten Wohnort (Tiefenpsychologin, deutlich distanzierter, aber auch sie ließ das eine oder andere persönliche Detail durchblicken, wenn es opportun war), habe ich übrigens zum Abschied auch etwas geschenkt, den ersten Harry-Potter-Band (wir hatten darüber gesprochen, dass sie noch keines der Bücher gelesen hatte). Und auch ich habe das nicht als Bezahlung empfunden, sondern als Bedürfnis, einer Frau, die mir in 2,5 Jahren unendlich viel inneres Wachstum ermöglicht hat, ein kleines Dankeschön zu überreichen. Ein Geschenk "mittendrin" hätte ich selbst unpassend und als Störung unserer professionellen Beziehung empfunden. Ich habe ihr die letzten beiden Jahre meinen "Jahresbericht" geschrieben, und jedesmal eine kurze, aber liebe Antwort bekommen. Von Vergessen keine Spur! Sie hatte mich beim Abschied selbst darum gebeten, ich möge ab und an von mir hören lassen, wie es mir weiter ergehen wird, sie wolle gerne weiter Anteil nehmen, nachdem sie mich so intensiv begleitet hat.

Empathie, Einfühlungsvermögen, Mit-Leiden, Fürsorge, aber auch unangenehmer Spiegel sein und Reibungsfläche bieten - das zeichnet eine gute Therapeutin aus, und das kann meinem Empfinden nach nicht vorgespielt werden. Ich wage mal die kühne Behauptung, dass kein Therapeut, der seinen Job nur des Geldes wegen macht und seine Klienten nach Therapieende rasch abhakt, den Job lange ausführen kann, oder will. Dazu ist er schlichtweg zu anstrengend und kräftezehrend.

Gruß
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
BeAk

Re: Geschenke für Therapeuten?

Beitrag von BeAk »

Liebe Joy,

sicher hat der Therapeut viele Patienten, auch als er Dich therapierte.
Aber das ändert doch nichts an einer guten therapeutischen und warmherzigen Beziehung.

Und selbstverstädlich ist es Dir und Deinem Therapeuten überlassen wie, ihr mit Geschenken umgeht.
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